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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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wenig entmuthigt, weder die Bestrafung der ungehorsamen Generale, noch die
Prophezeihungen seiner treuen Diener, noch auch die Poesie der officiellen Bulle¬
tins vermögen ihn zu trösten. Er erinnert sich in der Noth an die Diener seines
Vaters, Kichan und Kliu. Die Großenkel des gegenwärtigen Kaisers werden
wieder in ihre Aemter eingesetzt. Ein Mandarin, Namens Hing-gan, den Hieu-
fnngs Vater, der Kaiser Tao-kuang wegen seiner progresflstischen Tendenzen ab¬
gesetzt hatte, wird erster Minister an der Stelle Sai-schang-has. Der junge Kaiser
ändert uur die Persönlichkeiten seiner Verwaltung, seine Politik bleibt dieselbe.
Der Monarch kann seine Vorurtheile, seinen Ingrimm gegen die Barbaren nicht
bemeistern, er begreift die Ansichten der Männer nicht, von deren Talent er doch
die Rettung seines Thrones erwartet.

Die Rebellen setzen ihren Eroberungszug fort und wir finden sie bereits vor
Tschang-Seba, der Hauptstadt des Hu-nan. Diese Stadt, welche am Flusse Siang,
einem Nebenflüsse des Uang-ezc-klang, liegt, ist berühmt durch die Regatten, die
daselbst jedes Jahr zu Ehren einer fünfhundert Jahre vor Christus im Flusse
Siang umgekommener Celebrität gefeiert werden. Tschang-Seba ist aber anch ein
bedeutender Handels- und Kriegsplatz. Die Rebellen führen die Belagerung mit
vielem Eifer fort, die Garnison will sich bereits ergeben, als Sir mit frischen
Truppen erscheint und den Feind zurückschlägt, doch hatte die Stadt großen
Schaden erlitten. Die Rebellen werfen sich auf Uo-tschevn, das sie ohne
Schwertstreich nehmen. Sie erheben eine Kriegöabgabe von tausend Tanis
und bekommen zweihundert Junten in ihre Gewalt. Sie ziehen damit den Fluß
bis Kilt-tschu-su hinauf, wo sie sich befestigen und ihre Beute in Sicherheit
bringen. Diese Expedition wurde durch den Jnsurgentengeneral Tai-ping-wang
geführt, der auf seine Fahnen das freundliche Verspreche", grade auf Peking
loszugehen, zur Ermunterung für seine Truppen schreiben ließ.

Die Verlegenheiten der Kaiserlichen mehren sich. Der Vicekönig der Pro¬
vinz KuÄ-tsche (östlich von Knäng-si) erklärt, keine Recruten schicken zu können,
da die Rebellen ihm die Verbindung abgeschnitten, und der Moniteur von Peking
theilt zu gleicher Zeit mit, daß der Mandarin Kio-kuaug im Schan-trug von
den Rebellen umgebracht worden. Dieses Factum ist darum von Bedeutung,
weil das Schan-trug 200 Meilen vom Lager der Rebellen gelegen ist. Schan-
kung ist bekanntlich das Vaterland von Confucius.

Während die Revolution um sich greift, befindet sich die Dynastie der Tsing
in der größesten Finanznoth. In China stehlen die Beamten nämlich mit eben¬
so viel naivem Bewußtsein wie in Rußland, und aus den officiellen Daten geht
hervor, daß der Feldzug gegen die Rebellen blos in einem Jahre 18,000,000 Taels
gekostet habe. In dieser Noth machen die Mandarine die verschiedensten Vor¬
schläge und einer derselben Hu-tin ist auf den Gedanken gekommen, das Opium
zum Staatsmonopol zu machen. Es ist ist wahrscheinlich, daß Hieu-sung aus


wenig entmuthigt, weder die Bestrafung der ungehorsamen Generale, noch die
Prophezeihungen seiner treuen Diener, noch auch die Poesie der officiellen Bulle¬
tins vermögen ihn zu trösten. Er erinnert sich in der Noth an die Diener seines
Vaters, Kichan und Kliu. Die Großenkel des gegenwärtigen Kaisers werden
wieder in ihre Aemter eingesetzt. Ein Mandarin, Namens Hing-gan, den Hieu-
fnngs Vater, der Kaiser Tao-kuang wegen seiner progresflstischen Tendenzen ab¬
gesetzt hatte, wird erster Minister an der Stelle Sai-schang-has. Der junge Kaiser
ändert uur die Persönlichkeiten seiner Verwaltung, seine Politik bleibt dieselbe.
Der Monarch kann seine Vorurtheile, seinen Ingrimm gegen die Barbaren nicht
bemeistern, er begreift die Ansichten der Männer nicht, von deren Talent er doch
die Rettung seines Thrones erwartet.

Die Rebellen setzen ihren Eroberungszug fort und wir finden sie bereits vor
Tschang-Seba, der Hauptstadt des Hu-nan. Diese Stadt, welche am Flusse Siang,
einem Nebenflüsse des Uang-ezc-klang, liegt, ist berühmt durch die Regatten, die
daselbst jedes Jahr zu Ehren einer fünfhundert Jahre vor Christus im Flusse
Siang umgekommener Celebrität gefeiert werden. Tschang-Seba ist aber anch ein
bedeutender Handels- und Kriegsplatz. Die Rebellen führen die Belagerung mit
vielem Eifer fort, die Garnison will sich bereits ergeben, als Sir mit frischen
Truppen erscheint und den Feind zurückschlägt, doch hatte die Stadt großen
Schaden erlitten. Die Rebellen werfen sich auf Uo-tschevn, das sie ohne
Schwertstreich nehmen. Sie erheben eine Kriegöabgabe von tausend Tanis
und bekommen zweihundert Junten in ihre Gewalt. Sie ziehen damit den Fluß
bis Kilt-tschu-su hinauf, wo sie sich befestigen und ihre Beute in Sicherheit
bringen. Diese Expedition wurde durch den Jnsurgentengeneral Tai-ping-wang
geführt, der auf seine Fahnen das freundliche Verspreche», grade auf Peking
loszugehen, zur Ermunterung für seine Truppen schreiben ließ.

