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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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Haudelsmaatschappy und die über eine Veränderung des Besteuerungssystems in
8poele über eine Steuer auf die in Staatspapieren angelegten Capitalien.

Als nämlich die Regierung einen Gesetzesentwurf über eine Amortisation
eines Theiles der älteren Staatsschuld zum Zwecke einer günstigen Jnfluenzirung
des Geldmarktes für die infolge der bedeutenden Ueberschüsse in der Landes¬
kasse beschlossene Rentenconversivn einbrachte, ward das Amendement gestellt,
zuerst und vor allem die 10 Millionen Gulden, welche das Land der Handcls-
maatschappy schulde, abzulösen, um nit. December -1834, wo ein neuer Contract
mit der Gesellschaft geschlossen werden wird, die Hände sür die von so vielen
Seiten gewünschten Veränderungen des jetzt bestehenden Contracts völlig frei
zu haben.

Die Kammer zeigte sich dem Amendement sehr geneigt und während der
Debatten über dasselbe kam es zu sehr hitzigen Angriffen gegen das ganze In¬
stitut der Haudelsmaatschappy, während der Colvnialminister erklärte, daß, so¬
lange man nicht die Producte von Java selbst verkaufen wolle, für die Regierung
mit niemandem ein besserer Contract gemacht werde" könne, als mit der Haudels¬
maatschappy; die Möglichkeit von Verbesserungen in dem bestehenden Contracte
räumte er dagegen ein, und auch, daß zu diesem Zwecke die Ablösung der
10 Millionen Fi. sehr wünschenswerth sei, für jetzt aber sei sie wegen der beab¬
sichtigten Rentencvnverstvu unthunlich. Die Kammer nahm ab?r das Amendement
mit 38 gegen 27 Stimmen an, worauf die erste Kammer das ganze Gesetz mit
30 gegen j Stimmen verwarf.

Nun ward ein neuer Amortisationsentwurf, nach welchem die Gelder aus
dem Verkauf der Domänen gefunden werden sollten, eingebracht und zugleich
von dem Minister die Versicherung gegeben, daß vor 1854 entweder die 10Mill.
Fi. abgelöst, oder ein Entwurf über einen ganz neuen Contract zuvor den
Generalstaaten vorgelegt werden solle, worauf das Amortisationsgesetz angenom¬
men ward.

So ward die Entscheidung über die Haudelsmaatschappyfrage zwar vertagt,
aber zugleich der entschiedene Wille der damaligen Kammermajorität gezeigt, den
Contract 18si ans die bestehenden Bedingungen nicht wieder zu erneuern.
Inzwischen war diese Frage nur das Vorspiel der über die indische Frage uoch
bevorstehenden Kämpfe.

Noch heftiger waren die Debatten über die Besteuernngsfrage, indem bei
denselben die verschiedene", innerhalb des Mittelstandes herrschenden national-
ökonomischen Ideen, besonders in Bezug auf die sociale Frage mit eiuer bis
dahin in den Niederlanden unbekannten Schärfe sich geltend machten.

Es war nämlich eine alte und durch die socialen und socialistischen Ideen
ungemein verstärkte Klage, daß die untern Classen zu sehr mit Steuern belastet
seien und zwar infolge der hohen Auflage" auf die ersten Lebensbedürfnisse, als


Haudelsmaatschappy und die über eine Veränderung des Besteuerungssystems in
8poele über eine Steuer auf die in Staatspapieren angelegten Capitalien.

Als nämlich die Regierung einen Gesetzesentwurf über eine Amortisation
eines Theiles der älteren Staatsschuld zum Zwecke einer günstigen Jnfluenzirung
des Geldmarktes für die infolge der bedeutenden Ueberschüsse in der Landes¬
kasse beschlossene Rentenconversivn einbrachte, ward das Amendement gestellt,
zuerst und vor allem die 10 Millionen Gulden, welche das Land der Handcls-
maatschappy schulde, abzulösen, um nit. December -1834, wo ein neuer Contract
mit der Gesellschaft geschlossen werden wird, die Hände sür die von so vielen
Seiten gewünschten Veränderungen des jetzt bestehenden Contracts völlig frei
zu haben.

Die Kammer zeigte sich dem Amendement sehr geneigt und während der
Debatten über dasselbe kam es zu sehr hitzigen Angriffen gegen das ganze In¬
stitut der Haudelsmaatschappy, während der Colvnialminister erklärte, daß, so¬
lange man nicht die Producte von Java selbst verkaufen wolle, für die Regierung
mit niemandem ein besserer Contract gemacht werde» könne, als mit der Haudels¬
maatschappy; die Möglichkeit von Verbesserungen in dem bestehenden Contracte
räumte er dagegen ein, und auch, daß zu diesem Zwecke die Ablösung der
10 Millionen Fi. sehr wünschenswerth sei, für jetzt aber sei sie wegen der beab¬
sichtigten Rentencvnverstvu unthunlich. Die Kammer nahm ab?r das Amendement
mit 38 gegen 27 Stimmen an, worauf die erste Kammer das ganze Gesetz mit
30 gegen j Stimmen verwarf.

Nun ward ein neuer Amortisationsentwurf, nach welchem die Gelder aus
dem Verkauf der Domänen gefunden werden sollten, eingebracht und zugleich
von dem Minister die Versicherung gegeben, daß vor 1854 entweder die 10Mill.
Fi. abgelöst, oder ein Entwurf über einen ganz neuen Contract zuvor den
Generalstaaten vorgelegt werden solle, worauf das Amortisationsgesetz angenom¬
men ward.

So ward die Entscheidung über die Haudelsmaatschappyfrage zwar vertagt,
aber zugleich der entschiedene Wille der damaligen Kammermajorität gezeigt, den
Contract 18si ans die bestehenden Bedingungen nicht wieder zu erneuern.
Inzwischen war diese Frage nur das Vorspiel der über die indische Frage uoch
bevorstehenden Kämpfe.

Noch heftiger waren die Debatten über die Besteuernngsfrage, indem bei
denselben die verschiedene», innerhalb des Mittelstandes herrschenden national-
ökonomischen Ideen, besonders in Bezug auf die sociale Frage mit eiuer bis
dahin in den Niederlanden unbekannten Schärfe sich geltend machten.

Es war nämlich eine alte und durch die socialen und socialistischen Ideen
ungemein verstärkte Klage, daß die untern Classen zu sehr mit Steuern belastet
seien und zwar infolge der hohen Auflage» auf die ersten Lebensbedürfnisse, als


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/96>, abgerufen am 03.07.2024.