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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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den großen weit hinten angesetzten Füßen fortstoßen. So zäh ist ihr Leben, daß
die Reisenden ans dem Erebus vorzogen, sie mit Hydrvcyausäure zu todten, wovon
ein Eßlöffel voll ihrem Leben in einer Minute el" Ende machte. Die Wallfische
sind i" dieser entlegenen Breite so wenig scheu, daß sie nicht einmal den Schiffen
ans dem Wege gehen, und so hänstg, daß man vom Erebus zu gleicher Zeit dreißig
in verschiedenen Richtungen erblickte.

Die Küste des neuentdeckten, Victorialand genannten Südpolarcoutincnts er¬
streckt sich von seiner nördlichsten Spitze Cap North unter 70" 31' s. Br. und
165" 28' v. L. in vstsüdöstlicher Richtung bis Cap Adare unter 71" 18' s. L.
und 170" 43' ö. L., nud dann südlich bis zur MMnrdobucht unter 77" 20'
s. B. "ud 163" ö. L. Auf der südlichen Hälfte dieser Strecke scheint das Land,
so viel das weit in's Meer vorgeschobene Packeis zu urtheilen erlaubt, beträchtlich
nach Westen zurückzutreten, und zeigte dem Vorüberfahreudeu eine ziemlich tief
im Hintergründe liegende hohe Bergkette, die den Namen des Albert-Gebirgs
erhielt, und in deren Mitte allen Berechnungen nach der magnetische Südpol
liegen muß. Leider zeigte sich die Küste überall gänzlich unzugänglich, indem alle
Einbnchtcn mit deu von den Berge" hcruutersteigeudeu Gletschern angefüllt war,
die jedem La"dn"gövers"es eine senkrechte Eismauer von 100 Fuß entgegensetzten.
Wäre dieses Hinderniß nicht gewesen, so hätte Sir I. Roß hier überwintert, um
während des StillliegenS der Schiffe seine Entdeckungen zu Lande fortzusetzen.

Bon der MMurdobucht an wendet sich das Land östlich, und hier, unter
77" 33' s. B. und 166" 38' v. L. erhebt sich 12,367 Fuß' hoch ein noch
thätiger Vulkan, der Erebus, und etwas weiter östlich fast 11,000 hoch, ein
erloschener, der den Namen Terror erhielt. Ans der Ferne gesehen, nahm sich
der dem Krater des Erebus entsteigende Rauch wie eine vom Wind empvrgewir-
bclte Schuecwehe aus, aber als die Schiffe näher kamen, konnte mau Rauch
und Flammen deutlich erkenne". Am Tage uach der Entdeckung (am 28. Jan.)
war der V"ita" ganz besonders thätig, und bot ein wahrhaft großartiges Schau¬
spiel dar. Eine dicke Rauchsäule wurde mit großer Gewalt von Zeit zu Zeit
wol 1300 -- 2000 Fuß über die Kratermünduug hinausgestoßen, bis sich der ober
Theil in der kalten Luft zu condensiren anfing, und als Dunst oder Schnee wieder
herabsank und sich allmählich zerstreute, um ungefähr eine halbe Stunde später von
einem neuen gleich großartigen Schauspiel ersetzt zu werde". Der Durchmesser
dieser Rauchsäule mochte zwischen 2 und 300 Fuß sein, und so oft sich der Rauch
verzog, erblickte mau ganz deutlich die rothe, die Mündung des Kraters aus¬
füllende Flamme; einige Officiere glaubten sogar Lavaströme sich den Abhang
henmterwälzen zu sehen, bis sie sich uuter dem Schnee verloren, der einige
hundert Fuß unter dem Krater anfing, und seine senkrecht abstürzende Eisklippe
mehrere (englische) Meilen weit in das Meer hinausstreckte. Mount Terror war viel
'


den großen weit hinten angesetzten Füßen fortstoßen. So zäh ist ihr Leben, daß
die Reisenden ans dem Erebus vorzogen, sie mit Hydrvcyausäure zu todten, wovon
ein Eßlöffel voll ihrem Leben in einer Minute el» Ende machte. Die Wallfische
sind i» dieser entlegenen Breite so wenig scheu, daß sie nicht einmal den Schiffen
ans dem Wege gehen, und so hänstg, daß man vom Erebus zu gleicher Zeit dreißig
in verschiedenen Richtungen erblickte.

Die Küste des neuentdeckten, Victorialand genannten Südpolarcoutincnts er¬
streckt sich von seiner nördlichsten Spitze Cap North unter 70" 31' s. Br. und
165" 28' v. L. in vstsüdöstlicher Richtung bis Cap Adare unter 71" 18' s. L.
und 170" 43' ö. L., nud dann südlich bis zur MMnrdobucht unter 77" 20'
s. B. »ud 163" ö. L. Auf der südlichen Hälfte dieser Strecke scheint das Land,
so viel das weit in's Meer vorgeschobene Packeis zu urtheilen erlaubt, beträchtlich
nach Westen zurückzutreten, und zeigte dem Vorüberfahreudeu eine ziemlich tief
im Hintergründe liegende hohe Bergkette, die den Namen des Albert-Gebirgs
erhielt, und in deren Mitte allen Berechnungen nach der magnetische Südpol
liegen muß. Leider zeigte sich die Küste überall gänzlich unzugänglich, indem alle
Einbnchtcn mit deu von den Berge» hcruutersteigeudeu Gletschern angefüllt war,
die jedem La»dn»gövers»es eine senkrechte Eismauer von 100 Fuß entgegensetzten.
Wäre dieses Hinderniß nicht gewesen, so hätte Sir I. Roß hier überwintert, um
während des StillliegenS der Schiffe seine Entdeckungen zu Lande fortzusetzen.

Bon der MMurdobucht an wendet sich das Land östlich, und hier, unter
77" 33' s. B. und 166" 38' v. L. erhebt sich 12,367 Fuß' hoch ein noch
thätiger Vulkan, der Erebus, und etwas weiter östlich fast 11,000 hoch, ein
erloschener, der den Namen Terror erhielt. Ans der Ferne gesehen, nahm sich
der dem Krater des Erebus entsteigende Rauch wie eine vom Wind empvrgewir-
bclte Schuecwehe aus, aber als die Schiffe näher kamen, konnte mau Rauch
und Flammen deutlich erkenne». Am Tage uach der Entdeckung (am 28. Jan.)
war der V»ita» ganz besonders thätig, und bot ein wahrhaft großartiges Schau¬
spiel dar. Eine dicke Rauchsäule wurde mit großer Gewalt von Zeit zu Zeit
wol 1300 — 2000 Fuß über die Kratermünduug hinausgestoßen, bis sich der ober
Theil in der kalten Luft zu condensiren anfing, und als Dunst oder Schnee wieder
herabsank und sich allmählich zerstreute, um ungefähr eine halbe Stunde später von
einem neuen gleich großartigen Schauspiel ersetzt zu werde». Der Durchmesser
dieser Rauchsäule mochte zwischen 2 und 300 Fuß sein, und so oft sich der Rauch
verzog, erblickte mau ganz deutlich die rothe, die Mündung des Kraters aus¬
füllende Flamme; einige Officiere glaubten sogar Lavaströme sich den Abhang
henmterwälzen zu sehen, bis sie sich uuter dem Schnee verloren, der einige
hundert Fuß unter dem Krater anfing, und seine senkrecht abstürzende Eisklippe
mehrere (englische) Meilen weit in das Meer hinausstreckte. Mount Terror war viel
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/270>, abgerufen am 24.07.2024.