Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

brochcn bis in die Nähe von Nensüdschetland zu erstrecken scheint. Derselbe
Seefahrer entdeckte auch zwischen dem i7. und 33. Grad söll. Länge eine Küsten-
strecke, deren Znsanunenhang mit den späteren Entdeckungen, ans die wir gleich
kommen werden, "och uicht nachgewiesen ist.

Zwanzig Jahre lang blieben der russischen Marine und dem Capitain Belling-
hausen die Ehre, das südlichste bekannte Land der Erde in der Petersinsel erreicht
zu haben, als in den Jahren -1839--ne fast gleichzeitig drei Expeditionen, eine
englische, eine französische und eine amerikanische ausgerüstet wurde", von denen es
der erstgenannten beschieden war, viel weiter uach Süden als eine ihrer Vorgänger
vorzudringen, den antarktischen Continent zu entdecken und den magnetischen Süd¬
pol festzustellen. Der glückliche Seefahrer war Sir James C. Roß, der Neffe des
bekannten Sir I. Roß und bereits berühmt durch fünf Nordpolrciscn, auf deren
einer er den magnetischen Nordpol entdeckt, und auf der Stelle gestanden hatte,
wo die Magnetnadel senkrecht steht. Er und sein Begleiter, Capitain Crozier,
wurden mit den Schiffen Erebus und Terror ausgeschickt, um zur weiteren Aus¬
führung des von Humboldt und Ganß entworfenen Planes zusammenstimmender
magnetische Beobachtungen über die ganze Erde, in verschiedenen englischen Be-
sihungen der südlichen Hemisphäre magnetische Observatorien einzurichten, und in
den antarktischen Breiten eine Reihe von Beobachtungen anzustellen. Die beiden
Schiffe, die am 30. Sept. -1839 von England abgesegelt waren, erreichten daher,
nach einigem Aufenthalt ans Se. Helena, am Cap, und verschiedenen Punkten
von Australien, erst am -I. Januar 18-is den Südpolarkrciö, und zugleich deu
Rand des Packeises, einen drei Grad breiten Gürtel von schwimmenden vielfach
zerbrochenen, zusammengedrängten und über einander gehäuften Eisschollen,
der nnr durch schmale Eanäle und Durchbrechen der schwächeren Schollen
zu durchdringen ist. Diesmal brauchten sie zwar nnr einige Tage, um dieses
Hinderniß zu überwinden, aber selten stellen sich in diesen Polargegenden die
Verhältnisse so günstig, und eher gilt das, was die Reisenden bei ihrem zweiten
Versuch, nach Süden vorzudringen, erfuhren, als ein Beispiel der Gefahren,
welche der Schiffer in diese" Regionen läuft. Obgleich sie bei dieser zweiten
Reise (in derselben Jahreszeit) sieben Breitengrade nördlicher und 3S Grade weiter
östlich an das Packeis kamen, fanden sie doch dasselbe so breit, daß sie ö6 Tage
in demselben eingeschlossen blieben, und trotz der starke" nördlichen Strömung, welche
die Schiffe sammt den ringsherum festsitzenden Eisschollen oft zurücktrieb, sieben
Breitengrade gegen Süden zurücklegten. Einmal traf sie in dieser Lage Abends
um 9 Uhr ein heftiger Sturm ans Norden. Die See ging furchtbar hoch, und
brach sich über die höchsten Eisberge; bald nach Mitternacht befanden sich die
Schiffe in einem Meere rollender Eismassen, hart, wie schwimmende Granitfelsen,
welche von den Wellen getrieben mit. solcher Gewalt gegen die Fahrzeuge an¬
prallten, daß die Masten zitterten, als wollten sie bei jedem neuen Schlage herab-


33*

brochcn bis in die Nähe von Nensüdschetland zu erstrecken scheint. Derselbe
Seefahrer entdeckte auch zwischen dem i7. und 33. Grad söll. Länge eine Küsten-
strecke, deren Znsanunenhang mit den späteren Entdeckungen, ans die wir gleich
kommen werden, »och uicht nachgewiesen ist.

