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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.

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gekostet habe, ist wirklich vortrefflich. Jetzt liegt das Ganze aber freilich noch
im Entstehen, und die Weinbauer", die den Ban ordentlich begonnen haben, sind
noch bei den Versuchen, welche Neben sich am besten für Süd-Anstralien eignen
werden. Herr August Fiedler bei Tannnda'giebt sich besonders Mühe in dieser
Hinsicht und hat schon einige, wirklich ausgezeichnete Sorten gezogen. Der merk¬
würdigste Wein, den ich dort kostete, war ein von einer MnSkalcllcr-Traube gekelter¬
tes Getränk, das den frappantesten Ananasgeschmack hatte. Er hat ebenfalls Rhein¬
wein, Medoc und mehrere andere Sorten gezogen, und die meisten solcher Art,
daß sie das beste Resultat für spätere Jahre erwarten lassen.

Handwerker giebt es von allen Arten in Tannnda, und alle sind fast Deutsche;
Handwerker stehen sich überhaupt auch ziemlich gut in Australien, besonders wenn
sie nicht jeder Zeit, oder gleich im Anfang nur allein ans ihrem Handwerk be¬
stehen und dann und wann einmal etwas Anderes ergreifen wollen, bis sich eine
Aussicht wieder für ihr eigenes Geschäft findet. > Ein Maßstab für den Lohn ist
aber nicht gut anzulegen, da dieser eines Theils wechselt, andern Theils dadurch
ein ganz anderes Verhältnis! erhält, daß nicht immer ans Arbeit zu rechnen ist,
und der Arbeiter eine Woche vielleicht einmal ziemlich hohen Lohn erhält^ eine
andere aber müßig gehen muß. Macht er nur seine Berechnung uach dem aller¬
dings guten Lohn für das ganze Jahr, so ist es sehr leicht möglich, daß er sich
höchst bedeutend dabei verrechnen konnte.

In Tannuda sind drei deutsche Kaufleute, eine deutsche Apotheke, zwei deutsche
Aerzte und anderthalb deutsche Gasthäuser.

Anderthalb in sofern, als das eine, das Tannnda Hotel, ganz von Deutschen
(der Wirth heißt Müller) gehalten wird. Das andere hält ein Engländer Namens
Johnson -- das Alliance Hotel -- der übrigens sehr gut Deutsch spricht, und eine
sehr hübsche junge deutsche Fran hat. --

Am nächsten Montag war ein Ball, ein deutscher Ball in Tanunda, und ob¬
gleich ich selber nicht tanzen kann, interessirte es mich doch natürlich, demselben
beizuwohnen. Die Musici dazu waren von Adelaide verschrieben worden, hatten
aber Abhaltung bekommen, und es mußten daher ein paar andere, nothdürftig
genug, in der Gegend aufgetrieben werden. So ein deutscher Ball in Tannnda
ist aber keine Kleinigkeit, der dauert nicht blos von Abends sieben oder acht Uhr
bis Morgens, so lange die Leute tanzen wollen, sondern gleich anch noch mit
über den nächsten Tag hinüber, in die andere Nacht hinein. Unter zwei Tage
wird dort gar nicht angefangen.

Am ersten Abend, als der Tanz gerade beginnen sollte, und etwa eine Stunde
nach Sonnenuntergang ging ich mit dem einen deutschen Arzt, einem !)>', Pabst,
etwa I V2 Meile von Tanunda ab in den Busch, wo er das alte Grab eines
Indianers wußte. Ich wünschte gern ein vollständiges Gerippe eines der Ein-
gebornen mitzunehmen, und wir halten beschlossen, das Grab zu öffnen. Es ist


Grenzl'öden, I. 18öZ.

gekostet habe, ist wirklich vortrefflich. Jetzt liegt das Ganze aber freilich noch
im Entstehen, und die Weinbauer», die den Ban ordentlich begonnen haben, sind
noch bei den Versuchen, welche Neben sich am besten für Süd-Anstralien eignen
werden. Herr August Fiedler bei Tannnda'giebt sich besonders Mühe in dieser
Hinsicht und hat schon einige, wirklich ausgezeichnete Sorten gezogen. Der merk¬
würdigste Wein, den ich dort kostete, war ein von einer MnSkalcllcr-Traube gekelter¬
tes Getränk, das den frappantesten Ananasgeschmack hatte. Er hat ebenfalls Rhein¬
wein, Medoc und mehrere andere Sorten gezogen, und die meisten solcher Art,
daß sie das beste Resultat für spätere Jahre erwarten lassen.

Handwerker giebt es von allen Arten in Tannnda, und alle sind fast Deutsche;
Handwerker stehen sich überhaupt auch ziemlich gut in Australien, besonders wenn
sie nicht jeder Zeit, oder gleich im Anfang nur allein ans ihrem Handwerk be¬
stehen und dann und wann einmal etwas Anderes ergreifen wollen, bis sich eine
Aussicht wieder für ihr eigenes Geschäft findet. > Ein Maßstab für den Lohn ist
aber nicht gut anzulegen, da dieser eines Theils wechselt, andern Theils dadurch
ein ganz anderes Verhältnis! erhält, daß nicht immer ans Arbeit zu rechnen ist,
und der Arbeiter eine Woche vielleicht einmal ziemlich hohen Lohn erhält^ eine
andere aber müßig gehen muß. Macht er nur seine Berechnung uach dem aller¬
dings guten Lohn für das ganze Jahr, so ist es sehr leicht möglich, daß er sich
höchst bedeutend dabei verrechnen konnte.

In Tannuda sind drei deutsche Kaufleute, eine deutsche Apotheke, zwei deutsche
Aerzte und anderthalb deutsche Gasthäuser.

Anderthalb in sofern, als das eine, das Tannnda Hotel, ganz von Deutschen
(der Wirth heißt Müller) gehalten wird. Das andere hält ein Engländer Namens
Johnson — das Alliance Hotel — der übrigens sehr gut Deutsch spricht, und eine
sehr hübsche junge deutsche Fran hat. —

Am nächsten Montag war ein Ball, ein deutscher Ball in Tanunda, und ob¬
gleich ich selber nicht tanzen kann, interessirte es mich doch natürlich, demselben
beizuwohnen. Die Musici dazu waren von Adelaide verschrieben worden, hatten
aber Abhaltung bekommen, und es mußten daher ein paar andere, nothdürftig
genug, in der Gegend aufgetrieben werden. So ein deutscher Ball in Tannnda
ist aber keine Kleinigkeit, der dauert nicht blos von Abends sieben oder acht Uhr
bis Morgens, so lange die Leute tanzen wollen, sondern gleich anch noch mit
über den nächsten Tag hinüber, in die andere Nacht hinein. Unter zwei Tage
wird dort gar nicht angefangen.

Am ersten Abend, als der Tanz gerade beginnen sollte, und etwa eine Stunde
nach Sonnenuntergang ging ich mit dem einen deutschen Arzt, einem !)>', Pabst,
etwa I V2 Meile von Tanunda ab in den Busch, wo er das alte Grab eines
Indianers wußte. Ich wünschte gern ein vollständiges Gerippe eines der Ein-
gebornen mitzunehmen, und wir halten beschlossen, das Grab zu öffnen. Es ist


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_185875/177>, abgerufen am 24.07.2024.