Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

herrscht aber doch auch wieder ein gewisses System, und sie scheinen darin einer
bestimmten, stets wiederkehrenden Anordnung zu folgen. Alles, was sie aber
liefern, ist im vollsten Sinne des Wortes fertig -- das Innere und der untere
Theil einer jeden Schublade, ja selbst das innere Gefach und die innerste Wand,
in der und gegen die die Schublade liegt, selbst der Nücktheil der Meubles wird
eben so sorgfältig fest lackirt als die Außenseite, kein Theil, wäre er auch dem
Auge noch so viel entzogen, wird vernachlässigt, kein Flecken übersehen.

Mit diesem harmonirt vollkommen selbst die Verpackung, die größten und
schwersten Kisten von dem ordinairsten Holz sind sauber gehobelt und passen auf
das Sorgfältigste in einander. Zu den kleinsten Gegenständen haben sie dabei
niedlich gearbeitete und auf das Geschickteste eingefalzte Kistchen, die eine Ver¬
packung und Verschickung der Gegenstände nachher ungemein erleichtern. Die
lackirten Sachen werden in dieser Art besonders genau behandelt, jedes Kistchen
hat zuerst einen besondern, es genan umschließenden Papiersack von dem dauer¬
haften zähen und schwer zu zerreißenden Reispapier, von dem sie selbst Bind¬
faden drehen, um die Schlüssel daran zu befestigen; der lockere Raum wird dann mit
etwas zusammengedrehter Baumwolle oder einem kleinen Papierkissen fest ausgefüllt,
und der platte Deckel schließt genau und dicht darüber.

Außer ihren japanischen Modellen haben sie aber auch sehr viele, und wol
die meisten, von den Holländern ihnen aufgegebenen Formen, wie Nah- und
Schreibkasten, Nähtische, Cigarrenbechcr und Büchsen, Schnupftabaksdosen:c.?c.:c.
Außerordentlich genau wissen sie dabei alles ihnen Aufgegebene nachzuahmen. So
geschieht es sehr hänfig hier von Batavia aus, daß sie Unterschriften hinüber
bekommen mit dem Auftrag, sie in dem innern Deckel irgend eines bestellten
Kästchens oder sonst an einem andern Gegenstand anzubringen, und sie führen
das mit einer solchen Genauigkeit ans, daß selbst das Spritzen der Feder in ihren
kleinsten Pünktchen nicht vergessen und auf das Getreuste nachgeahmt wird. Ich
habe mehrere dieser in Goldlack nachgemachten Handschriften gesehen, sie sind
wirklich vortrefflich.

Neben den lackirten Waaren nimmt das Porzellan eine sehr bedeutende
Stelle ein; dabei sind es aber hauptsächlich die Tassen, in denen sie Ausgezeich¬
netes liefern. Ich habe Tassen gesehen, von denen ich überzeugt bin, daß das
ganze Dutzend zusammen, mit Untertasse und Deckel, keine sechs Loth wog. Sie
sind förmlich durchsichtig und so dünn und zart, daß mau glauben sollte, das
Hineinwerfen eines Stückchens Zuckers müßte sie zerbrechen, und doch giebt
ihnen gerade diese Dünne eine Elasticität, die ich ihnen nie zugetraut hätte. Das
Zierlichste, was ich darin sah, waren sehr kleine niedliche Täßchen, so dünn wie
Papier und auch so leicht wie dieses, außen aber noch mit einer dichten, aus das
Feinste ausgearbeiteten Strohlage überflochten, die so sest um das Porzellan bir-
scht, als ob sie darum gegossen wäre. Man begreift in der That nicht, wie es


herrscht aber doch auch wieder ein gewisses System, und sie scheinen darin einer
bestimmten, stets wiederkehrenden Anordnung zu folgen. Alles, was sie aber
liefern, ist im vollsten Sinne des Wortes fertig — das Innere und der untere
Theil einer jeden Schublade, ja selbst das innere Gefach und die innerste Wand,
in der und gegen die die Schublade liegt, selbst der Nücktheil der Meubles wird
eben so sorgfältig fest lackirt als die Außenseite, kein Theil, wäre er auch dem
Auge noch so viel entzogen, wird vernachlässigt, kein Flecken übersehen.

Mit diesem harmonirt vollkommen selbst die Verpackung, die größten und
schwersten Kisten von dem ordinairsten Holz sind sauber gehobelt und passen auf
das Sorgfältigste in einander. Zu den kleinsten Gegenständen haben sie dabei
niedlich gearbeitete und auf das Geschickteste eingefalzte Kistchen, die eine Ver¬
packung und Verschickung der Gegenstände nachher ungemein erleichtern. Die
lackirten Sachen werden in dieser Art besonders genau behandelt, jedes Kistchen
hat zuerst einen besondern, es genan umschließenden Papiersack von dem dauer¬
haften zähen und schwer zu zerreißenden Reispapier, von dem sie selbst Bind¬
faden drehen, um die Schlüssel daran zu befestigen; der lockere Raum wird dann mit
etwas zusammengedrehter Baumwolle oder einem kleinen Papierkissen fest ausgefüllt,
und der platte Deckel schließt genau und dicht darüber.

