Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.Nun aber entbrennt der Kampf und steigert seine Wuth von Tag zu Tag bis zu Nach den Nominationcn erheben sich an allen Ecken himmelhohe Masten An der allgemeinen Bewegung nimmt anch die hoffnungsvolle Jugend An¬ Nun aber entbrennt der Kampf und steigert seine Wuth von Tag zu Tag bis zu Nach den Nominationcn erheben sich an allen Ecken himmelhohe Masten An der allgemeinen Bewegung nimmt anch die hoffnungsvolle Jugend An¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0030" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/185906"/> <p xml:id="ID_73"> Nun aber entbrennt der Kampf und steigert seine Wuth von Tag zu Tag bis zu<lb/> dem entscheidenden Zeitpunkte, — dem 2. November. Da wird kein Mittel<lb/> unversucht gelassen, die eigenen Kandidaten zu erheben, die der Gegner herab¬<lb/> zusetzen. Die alten Partciblätter und neue ephemere Campagne-Jonmale stoße»<lb/> mit vollen Backen in die Schlachttrompeten, — und namentlich müssen die Kan¬<lb/> didaten sich eine ganz unbarmherzige öffentliche Kritik gefallen lassen. Nicht genug,<lb/> mit der minutiösesten Beurtheilung ihres öffentlichen Lebens werden auch die<lb/> unbedeutendsten Momente ihres Privatlebens in freundlicher und feindlicher Absicht<lb/> hervorgezogen. Caricatnren, Pamphlete in allen Sprachen durchflattern das<lb/> Land, und daß es darunter an detaillirten Lebensbeschreibungen der Candidaten,<lb/> von verschiedenen Standpunkte» aufgefaßt, nicht fehlt, versteht sich von selbst.<lb/> So war namentlich eine Biographie des Whig-Candidaten Scott sehr verbreitet,<lb/> die mit einer Menge von Holzschnitten geziert war und das Bildniß des Gene¬<lb/> rals, in voller Uniform zu Pferde, von einer platzenden Bombe umstrahlt, a» der<lb/> Spitze trug. Ein Amerikaner, — selbst Whig, — zeigte mir die Brochure mit<lb/> den Worten: „^ro wo not. o, xrvat vvuplv, —- w malo s, man out. ol' ncuk-<lb/> INA?" —</p><lb/> <p xml:id="ID_74"> Nach den Nominationcn erheben sich an allen Ecken himmelhohe Masten<lb/> (pe>l<Z8) mit Flaggen und Devisen „Pierce und King" — oder „Scott und<lb/> Graham,"- — die unter großen Feierlichkeiten errichtet und eingeweiht werden.<lb/> Immer dichter drängen sich die Volksversammlungen, auf welchen die Masse»<lb/> bearbeitet und gewonnen werden sollen. Gegen den Schluß des Octobers hin<lb/> vergeht fast kein Abend ohne ein solches „mvvlmx", zu dem die verschiedenen<lb/> Clubs und Korporationen mit Fahnen und Trauöpareuteu ziehen, entweder beglei¬<lb/> tet von der alten Mnkec-Musik, der Trommel und Pfeife, oder von einer der<lb/> trefflichen deutsche,? Musikbanden, die auf diesem Gebiet ein natürliches Privileg<lb/> besitzen. Kanonenschläge, Nacketeu, Jllumiuatioueu dürfen natürlich bei einer<lb/> solche» Versammlung nicht fehlen, und die Redner unterlassen Nichts, was Eindruck<lb/> ans die Menge macheu kaun, obgleich in der Regel die politischen Meinungen der<lb/> Zuhörer so feststehen, daß wenig zu gewinnen ist. Zweierlei hat mich indessen bei<lb/> diesen Gelegenheiten immer gewundert: erstens, daß dnrch die Masse von Feuer-<lb/> werke» aller Art, die mitten in der Stadt u»ter den mit Holzschindel» gedeck¬<lb/> te» Häuser» abgebrannt werden, kein Feuer entsteht, und zweitens, daß bei der<lb/> große» Spannung der Parteien es doch nie zu eiuer ernsten Reibung kommt.</p><lb/> <p xml:id="ID_75" next="#ID_76"> An der allgemeinen Bewegung nimmt anch die hoffnungsvolle Jugend An¬<lb/> theil. Wenn ein Knabe 6 Jahre alt ist, so weiß er schon, welcher Partei sein<lb/> Vater angehört; er schlägt sich auf die eine oder andere Seite, — und zwar<lb/> keineswegs immer a»f die des Vaters. I» der Schule, ans de» Straßen und Spiel¬<lb/> plätzen wird politisire, und nicht selten horte ich bei solchen Gelegenheiten von<lb/> 9 —'10jährigen Jungen die beredtesten Haranguen für oder gegen einen Candi-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0030]
