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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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von diesem Umstände, theils von der Leichtigkeit, mit welcher man von der nahen
afrikanischen Küste Neger sich verschaffen konnte, rührte es her, daß der Sklaven¬
handel auf dieser Insel eigentlich niemals geruht hatte. Byam, Generalcommissar
der Polizei auf jener Insel, erzählte Buxton von der großen Ausdehnung des
Sklavenhandels auf derselben, die Pflanzer und die Behörden seien in gleichem
Maße dabei betheiligt und die Sklaven würden mit der größten Grausamkeit
behandelt. Auf Bnxtons Veranlassung ernannte das Parlament einen Ausschuß
zur Untersuchung der Sache, die indeß bis 1829 ruhte. Damals mußte die
Negierung selbst die Existenz des Sklavenhandels in Mauritius eingestehen, und
in die Abschaffung desselben einwilligen. Sir George Murray, der Gouverneur
von Mauritius, erklärte, jeden Sklaven auf der Insel freigeben zu wollen, dessen
Herr nicht im Stande sein würde, einen giltigen Besitztitel auszuweisen. Sein
Nachfolger Lord Goderich indeß bestand darauf, das Ours probandi nicht dem
Herrn, sondern dem Sklaven aufzuerlegen, was eine große Härte für die Neger
war. Nichtsdestoweniger vermochten viele Sklaven den Beweis zu führen, un-
gesetzmäßig eingebracht worden zu sein und sich dadurch frei zu machen. Das
Geschäft wurde im Jahre 1830, freilich nach großem Widerstände der Pflanzer,
abgewickelt.

Als 1827 Lord William Bentinck zum Generalgouvemeur vou Indien ernannt
wurde, legte ihm Buxton dringend die Abschaffung des grausamen Gebrauchs des
Verbrennens der indischen Wittwen ans Herz. Bereits 1820 hatte der aus
Jndien zurückgekehrte Missionar Peggs seine Aufmerksamkeit auf diesen Gegen-
stand gelenkt, und bereits damals hatte Buxton zwei ans denselben bezügliche
Motionen im Parlamente gestellt. Bei der- letzteren wies er nach, daß in den
letzten vier Jahren allein in der Residenz Fort William 2366 Wittwen den
Flammen übergeben worden waren, daß die Franzosen, die Holländer und andere
Nationen in Indien diese barbarische Sitte in ihren Gebieten abgeschafft hätten,
während die Schmach einer solchen Grausamkeit an dem Namen der englischen
Nation noch immer haste, und er bewies, daß jenes Verbrennen von Wittwen
durchaus nichts Freiwilliges sei, sondern daß dies grausame Märtererthum
ihnen zum Theil durch fanatische Priester, zum Theil durch erbschastslüsterue Ver¬
wandte aufgebürdet würde. Im Jahre 1827 hatte Buxton die Genugthuung,
daß Lord Bentinck bald nach seiner Ankunft in Indien diesem barbarischen Gebrauch
mit einem Schlage ein Ende machte.

1828 that Buxton Schritte zu Gunsten der Hottentotten, die mit voll¬
ständigem Erfolge gekrönt wurden. Die Bewohner der Capcolonie, namentlich
die Holländer hatten die Hottentotten in den traurigsten Verhältnissen gehalten
und die Engländer das System von Rauben und Morden, welches die Holländer
begonnen, fortgesetzt, bis die Hottentotten zum elendesten Volke der Welt herab¬
gesunken waren. Nichts kann schmerzlicher sein, als die Beschreibung Dr. Philips


von diesem Umstände, theils von der Leichtigkeit, mit welcher man von der nahen
afrikanischen Küste Neger sich verschaffen konnte, rührte es her, daß der Sklaven¬
handel auf dieser Insel eigentlich niemals geruht hatte. Byam, Generalcommissar
der Polizei auf jener Insel, erzählte Buxton von der großen Ausdehnung des
Sklavenhandels auf derselben, die Pflanzer und die Behörden seien in gleichem
Maße dabei betheiligt und die Sklaven würden mit der größten Grausamkeit
behandelt. Auf Bnxtons Veranlassung ernannte das Parlament einen Ausschuß
zur Untersuchung der Sache, die indeß bis 1829 ruhte. Damals mußte die
Negierung selbst die Existenz des Sklavenhandels in Mauritius eingestehen, und
in die Abschaffung desselben einwilligen. Sir George Murray, der Gouverneur
von Mauritius, erklärte, jeden Sklaven auf der Insel freigeben zu wollen, dessen
Herr nicht im Stande sein würde, einen giltigen Besitztitel auszuweisen. Sein
Nachfolger Lord Goderich indeß bestand darauf, das Ours probandi nicht dem
Herrn, sondern dem Sklaven aufzuerlegen, was eine große Härte für die Neger
war. Nichtsdestoweniger vermochten viele Sklaven den Beweis zu führen, un-
gesetzmäßig eingebracht worden zu sein und sich dadurch frei zu machen. Das
Geschäft wurde im Jahre 1830, freilich nach großem Widerstände der Pflanzer,
abgewickelt.

