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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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erhob sich ans dem Meere, kam von dem Felsen los, und wurde an den flachen
Strand bngsirt, wo er in aller Bequemlichkeit ausgeladen und ausgebessert wer¬
den konnte. Kijcmon erhielt nicht nnr seine Auslage" zurückerstattet, sondern der
Fürst von Fizen gab ihm Erlaubniß, zwei Schwerter und als Wappen einen
holländischen Hut und zwei holländische Tabakspfeifen zu tragen." Ob die Hol¬
länder dem Fischer für den geleisteten wichtigen Dienst durch eine solidere Be¬
lohnung dankten, sagt Herr Doeff nicht.




Die bildende Kunst in München.
i.

Wenn man von der deutschen Schule spricht, so wäre es allerdings zu erwarten,
das; zunächst nach Cornelius, Overbeck und Veith, seine Zeitgenossen, genannt
worden wären. Da aber hier keine bedeutenden Werke derselben vorhanden sind,
so gehe ich, sie auf später versparend, zu Schmorr über, der ebenfalls Zeit
genösse desselben, obgleich jünger als die vorgenannten -- in München den weit¬
aus größten Theil seiner Wirksamkeit entfaltet hat. In einer zahlreiche" Reihe
von Bildern wurden von ihm bekanntlich die Nibelungensage, die Geschichte
Carls des Großen, Friedrich Barbarossa's nud Rudolph's von Habsburg i" der
neuen Residenz bearbeitet. Von diesen, meist durch seine Schüler in Fresko und
encanstisch gemalten Kompositionen würde" die zum Nibelungenlied am meisten befrie¬
digen, obgleich man anch i" den andern den großen schwungvolle" Historienmaler nir¬
gends verkennt. Wenn anch nicht mit der Kraft und Tiefe des Cornelius, zeigt er uns
doch überall den, seinen Stoff beherrschenden, mit Einsicht und richtigem Gefühl
für den Geist desselben begabten Meister, dem man, neben so viel wahren und
schön empfundenen Figuren manche etwas zu pathetische ans theatralische gränzende
Gebärde, manche Ueberschwänglichkeit überhaupt um so eher zu Gute halten
muß, als sich überall so viel in Composition, Zeichnung und Charakteristik Ge¬
lungenes darauf findet, welches besonders an die Raphael'sche" Figuren der
spätesten Zeit erinnert; z. B. in seinem Fest zu Mainz, im Einzug Barbarossa's ze.
finden wir überall Anklänge an den Bnrgbrand, den Heliodor, die Constantin's-
Schlacht, die zu treffe", nur erfreue" kann. Seine einzelnen Gestalten ans dem
Nibelungenlied gehören in Bezug aus gelungene Individualisirung zum Besten,
was die Münchner Kunst geschaffen. Besonders erfreulich ist auch das große
landschaftliche und decoratioe Talent des Meisters, das sich die Manischen Land¬
schaften und die Architekturen des Veronese mit seiner poetischen Auffassung und
Zeichnung, wenn auch nicht mit dem wunderbare" Farbenreiz derselben vergleichen


erhob sich ans dem Meere, kam von dem Felsen los, und wurde an den flachen
Strand bngsirt, wo er in aller Bequemlichkeit ausgeladen und ausgebessert wer¬
den konnte. Kijcmon erhielt nicht nnr seine Auslage» zurückerstattet, sondern der
Fürst von Fizen gab ihm Erlaubniß, zwei Schwerter und als Wappen einen
holländischen Hut und zwei holländische Tabakspfeifen zu tragen." Ob die Hol¬
länder dem Fischer für den geleisteten wichtigen Dienst durch eine solidere Be¬
lohnung dankten, sagt Herr Doeff nicht.




Die bildende Kunst in München.
i.

Wenn man von der deutschen Schule spricht, so wäre es allerdings zu erwarten,
das; zunächst nach Cornelius, Overbeck und Veith, seine Zeitgenossen, genannt
worden wären. Da aber hier keine bedeutenden Werke derselben vorhanden sind,
so gehe ich, sie auf später versparend, zu Schmorr über, der ebenfalls Zeit
genösse desselben, obgleich jünger als die vorgenannten — in München den weit¬
aus größten Theil seiner Wirksamkeit entfaltet hat. In einer zahlreiche» Reihe
von Bildern wurden von ihm bekanntlich die Nibelungensage, die Geschichte
Carls des Großen, Friedrich Barbarossa's nud Rudolph's von Habsburg i» der
neuen Residenz bearbeitet. Von diesen, meist durch seine Schüler in Fresko und
encanstisch gemalten Kompositionen würde» die zum Nibelungenlied am meisten befrie¬
digen, obgleich man anch i» den andern den großen schwungvolle» Historienmaler nir¬
gends verkennt. Wenn anch nicht mit der Kraft und Tiefe des Cornelius, zeigt er uns
doch überall den, seinen Stoff beherrschenden, mit Einsicht und richtigem Gefühl
für den Geist desselben begabten Meister, dem man, neben so viel wahren und
schön empfundenen Figuren manche etwas zu pathetische ans theatralische gränzende
Gebärde, manche Ueberschwänglichkeit überhaupt um so eher zu Gute halten
muß, als sich überall so viel in Composition, Zeichnung und Charakteristik Ge¬
lungenes darauf findet, welches besonders an die Raphael'sche» Figuren der
spätesten Zeit erinnert; z. B. in seinem Fest zu Mainz, im Einzug Barbarossa's ze.
finden wir überall Anklänge an den Bnrgbrand, den Heliodor, die Constantin's-
Schlacht, die zu treffe», nur erfreue» kann. Seine einzelnen Gestalten ans dem
Nibelungenlied gehören in Bezug aus gelungene Individualisirung zum Besten,
was die Münchner Kunst geschaffen. Besonders erfreulich ist auch das große
landschaftliche und decoratioe Talent des Meisters, das sich die Manischen Land¬
schaften und die Architekturen des Veronese mit seiner poetischen Auffassung und
Zeichnung, wenn auch nicht mit dem wunderbare» Farbenreiz derselben vergleichen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/511>, abgerufen am 27.12.2024.