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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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mir darauf beschränkt, die Pachtpreise sich auszahlen zu lassen, ohne über die
Pächter eine strenge Aufsicht zu führen, so verliert der Staatsschatz einen schonen
Theil der Einnahmen die er haben könnte, und das Land wird mit unnützen Ab¬
gaben überlastet, von denen mir eine kleine Anzahl habgieriger Speculanten Ge¬
winn zieht, vorzüglich wenn letztere zugleich Beamte sind, und ihr Ansehen zum
Besten ihrer Speculation benutzen. Und grade die Statthalter der Provinzen
pansee" am häufigsten die sämmtlichen Abgaben der Provinzen, die ihrer Herr¬
schaft unterworfen sind. Ein gutes Beispiel der Folgen dieser Einrichtung gibt
uns die Einsammlung der Tabaksteuer im Sandschak-Dschanik, einem Theile des
Paschaliks Trcbisonde. In dieser Provinz hat, wie fast überall in Kleinasien, der
Tabak zweierlei Abgaben zu bezahlen: die eine Jahes gnmrnk, wird von der Pflanze
ans dem Felde erhoben und beträgt 1-12 Paras auf 70 Quadratfuß, die andere,
von dem gelesenen Blatt, Kura gnmrnk, beträgt 6 Piaster pro Batman. Beide
Abgaben hat der Pascha von Trcbisonde gepachtet, und er zieht davon nach Ab¬
zug aller Kosten einen jährlichen Gewinn von circa -10,000 Thalern, welche, da
die Abgabe an und für sich nicht schwer ist, der Staat profitiren konnte, während
sie jetzt nngesetzlichcrweise in die Privatkasse des Paschas fließen. Aber die Pro¬
vinz Dschanik bildet nur einen kleinen Theil des Paschaliks Trcbisonde, und da
auch in den übrigen Theilen viel Tabak gebaut wird, und die Steuer hier eben¬
falls verpachtet ist, so kann man den Verlust für den Staat blos in diesen einem
Paschalik ans -IV"--"l Vs Million Thaler veranschlagen. Darnach kann man sich
einen Begriff machen, welche ungeheuern Verluste der Staat durch diese Steuer¬
einrichtung erleidet! Zwar schaffte der Hattischeriss von Gulham die Verpachtung
der Steuer ab, aber die Finanznoth der beständig von der Hand in den Mund
lebenden türkischen Regierung hat ihr nicht erlaubt, ihren Vorsatz in Ausführung
zu bringen, und das alte System besteht heut noch in der schönsten Blüte.

Die Hauptquellen der Staatseinnahmen der Türkei sind folgende:

Der Zehnte (Uschnr), der von allen Ackerbanprodncten und von den Thieren,
deren Zucht zur Landwirthschaft gehört, erhoben wird.

Der Biutime, eine Vermögenssteuer von 2k> °/<>, die von Immobilien und
Mobilien gezahlt wird. Da dies Vermögen ans schon dem Zehnten unterworfenen
Eigenthum, bestehen kann, wie z. B. Getreide, Oliven, Heerden :c., so ist
mancher Gegenstand doppelt besteuert; auf diese Weise erhebt die Regierung von
-1000 Scheffeln Getreide -100 als Zehnten und 2S0 als Bintime, während ein
Haus von demselben Werth nur den Bintime bezahlt, also 10 "/<> weniger.

Der Intesap ist eine Steuer auf die Läden; sie beträgt -16--60 Piaster
monatlich.

Der Haratsch, eine Kopfsteuer, welche die christlichen Unterthanen der Pforte
bezahlen. Sie wird von der Localbehörde vertheilt und beträgt -10--60 Piaster
pr. Person.


mir darauf beschränkt, die Pachtpreise sich auszahlen zu lassen, ohne über die
Pächter eine strenge Aufsicht zu führen, so verliert der Staatsschatz einen schonen
Theil der Einnahmen die er haben könnte, und das Land wird mit unnützen Ab¬
gaben überlastet, von denen mir eine kleine Anzahl habgieriger Speculanten Ge¬
winn zieht, vorzüglich wenn letztere zugleich Beamte sind, und ihr Ansehen zum
Besten ihrer Speculation benutzen. Und grade die Statthalter der Provinzen
pansee» am häufigsten die sämmtlichen Abgaben der Provinzen, die ihrer Herr¬
schaft unterworfen sind. Ein gutes Beispiel der Folgen dieser Einrichtung gibt
uns die Einsammlung der Tabaksteuer im Sandschak-Dschanik, einem Theile des
Paschaliks Trcbisonde. In dieser Provinz hat, wie fast überall in Kleinasien, der
Tabak zweierlei Abgaben zu bezahlen: die eine Jahes gnmrnk, wird von der Pflanze
ans dem Felde erhoben und beträgt 1-12 Paras auf 70 Quadratfuß, die andere,
von dem gelesenen Blatt, Kura gnmrnk, beträgt 6 Piaster pro Batman. Beide
Abgaben hat der Pascha von Trcbisonde gepachtet, und er zieht davon nach Ab¬
zug aller Kosten einen jährlichen Gewinn von circa -10,000 Thalern, welche, da
die Abgabe an und für sich nicht schwer ist, der Staat profitiren konnte, während
sie jetzt nngesetzlichcrweise in die Privatkasse des Paschas fließen. Aber die Pro¬
vinz Dschanik bildet nur einen kleinen Theil des Paschaliks Trcbisonde, und da
auch in den übrigen Theilen viel Tabak gebaut wird, und die Steuer hier eben¬
falls verpachtet ist, so kann man den Verlust für den Staat blos in diesen einem
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einen Begriff machen, welche ungeheuern Verluste der Staat durch diese Steuer¬
einrichtung erleidet! Zwar schaffte der Hattischeriss von Gulham die Verpachtung
der Steuer ab, aber die Finanznoth der beständig von der Hand in den Mund
lebenden türkischen Regierung hat ihr nicht erlaubt, ihren Vorsatz in Ausführung
zu bringen, und das alte System besteht heut noch in der schönsten Blüte.