Zwanzig Jahre lang blieben der russischen Marine und dem Capitain Belling-
hausen die Ehre, das südlichste bekannte Land der Erde in der Petersinsel erreicht
zu haben, als in den Jahren -1839—ne fast gleichzeitig drei Expeditionen, eine
englische, eine französische und eine amerikanische ausgerüstet wurde», von denen es
der erstgenannten beschieden war, viel weiter uach Süden als eine ihrer Vorgänger
vorzudringen, den antarktischen Continent zu entdecken und den magnetischen Süd¬
pol festzustellen. Der glückliche Seefahrer war Sir James C. Roß, der Neffe des
bekannten Sir I. Roß und bereits berühmt durch fünf Nordpolrciscn, auf deren
einer er den magnetischen Nordpol entdeckt, und auf der Stelle gestanden hatte,
wo die Magnetnadel senkrecht steht. Er und sein Begleiter, Capitain Crozier,
wurden mit den Schiffen Erebus und Terror ausgeschickt, um zur weiteren Aus¬
führung des von Humboldt und Ganß entworfenen Planes zusammenstimmender
magnetische Beobachtungen über die ganze Erde, in verschiedenen englischen Be-
sihungen der südlichen Hemisphäre magnetische Observatorien einzurichten, und in
den antarktischen Breiten eine Reihe von Beobachtungen anzustellen. Die beiden
Schiffe, die am 30. Sept. -1839 von England abgesegelt waren, erreichten daher,
nach einigem Aufenthalt ans Se. Helena, am Cap, und verschiedenen Punkten
von Australien, erst am -I. Januar 18-is den Südpolarkrciö, und zugleich deu
Rand des Packeises, einen drei Grad breiten Gürtel von schwimmenden vielfach
zerbrochenen, zusammengedrängten und über einander gehäuften Eisschollen,
der nnr durch schmale Eanäle und Durchbrechen der schwächeren Schollen
zu durchdringen ist. Diesmal brauchten sie zwar nnr einige Tage, um dieses
Hinderniß zu überwinden, aber selten stellen sich in diesen Polargegenden die
Verhältnisse so günstig, und eher gilt das, was die Reisenden bei ihrem zweiten
Versuch, nach Süden vorzudringen, erfuhren, als ein Beispiel der Gefahren,
welche der Schiffer in diese» Regionen läuft. Obgleich sie bei dieser zweiten
Reise (in derselben Jahreszeit) sieben Breitengrade nördlicher und 3S Grade weiter
östlich an das Packeis kamen, fanden sie doch dasselbe so breit, daß sie ö6 Tage
in demselben eingeschlossen blieben, und trotz der starke« nördlichen Strömung, welche
die Schiffe sammt den ringsherum festsitzenden Eisschollen oft zurücktrieb, sieben
Breitengrade gegen Süden zurücklegten. Einmal traf sie in dieser Lage Abends
um 9 Uhr ein heftiger Sturm ans Norden. Die See ging furchtbar hoch, und
brach sich über die höchsten Eisberge; bald nach Mitternacht befanden sich die
Schiffe in einem Meere rollender Eismassen, hart, wie schwimmende Granitfelsen,
welche von den Wellen getrieben mit. solcher Gewalt gegen die Fahrzeuge an¬
prallten, daß die Masten zitterten, als wollten sie bei jedem neuen Schlage herab-


