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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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Noch viel bedeutender ist die zweite Abhandlung über Macchiavelli (1827).
Sie ist wol neben dem Urtheil Rankes im Anhang seiner Geschichte der
romanisch-germanischen Völker das bedeutendste, was überhaupt über Macchiavelli
gesagt ist, und beide Erklärungen müssen einander ergänzen. Ranke setzt aus¬
einander, daß die meisten Erklärer vorzüglich dadurch geirrt haben, daß ste in
die Schriften eines vielbeschäftigten Staatsmanns, der bei jedem einzelnen eine
bestimmte Beziehung im Auge hatte, die Konsequenz eines philosophischen Systems
haben hineinlegen wollen, während er doch von Stimmungen, von augenblicklichen
Eindrücken seiner Lage und von politischen Absichten wenigstens zum Theil be¬
stimmt wurde. Macaulay faßt die Sache von einem ander" Gesichtspunkte auf.
Er zeigt, daß die Grundsätze, die uns im "Fürsten" so empören, und die wir mit der
allgemeinen Achtung, in der Macchiavelli bei seinen Zeitgenossen stand, nicht zu¬
sammenreimen können, gar nicht ihm eigenthümlich angehören, sondern der allge¬
meinen Empfindung der neuern Italiener über sittliche Dinge entsprechen. Wie
sich nun in der neuern Zeit unter der Herrschaft des Christenthums eine Denkart,
ein ästhetisches und sittliches Urtheil bilden konnte, das dem unsrigen so schnur¬
stracks entgegengesetzt ist, das hat Macaulay aus den einzelnen Voraussetzungen
der italienischen Geschichte sehr scharfsinnig hergeleitet.

Die dritte Abhandlung beschäftigt sich mit Hallam (-1828). Hier ist der
Hauptgegenstand die Darstellung des Verfolgungsgeistes, der im -16. und -17.
Jahrhundert von den beiden streitenden Kirchen ausgeübt wurde, und die richtige
Würdigung der schwächern Charaktere, die sich in dieser Krisis zunächst selber zu
erhalten suchten, und eben aus Maugel an eignem sittlichen Gehalt leicht
dazu verleitet wurden, an der Verfolgung noch eifriger Theil zu nehmen, als die
Fanatiker selbst. Namentlich Lord Cranmer, der häusig vou dem Parteigeist als
Marterer gefeiert worden ist, wird in der ganzen Schwäche seines Charakters
aufgedeckt. Wir bemerken übrigens dabei, daß Macaulay, sowenig er die Fehler
und Versündigungen der protestantischen Kirche zu bemänteln sucht, dennoch im¬
mer ein entschiedener Protestant bleibt, und daß, während in seinen ersten "Ver¬
suchen" eine philosophische Abneigung gegen die Kirche wenigstens von Zeit zu
Zeit durchscheint, er in den spätern die sittliche Bedeutung und Berechtigung der¬
selben immer nachdrncksvoller betont.

Die beiden folgenden Abhandlungen über Southey und Montgomerh
(-1830) analysiren mit einem köstlichen Witz diese beiden schlechten Poeten, die
durch Coterien eine ihnen gar nicht gebührende Stellung erlaugt hatten.

Die Abhandlung über Lord Byron (-183-1) befriedigt mehr durch die Dar-


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Noch viel bedeutender ist die zweite Abhandlung über Macchiavelli (1827).
Sie ist wol neben dem Urtheil Rankes im Anhang seiner Geschichte der
romanisch-germanischen Völker das bedeutendste, was überhaupt über Macchiavelli
gesagt ist, und beide Erklärungen müssen einander ergänzen. Ranke setzt aus¬
einander, daß die meisten Erklärer vorzüglich dadurch geirrt haben, daß ste in
die Schriften eines vielbeschäftigten Staatsmanns, der bei jedem einzelnen eine
bestimmte Beziehung im Auge hatte, die Konsequenz eines philosophischen Systems
haben hineinlegen wollen, während er doch von Stimmungen, von augenblicklichen
Eindrücken seiner Lage und von politischen Absichten wenigstens zum Theil be¬
stimmt wurde. Macaulay faßt die Sache von einem ander» Gesichtspunkte auf.
Er zeigt, daß die Grundsätze, die uns im „Fürsten" so empören, und die wir mit der
allgemeinen Achtung, in der Macchiavelli bei seinen Zeitgenossen stand, nicht zu¬
sammenreimen können, gar nicht ihm eigenthümlich angehören, sondern der allge¬
meinen Empfindung der neuern Italiener über sittliche Dinge entsprechen. Wie
sich nun in der neuern Zeit unter der Herrschaft des Christenthums eine Denkart,
ein ästhetisches und sittliches Urtheil bilden konnte, das dem unsrigen so schnur¬
stracks entgegengesetzt ist, das hat Macaulay aus den einzelnen Voraussetzungen
der italienischen Geschichte sehr scharfsinnig hergeleitet.

