Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.hat sich vorzugsweise durch Felix Mendelsohn-Bartholdi eine Schule und Tradi¬ Wir sind daher vollkomne" damit einverstanden, daß uns das Orchester die Mit diesen Bemcrknnge" wollen wir keineswegs gesagt haben, daß wir der hat sich vorzugsweise durch Felix Mendelsohn-Bartholdi eine Schule und Tradi¬ Wir sind daher vollkomne» damit einverstanden, daß uns das Orchester die Mit diesen Bemcrknnge» wollen wir keineswegs gesagt haben, daß wir der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0189" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96894"/> <p xml:id="ID_505" prev="#ID_504"> hat sich vorzugsweise durch Felix Mendelsohn-Bartholdi eine Schule und Tradi¬<lb/> tion angeeignet, die ganz und gar von dem jugendlichen Feuer und von der stren¬<lb/> gen Kritik dieses unvergleichlichen Meisters durchdrungen ist. Wir hören häufig<lb/> darüber klagen, daß es gegenwärtig nicht gelingen will, einen Leiter des Concer¬<lb/> tes zu gewinnen, der die Genialität Mendelsohns mit seiner vollkommenen Bildung<lb/> vereinigte: damit spricht man aber nur deu eitlen Wunsch aus, daß eine Com¬<lb/> bination zweier Eigenschaften, die einander gewöhnlich ausschließen und die sich<lb/> nur durch eine seltene Gunst des Geschicks einmal in einer Person vereinige»<lb/> können, sich fortwährend erneuert. Ohne eine solche Vereinigung aber würden<lb/> wir den treuen, eifrigen und intelligenten Künstler, der Ehrfurcht vor der Ver¬<lb/> gangenheit hat ohne eigentlich productions Vermögen, für diese Aufgabe dem ge¬<lb/> nialsten Erfinder vorziehen, der doch zunächst einen Kampfplatz für seine eigenen<lb/> Ideen suchen würde. Wir sehen es viel lieber, wenn der Geist Mendelsohns<lb/> von seinen hochgebildeten und im strengsten Stil der Kunst erzogenen Schüler»<lb/> gehegt, fortfährt, unsere Concerte zu durchdringen, als daß wir uns in el» ge¬<lb/> niales Experimentiren einlassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_506"> Wir sind daher vollkomne» damit einverstanden, daß uns das Orchester die<lb/> classischen Werke der Vergangenheit immer von neuem vorführt, und daß die¬<lb/> jenigen Versuche, deren Werth zur mindeste» gesagt »och ein streitiger ist, also<lb/> namentlich Wagner, Meyerbeer, Berlioz u. s. w. ausgeschlossen bleibe». Es ist<lb/> hier nicht unsers Amtes, irgend eine Ansicht über den absolute» Werth dieser<lb/> Kunstversuche anfzustelle» — daß ihre.relative Bedeutung sehr groß ist, zeigt<lb/> die allgemeine Theilnahme des Publicums; aber wir glauben, daß der Kampf¬<lb/> platz, ans dem sie ihre Erfolge zu erstreben haben, nicht das Concert sein muß,<lb/> sonder» das Theater. Richard Wagner hat sich auch beständig sehr ernsthaft da¬<lb/> hin ausgesprochen, daß seine Werke in ihrem innern Zusammenhang aufgefaßt<lb/> werden müssen, daß sie als Cvncertstücke ihren Sinn und ihre Bedeutung ein¬<lb/> büße». Wir sind mit dieser Ansicht durchaus einverstanden, und haben nichts<lb/> dagegen, wen» das Theaterpublicnm z. B. in der Tannhäuser-Ouverture in Be¬<lb/> ziehung auf den Inhalt des Dramas ein absolutes Meisterstück findet, allein im<lb/> Concert scheint uns der musikalische Gesichtspunkt ausschließlich in Anwendung<lb/> kommeu zu müssen, »ud wenn man uns jene Ouvertüre mitten nnter den Or-<lb/> chesterwerkeu von Havdn, Mozart, Bcthoven, Weber, Cherubini, Schubert, Men-<lb/> delsohn, Schumann u. s. w. vorführt, so kommt uns das, wenn auch aus einem<lb/> ganz andern Grunde, wie ein ehe» so schreiender Mißlaut vor, als wenn man<lb/> einmal zur Abwechselung eine Ouvertüre vou Flotow spielen wollte, der ja auch<lb/> dem Theaterpublicum sehr lieb ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_507" next="#ID_508"> Mit diesen Bemcrknnge» wollen wir keineswegs gesagt haben, daß wir der<lb/> gegenwärtigen Auswahl »ud Anordnung der Gewandheitscoucerte in allen Punk¬<lb/> ten beipflichten. Wir wünschten ein häufigeres Zurückgehen aus ältere weniger</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0189]
