Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.Oberst. Mau rühmt sehr die Umsicht, die Aufopferung und unermüdete Thätig¬ Seit vierzehn Tagen circulirt hier das Gerücht: Omer-Pascha habe seine Die letztverflosscue Woche ist ohne eigentliches Ereigmß geblieben, denn die Obscho" nnn Oestreich augenscheinlich ein solches Opfer bringen will, so In welcher Klemme sich übrigens die Pforte selber fühlt, das erhellt aus Oberst. Mau rühmt sehr die Umsicht, die Aufopferung und unermüdete Thätig¬ Seit vierzehn Tagen circulirt hier das Gerücht: Omer-Pascha habe seine Die letztverflosscue Woche ist ohne eigentliches Ereigmß geblieben, denn die Obscho» nnn Oestreich augenscheinlich ein solches Opfer bringen will, so In welcher Klemme sich übrigens die Pforte selber fühlt, das erhellt aus <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0518" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186394"/> <p xml:id="ID_1630" prev="#ID_1629"> Oberst. Mau rühmt sehr die Umsicht, die Aufopferung und unermüdete Thätig¬<lb/> keit des Seraskiers. Für seine Person hatte er, während deö Feldzuges, ans<lb/> ein Muschir- (Feldmarschalls-) Zelt verzichtet, und nahm mit einem gemeinen<lb/> fürlieb. Desgleichen nahm er seine Morgen- und Abendmahlzeiten (der Türke<lb/> ißt nie Mittags), an den Feuern der Soldaten ein. Jedermann war er zu¬<lb/> gänglich. Zum Schlafe genügten ihm wenige Stunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1631"> Seit vierzehn Tagen circulirt hier das Gerücht: Omer-Pascha habe seine<lb/> Entlassung eingegeben. Ich bin nicht im Stande zuverlässige Auskunft über dieses,<lb/> falls es sich bestätigen sollte, sehr wichtige Factum zu geben. Die ottvmanischc<lb/> Pforte verlöre mit ihm den einzigen Mann, der im Stande ist, eine größere<lb/> Trnppenmasse zu lenken und zugleich die Gaben besitzt, ihr einen Geist, eine<lb/> kriegerische Seele einzuhauchen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1632"> Die letztverflosscue Woche ist ohne eigentliches Ereigmß geblieben, denn die<lb/> Aufhebung des Krieges gegen den „Kara-days", steht im innigsten Zusammen-<lb/> ha»g mit dem, zwischen der Pforte und Oestreich zu Stande gekommenen Ab¬<lb/> schlüsse, oder ist vielmehr ein, darin einbegriffen gewesener Punkt, mithin schon<lb/> damals entschieden gewesen. Dagegen zweifele man nicht, daß die große Politik<lb/> alsbald wieder in den Vordergrund treten, und markirte Farben annehmen werde,<lb/> sobald die beiden neuen Gesandten Englands und Frankreichs hierselbst in ihre<lb/> neuen Functionen eingetreten sind. Keinem Zweifel unterliegt es mehr,<lb/> daß Rußland und Oestreich, wegen der orientalischen Frage, sich<lb/> bereits während deö ungarischen Krieges verständigt haben, ja es<lb/> hat viel Wahrscheinlichkeit für sich, daß eine solche Verständigung<lb/> von Seiten der erstere» Macht, damals zur Bedingung für die im<lb/> Magyaren lande zu leistende Hülfe gemacht wurde. Es wird indeß<lb/> einer höheren Überredungskunst, als derjenigen, welche in der obenerwähnten<lb/> Denkschrift laut wird, bedürfe», um Deutschland zu überzeuge», daß mit dem<lb/> Preisgeben der niederen Donan und Bulgariens an Rußland, nicht seine aller-<lb/> heiligsten Interesse» geopfert wurden. Sollte jemals die in Rede ste¬<lb/> hende Stipulation, welche, wie gesagt, erwiesener Maßen er,islirt<lb/> (die Denkschrift vom 10. Juli -I8Ü0 sagt es ausdrücklich), zur Ausführung<lb/> kommen, so wäre es »in die östliche Mission unseres Volkes geschehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1633"> Obscho» nnn Oestreich augenscheinlich ein solches Opfer bringen will, so<lb/> haben doch England und Frankreich ein zu lebhaftes Interesse an dem Fortbc-<lb/> stehu des ottomanischen Reiches, als daß sich von ih»e» voraussetzen ließe, sie<lb/> würde» eine Theilung des illyrischen Dreiecks zwischen den beiden Monarchien<lb/> der Romanow und der Habsburger jemals gestatten. „Bis zum letzten Kosacken!"