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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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-- Wie, Sie haben nicht verstanden und es ist doch ganz einfach?

-- Das ist möglich, aber es wird noch einfacher sein, wenn Sie wir erklärt
haben werden, was diese Figuren bedeuten.

-- Das ist beinahe ein Majestätsverbrechen, das ich begehe, indem ich Ih¬
nen diese Erklärung gebe, sagte Lo-se. Doch gleichviel, beginnen Sie bei der
ersten Seite und sagen Sie mir, was Sie sehen.

-- Ich sehe ein sehr schlechtes Bild, einen Reiter darstellend, der durch das
Thor einer Stadt hineinzieht.

-- Gut, fahren Sie fort.

-- Ich sehe ans der zweiten Seite eine Laube, angefüllt mit Leuten.

-- Sehr gut, nur weiter.

-- Ich sehe einen sehr häßlichen Bonzen, auf allen Vieren auf einem Büffel
liegend.

-- Ja, so ists und nun verstehen Sie auch?

-- Nein, nicht das geringste, rief ich ungeduldig aus.

-- Nun so hören Sie, sagte der Doctor, indem er mir fast ins Ohr redete.
Ich habe Ihnen gesagt, daß es sich um die Thronfolge handle. Der Reiter,
der durchs Thor reitet, ist Tscheu, der zusammengesetzt aus Thüre men und Pferd
ma. Tscheu ist grade der erste, der sich gegen die Mongolen erhebt und welcher
Schuld ist, daß die Mings ihnen folgten. Wenn die Mongolen dieses Buch
gelesen und alle Männer umgebracht hätten, die Tscheu hießen, wäre ihre Race
noch ans dem Throne.

-- Teufel, das wäre ein gewaltsames Mittel gewesen.

-- Sagen Sie nichts, fuhr Lo-se fort, eine alte Lande voll von Leuten heißt
ans chinesisch man-tschu. Das ist der Name der Tartaren, welche die Mings
vertrieben. Die letzte Allegorie ist undurchsichtig, wie die Gewässer des blauen
Flusses im Herbste.

-- Das hat gut durchsichtig sein, ich sehe doch nur einen Bonzen ans einem Büffel.
Nun denn, es ist der Name derer, welche den Man-tschu folgen werden. Ein
Bonze stellt den Gott Fo dar, auf allen Vieren heißt lan und ein Büffel heißt se,
also Fo-lan-si, die Fo-lan-si werden die Tartaren vertreiben.

-- Was die Franzosen? rief ich lachend aus.

-- Ja, ja erwiderte Lo-se. Die Fo-lan-si, die Fo-lan-si so steht geschrieben
und so wird geschehen!

Was sagen Sie mein Freund zu diesem chinesischen Rebus? Theilen Sie
diese Weissagung ihren Landsleuten mit, das könnte sie vielleicht bewegen ihre
Siege und Eroberungen von vorne zu beginnen.

Doch ich überlege, es ist der christliche Haß, welcher Hieu-fung stürzen wird.
Diesen Haß haben vorzüglich die Fo-lan-si in China verbreitet und anch diesmal
. . . wird das Orakel recht behalten.


— Wie, Sie haben nicht verstanden und es ist doch ganz einfach?

— Das ist möglich, aber es wird noch einfacher sein, wenn Sie wir erklärt
haben werden, was diese Figuren bedeuten.

— Das ist beinahe ein Majestätsverbrechen, das ich begehe, indem ich Ih¬
nen diese Erklärung gebe, sagte Lo-se. Doch gleichviel, beginnen Sie bei der
ersten Seite und sagen Sie mir, was Sie sehen.

— Ich sehe ein sehr schlechtes Bild, einen Reiter darstellend, der durch das
Thor einer Stadt hineinzieht.

— Gut, fahren Sie fort.

— Ich sehe ans der zweiten Seite eine Laube, angefüllt mit Leuten.

— Sehr gut, nur weiter.

— Ich sehe einen sehr häßlichen Bonzen, auf allen Vieren auf einem Büffel
liegend.

— Ja, so ists und nun verstehen Sie auch?

— Nein, nicht das geringste, rief ich ungeduldig aus.

— Nun so hören Sie, sagte der Doctor, indem er mir fast ins Ohr redete.
Ich habe Ihnen gesagt, daß es sich um die Thronfolge handle. Der Reiter,
der durchs Thor reitet, ist Tscheu, der zusammengesetzt aus Thüre men und Pferd
ma. Tscheu ist grade der erste, der sich gegen die Mongolen erhebt und welcher
Schuld ist, daß die Mings ihnen folgten. Wenn die Mongolen dieses Buch
gelesen und alle Männer umgebracht hätten, die Tscheu hießen, wäre ihre Race
noch ans dem Throne.