hat sich vorzugsweise durch Felix Mendelsohn-Bartholdi eine Schule und Tradi¬
tion angeeignet, die ganz und gar von dem jugendlichen Feuer und von der stren¬
gen Kritik dieses unvergleichlichen Meisters durchdrungen ist. Wir hören häufig
darüber klagen, daß es gegenwärtig nicht gelingen will, einen Leiter des Concer¬
tes zu gewinnen, der die Genialität Mendelsohns mit seiner vollkommenen Bildung
vereinigte: damit spricht man aber nur deu eitlen Wunsch aus, daß eine Com¬
bination zweier Eigenschaften, die einander gewöhnlich ausschließen und die sich
nur durch eine seltene Gunst des Geschicks einmal in einer Person vereinige»
können, sich fortwährend erneuert. Ohne eine solche Vereinigung aber würden
wir den treuen, eifrigen und intelligenten Künstler, der Ehrfurcht vor der Ver¬
gangenheit hat ohne eigentlich productions Vermögen, für diese Aufgabe dem ge¬
nialsten Erfinder vorziehen, der doch zunächst einen Kampfplatz für seine eigenen
Ideen suchen würde. Wir sehen es viel lieber, wenn der Geist Mendelsohns
von seinen hochgebildeten und im strengsten Stil der Kunst erzogenen Schüler»
gehegt, fortfährt, unsere Concerte zu durchdringen, als daß wir uns in el» ge¬
niales Experimentiren einlassen.
Wir sind daher vollkomne» damit einverstanden, daß uns das Orchester die
classischen Werke der Vergangenheit immer von neuem vorführt, und daß die¬
jenigen Versuche, deren Werth zur mindeste» gesagt »och ein streitiger ist, also
namentlich Wagner, Meyerbeer, Berlioz u. s. w. ausgeschlossen bleibe». Es ist
hier nicht unsers Amtes, irgend eine Ansicht über den absolute» Werth dieser
Kunstversuche anfzustelle» — daß ihre.relative Bedeutung sehr groß ist, zeigt
die allgemeine Theilnahme des Publicums; aber wir glauben, daß der Kampf¬
platz, ans dem sie ihre Erfolge zu erstreben haben, nicht das Concert sein muß,
sonder» das Theater. Richard Wagner hat sich auch beständig sehr ernsthaft da¬
hin ausgesprochen, daß seine Werke in ihrem innern Zusammenhang aufgefaßt
werden müssen, daß sie als Cvncertstücke ihren Sinn und ihre Bedeutung ein¬
büße». Wir sind mit dieser Ansicht durchaus einverstanden, und haben nichts
dagegen, wen» das Theaterpublicnm z. B. in der Tannhäuser-Ouverture in Be¬
ziehung auf den Inhalt des Dramas ein absolutes Meisterstück findet, allein im
Concert scheint uns der musikalische Gesichtspunkt ausschließlich in Anwendung
kommeu zu müssen, »ud wenn man uns jene Ouvertüre mitten nnter den Or-
chesterwerkeu von Havdn, Mozart, Bcthoven, Weber, Cherubini, Schubert, Men-
delsohn, Schumann u. s. w. vorführt, so kommt uns das, wenn auch aus einem
ganz andern Grunde, wie ein ehe» so schreiender Mißlaut vor, als wenn man
einmal zur Abwechselung eine Ouvertüre vou Flotow spielen wollte, der ja auch
dem Theaterpublicum sehr lieb ist.
Mit diesen Bemcrknnge» wollen wir keineswegs gesagt haben, daß wir der
gegenwärtigen Auswahl »ud Anordnung der Gewandheitscoucerte in allen Punk¬
ten beipflichten. Wir wünschten ein häufigeres Zurückgehen aus ältere weniger
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