Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.Da sich das ganze Stück in fieberhafter Leidenschaft bewegt, ist anch an eine Die Dramen von Schmid, die hier zum ersten Male gesammelt erscheinen, Grenzboten. M. -18os. 33
Da sich das ganze Stück in fieberhafter Leidenschaft bewegt, ist anch an eine Die Dramen von Schmid, die hier zum ersten Male gesammelt erscheinen, Grenzboten. M. -18os. 33
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Da sich das ganze Stück in fieberhafter Leidenschaft bewegt, ist anch an eine
rechte Composition nicht zu denken; die Handlung bewegt sich willkürlich fort,
de.it überstürzt sie sich, bald wird sie unnöthig retardirt, und der Ausgang ist
ganz willkürlich herbeigeführt und entscheidet nichts. Allein wir müssen hinzufügen,
daß in der Kühnheit, mit welcher der Dichter die plötzlich und unerwartet auf¬
brausende Gewalt der Leidenschaft darstellt, sowie in einzelnen Schlachtscencn und
in der Stimmung, mit der unruhige, verwirrte Ereignisse wiedergegeben werden,
sich ein nicht gemeines Talent kundgibt. —
Die Dramen von Schmid, die hier zum ersten Male gesammelt erscheinen,
haben wir wenigstens theilweise bereits einzeln nach dem Bühnenmanusript
besprochen. Der größere Theil derselben gehört zu dem historischen Genre,
nämlich Camoens, Bretislaw (welche beide Dramen anf dem Münchner Hoftheater
1843 aufgeführt sind), Karl Stuart (aufgeführt 1845), Herzog Christoph der
Kämpfer, (aufgeführt 1847) und Straßburg (aufgeführt 1849). Außerdem ent¬
hält die Sammlung noch ein romantisches Lustspiel in drei Acten: Theuerdank
(eine Episode aus dem Leben Kaiser Maximilians I.), und ein dramatisches Gedicht:
Rafael. — Wer mit einer Reihe von Dramen sich bereits eine gewisse Aner-
kennung auf dem Theater erworben hat, verdient unzweifelhaft die Anfmerksamkeit
der Kritik, da so sehr wenig wirklich anerkennenswerthe Talente für das Theater
arbeiten. Die Stücke haben anch ein unzweifelhaftes Verdienst. Zunächst eine
gewisse Geschicklichkeit in der Zusammensetzung der Scenen, dann einen reinen,
wohltönenden und im ganzen würdigen Stil. Einen höhern dramatischen Werth
können wir ihnen aber nicht zusprechen. Der Verfasser arbeitet in der Schiller-
schen Weise, und das wäre an sich ganz lobenswerth, da Schiller doch immer
derjenige Dichter bleibt, der unsrer Bühne eine bestimmte Richtung gegeben hat.
Allein wie finden hier vorzugsweise die fehlerhaften Seiten nachgeahmt; jenes
blasse Jdealisiren in der Sprache, das wenigstens den Anschein gibt, als wären
die Charaktere alle nach derselben Form zugeschnitten, und jene Rhetorik, die den
charakteristischen Ausdruck der Leidenschaften und Empfindungen verwischt. Wenn
man einmal historische Dramen schreibt, so muß man sich wirklich in die Geschichte
vertiefen, und zwar nicht all die Raritäten und antiquarischen Notizen anbringen,
mit denen unsre jungen Dichter sich so gern als Kenner der Geschichte legitimiren
mochten, aber doch wenigstens die historische PhysiogUomie der Charaktere und
Ereignisse. Wie aber der Verfasser mit der Geschichte umgeht, dafür ist
der beste Beleg sein Karl Stuart. König Karl I. ist nach ihm der reine
Engel, milde, sanft, tugendhaft und fromm; Cromwell dagegen der reine
Bösewicht, der einmal in seiner Betrunkenheit dem Pferde des Königs in den
Weg kam, dasselbe scheu machte und daher vom König mit der Reitpeitsche geschlagen
wurde. In Folge dessen hat er ihm Rache geschworen, und die ganze Revolution
ist nur zu dem Zweck gemacht, diese Rache auszuführen. Zuletzt, nachdem schon
Grenzboten. M. -18os. 33
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