33*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0267" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186143"/>
          <p xml:id="ID_828" prev="#ID_827"> brochcn bis in die Nähe von Nensüdschetland zu erstrecken scheint. Derselbe<lb/>
Seefahrer entdeckte auch zwischen dem i7. und 33. Grad söll. Länge eine Küsten-<lb/>
strecke, deren Znsanunenhang mit den späteren Entdeckungen, ans die wir gleich<lb/>
kommen werden, »och uicht nachgewiesen ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_829" next="#ID_830"> Zwanzig Jahre lang blieben der russischen Marine und dem Capitain Belling-<lb/>
hausen die Ehre, das südlichste bekannte Land der Erde in der Petersinsel erreicht<lb/>
zu haben, als in den Jahren -1839&#x2014;ne fast gleichzeitig drei Expeditionen, eine<lb/>
englische, eine französische und eine amerikanische ausgerüstet wurde», von denen es<lb/>
der erstgenannten beschieden war, viel weiter uach Süden als eine ihrer Vorgänger<lb/>
vorzudringen, den antarktischen Continent zu entdecken und den magnetischen Süd¬<lb/>
pol festzustellen. Der glückliche Seefahrer war Sir James C. Roß, der Neffe des<lb/>
bekannten Sir I. Roß und bereits berühmt durch fünf Nordpolrciscn, auf deren<lb/>
einer er den magnetischen Nordpol entdeckt, und auf der Stelle gestanden hatte,<lb/>
wo die Magnetnadel senkrecht steht. Er und sein Begleiter, Capitain Crozier,<lb/>
wurden mit den Schiffen Erebus und Terror ausgeschickt, um zur weiteren Aus¬<lb/>
führung des von Humboldt und Ganß entworfenen Planes zusammenstimmender<lb/>
magnetische Beobachtungen über die ganze Erde, in verschiedenen englischen Be-<lb/>
sihungen der südlichen Hemisphäre magnetische Observatorien einzurichten, und in<lb/>
den antarktischen Breiten eine Reihe von Beobachtungen anzustellen. Die beiden<lb/>
Schiffe, die am 30. Sept. -1839 von England abgesegelt waren, erreichten daher,<lb/>
nach einigem Aufenthalt ans Se. Helena, am Cap, und verschiedenen Punkten<lb/>
von Australien, erst am -I. Januar 18-is den Südpolarkrciö, und zugleich deu<lb/>
Rand des Packeises, einen drei Grad breiten Gürtel von schwimmenden vielfach<lb/>
zerbrochenen, zusammengedrängten und über einander gehäuften Eisschollen,<lb/>
der nnr durch schmale Eanäle und Durchbrechen der schwächeren Schollen<lb/>
zu durchdringen ist. Diesmal brauchten sie zwar nnr einige Tage, um dieses<lb/>
Hinderniß zu überwinden, aber selten stellen sich in diesen Polargegenden die<lb/>
Verhältnisse so günstig, und eher gilt das, was die Reisenden bei ihrem zweiten<lb/>
Versuch, nach Süden vorzudringen, erfuhren, als ein Beispiel der Gefahren,<lb/>
welche der Schiffer in diese» Regionen läuft. Obgleich sie bei dieser zweiten<lb/>
Reise (in derselben Jahreszeit) sieben Breitengrade nördlicher und 3S Grade weiter<lb/>
östlich an das Packeis kamen, fanden sie doch dasselbe so breit, daß sie ö6 Tage<lb/>
in demselben eingeschlossen blieben, und trotz der starke« nördlichen Strömung, welche<lb/>
die Schiffe sammt den ringsherum festsitzenden Eisschollen oft zurücktrieb, sieben<lb/>
Breitengrade gegen Süden zurücklegten. Einmal traf sie in dieser Lage Abends<lb/>
um 9 Uhr ein heftiger Sturm ans Norden. Die See ging furchtbar hoch, und<lb/>
brach sich über die höchsten Eisberge; bald nach Mitternacht befanden sich die<lb/>
Schiffe in einem Meere rollender Eismassen, hart, wie schwimmende Granitfelsen,<lb/>
welche von den Wellen getrieben mit. solcher Gewalt gegen die Fahrzeuge an¬<lb/>
prallten, daß die Masten zitterten, als wollten sie bei jedem neuen Schlage herab-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 33*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0267] brochcn bis in die Nähe von Nensüdschetland zu erstrecken scheint. Derselbe Seefahrer entdeckte auch zwischen dem i7. und 33. Grad söll. Länge eine Küsten- strecke, deren Znsanunenhang mit den späteren Entdeckungen, ans die wir gleich kommen werden, »och uicht nachgewiesen ist. Zwanzig Jahre lang blieben der russischen Marine und dem Capitain Belling- hausen die Ehre, das südlichste bekannte Land der Erde in der Petersinsel erreicht zu haben, als in den Jahren -1839—ne fast gleichzeitig drei Expeditionen, eine englische, eine französische und eine amerikanische ausgerüstet wurde», von denen es der erstgenannten beschieden war, viel weiter uach Süden als eine ihrer Vorgänger vorzudringen, den antarktischen Continent zu entdecken und den magnetischen Süd¬ pol festzustellen. Der glückliche Seefahrer war Sir James C. Roß, der Neffe des bekannten Sir I. Roß und bereits berühmt durch fünf Nordpolrciscn, auf deren einer er den magnetischen Nordpol entdeckt, und auf der Stelle gestanden hatte, wo die Magnetnadel senkrecht steht. Er und sein Begleiter, Capitain Crozier, wurden mit den Schiffen Erebus und Terror ausgeschickt, um zur weiteren Aus¬ führung des von Humboldt und Ganß entworfenen Planes zusammenstimmender magnetische Beobachtungen über die ganze Erde, in verschiedenen englischen Be- sihungen der südlichen Hemisphäre magnetische Observatorien einzurichten, und in den antarktischen Breiten eine Reihe von Beobachtungen anzustellen. Die beiden Schiffe, die am 30. Sept. -1839 von England abgesegelt waren, erreichten daher, nach einigem Aufenthalt ans Se. Helena, am Cap, und verschiedenen Punkten von Australien, erst am -I. Januar 18-is den Südpolarkrciö, und zugleich deu Rand des Packeises, einen drei Grad breiten Gürtel von schwimmenden vielfach zerbrochenen, zusammengedrängten und über einander gehäuften Eisschollen, der nnr durch schmale Eanäle und Durchbrechen der schwächeren Schollen zu durchdringen ist. Diesmal brauchten sie zwar nnr einige Tage, um dieses Hinderniß zu überwinden, aber selten stellen sich in diesen Polargegenden die Verhältnisse so günstig, und eher gilt das, was die Reisenden bei ihrem zweiten Versuch, nach Süden vorzudringen, erfuhren, als ein Beispiel der Gefahren, welche der Schiffer in diese» Regionen läuft. Obgleich sie bei dieser zweiten Reise (in derselben Jahreszeit) sieben Breitengrade nördlicher und 3S Grade weiter östlich an das Packeis kamen, fanden sie doch dasselbe so breit, daß sie ö6 Tage in demselben eingeschlossen blieben, und trotz der starke« nördlichen Strömung, welche die Schiffe sammt den ringsherum festsitzenden Eisschollen oft zurücktrieb, sieben Breitengrade gegen Süden zurücklegten. Einmal traf sie in dieser Lage Abends um 9 Uhr ein heftiger Sturm ans Norden. Die See ging furchtbar hoch, und brach sich über die höchsten Eisberge; bald nach Mitternacht befanden sich die Schiffe in einem Meere rollender Eismassen, hart, wie schwimmende Granitfelsen, welche von den Wellen getrieben mit. solcher Gewalt gegen die Fahrzeuge an¬ prallten, daß die Masten zitterten, als wollten sie bei jedem neuen Schlage herab- 33*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/267
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/267>, abgerufen am 24.07.2024.