Die Hauptquellen der Staatseinnahmen der Türkei sind folgende:

Der Zehnte (Uschnr), der von allen Ackerbanprodncten und von den Thieren,
deren Zucht zur Landwirthschaft gehört, erhoben wird.

Der Biutime, eine Vermögenssteuer von 2k> °/<>, die von Immobilien und
Mobilien gezahlt wird. Da dies Vermögen ans schon dem Zehnten unterworfenen
Eigenthum, bestehen kann, wie z. B. Getreide, Oliven, Heerden :c., so ist
mancher Gegenstand doppelt besteuert; auf diese Weise erhebt die Regierung von
-1000 Scheffeln Getreide -100 als Zehnten und 2S0 als Bintime, während ein
Haus von demselben Werth nur den Bintime bezahlt, also 10 "/<> weniger.

Der Intesap ist eine Steuer auf die Läden; sie beträgt -16—60 Piaster
monatlich.

Der Haratsch, eine Kopfsteuer, welche die christlichen Unterthanen der Pforte
bezahlen. Sie wird von der Localbehörde vertheilt und beträgt -10—60 Piaster
pr. Person.


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[0218] mir darauf beschränkt, die Pachtpreise sich auszahlen zu lassen, ohne über die Pächter eine strenge Aufsicht zu führen, so verliert der Staatsschatz einen schonen Theil der Einnahmen die er haben könnte, und das Land wird mit unnützen Ab¬ gaben überlastet, von denen mir eine kleine Anzahl habgieriger Speculanten Ge¬ winn zieht, vorzüglich wenn letztere zugleich Beamte sind, und ihr Ansehen zum Besten ihrer Speculation benutzen. Und grade die Statthalter der Provinzen pansee» am häufigsten die sämmtlichen Abgaben der Provinzen, die ihrer Herr¬ schaft unterworfen sind. Ein gutes Beispiel der Folgen dieser Einrichtung gibt uns die Einsammlung der Tabaksteuer im Sandschak-Dschanik, einem Theile des Paschaliks Trcbisonde. In dieser Provinz hat, wie fast überall in Kleinasien, der Tabak zweierlei Abgaben zu bezahlen: die eine Jahes gnmrnk, wird von der Pflanze ans dem Felde erhoben und beträgt 1-12 Paras auf 70 Quadratfuß, die andere, von dem gelesenen Blatt, Kura gnmrnk, beträgt 6 Piaster pro Batman. Beide Abgaben hat der Pascha von Trcbisonde gepachtet, und er zieht davon nach Ab¬ zug aller Kosten einen jährlichen Gewinn von circa -10,000 Thalern, welche, da die Abgabe an und für sich nicht schwer ist, der Staat profitiren konnte, während sie jetzt nngesetzlichcrweise in die Privatkasse des Paschas fließen. Aber die Pro¬ vinz Dschanik bildet nur einen kleinen Theil des Paschaliks Trcbisonde, und da auch in den übrigen Theilen viel Tabak gebaut wird, und die Steuer hier eben¬ falls verpachtet ist, so kann man den Verlust für den Staat blos in diesen einem Paschalik ans -IV»—"l Vs Million Thaler veranschlagen. Darnach kann man sich einen Begriff machen, welche ungeheuern Verluste der Staat durch diese Steuer¬ einrichtung erleidet! Zwar schaffte der Hattischeriss von Gulham die Verpachtung der Steuer ab, aber die Finanznoth der beständig von der Hand in den Mund lebenden türkischen Regierung hat ihr nicht erlaubt, ihren Vorsatz in Ausführung zu bringen, und das alte System besteht heut noch in der schönsten Blüte. Die Hauptquellen der Staatseinnahmen der Türkei sind folgende: Der Zehnte (Uschnr), der von allen Ackerbanprodncten und von den Thieren, deren Zucht zur Landwirthschaft gehört, erhoben wird. Der Biutime, eine Vermögenssteuer von 2k> °/<>, die von Immobilien und Mobilien gezahlt wird. Da dies Vermögen ans schon dem Zehnten unterworfenen Eigenthum, bestehen kann, wie z. B. Getreide, Oliven, Heerden :c., so ist mancher Gegenstand doppelt besteuert; auf diese Weise erhebt die Regierung von -1000 Scheffeln Getreide -100 als Zehnten und 2S0 als Bintime, während ein Haus von demselben Werth nur den Bintime bezahlt, also 10 "/<> weniger. Der Intesap ist eine Steuer auf die Läden; sie beträgt -16—60 Piaster monatlich. Der Haratsch, eine Kopfsteuer, welche die christlichen Unterthanen der Pforte bezahlen. Sie wird von der Localbehörde vertheilt und beträgt -10—60 Piaster pr. Person.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/218>, abgerufen am 01.10.2024.