Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

wenig, wir wollen hoffen, der Kaiser werde galant genug sei", wenigstens die
Flittenvvchen seiner schönen Spanierin nicht dnrch kriegerische Wollen auf seiner
Stirn zu trüben. Die künftige Kaiserin wird immer noch von den Berlcnmdnngen
ihrer Gegner und Neider stark mitgenommen. Bisher habe ich blos über folgende
Pnnkte Gewißheit erlangt: Frau Eugenie Bonaparte ist schön, die künftige Kai¬
serin ist voll abenteuerlichen Sinns, sie hat Geist, und ist dabei, was mau eine
gute Haut neunt. Darin stimmt man ziemlich allgemein überein. Ob ihr Geist
stark genug sein werde, ihrem unternehmenden Temperamente zu gebieten, dies
wagt Niemand zu prophezeien. Die Hofatmvsphäre ist eine so gefährliche, daß
sich hierüber nnr aus Erfahrung urtheilen läßt. Aber schou jetzt kann man
voraussehen, daß die Kaiserin große" Einfluß auf ihren Mann üben werde;
dieser Mann war inmitten seiner Freunde und vorübergehenden Verbindungen so
vereinzelt, daß el" Wesen, das in so intime Beziehungen zu ihm tritt, schon ans
diesem Grnnde Zugang zu seinem Vertvanen finden muß.

So wie die Politik durch die Heirath deö Kaisers absorbirt wird, so sind
die Theater von einer ganzen Schaar vo" Oncle Tom'S erobert worden -- es
wird einem ganz schwarz vor den Augen. Zu sagen ist über diese dunklen Dra¬
men nichts. -- Alle Welt kennt den Roman, und alle Welt weiß, wie die fran¬
zösischen Nühnensabrikanten a"S einem Romane ein Drama oder Melodrama
machen. Ich will Ihre deutsche" Leser a"f den zweite", demnächst erscheinenden
Band vo" Moritz Hartmann's Tagebuch aus dem Süden Frankreichs a"fmerksam
machen. Dieser zweite Band soll noch interessanter werden als der erste, und
dieser ist doch gewiß eine anziehende "ut belehrende Lectüre. Hartmann's Buch
gehört zu dem Besten, was bisher über Süd-Frankreich geschrieben, und selbst die
Franzose" habe" nicht viel über diesen Gegenstand, was diesem Buche an die
Seite gestellt werden könnte. Hartmann sieht mit poetischem, künstlerischem Ange,
und seine Erzählnngsweise hat etwas Gewinnendes, das dem Buche nur um so
größer" Reiz verleiht. Was die poetische Beigabe betrifft, erlauben Sie> mir
wol, "icht Ihrer Meinung z" sein. -- Das Gedicht, Morgen am Meere, ist ein
kleines lyrisches Meisterstück.