Nun aber entbrennt der Kampf und steigert seine Wuth von Tag zu Tag bis zu
dem entscheidenden Zeitpunkte, — dem 2. November. Da wird kein Mittel
unversucht gelassen, die eigenen Kandidaten zu erheben, die der Gegner herab¬
zusetzen. Die alten Partciblätter und neue ephemere Campagne-Jonmale stoße»
mit vollen Backen in die Schlachttrompeten, — und namentlich müssen die Kan¬
didaten sich eine ganz unbarmherzige öffentliche Kritik gefallen lassen. Nicht genug,
mit der minutiösesten Beurtheilung ihres öffentlichen Lebens werden auch die
unbedeutendsten Momente ihres Privatlebens in freundlicher und feindlicher Absicht
hervorgezogen. Caricatnren, Pamphlete in allen Sprachen durchflattern das
Land, und daß es darunter an detaillirten Lebensbeschreibungen der Candidaten,
von verschiedenen Standpunkte» aufgefaßt, nicht fehlt, versteht sich von selbst.
So war namentlich eine Biographie des Whig-Candidaten Scott sehr verbreitet,
die mit einer Menge von Holzschnitten geziert war und das Bildniß des Gene¬
rals, in voller Uniform zu Pferde, von einer platzenden Bombe umstrahlt, a» der
Spitze trug. Ein Amerikaner, — selbst Whig, — zeigte mir die Brochure mit
den Worten: „^ro wo not. o, xrvat vvuplv, —- w malo s, man out. ol' ncuk-
INA?" —
Nach den Nominationcn erheben sich an allen Ecken himmelhohe Masten
(pe>l<Z8) mit Flaggen und Devisen „Pierce und King" — oder „Scott und
Graham,"- — die unter großen Feierlichkeiten errichtet und eingeweiht werden.
Immer dichter drängen sich die Volksversammlungen, auf welchen die Masse»
bearbeitet und gewonnen werden sollen. Gegen den Schluß des Octobers hin
vergeht fast kein Abend ohne ein solches „mvvlmx", zu dem die verschiedenen
Clubs und Korporationen mit Fahnen und Trauöpareuteu ziehen, entweder beglei¬
tet von der alten Mnkec-Musik, der Trommel und Pfeife, oder von einer der
trefflichen deutsche,? Musikbanden, die auf diesem Gebiet ein natürliches Privileg
besitzen. Kanonenschläge, Nacketeu, Jllumiuatioueu dürfen natürlich bei einer
solche» Versammlung nicht fehlen, und die Redner unterlassen Nichts, was Eindruck
ans die Menge macheu kaun, obgleich in der Regel die politischen Meinungen der
Zuhörer so feststehen, daß wenig zu gewinnen ist. Zweierlei hat mich indessen bei
diesen Gelegenheiten immer gewundert: erstens, daß dnrch die Masse von Feuer-
werke» aller Art, die mitten in der Stadt u»ter den mit Holzschindel» gedeck¬
te» Häuser» abgebrannt werden, kein Feuer entsteht, und zweitens, daß bei der
große» Spannung der Parteien es doch nie zu eiuer ernsten Reibung kommt.
An der allgemeinen Bewegung nimmt anch die hoffnungsvolle Jugend An¬
theil. Wenn ein Knabe 6 Jahre alt ist, so weiß er schon, welcher Partei sein
Vater angehört; er schlägt sich auf die eine oder andere Seite, — und zwar
keineswegs immer a»f die des Vaters. I» der Schule, ans de» Straßen und Spiel¬
plätzen wird politisire, und nicht selten horte ich bei solchen Gelegenheiten von
9 —'10jährigen Jungen die beredtesten Haranguen für oder gegen einen Candi-
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