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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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frühern Erpressungen von Seite des Paschas traten. Nachdem aber dieser seine
Steuern eingetrieben hatte, kam der Pascha, der ebensowenig einen regulären Ge¬
halt erhielt, als früher, und der daher auf die früheren Erpressungen angewiesen
war, und trieb die alten Steuern noch einmal ein. Es erfolgte der bekannte
Aufstand und von dem Hattischerif von Gulhaneh ist nicht weiter die Rede.

Wenn es aber der Pforte uicht gelingt, ihre christlichen Unterthanen ins
Militär zu ziehen, so ist ein Widerstand gegen die furchtbaren Streitkräfte Ru߬
lands und Oestreichs, die alle Grenzprvviuzeu anfüllen, auf die Dauer undenkbar.
In dem türkischen Volk liegen zwar immer noch gute militärische Elemente; aber
um sie zu disciplinircn und für den Krieg brauchbar zu machen, ist jetzt, wo die
alten grausamen, despotischen Mittel nicht mehr anzuwenden sind, ein militärisches
Genie nöthig, weil dies die Türken nicht besitzen. Etwas würde freilich gebessert
werden, wenn die beabsichtigte Vereinigung mit der wvhldisciplinirten ägyptischen
Armee gelingt. Auch wäre vielleicht ein wenigstens vorübergehender Erfolg denk¬
bar, wenn ein kriegerischer Sultan noch einmal den alttürkischen Geist, den musel¬
männischen Fanatismus anzuregen verstände. Aber ein solches Ereigniß liegt
außer aller Wahrscheinlichkeit, da die Erziehung der türkischen Prinzen im Serail
die Ausbildung eines militärischen Talents unmöglich macht. Dauernd könnte die
Türkei nur etwas erreichen, wenn sie gemischte Provinzialverwaltuugen einrichtet
und die Christen mit den Türken ans vollständig gleichen Fuß stellt. Ob zu
einer so durchgreifenden Reform noch Lebenskraft genug in der Türkei vorhan¬
den ist, möchte zu bezweifeln sein. Jedenfalls wird man aber zugeben müssen,
daß die christlichen Mächte eher alles mögliche gethan haben, eine solche Wendung
zu hintertreiben, als sie zu ermöglichen.




Die Shakespeare-Literatur.
Ergänzungsband zu allen englischen Ausgaben und zur Schlegel-Tieckschen Ueber-
setzung von Shakespeares dramatischen Werken. Enthaltend die von I. Pavne
Collier in einem alten Exemplar der Folio-Ausgabe von 1632 aufgefundenen
und herausgegebenen handschriftlichen Bemerkungen und Textänderungen in
übersichtlich vergleichender Zusammenstellung bearbeitet von Julius Frese.--
Berlin, Franz Duncker. Heft 1. u. 2. --
Beiträge und Verbesserungen zu Shakespeares Dramen nach handschriftlichen
Aenderungen u. s. w>, für deu deutschen Text bearbeitet >ab herausgegeben von
F. A. Leo.-- Berlin, Asser S Comp. --
I. Payne Colliers alte handschriftliche Emendationen zum Shakespeare, gewürdigt
von Rico laus Delius. Bonn, König. --

Gleich zu Anfang, als die neuen Entdeckungen Colliers durch die englische


frühern Erpressungen von Seite des Paschas traten. Nachdem aber dieser seine
Steuern eingetrieben hatte, kam der Pascha, der ebensowenig einen regulären Ge¬
halt erhielt, als früher, und der daher auf die früheren Erpressungen angewiesen
war, und trieb die alten Steuern noch einmal ein. Es erfolgte der bekannte
Aufstand und von dem Hattischerif von Gulhaneh ist nicht weiter die Rede.

Wenn es aber der Pforte uicht gelingt, ihre christlichen Unterthanen ins
Militär zu ziehen, so ist ein Widerstand gegen die furchtbaren Streitkräfte Ru߬
lands und Oestreichs, die alle Grenzprvviuzeu anfüllen, auf die Dauer undenkbar.
In dem türkischen Volk liegen zwar immer noch gute militärische Elemente; aber
um sie zu disciplinircn und für den Krieg brauchbar zu machen, ist jetzt, wo die
alten grausamen, despotischen Mittel nicht mehr anzuwenden sind, ein militärisches
Genie nöthig, weil dies die Türken nicht besitzen. Etwas würde freilich gebessert
werden, wenn die beabsichtigte Vereinigung mit der wvhldisciplinirten ägyptischen
Armee gelingt. Auch wäre vielleicht ein wenigstens vorübergehender Erfolg denk¬
bar, wenn ein kriegerischer Sultan noch einmal den alttürkischen Geist, den musel¬
männischen Fanatismus anzuregen verstände. Aber ein solches Ereigniß liegt
außer aller Wahrscheinlichkeit, da die Erziehung der türkischen Prinzen im Serail
die Ausbildung eines militärischen Talents unmöglich macht. Dauernd könnte die
Türkei nur etwas erreichen, wenn sie gemischte Provinzialverwaltuugen einrichtet
und die Christen mit den Türken ans vollständig gleichen Fuß stellt. Ob zu
einer so durchgreifenden Reform noch Lebenskraft genug in der Türkei vorhan¬
den ist, möchte zu bezweifeln sein. Jedenfalls wird man aber zugeben müssen,
daß die christlichen Mächte eher alles mögliche gethan haben, eine solche Wendung
zu hintertreiben, als sie zu ermöglichen.