-- Aus die Auflegung deö Parteieukampfes um de" Besitz
der Miuisterportefeuilles in der mit Anfang des Jahres Vertagte" Pailameutssession ist eine
Periode politischer Windstille gefolgt, welche selbst die Agitation für und gegen die
Wiederwahl der neuen Minister hat nicht unterbreche" könne", Nur bei zwei Wahlen zeigte
sich eine erhebliche Opposition, und zwar in Oxford gegen Hr", Gladstone, der aber
nun endlich, nachdem die Poll et Tage offen behalten worden, mit eiuer Majorität
von Stimmen für denselben entschiede" ist, worauf nun hoffentlich sei" Mitbewerber
in das seinen Eigenschaften am besten geziemende Dunkel zurücktreten wird -- und in
Carlow in Irland, gegen Mr, Sadleir, einen der neue" Lords des Schatzes. Letzterer
ist jedoch mit einer Minorität von 6 Stimme" einem Gegencandidaten Alexander unter-


wenig, wir wollen hoffen, der Kaiser werde galant genug sei», wenigstens die
Flittenvvchen seiner schönen Spanierin nicht dnrch kriegerische Wollen auf seiner
Stirn zu trüben. Die künftige Kaiserin wird immer noch von den Berlcnmdnngen
ihrer Gegner und Neider stark mitgenommen. Bisher habe ich blos über folgende
Pnnkte Gewißheit erlangt: Frau Eugenie Bonaparte ist schön, die künftige Kai¬
serin ist voll abenteuerlichen Sinns, sie hat Geist, und ist dabei, was mau eine
gute Haut neunt. Darin stimmt man ziemlich allgemein überein. Ob ihr Geist
stark genug sein werde, ihrem unternehmenden Temperamente zu gebieten, dies
wagt Niemand zu prophezeien. Die Hofatmvsphäre ist eine so gefährliche, daß
sich hierüber nnr aus Erfahrung urtheilen läßt. Aber schou jetzt kann man
voraussehen, daß die Kaiserin große» Einfluß auf ihren Mann üben werde;
dieser Mann war inmitten seiner Freunde und vorübergehenden Verbindungen so
vereinzelt, daß el» Wesen, das in so intime Beziehungen zu ihm tritt, schon ans
diesem Grnnde Zugang zu seinem Vertvanen finden muß.

So wie die Politik durch die Heirath deö Kaisers absorbirt wird, so sind
die Theater von einer ganzen Schaar vo» Oncle Tom'S erobert worden — es
wird einem ganz schwarz vor den Augen. Zu sagen ist über diese dunklen Dra¬
men nichts. — Alle Welt kennt den Roman, und alle Welt weiß, wie die fran¬
zösischen Nühnensabrikanten a»S einem Romane ein Drama oder Melodrama
machen. Ich will Ihre deutsche» Leser a»f den zweite», demnächst erscheinenden
Band vo» Moritz Hartmann's Tagebuch aus dem Süden Frankreichs a»fmerksam
machen. Dieser zweite Band soll noch interessanter werden als der erste, und
dieser ist doch gewiß eine anziehende »ut belehrende Lectüre. Hartmann's Buch
gehört zu dem Besten, was bisher über Süd-Frankreich geschrieben, und selbst die
Franzose» habe» nicht viel über diesen Gegenstand, was diesem Buche an die
Seite gestellt werden könnte. Hartmann sieht mit poetischem, künstlerischem Ange,
und seine Erzählnngsweise hat etwas Gewinnendes, das dem Buche nur um so
größer» Reiz verleiht. Was die poetische Beigabe betrifft, erlauben Sie> mir
wol, »icht Ihrer Meinung z» sein. — Das Gedicht, Morgen am Meere, ist ein
kleines lyrisches Meisterstück.


— Aus die Auflegung deö Parteieukampfes um de» Besitz
der Miuisterportefeuilles in der mit Anfang des Jahres Vertagte» Pailameutssession ist eine
Periode politischer Windstille gefolgt, welche selbst die Agitation für und gegen die
Wiederwahl der neuen Minister hat nicht unterbreche» könne», Nur bei zwei Wahlen zeigte
sich eine erhebliche Opposition, und zwar in Oxford gegen Hr», Gladstone, der aber
nun endlich, nachdem die Poll et Tage offen behalten worden, mit eiuer Majorität