<lb/> hat Rußland ausgerufe», u»d England wird nicht zögern, dem ein „bis zum<lb/> letzten Schilling!" entgegenzusetzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1634" next="#ID_1635"> In welcher Klemme sich übrigens die Pforte selber fühlt, das erhellt aus</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0518]
Oberst. Mau rühmt sehr die Umsicht, die Aufopferung und unermüdete Thätig¬
keit des Seraskiers. Für seine Person hatte er, während deö Feldzuges, ans
ein Muschir- (Feldmarschalls-) Zelt verzichtet, und nahm mit einem gemeinen
fürlieb. Desgleichen nahm er seine Morgen- und Abendmahlzeiten (der Türke
ißt nie Mittags), an den Feuern der Soldaten ein. Jedermann war er zu¬
gänglich. Zum Schlafe genügten ihm wenige Stunden.
Seit vierzehn Tagen circulirt hier das Gerücht: Omer-Pascha habe seine
Entlassung eingegeben. Ich bin nicht im Stande zuverlässige Auskunft über dieses,
falls es sich bestätigen sollte, sehr wichtige Factum zu geben. Die ottvmanischc
Pforte verlöre mit ihm den einzigen Mann, der im Stande ist, eine größere
Trnppenmasse zu lenken und zugleich die Gaben besitzt, ihr einen Geist, eine
kriegerische Seele einzuhauchen.
Die letztverflosscue Woche ist ohne eigentliches Ereigmß geblieben, denn die
Aufhebung des Krieges gegen den „Kara-days", steht im innigsten Zusammen-
ha»g mit dem, zwischen der Pforte und Oestreich zu Stande gekommenen Ab¬
schlüsse, oder ist vielmehr ein, darin einbegriffen gewesener Punkt, mithin schon
damals entschieden gewesen. Dagegen zweifele man nicht, daß die große Politik
alsbald wieder in den Vordergrund treten, und markirte Farben annehmen werde,
sobald die beiden neuen Gesandten Englands und Frankreichs hierselbst in ihre
neuen Functionen eingetreten sind. Keinem Zweifel unterliegt es mehr,
daß Rußland und Oestreich, wegen der orientalischen Frage, sich
bereits während deö ungarischen Krieges verständigt haben, ja es
hat viel Wahrscheinlichkeit für sich, daß eine solche Verständigung
von Seiten der erstere» Macht, damals zur Bedingung für die im
Magyaren lande zu leistende Hülfe gemacht wurde. Es wird indeß
einer höheren Überredungskunst, als derjenigen, welche in der obenerwähnten
Denkschrift laut wird, bedürfe», um Deutschland zu überzeuge», daß mit dem
Preisgeben der niederen Donan und Bulgariens an Rußland, nicht seine aller-
heiligsten Interesse» geopfert wurden. Sollte jemals die in Rede ste¬
hende Stipulation, welche, wie gesagt, erwiesener Maßen er,islirt
(die Denkschrift vom 10. Juli -I8Ü0 sagt es ausdrücklich), zur Ausführung
kommen, so wäre es »in die östliche Mission unseres Volkes geschehen.
Obscho» nnn Oestreich augenscheinlich ein solches Opfer bringen will, so
haben doch England und Frankreich ein zu lebhaftes Interesse an dem Fortbc-
stehu des ottomanischen Reiches, als daß sich von ih»e» voraussetzen ließe, sie
würde» eine Theilung des illyrischen Dreiecks zwischen den beiden Monarchien
der Romanow und der Habsburger jemals gestatten. „Bis zum letzten Kosacken!"
hat Rußland ausgerufe», u»d England wird nicht zögern, dem ein „bis zum
letzten Schilling!" entgegenzusetzen.
In welcher Klemme sich übrigens die Pforte selber fühlt, das erhellt aus
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