Die Shakespeare-Literatur.
Ergänzungsband zu allen englischen Ausgaben und zur Schlegel-Tieckschen Ueber-
setzung von Shakespeares dramatischen Werken. Enthaltend die von I. Pavne
Collier in einem alten Exemplar der Folio-Ausgabe von 1632 aufgefundenen
und herausgegebenen handschriftlichen Bemerkungen und Textänderungen in
übersichtlich vergleichender Zusammenstellung bearbeitet von Julius Frese.—
Berlin, Franz Duncker. Heft 1. u. 2. —
Beiträge und Verbesserungen zu Shakespeares Dramen nach handschriftlichen
Aenderungen u. s. w>, für deu deutschen Text bearbeitet >ab herausgegeben von
F. A. Leo.— Berlin, Asser S Comp. —
I. Payne Colliers alte handschriftliche Emendationen zum Shakespeare, gewürdigt
von Rico laus Delius. Bonn, König. —

Gleich zu Anfang, als die neuen Entdeckungen Colliers durch die englische


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[0236] frühern Erpressungen von Seite des Paschas traten. Nachdem aber dieser seine Steuern eingetrieben hatte, kam der Pascha, der ebensowenig einen regulären Ge¬ halt erhielt, als früher, und der daher auf die früheren Erpressungen angewiesen war, und trieb die alten Steuern noch einmal ein. Es erfolgte der bekannte Aufstand und von dem Hattischerif von Gulhaneh ist nicht weiter die Rede. Wenn es aber der Pforte uicht gelingt, ihre christlichen Unterthanen ins Militär zu ziehen, so ist ein Widerstand gegen die furchtbaren Streitkräfte Ru߬ lands und Oestreichs, die alle Grenzprvviuzeu anfüllen, auf die Dauer undenkbar. In dem türkischen Volk liegen zwar immer noch gute militärische Elemente; aber um sie zu disciplinircn und für den Krieg brauchbar zu machen, ist jetzt, wo die alten grausamen, despotischen Mittel nicht mehr anzuwenden sind, ein militärisches Genie nöthig, weil dies die Türken nicht besitzen. Etwas würde freilich gebessert werden, wenn die beabsichtigte Vereinigung mit der wvhldisciplinirten ägyptischen Armee gelingt. Auch wäre vielleicht ein wenigstens vorübergehender Erfolg denk¬ bar, wenn ein kriegerischer Sultan noch einmal den alttürkischen Geist, den musel¬ männischen Fanatismus anzuregen verstände. Aber ein solches Ereigniß liegt außer aller Wahrscheinlichkeit, da die Erziehung der türkischen Prinzen im Serail die Ausbildung eines militärischen Talents unmöglich macht. Dauernd könnte die Türkei nur etwas erreichen, wenn sie gemischte Provinzialverwaltuugen einrichtet und die Christen mit den Türken ans vollständig gleichen Fuß stellt. Ob zu einer so durchgreifenden Reform noch Lebenskraft genug in der Türkei vorhan¬ den ist, möchte zu bezweifeln sein. Jedenfalls wird man aber zugeben müssen, daß die christlichen Mächte eher alles mögliche gethan haben, eine solche Wendung zu hintertreiben, als sie zu ermöglichen. Die Shakespeare-Literatur. Ergänzungsband zu allen englischen Ausgaben und zur Schlegel-Tieckschen Ueber- setzung von Shakespeares dramatischen Werken. Enthaltend die von I. Pavne Collier in einem alten Exemplar der Folio-Ausgabe von 1632 aufgefundenen und herausgegebenen handschriftlichen Bemerkungen und Textänderungen in übersichtlich vergleichender Zusammenstellung bearbeitet von Julius Frese.— Berlin, Franz Duncker. Heft 1. u. 2. — Beiträge und Verbesserungen zu Shakespeares Dramen nach handschriftlichen Aenderungen u. s. w>, für deu deutschen Text bearbeitet >ab herausgegeben von F. A. Leo.— Berlin, Asser S Comp. — I. Payne Colliers alte handschriftliche Emendationen zum Shakespeare, gewürdigt von Rico laus Delius. Bonn, König. — Gleich zu Anfang, als die neuen Entdeckungen Colliers durch die englische

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/236>, abgerufen am 23.07.2024.