von Stimmen für denselben entschiede» ist, worauf nun hoffentlich sei» Mitbewerber
in das seinen Eigenschaften am besten geziemende Dunkel zurücktreten wird — und in
Carlow in Irland, gegen Mr, Sadleir, einen der neue» Lords des Schatzes. Letzterer
ist jedoch mit einer Minorität von 6 Stimme» einem Gegencandidaten Alexander unter-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0280" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186156"/>
            <p xml:id="ID_855" prev="#ID_854"> wenig, wir wollen hoffen, der Kaiser werde galant genug sei», wenigstens die<lb/>
Flittenvvchen seiner schönen Spanierin nicht dnrch kriegerische Wollen auf seiner<lb/>
Stirn zu trüben. Die künftige Kaiserin wird immer noch von den Berlcnmdnngen<lb/>
ihrer Gegner und Neider stark mitgenommen. Bisher habe ich blos über folgende<lb/>
Pnnkte Gewißheit erlangt: Frau Eugenie Bonaparte ist schön, die künftige Kai¬<lb/>
serin ist voll abenteuerlichen Sinns, sie hat Geist, und ist dabei, was mau eine<lb/>
gute Haut neunt. Darin stimmt man ziemlich allgemein überein. Ob ihr Geist<lb/>
stark genug sein werde, ihrem unternehmenden Temperamente zu gebieten, dies<lb/>
wagt Niemand zu prophezeien. Die Hofatmvsphäre ist eine so gefährliche, daß<lb/>
sich hierüber nnr aus Erfahrung urtheilen läßt. Aber schou jetzt kann man<lb/>
voraussehen, daß die Kaiserin große» Einfluß auf ihren Mann üben werde;<lb/>
dieser Mann war inmitten seiner Freunde und vorübergehenden Verbindungen so<lb/>
vereinzelt, daß el» Wesen, das in so intime Beziehungen zu ihm tritt, schon ans<lb/>
diesem Grnnde Zugang zu seinem Vertvanen finden muß.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_856"> So wie die Politik durch die Heirath deö Kaisers absorbirt wird, so sind<lb/>
die Theater von einer ganzen Schaar vo» Oncle Tom'S erobert worden &#x2014; es<lb/>
wird einem ganz schwarz vor den Augen. Zu sagen ist über diese dunklen Dra¬<lb/>
men nichts. &#x2014; Alle Welt kennt den Roman, und alle Welt weiß, wie die fran¬<lb/>
zösischen Nühnensabrikanten a»S einem Romane ein Drama oder Melodrama<lb/>
machen. Ich will Ihre deutsche» Leser a»f den zweite», demnächst erscheinenden<lb/>
Band vo» Moritz Hartmann's Tagebuch aus dem Süden Frankreichs a»fmerksam<lb/>
machen. Dieser zweite Band soll noch interessanter werden als der erste, und<lb/>
dieser ist doch gewiß eine anziehende »ut belehrende Lectüre. Hartmann's Buch<lb/>
gehört zu dem Besten, was bisher über Süd-Frankreich geschrieben, und selbst die<lb/>
Franzose» habe» nicht viel über diesen Gegenstand, was diesem Buche an die<lb/>
Seite gestellt werden könnte. Hartmann sieht mit poetischem, künstlerischem Ange,<lb/>
und seine Erzählnngsweise hat etwas Gewinnendes, das dem Buche nur um so<lb/>
größer» Reiz verleiht. Was die poetische Beigabe betrifft, erlauben Sie&gt; mir<lb/>
wol, »icht Ihrer Meinung z» sein. &#x2014; Das Gedicht, Morgen am Meere, ist ein<lb/>
kleines lyrisches Meisterstück.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> </head>
            <p xml:id="ID_857" next="#ID_858"> &#x2014; Aus die Auflegung deö Parteieukampfes um de» Besitz<lb/>
der Miuisterportefeuilles in der mit Anfang des Jahres Vertagte» Pailameutssession ist eine<lb/>
Periode politischer Windstille gefolgt, welche selbst die Agitation für und gegen die<lb/>
Wiederwahl der neuen Minister hat nicht unterbreche» könne», Nur bei zwei Wahlen zeigte<lb/>
sich eine erhebliche Opposition, und zwar in Oxford gegen Hr», Gladstone, der aber<lb/>
nun endlich, nachdem die Poll et Tage offen behalten worden, mit eiuer Majorität<lb/>
