Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.geneigter zeigten, -- womit ein Haupthindernis! einer gesunden Parteibildung im Par¬ Die Königin, die sich während der MinistcrkrisiS in Osborne auf der Insel Wight Lord John Russell eine seiner politischen Bedeutung angemessene Stellung im geneigter zeigten, — womit ein Haupthindernis! einer gesunden Parteibildung im Par¬ Die Königin, die sich während der MinistcrkrisiS in Osborne auf der Insel Wight Lord John Russell eine seiner politischen Bedeutung angemessene Stellung im <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0078" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185954"/> <p xml:id="ID_213" prev="#ID_212"> geneigter zeigten, — womit ein Haupthindernis! einer gesunden Parteibildung im Par¬<lb/> lamente weggeräumt ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_214"> Die Königin, die sich während der MinistcrkrisiS in Osborne auf der Insel Wight<lb/> aufhielt, ließ Lord Lansdowne und Lord Aberdeen zu sich rufen, Ersterer, Führer der<lb/> Whigs im Oberhause, hochgeachtet von allen Parteien, aber seit einem Jahre aus dem<lb/> activen politischen Leben zurückgetreten, Letzterer, ein vertrauter Freund des verstorbenen<lb/> Sir R, Peel und begeistert sür die Reformpläne des großen verstorbenen Staatsmannes<lb/> — Beide, Männer von großem Ansehen in der politischen Welt, und erhaben über den<lb/> Verdacht, bloße Parteimänner zu sein. Leider war Lord Lansdowne krank, und nur<lb/> Lord Aberdeen konnte dem Rufe der Königin folgen. Er übernahm das schwierige Amt,<lb/> mit Einverständniß und unter Mitwirkung des Marquis of Lansdowne, aus der ge-<lb/> sammten Opposition ein einheitliches Cabinet zu bilden. Nur auf diese Weise ließen sich<lb/> die rivalisircndcn Ansprüche Lord I. Russell'S und Sir I. Graham's, vou denen<lb/> Keiner sich dem Andern unterordnen wollte, ausgleichen. Noch ein dritter Name —<lb/> ein unbequemer Freund, aber ein gefährlicher Feind >— war zu gewinnen, Lord Pal-<lb/> merston, der sowol dem Ministerium Russell, wie dessen Nachfolgern seinen Einfluß im<lb/> Unterhause nur zu sehr fühlbar gemacht hatte. Er war bei der entscheidenden Abstim¬<lb/> mung gichtkrank gewesen, und erschien erst wieder im Unterhaus«?, als Herr Disraeli deu<lb/> Rücktritt des Eabincts anzeigte. Die mit den Chefs des zukünftigen Ministeriums in<lb/> Beziehungen stehenden Blätter deuteten gleich anfangs daraus hiu, wie wünschenswert!)<lb/> es sei, wenn Lord Palmerston aus seiner isolirten Stellung heraus- und wieder in die<lb/> alten Parteiverbinduugcn eintrete. Aber als wollte der edle Lord allen Versuchungen<lb/> dieser Art aus dem Wege gehen, reiste er schleunigst nach seinem Landsitz ab, und man<lb/> hörte ihn mehrere Tage in den Listen nicht nennen. Schon jubelten die conservativen<lb/> Blätter, daß der scharfsichtige Viscount der Haltbarkeit des projectirten Cabinets nicht<lb/> traue, und deshalb eine Stelle darin anzunehmen verschmähe, als er auf einmal als<lb/> Staatssecretair des Innern genannt ward, ein Amt, wozu ihn seine ausgezeichneten ad¬<lb/> ministrativen Fähigkeiten besonders passend machen. Jedenfalls ist seine Wiederversöhnung<lb/> mit Lord Russell ein großer Gewinn sür die Whigpartei.</p><lb/> <p xml:id="ID_215" next="#ID_216"> Lord John Russell eine seiner politischen Bedeutung angemessene Stellung im<lb/> Cabinet zu geben, war ebenfalls keine leichte Sache. Sein fleckenloser politischer<lb/> Charakter, seine früheren Verdienste, und sein vollendetes Talent als parlamentarischer<lb/> Führer werden ihn stets zum ersten Manne seiner Partei machen, selbst wenn das<lb/> herannahende Alter noch mehr seine Energie lahmt, als dies bereits nach Manchen der<lb/> Fall sein soll, und er mußte daher eines der wichtigsten Aemter erhalten, ohne Premier<lb/> sein zu können. Anfangs hieß es, er werde in's Oberhaus treten, und die Präsident¬<lb/> schaft des Conseils übernehmen; aber er mag nicht Lust gehabt haben, das Feld seiner<lb/> langjährigen parlamentarischen Siege zu verlassen, und in die mit höheren äußeren Ehren<lb/> umgebene Sphäre des Oberhauses als Halbpensionirter überzugehen. Nun hat er das<lb/> Portefeuille des Auswärtigen und die Führerschaft des Unterhauses übernommen, zwei<lb/> so wichtige Aemter, daß sie ihn wol dafür entschädigen können, daß er nicht nominell<lb/> an der Spitze des Cabinets steht. Sonst sind von den Whigs noch beigetreten als<lb/> Lvrdkanzler Lord Cranwvrth, der in Lord Se. Leonards einen nicht leicht zu ver¬<lb/> gessenden und schwerlich zu übertreffenden Vorgänger hatte, dessen hohe Verdienste die<lb/> beste Anerkennung dadurch fanden, daß ihm seine politischen Gegner anboten, die Stelle</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0078]
geneigter zeigten, — womit ein Haupthindernis! einer gesunden Parteibildung im Par¬
lamente weggeräumt ist.
