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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band.

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oder 1 Silbergroschen das Pfund, während in Trieft derKantar zu 76--80 Piaster
verkauft wird, und nach Abzug der Transport- und andern Spesen immer noch
100 o/g ausmacht.

Den besten und den meisten Tabak Kleinasiens liefern die Regionen des
Westens, Südens und Nordens; die Tabake Magnefias, Pcrgamos, Adalias
und Samsnns erfreuen sich in der ganzen Türkei einer großen Berühmtheit, aber
je näher man der Mitte des Landes oder der Region der Hochebenen kommt,
desto mehr nimmt der Tabaksbau an Wichtigkeit und die Pflanze an Güte ab;
daher müssen in mehren Gegenden dieser Region, z. B. in Koniah, in Kaisarie,
in Siwas, die Bewohner ihren Tabak sehr weither beziehen, z. B. von
Magnesia "ut Samsun. Wie im ganzen osmanischen Reiche ist auch in Klein¬
asien der Tabak kein Gegenstand des Privatverkehrs; aber er gehört im Orient
so sehr zu den nothwendigsten Lebensbedürfnisse", daß sein n"gehe"rer Verbrauch
ihm den ersten Platz unter den fiscalischen Hilfsquellen der Türkei gibt. Ohne die
schlechte Finanzverwaltung der alten Zeiten, welche die türkische Regierung noch
nicht hat gründlich reorganisiren können, wäre diese Einnahme noch viel bedentender.

Obgleich hinsichtlich des Klimas weniger begünstigt als die Gebirgsregion,
ist doch auch die Region der Hochebenen zur Erbauung wichtiger Erzeugnisse
wohl geeignet. Sie liefert viel Getreide; aber in einigen Gegenden bedarf der
Boden des Düngers, und die Erntezeit ist dieselbe wie im nördlichen Europa,
während man im westlichen und südlichen Asien vom Mai bis zum Juli ernten
kaun. Die vortreffliche Beschaffenheit des Bodens und die Billigkeit des Arbeits¬
lohnes, 6 Piaster täglich, erleichtern die !Production in der Hochebenenregion
Kleinasiens sehr. Man könnte hier unermeßliche Quantitäten Getreide zu sehr
billige" Preisen erbauen; die zum Ackerbau am meiste" geeigneten Gegenden sind:
die Plateaux vo" Kntahja, Jsbarta, Bnldur und Eghcrdir, und endlich ein
Theil des waldigen Terrains, welches den nördlichen Theil LycienS bildet, und
wo die großen, aber wüste" Ebenen von Karajukbasar "ut Eluialn in die reichsten
Kornfelder verwandelt werden könnte". Die größte Strecke des anbauungswnr-
digstcu Bodens in Kleinasien ist die unermeßliche Ebene, die sich mit einigen
wenigen Unterbrechungen von Karaman und den südlichen Ausläufern des Argäus
bis zum Sangans und dem Salzsee Tus-Tell erstreckt. Diese fast 600 ^Meilen
große Fläche hat höchstens SO ^Meilen bebautes Land auszuweisen; sie ist eine
weite Einöde, nur hier und da von einigen Zelten herumstreifender Kurden belebt.

Außer dem Getreide liefert die Region der Hochebenen noch zwei andere
Producte, die Gegenstand eines gewinnreiche" Handels geworden sind: den Opium
und die Gclbbeere, die eine schöne gelbe Farbe gebende Frucht des Rhamnus
infectorins. Der Hauptort der Opiumcultur ist die Stadt Afiun Karahissar, deren
ganze, aus weiten Ebenen bestehende Umgebung fast ausschließlich mit der Mohn¬
pflanze bedeckt ist. Den Opiumhandel beherrscht vollständig die englische seit -I8i0


oder 1 Silbergroschen das Pfund, während in Trieft derKantar zu 76—80 Piaster
verkauft wird, und nach Abzug der Transport- und andern Spesen immer noch
100 o/g ausmacht.

Den besten und den meisten Tabak Kleinasiens liefern die Regionen des
Westens, Südens und Nordens; die Tabake Magnefias, Pcrgamos, Adalias
und Samsnns erfreuen sich in der ganzen Türkei einer großen Berühmtheit, aber
je näher man der Mitte des Landes oder der Region der Hochebenen kommt,
desto mehr nimmt der Tabaksbau an Wichtigkeit und die Pflanze an Güte ab;
daher müssen in mehren Gegenden dieser Region, z. B. in Koniah, in Kaisarie,
in Siwas, die Bewohner ihren Tabak sehr weither beziehen, z. B. von
Magnesia »ut Samsun. Wie im ganzen osmanischen Reiche ist auch in Klein¬
asien der Tabak kein Gegenstand des Privatverkehrs; aber er gehört im Orient
so sehr zu den nothwendigsten Lebensbedürfnisse», daß sein n»gehe»rer Verbrauch
ihm den ersten Platz unter den fiscalischen Hilfsquellen der Türkei gibt. Ohne die
schlechte Finanzverwaltung der alten Zeiten, welche die türkische Regierung noch
nicht hat gründlich reorganisiren können, wäre diese Einnahme noch viel bedentender.

Obgleich hinsichtlich des Klimas weniger begünstigt als die Gebirgsregion,
ist doch auch die Region der Hochebenen zur Erbauung wichtiger Erzeugnisse
wohl geeignet. Sie liefert viel Getreide; aber in einigen Gegenden bedarf der
Boden des Düngers, und die Erntezeit ist dieselbe wie im nördlichen Europa,
während man im westlichen und südlichen Asien vom Mai bis zum Juli ernten
kaun. Die vortreffliche Beschaffenheit des Bodens und die Billigkeit des Arbeits¬
lohnes, 6 Piaster täglich, erleichtern die !Production in der Hochebenenregion
Kleinasiens sehr. Man könnte hier unermeßliche Quantitäten Getreide zu sehr
billige» Preisen erbauen; die zum Ackerbau am meiste» geeigneten Gegenden sind:
die Plateaux vo» Kntahja, Jsbarta, Bnldur und Eghcrdir, und endlich ein
Theil des waldigen Terrains, welches den nördlichen Theil LycienS bildet, und
wo die großen, aber wüste» Ebenen von Karajukbasar »ut Eluialn in die reichsten
Kornfelder verwandelt werden könnte». Die größte Strecke des anbauungswnr-
digstcu Bodens in Kleinasien ist die unermeßliche Ebene, die sich mit einigen
wenigen Unterbrechungen von Karaman und den südlichen Ausläufern des Argäus
bis zum Sangans und dem Salzsee Tus-Tell erstreckt. Diese fast 600 ^Meilen
große Fläche hat höchstens SO ^Meilen bebautes Land auszuweisen; sie ist eine
weite Einöde, nur hier und da von einigen Zelten herumstreifender Kurden belebt.

Außer dem Getreide liefert die Region der Hochebenen noch zwei andere
Producte, die Gegenstand eines gewinnreiche» Handels geworden sind: den Opium
und die Gclbbeere, die eine schöne gelbe Farbe gebende Frucht des Rhamnus
infectorins. Der Hauptort der Opiumcultur ist die Stadt Afiun Karahissar, deren
ganze, aus weiten Ebenen bestehende Umgebung fast ausschließlich mit der Mohn¬
pflanze bedeckt ist. Den Opiumhandel beherrscht vollständig die englische seit -I8i0


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96174/212>, abgerufen am 23.07.2024.