von Stimmen für denselben entschiede» ist, worauf nun hoffentlich sei» Mitbewerber<lb/>
in das seinen Eigenschaften am besten geziemende Dunkel zurücktreten wird &#x2014; und in<lb/>
Carlow in Irland, gegen Mr, Sadleir, einen der neue» Lords des Schatzes. Letzterer<lb/>
ist jedoch mit einer Minorität von 6 Stimme» einem Gegencandidaten Alexander unter-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0280] wenig, wir wollen hoffen, der Kaiser werde galant genug sei», wenigstens die Flittenvvchen seiner schönen Spanierin nicht dnrch kriegerische Wollen auf seiner Stirn zu trüben. Die künftige Kaiserin wird immer noch von den Berlcnmdnngen ihrer Gegner und Neider stark mitgenommen. Bisher habe ich blos über folgende Pnnkte Gewißheit erlangt: Frau Eugenie Bonaparte ist schön, die künftige Kai¬ serin ist voll abenteuerlichen Sinns, sie hat Geist, und ist dabei, was mau eine gute Haut neunt. Darin stimmt man ziemlich allgemein überein. Ob ihr Geist stark genug sein werde, ihrem unternehmenden Temperamente zu gebieten, dies wagt Niemand zu prophezeien. Die Hofatmvsphäre ist eine so gefährliche, daß sich hierüber nnr aus Erfahrung urtheilen läßt. Aber schou jetzt kann man voraussehen, daß die Kaiserin große» Einfluß auf ihren Mann üben werde; dieser Mann war inmitten seiner Freunde und vorübergehenden Verbindungen so vereinzelt, daß el» Wesen, das in so intime Beziehungen zu ihm tritt, schon ans diesem Grnnde Zugang zu seinem Vertvanen finden muß. So wie die Politik durch die Heirath deö Kaisers absorbirt wird, so sind die Theater von einer ganzen Schaar vo» Oncle Tom'S erobert worden — es wird einem ganz schwarz vor den Augen. Zu sagen ist über diese dunklen Dra¬ men nichts. — Alle Welt kennt den Roman, und alle Welt weiß, wie die fran¬ zösischen Nühnensabrikanten a»S einem Romane ein Drama oder Melodrama machen. Ich will Ihre deutsche» Leser a»f den zweite», demnächst erscheinenden Band vo» Moritz Hartmann's Tagebuch aus dem Süden Frankreichs a»fmerksam machen. Dieser zweite Band soll noch interessanter werden als der erste, und dieser ist doch gewiß eine anziehende »ut belehrende Lectüre. Hartmann's Buch gehört zu dem Besten, was bisher über Süd-Frankreich geschrieben, und selbst die Franzose» habe» nicht viel über diesen Gegenstand, was diesem Buche an die Seite gestellt werden könnte. Hartmann sieht mit poetischem, künstlerischem Ange, und seine Erzählnngsweise hat etwas Gewinnendes, das dem Buche nur um so größer» Reiz verleiht. Was die poetische Beigabe betrifft, erlauben Sie> mir wol, »icht Ihrer Meinung z» sein. — Das Gedicht, Morgen am Meere, ist ein kleines lyrisches Meisterstück. — Aus die Auflegung deö Parteieukampfes um de» Besitz der Miuisterportefeuilles in der mit Anfang des Jahres Vertagte» Pailameutssession ist eine Periode politischer Windstille gefolgt, welche selbst die Agitation für und gegen die Wiederwahl der neuen Minister hat nicht unterbreche» könne», Nur bei zwei Wahlen zeigte sich eine erhebliche Opposition, und zwar in Oxford gegen Hr», Gladstone, der aber nun endlich, nachdem die Poll et Tage offen behalten worden, mit eiuer Majorität von Stimmen für denselben entschiede» ist, worauf nun hoffentlich sei» Mitbewerber in das seinen Eigenschaften am besten geziemende Dunkel zurücktreten wird — und in Carlow in Irland, gegen Mr, Sadleir, einen der neue» Lords des Schatzes. Letzterer ist jedoch mit einer Minorität von 6 Stimme» einem Gegencandidaten Alexander unter-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/280
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/280>, abgerufen am 27.12.2024.