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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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noch immer besser, als wenn man ihm einen Stein statt des Brodes reicht. Die
alte Städteordnung wird dann freilich noch länger auf ihre Ergänzung warten
müssen, allein dieses ist immer noch besser, als wenn man auch diesen Bau zer¬
stört, um das Material zur Errichtung elender Baracken zu verwenden. Wenn
der kleine Sinn, der dürftige Geist und !der niedere Haß unserer Zeitgenossen
gegen die Ideen, denen Preußen seine Wiedergeburt verdankt, es uns unmöglich
macheu, im treuen Anschluß an jene Ideen das Werk Stein's zu vollenden,
so ist es schon ein Gewinn, dieses große Denkmal in seiner jchigcn Gestalt zu er¬
halten, damit eine erleuchtetere Nachwelt an ihm lerne, welche Ideen stark genug
waren, Preußen aus dem Abgrund zu hebe", thatkräftige Liebe zur Heimat!) zu
entzünden, nud "den Nationalgeist positiv zu erwecken und zu beleben."




W o es e n b e r i es t.
Pariser Briefe. 1.

Die Tuilerien hallten lange wieder von den Klagen
über die Undankbarkeit der geretteten Gesellschaft, deren Vertreter, die gekrönten
Häupter dem junge" Cäsar die Krone so schwer machen. Louis Napoleon hatte die
Brust voll der bittersten Gefühle, daß sein rettender Geniestreich so kurz nach der That
mißkannt und mit dem Lohne gefeilscht wird, den er mit so viel Recht zu bean¬
spruchen scheint. Er, der dem monarchischen Europa deu unbequemen Auswuchs
der französischen Republik mit fester Hand ausgeschnitten, sollte erst "in die
Erlaubniß bitte", ob er sich Napoleon >>. oder til. heißen dürfe, der Mann,
der das allgemeine Stimmrecht so weit zur Kapitulation brachte, daß es verzagt
in deu Händen eines Kaisers seine Erklärung von Fontainebleau oder Se. Cloud
schrieb, sollte nicht einmal soweit für seine Familie sorgen könne", daß er ihr
Frankreich zum unverkürzten Erbgut hinterläßt! -- Der Held der römischen Expe¬
dition, der ergebenste Diener des Klerus, der Abschaffer der Preßfreiheit, der
Feind der Ideologen und der hohe Priester der Börsengötter, der Verkünder des
allgemeinen Weltfriedens, der unerbittliche Verfolger der Demagogen, Revolutiouaire
und republikanischen Reformen, sollte erst noch schriftlich verbriefen, daß er nichts
Heiligeres kenne, als die Verträge von Das ist hart, das ist bitter, und
doch ist es wahr; die "udaukbareu Ansprüche der geretteten Fürsten ginge" so
weit! Der stolze eigensinnige Held des zweiten Decembers sah sich zum Nach¬
geben gezwungen. Denn so verhalten sich die Dinge wirklich, und die russische
Anerkennung hat ungefähr diese Bedeutung. Louis Napoleon hat wie Görgei
vorgezogen, sich dem Czaren zu beugen, erst nachträglich sollte Oesterreich n"d
Preuße" die gleiche Ehre widerfahren. Staune" Sie nicht, wenn ich die divlo-


Grenjboteu. >.

noch immer besser, als wenn man ihm einen Stein statt des Brodes reicht. Die
alte Städteordnung wird dann freilich noch länger auf ihre Ergänzung warten
müssen, allein dieses ist immer noch besser, als wenn man auch diesen Bau zer¬
stört, um das Material zur Errichtung elender Baracken zu verwenden. Wenn
der kleine Sinn, der dürftige Geist und !der niedere Haß unserer Zeitgenossen
gegen die Ideen, denen Preußen seine Wiedergeburt verdankt, es uns unmöglich
macheu, im treuen Anschluß an jene Ideen das Werk Stein's zu vollenden,
so ist es schon ein Gewinn, dieses große Denkmal in seiner jchigcn Gestalt zu er¬
halten, damit eine erleuchtetere Nachwelt an ihm lerne, welche Ideen stark genug
waren, Preußen aus dem Abgrund zu hebe», thatkräftige Liebe zur Heimat!) zu
entzünden, nud „den Nationalgeist positiv zu erwecken und zu beleben."




W o es e n b e r i es t.
Pariser Briefe. 1.

Die Tuilerien hallten lange wieder von den Klagen
über die Undankbarkeit der geretteten Gesellschaft, deren Vertreter, die gekrönten
Häupter dem junge» Cäsar die Krone so schwer machen. Louis Napoleon hatte die
Brust voll der bittersten Gefühle, daß sein rettender Geniestreich so kurz nach der That
mißkannt und mit dem Lohne gefeilscht wird, den er mit so viel Recht zu bean¬
spruchen scheint. Er, der dem monarchischen Europa deu unbequemen Auswuchs
der französischen Republik mit fester Hand ausgeschnitten, sollte erst »in die
Erlaubniß bitte», ob er sich Napoleon >>. oder til. heißen dürfe, der Mann,
der das allgemeine Stimmrecht so weit zur Kapitulation brachte, daß es verzagt
in deu Händen eines Kaisers seine Erklärung von Fontainebleau oder Se. Cloud
schrieb, sollte nicht einmal soweit für seine Familie sorgen könne», daß er ihr
Frankreich zum unverkürzten Erbgut hinterläßt! — Der Held der römischen Expe¬
dition, der ergebenste Diener des Klerus, der Abschaffer der Preßfreiheit, der
Feind der Ideologen und der hohe Priester der Börsengötter, der Verkünder des
allgemeinen Weltfriedens, der unerbittliche Verfolger der Demagogen, Revolutiouaire
und republikanischen Reformen, sollte erst noch schriftlich verbriefen, daß er nichts
Heiligeres kenne, als die Verträge von Das ist hart, das ist bitter, und
doch ist es wahr; die »udaukbareu Ansprüche der geretteten Fürsten ginge» so
weit! Der stolze eigensinnige Held des zweiten Decembers sah sich zum Nach¬
geben gezwungen. Denn so verhalten sich die Dinge wirklich, und die russische
Anerkennung hat ungefähr diese Bedeutung. Louis Napoleon hat wie Görgei
vorgezogen, sich dem Czaren zu beugen, erst nachträglich sollte Oesterreich n»d
Preuße» die gleiche Ehre widerfahren. Staune» Sie nicht, wenn ich die divlo-


Grenjboteu. >.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/233>, abgerufen am 27.12.2024.