Die dritte Abhandlung beschäftigt sich mit Hallam (-1828). Hier ist der
Hauptgegenstand die Darstellung des Verfolgungsgeistes, der im -16. und -17.
Jahrhundert von den beiden streitenden Kirchen ausgeübt wurde, und die richtige
Würdigung der schwächern Charaktere, die sich in dieser Krisis zunächst selber zu
erhalten suchten, und eben aus Maugel an eignem sittlichen Gehalt leicht
dazu verleitet wurden, an der Verfolgung noch eifriger Theil zu nehmen, als die
Fanatiker selbst. Namentlich Lord Cranmer, der häusig vou dem Parteigeist als
Marterer gefeiert worden ist, wird in der ganzen Schwäche seines Charakters
aufgedeckt. Wir bemerken übrigens dabei, daß Macaulay, sowenig er die Fehler
und Versündigungen der protestantischen Kirche zu bemänteln sucht, dennoch im¬
mer ein entschiedener Protestant bleibt, und daß, während in seinen ersten „Ver¬
suchen" eine philosophische Abneigung gegen die Kirche wenigstens von Zeit zu
Zeit durchscheint, er in den spätern die sittliche Bedeutung und Berechtigung der¬
selben immer nachdrncksvoller betont.

Die beiden folgenden Abhandlungen über Southey und Montgomerh
(-1830) analysiren mit einem köstlichen Witz diese beiden schlechten Poeten, die
durch Coterien eine ihnen gar nicht gebührende Stellung erlaugt hatten.

Die Abhandlung über Lord Byron (-183-1) befriedigt mehr durch die Dar-


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[0489] ^8 iinuginul-ion boäios soll.it IIlL soi'ins ok llungs unknown, pov^L ?um8 >.I,LM l.0 sliilpes, »int givss l.0 !>ii'^ nolliing ^ looat bi>I,it.ulion »ni a ruine. — Noch viel bedeutender ist die zweite Abhandlung über Macchiavelli (1827). Sie ist wol neben dem Urtheil Rankes im Anhang seiner Geschichte der romanisch-germanischen Völker das bedeutendste, was überhaupt über Macchiavelli gesagt ist, und beide Erklärungen müssen einander ergänzen. Ranke setzt aus¬ einander, daß die meisten Erklärer vorzüglich dadurch geirrt haben, daß ste in die Schriften eines vielbeschäftigten Staatsmanns, der bei jedem einzelnen eine bestimmte Beziehung im Auge hatte, die Konsequenz eines philosophischen Systems haben hineinlegen wollen, während er doch von Stimmungen, von augenblicklichen Eindrücken seiner Lage und von politischen Absichten wenigstens zum Theil be¬ stimmt wurde. Macaulay faßt die Sache von einem ander» Gesichtspunkte auf. Er zeigt, daß die Grundsätze, die uns im „Fürsten" so empören, und die wir mit der allgemeinen Achtung, in der Macchiavelli bei seinen Zeitgenossen stand, nicht zu¬ sammenreimen können, gar nicht ihm eigenthümlich angehören, sondern der allge¬ meinen Empfindung der neuern Italiener über sittliche Dinge entsprechen. Wie sich nun in der neuern Zeit unter der Herrschaft des Christenthums eine Denkart, ein ästhetisches und sittliches Urtheil bilden konnte, das dem unsrigen so schnur¬ stracks entgegengesetzt ist, das hat Macaulay aus den einzelnen Voraussetzungen der italienischen Geschichte sehr scharfsinnig hergeleitet. Die dritte Abhandlung beschäftigt sich mit Hallam (-1828). Hier ist der Hauptgegenstand die Darstellung des Verfolgungsgeistes, der im -16. und -17. Jahrhundert von den beiden streitenden Kirchen ausgeübt wurde, und die richtige Würdigung der schwächern Charaktere, die sich in dieser Krisis zunächst selber zu erhalten suchten, und eben aus Maugel an eignem sittlichen Gehalt leicht dazu verleitet wurden, an der Verfolgung noch eifriger Theil zu nehmen, als die Fanatiker selbst. Namentlich Lord Cranmer, der häusig vou dem Parteigeist als Marterer gefeiert worden ist, wird in der ganzen Schwäche seines Charakters aufgedeckt. Wir bemerken übrigens dabei, daß Macaulay, sowenig er die Fehler und Versündigungen der protestantischen Kirche zu bemänteln sucht, dennoch im¬ mer ein entschiedener Protestant bleibt, und daß, während in seinen ersten „Ver¬ suchen" eine philosophische Abneigung gegen die Kirche wenigstens von Zeit zu Zeit durchscheint, er in den spätern die sittliche Bedeutung und Berechtigung der¬ selben immer nachdrncksvoller betont. Die beiden folgenden Abhandlungen über Southey und Montgomerh (-1830) analysiren mit einem köstlichen Witz diese beiden schlechten Poeten, die durch Coterien eine ihnen gar nicht gebührende Stellung erlaugt hatten. Die Abhandlung über Lord Byron (-183-1) befriedigt mehr durch die Dar- 6-1*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/489>, abgerufen am 23.07.2024.