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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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und nicht vielleicht die Minorität in der öffentlichen Meinung blos deshalb ihre
Wahl durchsetze, weil sie eben die "fleißigere" gewesen sei -- "Ah so" hatte
der Mann gesagt -- "na ich will sehn, ob ich komm."

Er konnte aber nicht, denn er war am nächsten Morgen ganz schön zu
Hause -- er mußte ja nicht.

Der andere Deutsche, von dem sie mir erzählten, hatte in der letzten deutschen
Revolution in seinem kleinen Ort eine sehr bedeutende Rolle gespielt, er war
ein Licht gewesen, ein Stern, zu dem viele ausgesehen und von dem sie Besserung
ihres Zustandes erwartet hatten. Damals hatte er Deutschland glaub' ich rasch
verlassen müssen und war, wenn ich nicht irre, eben nnr der Gesahr entgangen,
verhaftet zu werden, oder hatte doch pccnniaire Verluste erlitten -- kurz, ein
Haar in der Sache gefunden. Als der hier zur Mitwahl aufgefordert wurde,
sagte er sehr entschiede": -- "Wählen? -- ja -- einmal meine Finger in so
einer Geschichte gehabt und nicht wieder -- Namen unterschreiben? -- ne --
kann nicht aufgeführt werden ...... der Teufel weis;, was sie nachher damit machen,
und dann haben wir wieder die alte Komödie." Er ließ sich das nicht
ausreden.

Armes Deutschland.

Leider konnte ich mich nicht ans längere Zeit in diesen lieben Familien ans'
halten, denn wenn ich wirtlich noch mit der Wilhelmine nach Sydney und Manilla
ging, so hatte ich eben keine Zeit mehr zu verlieren, denn ich wollte mich doch
auch noch etwas in Adelaide selber umsehe", und einige Briefe schreiben. Am
nächsten Morgen neu" Uhr brach ich a"f, um noch vor dem Abend Gawlertowu
zu erreiche", und vou dort ans am nächste" Morgen um fünf Uhr mit der Post
nach Adelaide fahre" z" können, stolperte im Dunkel" - es war el"e wahre
stockfinster"iß, d"res de" Gnmwald und über eine unbestimmte Anzahl von Feuzeu
weg, de"n ich verlor de" Weg unter den Füße", behielt aber, da es sterneichell
war, meine Richtung bei, und erreichte etwa ein viertel auf elf Gawlertowu.
Dort übernachtete ich und war am nächsten Morgen um 10 Uhr in Adelaide.

Unterwegs passirte weiter nichts Außerordentliches, als daß wir eine alte
Dame mit hatten, die i" jedem Wirthshaus, an dem wir hielten, und wir hielten
ebeu an jedem, einen ,,n"ddl<;r >w> " "u sich "ahn, und außer ihr noch zwei
Männer, die nach den neuentdeckten Sydney-Goldmiue" wollte", und vo" deuen
der eine feierlich erklärte, es sei dadurch -- was ihn besonders verleitet habe,
seine bisherige gute Beschäftigung z" verlasse" -- "ur eine schon lange ver¬
kündigte Prophezeihung der heilige" Schrift wahr geworden, ""d er fange jetzt
an, fest überzeugt zu werde", daß Australien wirklich das ,,a"serwählte Land" sei.

Dem religiösen Fanatismus ist uoch Nichts zu wahnsinnig gewesen.




und nicht vielleicht die Minorität in der öffentlichen Meinung blos deshalb ihre
Wahl durchsetze, weil sie eben die „fleißigere" gewesen sei -- „Ah so" hatte
der Mann gesagt — „na ich will sehn, ob ich komm."

Er konnte aber nicht, denn er war am nächsten Morgen ganz schön zu
Hause — er mußte ja nicht.

Der andere Deutsche, von dem sie mir erzählten, hatte in der letzten deutschen
Revolution in seinem kleinen Ort eine sehr bedeutende Rolle gespielt, er war
ein Licht gewesen, ein Stern, zu dem viele ausgesehen und von dem sie Besserung
ihres Zustandes erwartet hatten. Damals hatte er Deutschland glaub' ich rasch
verlassen müssen und war, wenn ich nicht irre, eben nnr der Gesahr entgangen,
verhaftet zu werden, oder hatte doch pccnniaire Verluste erlitten — kurz, ein
Haar in der Sache gefunden. Als der hier zur Mitwahl aufgefordert wurde,
sagte er sehr entschiede»: — „Wählen? — ja — einmal meine Finger in so
einer Geschichte gehabt und nicht wieder — Namen unterschreiben? — ne —
kann nicht aufgeführt werden ...... der Teufel weis;, was sie nachher damit machen,
und dann haben wir wieder die alte Komödie." Er ließ sich das nicht
ausreden.

Armes Deutschland.

Leider konnte ich mich nicht ans längere Zeit in diesen lieben Familien ans'
halten, denn wenn ich wirtlich noch mit der Wilhelmine nach Sydney und Manilla
ging, so hatte ich eben keine Zeit mehr zu verlieren, denn ich wollte mich doch
auch noch etwas in Adelaide selber umsehe», und einige Briefe schreiben. Am
nächsten Morgen neu» Uhr brach ich a»f, um noch vor dem Abend Gawlertowu
zu erreiche», und vou dort ans am nächste» Morgen um fünf Uhr mit der Post
nach Adelaide fahre» z» können, stolperte im Dunkel» - es war el»e wahre
stockfinster»iß, d»res de» Gnmwald und über eine unbestimmte Anzahl von Feuzeu
weg, de»n ich verlor de» Weg unter den Füße», behielt aber, da es sterneichell
war, meine Richtung bei, und erreichte etwa ein viertel auf elf Gawlertowu.
Dort übernachtete ich und war am nächsten Morgen um 10 Uhr in Adelaide.

Unterwegs passirte weiter nichts Außerordentliches, als daß wir eine alte
Dame mit hatten, die i» jedem Wirthshaus, an dem wir hielten, und wir hielten
ebeu an jedem, einen ,,n»ddl<;r >w> " »u sich „ahn, und außer ihr noch zwei
Männer, die nach den neuentdeckten Sydney-Goldmiue» wollte», und vo» deuen
der eine feierlich erklärte, es sei dadurch — was ihn besonders verleitet habe,
seine bisherige gute Beschäftigung z» verlasse» — »ur eine schon lange ver¬
kündigte Prophezeihung der heilige« Schrift wahr geworden, »»d er fange jetzt
an, fest überzeugt zu werde», daß Australien wirklich das ,,a»serwählte Land" sei.

Dem religiösen Fanatismus ist uoch Nichts zu wahnsinnig gewesen.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/183>, abgerufen am 24.07.2024.