Als 1827 Lord William Bentinck zum Generalgouvemeur vou Indien ernannt
wurde, legte ihm Buxton dringend die Abschaffung des grausamen Gebrauchs des
Verbrennens der indischen Wittwen ans Herz. Bereits 1820 hatte der aus
Jndien zurückgekehrte Missionar Peggs seine Aufmerksamkeit auf diesen Gegen-
stand gelenkt, und bereits damals hatte Buxton zwei ans denselben bezügliche
Motionen im Parlamente gestellt. Bei der- letzteren wies er nach, daß in den
letzten vier Jahren allein in der Residenz Fort William 2366 Wittwen den
Flammen übergeben worden waren, daß die Franzosen, die Holländer und andere
Nationen in Indien diese barbarische Sitte in ihren Gebieten abgeschafft hätten,
während die Schmach einer solchen Grausamkeit an dem Namen der englischen
Nation noch immer haste, und er bewies, daß jenes Verbrennen von Wittwen
durchaus nichts Freiwilliges sei, sondern daß dies grausame Märtererthum
ihnen zum Theil durch fanatische Priester, zum Theil durch erbschastslüsterue Ver¬
wandte aufgebürdet würde. Im Jahre 1827 hatte Buxton die Genugthuung,
daß Lord Bentinck bald nach seiner Ankunft in Indien diesem barbarischen Gebrauch
mit einem Schlage ein Ende machte.

1828 that Buxton Schritte zu Gunsten der Hottentotten, die mit voll¬
ständigem Erfolge gekrönt wurden. Die Bewohner der Capcolonie, namentlich
die Holländer hatten die Hottentotten in den traurigsten Verhältnissen gehalten
und die Engländer das System von Rauben und Morden, welches die Holländer
begonnen, fortgesetzt, bis die Hottentotten zum elendesten Volke der Welt herab¬
gesunken waren. Nichts kann schmerzlicher sein, als die Beschreibung Dr. Philips


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[0262] von diesem Umstände, theils von der Leichtigkeit, mit welcher man von der nahen afrikanischen Küste Neger sich verschaffen konnte, rührte es her, daß der Sklaven¬ handel auf dieser Insel eigentlich niemals geruht hatte. Byam, Generalcommissar der Polizei auf jener Insel, erzählte Buxton von der großen Ausdehnung des Sklavenhandels auf derselben, die Pflanzer und die Behörden seien in gleichem Maße dabei betheiligt und die Sklaven würden mit der größten Grausamkeit behandelt. Auf Bnxtons Veranlassung ernannte das Parlament einen Ausschuß zur Untersuchung der Sache, die indeß bis 1829 ruhte. Damals mußte die Negierung selbst die Existenz des Sklavenhandels in Mauritius eingestehen, und in die Abschaffung desselben einwilligen. Sir George Murray, der Gouverneur von Mauritius, erklärte, jeden Sklaven auf der Insel freigeben zu wollen, dessen Herr nicht im Stande sein würde, einen giltigen Besitztitel auszuweisen. Sein Nachfolger Lord Goderich indeß bestand darauf, das Ours probandi nicht dem Herrn, sondern dem Sklaven aufzuerlegen, was eine große Härte für die Neger war. Nichtsdestoweniger vermochten viele Sklaven den Beweis zu führen, un- gesetzmäßig eingebracht worden zu sein und sich dadurch frei zu machen. Das Geschäft wurde im Jahre 1830, freilich nach großem Widerstände der Pflanzer, abgewickelt. Als 1827 Lord William Bentinck zum Generalgouvemeur vou Indien ernannt wurde, legte ihm Buxton dringend die Abschaffung des grausamen Gebrauchs des Verbrennens der indischen Wittwen ans Herz. Bereits 1820 hatte der aus Jndien zurückgekehrte Missionar Peggs seine Aufmerksamkeit auf diesen Gegen- stand gelenkt, und bereits damals hatte Buxton zwei ans denselben bezügliche Motionen im Parlamente gestellt. Bei der- letzteren wies er nach, daß in den letzten vier Jahren allein in der Residenz Fort William 2366 Wittwen den Flammen übergeben worden waren, daß die Franzosen, die Holländer und andere Nationen in Indien diese barbarische Sitte in ihren Gebieten abgeschafft hätten, während die Schmach einer solchen Grausamkeit an dem Namen der englischen Nation noch immer haste, und er bewies, daß jenes Verbrennen von Wittwen durchaus nichts Freiwilliges sei, sondern daß dies grausame Märtererthum ihnen zum Theil durch fanatische Priester, zum Theil durch erbschastslüsterue Ver¬ wandte aufgebürdet würde. Im Jahre 1827 hatte Buxton die Genugthuung, daß Lord Bentinck bald nach seiner Ankunft in Indien diesem barbarischen Gebrauch mit einem Schlage ein Ende machte. 1828 that Buxton Schritte zu Gunsten der Hottentotten, die mit voll¬ ständigem Erfolge gekrönt wurden. Die Bewohner der Capcolonie, namentlich die Holländer hatten die Hottentotten in den traurigsten Verhältnissen gehalten und die Engländer das System von Rauben und Morden, welches die Holländer begonnen, fortgesetzt, bis die Hottentotten zum elendesten Volke der Welt herab¬ gesunken waren. Nichts kann schmerzlicher sein, als die Beschreibung Dr. Philips

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/262>, abgerufen am 06.02.2025.