— Teufel, das wäre ein gewaltsames Mittel gewesen.

— Sagen Sie nichts, fuhr Lo-se fort, eine alte Lande voll von Leuten heißt
ans chinesisch man-tschu. Das ist der Name der Tartaren, welche die Mings
vertrieben. Die letzte Allegorie ist undurchsichtig, wie die Gewässer des blauen
Flusses im Herbste.

— Das hat gut durchsichtig sein, ich sehe doch nur einen Bonzen ans einem Büffel.
Nun denn, es ist der Name derer, welche den Man-tschu folgen werden. Ein
Bonze stellt den Gott Fo dar, auf allen Vieren heißt lan und ein Büffel heißt se,
also Fo-lan-si, die Fo-lan-si werden die Tartaren vertreiben.

— Was die Franzosen? rief ich lachend aus.

— Ja, ja erwiderte Lo-se. Die Fo-lan-si, die Fo-lan-si so steht geschrieben
und so wird geschehen!

Was sagen Sie mein Freund zu diesem chinesischen Rebus? Theilen Sie
diese Weissagung ihren Landsleuten mit, das könnte sie vielleicht bewegen ihre
Siege und Eroberungen von vorne zu beginnen.

Doch ich überlege, es ist der christliche Haß, welcher Hieu-fung stürzen wird.
Diesen Haß haben vorzüglich die Fo-lan-si in China verbreitet und anch diesmal
. . . wird das Orakel recht behalten.


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[0268] — Wie, Sie haben nicht verstanden und es ist doch ganz einfach? — Das ist möglich, aber es wird noch einfacher sein, wenn Sie wir erklärt haben werden, was diese Figuren bedeuten. — Das ist beinahe ein Majestätsverbrechen, das ich begehe, indem ich Ih¬ nen diese Erklärung gebe, sagte Lo-se. Doch gleichviel, beginnen Sie bei der ersten Seite und sagen Sie mir, was Sie sehen. — Ich sehe ein sehr schlechtes Bild, einen Reiter darstellend, der durch das Thor einer Stadt hineinzieht. — Gut, fahren Sie fort. — Ich sehe ans der zweiten Seite eine Laube, angefüllt mit Leuten. — Sehr gut, nur weiter. — Ich sehe einen sehr häßlichen Bonzen, auf allen Vieren auf einem Büffel liegend. — Ja, so ists und nun verstehen Sie auch? — Nein, nicht das geringste, rief ich ungeduldig aus. — Nun so hören Sie, sagte der Doctor, indem er mir fast ins Ohr redete. Ich habe Ihnen gesagt, daß es sich um die Thronfolge handle. Der Reiter, der durchs Thor reitet, ist Tscheu, der zusammengesetzt aus Thüre men und Pferd ma. Tscheu ist grade der erste, der sich gegen die Mongolen erhebt und welcher Schuld ist, daß die Mings ihnen folgten. Wenn die Mongolen dieses Buch gelesen und alle Männer umgebracht hätten, die Tscheu hießen, wäre ihre Race noch ans dem Throne. — Teufel, das wäre ein gewaltsames Mittel gewesen. — Sagen Sie nichts, fuhr Lo-se fort, eine alte Lande voll von Leuten heißt ans chinesisch man-tschu. Das ist der Name der Tartaren, welche die Mings vertrieben. Die letzte Allegorie ist undurchsichtig, wie die Gewässer des blauen Flusses im Herbste. — Das hat gut durchsichtig sein, ich sehe doch nur einen Bonzen ans einem Büffel. Nun denn, es ist der Name derer, welche den Man-tschu folgen werden. Ein Bonze stellt den Gott Fo dar, auf allen Vieren heißt lan und ein Büffel heißt se, also Fo-lan-si, die Fo-lan-si werden die Tartaren vertreiben. — Was die Franzosen? rief ich lachend aus. — Ja, ja erwiderte Lo-se. Die Fo-lan-si, die Fo-lan-si so steht geschrieben und so wird geschehen! Was sagen Sie mein Freund zu diesem chinesischen Rebus? Theilen Sie diese Weissagung ihren Landsleuten mit, das könnte sie vielleicht bewegen ihre Siege und Eroberungen von vorne zu beginnen. Doch ich überlege, es ist der christliche Haß, welcher Hieu-fung stürzen wird. Diesen Haß haben vorzüglich die Fo-lan-si in China verbreitet und anch diesmal . . . wird das Orakel recht behalten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/268>, abgerufen am 23.07.2024.