Außer ihren japanischen Modellen haben sie aber auch sehr viele, und wol
die meisten, von den Holländern ihnen aufgegebenen Formen, wie Nah- und
Schreibkasten, Nähtische, Cigarrenbechcr und Büchsen, Schnupftabaksdosen:c.?c.:c.
Außerordentlich genau wissen sie dabei alles ihnen Aufgegebene nachzuahmen. So
geschieht es sehr hänfig hier von Batavia aus, daß sie Unterschriften hinüber
bekommen mit dem Auftrag, sie in dem innern Deckel irgend eines bestellten
Kästchens oder sonst an einem andern Gegenstand anzubringen, und sie führen
das mit einer solchen Genauigkeit ans, daß selbst das Spritzen der Feder in ihren
kleinsten Pünktchen nicht vergessen und auf das Getreuste nachgeahmt wird. Ich
habe mehrere dieser in Goldlack nachgemachten Handschriften gesehen, sie sind
wirklich vortrefflich.

Neben den lackirten Waaren nimmt das Porzellan eine sehr bedeutende
Stelle ein; dabei sind es aber hauptsächlich die Tassen, in denen sie Ausgezeich¬
netes liefern. Ich habe Tassen gesehen, von denen ich überzeugt bin, daß das
ganze Dutzend zusammen, mit Untertasse und Deckel, keine sechs Loth wog. Sie
sind förmlich durchsichtig und so dünn und zart, daß mau glauben sollte, das
Hineinwerfen eines Stückchens Zuckers müßte sie zerbrechen, und doch giebt
ihnen gerade diese Dünne eine Elasticität, die ich ihnen nie zugetraut hätte. Das
Zierlichste, was ich darin sah, waren sehr kleine niedliche Täßchen, so dünn wie
Papier und auch so leicht wie dieses, außen aber noch mit einer dichten, aus das
Feinste ausgearbeiteten Strohlage überflochten, die so sest um das Porzellan bir-
scht, als ob sie darum gegossen wäre. Man begreift in der That nicht, wie es