Die Verlegenheiten der Kaiserlichen mehren sich. Der Vicekönig der Pro¬
vinz KuÄ-tsche (östlich von Knäng-si) erklärt, keine Recruten schicken zu können,
da die Rebellen ihm die Verbindung abgeschnitten, und der Moniteur von Peking
theilt zu gleicher Zeit mit, daß der Mandarin Kio-kuaug im Schan-trug von
den Rebellen umgebracht worden. Dieses Factum ist darum von Bedeutung,
weil das Schan-trug 200 Meilen vom Lager der Rebellen gelegen ist. Schan-
kung ist bekanntlich das Vaterland von Confucius.

Während die Revolution um sich greift, befindet sich die Dynastie der Tsing
in der größesten Finanznoth. In China stehlen die Beamten nämlich mit eben¬
so viel naivem Bewußtsein wie in Rußland, und aus den officiellen Daten geht
hervor, daß der Feldzug gegen die Rebellen blos in einem Jahre 18,000,000 Taels
gekostet habe. In dieser Noth machen die Mandarine die verschiedensten Vor¬
schläge und einer derselben Hu-tin ist auf den Gedanken gekommen, das Opium
zum Staatsmonopol zu machen. Es ist ist wahrscheinlich, daß Hieu-sung aus


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[0261] wenig entmuthigt, weder die Bestrafung der ungehorsamen Generale, noch die Prophezeihungen seiner treuen Diener, noch auch die Poesie der officiellen Bulle¬ tins vermögen ihn zu trösten. Er erinnert sich in der Noth an die Diener seines Vaters, Kichan und Kliu. Die Großenkel des gegenwärtigen Kaisers werden wieder in ihre Aemter eingesetzt. Ein Mandarin, Namens Hing-gan, den Hieu- fnngs Vater, der Kaiser Tao-kuang wegen seiner progresflstischen Tendenzen ab¬ gesetzt hatte, wird erster Minister an der Stelle Sai-schang-has. Der junge Kaiser ändert uur die Persönlichkeiten seiner Verwaltung, seine Politik bleibt dieselbe. Der Monarch kann seine Vorurtheile, seinen Ingrimm gegen die Barbaren nicht bemeistern, er begreift die Ansichten der Männer nicht, von deren Talent er doch die Rettung seines Thrones erwartet. Die Rebellen setzen ihren Eroberungszug fort und wir finden sie bereits vor Tschang-Seba, der Hauptstadt des Hu-nan. Diese Stadt, welche am Flusse Siang, einem Nebenflüsse des Uang-ezc-klang, liegt, ist berühmt durch die Regatten, die daselbst jedes Jahr zu Ehren einer fünfhundert Jahre vor Christus im Flusse Siang umgekommener Celebrität gefeiert werden. Tschang-Seba ist aber anch ein bedeutender Handels- und Kriegsplatz. Die Rebellen führen die Belagerung mit vielem Eifer fort, die Garnison will sich bereits ergeben, als Sir mit frischen Truppen erscheint und den Feind zurückschlägt, doch hatte die Stadt großen Schaden erlitten. Die Rebellen werfen sich auf Uo-tschevn, das sie ohne Schwertstreich nehmen. Sie erheben eine Kriegöabgabe von tausend Tanis und bekommen zweihundert Junten in ihre Gewalt. Sie ziehen damit den Fluß bis Kilt-tschu-su hinauf, wo sie sich befestigen und ihre Beute in Sicherheit bringen. Diese Expedition wurde durch den Jnsurgentengeneral Tai-ping-wang geführt, der auf seine Fahnen das freundliche Verspreche», grade auf Peking loszugehen, zur Ermunterung für seine Truppen schreiben ließ. Die Verlegenheiten der Kaiserlichen mehren sich. Der Vicekönig der Pro¬ vinz KuÄ-tsche (östlich von Knäng-si) erklärt, keine Recruten schicken zu können, da die Rebellen ihm die Verbindung abgeschnitten, und der Moniteur von Peking theilt zu gleicher Zeit mit, daß der Mandarin Kio-kuaug im Schan-trug von den Rebellen umgebracht worden. Dieses Factum ist darum von Bedeutung, weil das Schan-trug 200 Meilen vom Lager der Rebellen gelegen ist. Schan- kung ist bekanntlich das Vaterland von Confucius. Während die Revolution um sich greift, befindet sich die Dynastie der Tsing in der größesten Finanznoth. In China stehlen die Beamten nämlich mit eben¬ so viel naivem Bewußtsein wie in Rußland, und aus den officiellen Daten geht hervor, daß der Feldzug gegen die Rebellen blos in einem Jahre 18,000,000 Taels gekostet habe. In dieser Noth machen die Mandarine die verschiedensten Vor¬ schläge und einer derselben Hu-tin ist auf den Gedanken gekommen, das Opium zum Staatsmonopol zu machen. Es ist ist wahrscheinlich, daß Hieu-sung aus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/261>, abgerufen am 03.07.2024.