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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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für alles verantwortlich macht. Herrn Butan bleibt es vorbehalten, anch hier
nachträglich zum Denuncianten zu werden. "Der herrschende Zeitschwindel und
die damals in Preußen grasstrende Frechheit der Rede waren anch nicht ohne
Einfluß auf ihn geblieben und scheinen ihn wenigstens zu dem Wahne verleitet
zu haben, seine That werde Billigung und Beifall finden." Obgleich das
Gegentheil davon erfolgt, seht Herr Butan doch sofort hinzu: "Majestätsbeleidiger
waren damals vvlksbeliebte Menschen u. s. w." -- So hat also Herr Butan für
sei" Publicum stillschweigend die preußische Opposition, weil sie mit den damaligen
Maßregeln der Regierung, namentlich mit den kirchlichen, unzufrieden war, zu
einer Anpreiser in des Mordes gemacht!

Seite 410 wird bei Besprechung des preußischen Landtags vou Hru. v. Thadden-
Trieglaff gesagt: "Er habe manchen einzelnen Einfall vorgcsprndelt, in dem mehr
gesunde Vernunft, mehr Wahrheit und preußisches Volksthum war, als in
mancher langen classischen Rede gefeierter Liberalen." Das ist wenigstens ergötz¬
lich. Nächstens erwarten wir ans der Feder des Herrn Butan eine begeisterte
Darstellung von der Redekunst deö Obersten Sibthorp, dem wir freilich nicht die
Beleidigung anthun wollen, seinen gesunden Menschenverstand mit dem des Herrn v.
Thadden-Trieglaff in Vergleich zu stellen. Es ist wohl von Seiten des Herrn
Butan auch nur Sympathie mit dem Galgen, den der pommersche Volksredner
gegen mißliebige Recensenten vorschlägt.

Seite 415 wird die Geschichte der Lota Montez besprochen. Herr Butan
sagt: "Der Liberalismus verrieth wieder einmal seine laxe Moral, und sein Ver¬
fallensein an den bekannten Grundsatz, den er den Jesuiten vorwirft, als er die
Lota Montez pries und begünstigte, weil ihr Einfluß, dem er freisinnige und
aufgeklärte Tendenzen unterlegte, ein ihm verhaßtes Ministerium gestürzt hatte."
Daß der Liberalismus durch deu letzte" Schritt des Ministeriums Abel, der
allerdings ehrenwerth war, sich uicht dazu verleiten ließ, eine Partei, die den
Staat der schändlichsten Unterdrückung zugetrieben halte, nachträglich zu rühmen
und zu preisen, ist von ihm sehr verständig gewesen; daß einzelne liberale Blätter
die Sache nicht ernst genug auffaßten, ist gleichfalls leider richtig, obgleich der
Eifer der aristokratischen Partei uicht gegen den Einfluß derMailrefse an sich,
sondern gegen den bestimmten Einfluß derselben gerichtet war; daß aber dem ge-
sammten Liberalismus vorgeworfen wird, er habe die Lota gepriesen und be¬
günstigt und dadurch seiue laxe Moral verrathen, ist eine Lüge.

Seite 416 werdeu die Unruhen in Sachsen den fremden Literaten schuld
gegeben, obgleich, soviel uns bekannt ist, damals die Redactionen aller einflu߬
reichen Blätter in sächsischen Händen waren. Uebrigens müßten wir sehr irren,
obgleich wir es allerdings nicht bestimmt behaupten wollen, daß grade in der
damals von Herrn Prof. Butan redigirten Deutschen Allgemeinen Zeitung i"
Beziehung auf die Lichtfreunde und Deutschkatholiken ganz eigne Dinge standen.


für alles verantwortlich macht. Herrn Butan bleibt es vorbehalten, anch hier
nachträglich zum Denuncianten zu werden. „Der herrschende Zeitschwindel und
die damals in Preußen grasstrende Frechheit der Rede waren anch nicht ohne
Einfluß auf ihn geblieben und scheinen ihn wenigstens zu dem Wahne verleitet
zu haben, seine That werde Billigung und Beifall finden." Obgleich das
Gegentheil davon erfolgt, seht Herr Butan doch sofort hinzu: „Majestätsbeleidiger
waren damals vvlksbeliebte Menschen u. s. w." — So hat also Herr Butan für
sei» Publicum stillschweigend die preußische Opposition, weil sie mit den damaligen
Maßregeln der Regierung, namentlich mit den kirchlichen, unzufrieden war, zu
einer Anpreiser in des Mordes gemacht!

Seite 410 wird bei Besprechung des preußischen Landtags vou Hru. v. Thadden-
Trieglaff gesagt: „Er habe manchen einzelnen Einfall vorgcsprndelt, in dem mehr
gesunde Vernunft, mehr Wahrheit und preußisches Volksthum war, als in
mancher langen classischen Rede gefeierter Liberalen." Das ist wenigstens ergötz¬
lich. Nächstens erwarten wir ans der Feder des Herrn Butan eine begeisterte
Darstellung von der Redekunst deö Obersten Sibthorp, dem wir freilich nicht die
Beleidigung anthun wollen, seinen gesunden Menschenverstand mit dem des Herrn v.
Thadden-Trieglaff in Vergleich zu stellen. Es ist wohl von Seiten des Herrn
Butan auch nur Sympathie mit dem Galgen, den der pommersche Volksredner
gegen mißliebige Recensenten vorschlägt.

Seite 415 wird die Geschichte der Lota Montez besprochen. Herr Butan
sagt: „Der Liberalismus verrieth wieder einmal seine laxe Moral, und sein Ver¬
fallensein an den bekannten Grundsatz, den er den Jesuiten vorwirft, als er die
Lota Montez pries und begünstigte, weil ihr Einfluß, dem er freisinnige und
aufgeklärte Tendenzen unterlegte, ein ihm verhaßtes Ministerium gestürzt hatte."
Daß der Liberalismus durch deu letzte» Schritt des Ministeriums Abel, der
allerdings ehrenwerth war, sich uicht dazu verleiten ließ, eine Partei, die den
Staat der schändlichsten Unterdrückung zugetrieben halte, nachträglich zu rühmen
und zu preisen, ist von ihm sehr verständig gewesen; daß einzelne liberale Blätter
die Sache nicht ernst genug auffaßten, ist gleichfalls leider richtig, obgleich der
Eifer der aristokratischen Partei uicht gegen den Einfluß derMailrefse an sich,
sondern gegen den bestimmten Einfluß derselben gerichtet war; daß aber dem ge-
sammten Liberalismus vorgeworfen wird, er habe die Lota gepriesen und be¬
günstigt und dadurch seiue laxe Moral verrathen, ist eine Lüge.

Seite 416 werdeu die Unruhen in Sachsen den fremden Literaten schuld
gegeben, obgleich, soviel uns bekannt ist, damals die Redactionen aller einflu߬
reichen Blätter in sächsischen Händen waren. Uebrigens müßten wir sehr irren,
obgleich wir es allerdings nicht bestimmt behaupten wollen, daß grade in der
damals von Herrn Prof. Butan redigirten Deutschen Allgemeinen Zeitung i"
Beziehung auf die Lichtfreunde und Deutschkatholiken ganz eigne Dinge standen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/290>, abgerufen am 23.07.2024.