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0260" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186136"/>
          <p xml:id="ID_791" prev="#ID_790"> herrscht aber doch auch wieder ein gewisses System, und sie scheinen darin einer<lb/>
bestimmten, stets wiederkehrenden Anordnung zu folgen. Alles, was sie aber<lb/>
liefern, ist im vollsten Sinne des Wortes fertig &#x2014; das Innere und der untere<lb/>
Theil einer jeden Schublade, ja selbst das innere Gefach und die innerste Wand,<lb/>
in der und gegen die die Schublade liegt, selbst der Nücktheil der Meubles wird<lb/>
eben so sorgfältig fest lackirt als die Außenseite, kein Theil, wäre er auch dem<lb/>
Auge noch so viel entzogen, wird vernachlässigt, kein Flecken übersehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_792"> Mit diesem harmonirt vollkommen selbst die Verpackung, die größten und<lb/>
schwersten Kisten von dem ordinairsten Holz sind sauber gehobelt und passen auf<lb/>
das Sorgfältigste in einander. Zu den kleinsten Gegenständen haben sie dabei<lb/>
niedlich gearbeitete und auf das Geschickteste eingefalzte Kistchen, die eine Ver¬<lb/>
packung und Verschickung der Gegenstände nachher ungemein erleichtern. Die<lb/>
lackirten Sachen werden in dieser Art besonders genau behandelt, jedes Kistchen<lb/>
hat zuerst einen besondern, es genan umschließenden Papiersack von dem dauer¬<lb/>
haften zähen und schwer zu zerreißenden Reispapier, von dem sie selbst Bind¬<lb/>
faden drehen, um die Schlüssel daran zu befestigen; der lockere Raum wird dann mit<lb/>
etwas zusammengedrehter Baumwolle oder einem kleinen Papierkissen fest ausgefüllt,<lb/>
und der platte Deckel schließt genau und dicht darüber.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_793"> Außer ihren japanischen Modellen haben sie aber auch sehr viele, und wol<lb/>
die meisten, von den Holländern ihnen aufgegebenen Formen, wie Nah- und<lb/>
Schreibkasten, Nähtische, Cigarrenbechcr und Büchsen, Schnupftabaksdosen:c.?c.:c.<lb/>
Außerordentlich genau wissen sie dabei alles ihnen Aufgegebene nachzuahmen. So<lb/>
geschieht es sehr hänfig hier von Batavia aus, daß sie Unterschriften hinüber<lb/>
bekommen mit dem Auftrag, sie in dem innern Deckel irgend eines bestellten<lb/>
Kästchens oder sonst an einem andern Gegenstand anzubringen, und sie führen<lb/>
das mit einer solchen Genauigkeit ans, daß selbst das Spritzen der Feder in ihren<lb/>
kleinsten Pünktchen nicht vergessen und auf das Getreuste nachgeahmt wird. Ich<lb/>
habe mehrere dieser in Goldlack nachgemachten Handschriften gesehen, sie sind<lb/>
wirklich vortrefflich.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_794" next="#ID_795"> Neben den lackirten Waaren nimmt das Porzellan eine sehr bedeutende<lb/>
Stelle ein; dabei sind es aber hauptsächlich die Tassen, in denen sie Ausgezeich¬<lb/>
netes liefern. Ich habe Tassen gesehen, von denen ich überzeugt bin, daß das<lb/>
ganze Dutzend zusammen, mit Untertasse und Deckel, keine sechs Loth wog. Sie<lb/>
sind förmlich durchsichtig und so dünn und zart, daß mau glauben sollte, das<lb/>
Hineinwerfen eines Stückchens Zuckers müßte sie zerbrechen, und doch giebt<lb/>
ihnen gerade diese Dünne eine Elasticität, die ich ihnen nie zugetraut hätte. Das<lb/>
Zierlichste, was ich darin sah, waren sehr kleine niedliche Täßchen, so dünn wie<lb/>
Papier und auch so leicht wie dieses, außen aber noch mit einer dichten, aus das<lb/>
Feinste ausgearbeiteten Strohlage überflochten, die so sest um das Porzellan bir-<lb/>
scht, als ob sie darum gegossen wäre. Man begreift in der That nicht, wie es</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0260] herrscht aber doch auch wieder ein gewisses System, und sie scheinen darin einer bestimmten, stets wiederkehrenden Anordnung zu folgen. Alles, was sie aber liefern, ist im vollsten Sinne des Wortes fertig — das Innere und der untere Theil einer jeden Schublade, ja selbst das innere Gefach und die innerste Wand, in der und gegen die die Schublade liegt, selbst der Nücktheil der Meubles wird eben so sorgfältig fest lackirt als die Außenseite, kein Theil, wäre er auch dem Auge noch so viel entzogen, wird vernachlässigt, kein Flecken übersehen. Mit diesem harmonirt vollkommen selbst die Verpackung, die größten und schwersten Kisten von dem ordinairsten Holz sind sauber gehobelt und passen auf das Sorgfältigste in einander. Zu den kleinsten Gegenständen haben sie dabei niedlich gearbeitete und auf das Geschickteste eingefalzte Kistchen, die eine Ver¬ packung und Verschickung der Gegenstände nachher ungemein erleichtern. Die lackirten Sachen werden in dieser Art besonders genau behandelt, jedes Kistchen hat zuerst einen besondern, es genan umschließenden Papiersack von dem dauer¬ haften zähen und schwer zu zerreißenden Reispapier, von dem sie selbst Bind¬ faden drehen, um die Schlüssel daran zu befestigen; der lockere Raum wird dann mit etwas zusammengedrehter Baumwolle oder einem kleinen Papierkissen fest ausgefüllt, und der platte Deckel schließt genau und dicht darüber. Außer ihren japanischen Modellen haben sie aber auch sehr viele, und wol die meisten, von den Holländern ihnen aufgegebenen Formen, wie Nah- und Schreibkasten, Nähtische, Cigarrenbechcr und Büchsen, Schnupftabaksdosen:c.?c.:c. Außerordentlich genau wissen sie dabei alles ihnen Aufgegebene nachzuahmen. So geschieht es sehr hänfig hier von Batavia aus, daß sie Unterschriften hinüber bekommen mit dem Auftrag, sie in dem innern Deckel irgend eines bestellten Kästchens oder sonst an einem andern Gegenstand anzubringen, und sie führen das mit einer solchen Genauigkeit ans, daß selbst das Spritzen der Feder in ihren kleinsten Pünktchen nicht vergessen und auf das Getreuste nachgeahmt wird. Ich habe mehrere dieser in Goldlack nachgemachten Handschriften gesehen, sie sind wirklich vortrefflich. Neben den lackirten Waaren nimmt das Porzellan eine sehr bedeutende Stelle ein; dabei sind es aber hauptsächlich die Tassen, in denen sie Ausgezeich¬ netes liefern. Ich habe Tassen gesehen, von denen ich überzeugt bin, daß das ganze Dutzend zusammen, mit Untertasse und Deckel, keine sechs Loth wog. Sie sind förmlich durchsichtig und so dünn und zart, daß mau glauben sollte, das Hineinwerfen eines Stückchens Zuckers müßte sie zerbrechen, und doch giebt ihnen gerade diese Dünne eine Elasticität, die ich ihnen nie zugetraut hätte. Das Zierlichste, was ich darin sah, waren sehr kleine niedliche Täßchen, so dünn wie Papier und auch so leicht wie dieses, außen aber noch mit einer dichten, aus das Feinste ausgearbeiteten Strohlage überflochten, die so sest um das Porzellan bir- scht, als ob sie darum gegossen wäre. Man begreift in der That nicht, wie es

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/260
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/260>, abgerufen am 24.07.2024.