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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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das Wild, die Kohlenbrenner, Jäger n. s. w., er hat ihm die Thätigfeit ver-
schiedeuer Ha"dwerler anschaulich gemacht, ihm verschiedene Märchen erzählt,
"utar anderen auch die Geschichte von einer großen Pest, die vor, langen Jahren
das Land verwüstet, und ist dann mit ihm "ach Hanse gegangen. Pmiktnm. ---
Diese Komposition ist doch etwas Unerlaubtes. Auch z" einem Genrebild gehört
Einheit der Stimmung und wenigstens ein gewisser geschichtlicher Faden; wenn
man sich damit begnügt, verschiedene Stimmungen, Empfindungen, Anschauungen,
Vorstellungen lose an einander zu fädeln, so wird nicht einmal ein Genrebild dar¬
aus. Herr Stifter hat der Angabe nach seine ttrzüblnngen -- die Methode
ist nämlich in allen dieselbe -- vorzugsweise für reifere Kinder eingerichtet; aber
wir sind überzeugt, daß ein tüchtiger Junge anch nicht eine halbe Seite in diesen
Geschichten lesen wird, ohne darüber einzuschlafen; für Erwachsene aber, die an der
Sinnigkeit der Empfindung Freude haben, paßt wieder der kindliche Ton nicht.

Damit soll keineswegs gesagt sein, daß dem Dichter nicht ein großes Verdienst
zukommt. Einzelne Schilderungen von Landschaften, von dem Stillleben der
Natur, auch kleine Züge des Gemüths sind bezaubernd schön, und in dem Ganzen
herrscht ein friedlicher, wohlwollender Ton, der einen angenehmen Eindruck macht;
aber das reicht doch noch nicht aus. Vielleicht aus unbewußter Reaction gegen
die modernen Propheten, die ihre innere Hohlheit durch Großsprecherei zu ver¬
decken suchen, bleibt der Dichter lediglich im Detail, er macht nicht einmal den
Versuch, eine zusammenhangende verständliche Geschichte zu erzählen, oder eine
bestimmte Gestalt, einen bestimmten Charakter in deutlichen Umrissen zu zeichnen.
Es schwebt ihm vielleicht so etwas in der Phantasie vor, aber da er uns immer
mir einzelne Seiten zeigt, so können wir uns dieses Bild nicht ergänzen, für NW
bleibt Alles Charade und Räthsel. Es ist sehr schade, daß ein so feiner Kopf,
der mit so viel Empfindung für alles Schöne ausgestattet ist, durch ein falsches
ästhetisches Princip sich i" eine verkehrte Richtung hat treiben lassen.




T h a e r K y.

Bereits bei der kurzen Besprechung einer Reihe neuer Bände in der Tauch-
nitz'sehen Ausgabe englischer Klassiker wurde der neue Roman von Thackeray
"Henry Esmond" erwähnt; wir kommen hier noch einmal darauf zurück, theils
weil das Buch an sich eine ausführlichere Besprechung verdient, theils weil wir
bei der Gelegenheit von dem Dichter selber Einiges sagen müssen, der in neuester
Zeit in Deutschland wie in England eine sehr große Beachtung gefunden hat.
Wie auch der Eindruck sein möge, den er ans die verschiedenen Individualitäten
macht, die Gerechtigkeit dieser Beachtung wird Niemand in Zweifel stelle".


K ^

das Wild, die Kohlenbrenner, Jäger n. s. w., er hat ihm die Thätigfeit ver-
schiedeuer Ha»dwerler anschaulich gemacht, ihm verschiedene Märchen erzählt,
»utar anderen auch die Geschichte von einer großen Pest, die vor, langen Jahren
das Land verwüstet, und ist dann mit ihm »ach Hanse gegangen. Pmiktnm. ---
Diese Komposition ist doch etwas Unerlaubtes. Auch z» einem Genrebild gehört
Einheit der Stimmung und wenigstens ein gewisser geschichtlicher Faden; wenn
man sich damit begnügt, verschiedene Stimmungen, Empfindungen, Anschauungen,
Vorstellungen lose an einander zu fädeln, so wird nicht einmal ein Genrebild dar¬
aus. Herr Stifter hat der Angabe nach seine ttrzüblnngen — die Methode
ist nämlich in allen dieselbe — vorzugsweise für reifere Kinder eingerichtet; aber
wir sind überzeugt, daß ein tüchtiger Junge anch nicht eine halbe Seite in diesen
Geschichten lesen wird, ohne darüber einzuschlafen; für Erwachsene aber, die an der
Sinnigkeit der Empfindung Freude haben, paßt wieder der kindliche Ton nicht.

Damit soll keineswegs gesagt sein, daß dem Dichter nicht ein großes Verdienst
zukommt. Einzelne Schilderungen von Landschaften, von dem Stillleben der
Natur, auch kleine Züge des Gemüths sind bezaubernd schön, und in dem Ganzen
herrscht ein friedlicher, wohlwollender Ton, der einen angenehmen Eindruck macht;
aber das reicht doch noch nicht aus. Vielleicht aus unbewußter Reaction gegen
die modernen Propheten, die ihre innere Hohlheit durch Großsprecherei zu ver¬
decken suchen, bleibt der Dichter lediglich im Detail, er macht nicht einmal den
Versuch, eine zusammenhangende verständliche Geschichte zu erzählen, oder eine
bestimmte Gestalt, einen bestimmten Charakter in deutlichen Umrissen zu zeichnen.
Es schwebt ihm vielleicht so etwas in der Phantasie vor, aber da er uns immer
mir einzelne Seiten zeigt, so können wir uns dieses Bild nicht ergänzen, für NW
bleibt Alles Charade und Räthsel. Es ist sehr schade, daß ein so feiner Kopf,
der mit so viel Empfindung für alles Schöne ausgestattet ist, durch ein falsches
ästhetisches Princip sich i» eine verkehrte Richtung hat treiben lassen.




T h a e r K y.

Bereits bei der kurzen Besprechung einer Reihe neuer Bände in der Tauch-
nitz'sehen Ausgabe englischer Klassiker wurde der neue Roman von Thackeray
„Henry Esmond" erwähnt; wir kommen hier noch einmal darauf zurück, theils
weil das Buch an sich eine ausführlichere Besprechung verdient, theils weil wir
bei der Gelegenheit von dem Dichter selber Einiges sagen müssen, der in neuester
Zeit in Deutschland wie in England eine sehr große Beachtung gefunden hat.
Wie auch der Eindruck sein möge, den er ans die verschiedenen Individualitäten
macht, die Gerechtigkeit dieser Beachtung wird Niemand in Zweifel stelle».


K ^
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/51>, abgerufen am 27.12.2024.