Die Königin, die sich während der MinistcrkrisiS in Osborne auf der Insel Wight
aufhielt, ließ Lord Lansdowne und Lord Aberdeen zu sich rufen, Ersterer, Führer der
Whigs im Oberhause, hochgeachtet von allen Parteien, aber seit einem Jahre aus dem
activen politischen Leben zurückgetreten, Letzterer, ein vertrauter Freund des verstorbenen
Sir R, Peel und begeistert sür die Reformpläne des großen verstorbenen Staatsmannes
— Beide, Männer von großem Ansehen in der politischen Welt, und erhaben über den
Verdacht, bloße Parteimänner zu sein. Leider war Lord Lansdowne krank, und nur
Lord Aberdeen konnte dem Rufe der Königin folgen. Er übernahm das schwierige Amt,
mit Einverständniß und unter Mitwirkung des Marquis of Lansdowne, aus der ge-
sammten Opposition ein einheitliches Cabinet zu bilden. Nur auf diese Weise ließen sich
die rivalisircndcn Ansprüche Lord I. Russell'S und Sir I. Graham's, vou denen
Keiner sich dem Andern unterordnen wollte, ausgleichen. Noch ein dritter Name —
ein unbequemer Freund, aber ein gefährlicher Feind >— war zu gewinnen, Lord Pal-
merston, der sowol dem Ministerium Russell, wie dessen Nachfolgern seinen Einfluß im
Unterhause nur zu sehr fühlbar gemacht hatte. Er war bei der entscheidenden Abstim¬
mung gichtkrank gewesen, und erschien erst wieder im Unterhaus«?, als Herr Disraeli deu
Rücktritt des Eabincts anzeigte. Die mit den Chefs des zukünftigen Ministeriums in
Beziehungen stehenden Blätter deuteten gleich anfangs daraus hiu, wie wünschenswert!)
es sei, wenn Lord Palmerston aus seiner isolirten Stellung heraus- und wieder in die
alten Parteiverbinduugcn eintrete. Aber als wollte der edle Lord allen Versuchungen
dieser Art aus dem Wege gehen, reiste er schleunigst nach seinem Landsitz ab, und man
hörte ihn mehrere Tage in den Listen nicht nennen. Schon jubelten die conservativen
Blätter, daß der scharfsichtige Viscount der Haltbarkeit des projectirten Cabinets nicht
traue, und deshalb eine Stelle darin anzunehmen verschmähe, als er auf einmal als
Staatssecretair des Innern genannt ward, ein Amt, wozu ihn seine ausgezeichneten ad¬
ministrativen Fähigkeiten besonders passend machen. Jedenfalls ist seine Wiederversöhnung
mit Lord Russell ein großer Gewinn sür die Whigpartei.
Lord John Russell eine seiner politischen Bedeutung angemessene Stellung im
Cabinet zu geben, war ebenfalls keine leichte Sache. Sein fleckenloser politischer
Charakter, seine früheren Verdienste, und sein vollendetes Talent als parlamentarischer
Führer werden ihn stets zum ersten Manne seiner Partei machen, selbst wenn das
herannahende Alter noch mehr seine Energie lahmt, als dies bereits nach Manchen der
Fall sein soll, und er mußte daher eines der wichtigsten Aemter erhalten, ohne Premier
sein zu können. Anfangs hieß es, er werde in's Oberhaus treten, und die Präsident¬
schaft des Conseils übernehmen; aber er mag nicht Lust gehabt haben, das Feld seiner
langjährigen parlamentarischen Siege zu verlassen, und in die mit höheren äußeren Ehren
umgebene Sphäre des Oberhauses als Halbpensionirter überzugehen. Nun hat er das
Portefeuille des Auswärtigen und die Führerschaft des Unterhauses übernommen, zwei
so wichtige Aemter, daß sie ihn wol dafür entschädigen können, daß er nicht nominell
an der Spitze des Cabinets steht. Sonst sind von den Whigs noch beigetreten als
Lvrdkanzler Lord Cranwvrth, der in Lord Se. Leonards einen nicht leicht zu ver¬
gessenden und schwerlich zu übertreffenden Vorgänger hatte, dessen hohe Verdienste die
beste Anerkennung dadurch fanden, daß ihm seine politischen Gegner anboten, die Stelle
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