Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, I. Semester. I. Band.der den Streitern nicht einmal die öffentliche Anerkennung, geschweige denn Er¬ Von einer Partei aber, welche die Zähigkeit in Festhaltung ihrer Principien Die Thätigkeit in den Kammern, und sei sie noch so angestrengt und pflicht¬ der den Streitern nicht einmal die öffentliche Anerkennung, geschweige denn Er¬ Von einer Partei aber, welche die Zähigkeit in Festhaltung ihrer Principien Die Thätigkeit in den Kammern, und sei sie noch so angestrengt und pflicht¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0143" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186019"/> <p xml:id="ID_390" prev="#ID_389"> der den Streitern nicht einmal die öffentliche Anerkennung, geschweige denn Er¬<lb/> folge zu bringen versprach. Eine spätere Epoche erst wird es den Constitutionellen<lb/> zum Ruhme anrechnen, daß sie in Tagen, wo der jähe Sturz der nationalen<lb/> und liberalen Bestrebungen, welcher der Märzrevolution mit so erstaunender<lb/> Schnelligkeit folgte, Frivolität, Indifferentismus und thatlose suffisance gerade<lb/> in denjenigen Kreisen der Nation verbreitete, ans welche jede Fortschrittsbewegung<lb/> sich stutzen muß, unentmnthigt an der Vorbereitung und Herbeiführung besserer<lb/> Zeiten gearbeitet haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_391"> Von einer Partei aber, welche die Zähigkeit in Festhaltung ihrer Principien<lb/> besitzt, in der Niederlage nicht zu verzagen und weder dnrch den Mangel jeder<lb/> Aussicht persönlicher Erfolge, noch selbst durch ihre zeitweilige Isolirung im Volke,<lb/> sich beirren läßt, kann man mit Recht verlangen, daß sie sich diejenige Organi-<lb/> sation giebt, welche die Erreichung ihrer Zwecke bedingt und welche die .obwalten¬<lb/> den Verhältnisse irgeud gestatten, und daß sie, im Ziel beharrlich, nicht in der<lb/> Beschaffung der Mittel sich lässig oder energielos zeige. Die principielle Ausdauer<lb/> ist gewiß in hohem Grade ruhmwürdig und die unerläßliche Vorbedingung<lb/> zur Durchsetzung großer politischer Erfolge, die unermüdlich praktische Bethä¬<lb/> tigung jedoch muß hinzutreten, wenn jene nicht unfruchtbar bleiben soll; in dieser<lb/> letztern Beziehung aber hat, wie wir uns nicht verhehlen können, die constitutionelle<lb/> Partei in Preußen Vieles aus den Augen gelassen und nicht mit dem Eifer und<lb/> Nachdruck gehandelt, der ihrer sonst so ehrenwerthen Beständigkeit entspräche.</p><lb/> <p xml:id="ID_392" next="#ID_393"> Die Thätigkeit in den Kammern, und sei sie noch so angestrengt und pflicht¬<lb/> treu, ist allein nicht genügend, um die Zwecke, welche die constitutionelle Partei<lb/> verfolgt, zu fördern. In jedem Lande, welches repräsentative Einrichtungen besitzt,<lb/> wird eine Partei, die sich ganz ans das enge Feld des Parlaments beschränkt und<lb/> es versäumt, in weiteren Kreisen für die Verbreitung ihrer Principien zu<lb/> wirke», allmählich den Boden im Volke und in der öffentlichen Meinung verlieren,<lb/> ohne den sie auch ihren Platz in der Vertretung nicht behaupten kann; in keinem<lb/> Lande aber würde sie sich von dieser Gefahr mehr bedroht sehen, als gegenwärtig<lb/> in Preußen. Die Constitutionellen dürfen nicht vergessen, daß sie nicht mehr<lb/> wie vor die allgemeine Stimmung beherrschen. Der Rückschlag jenes<lb/> Jahres hat einerseits den reactionairen Bestrebungen vielfachen Anhang geschaffen,<lb/> andererseits jene Art demokratischer Gesinnung erzeugt, die sich damit begnügt,<lb/> sich für einige ziemlich abstracte Ideen zu begeistern, und die gemäßigteren<lb/> Grundsätze der Constitutionellen, so wie ihre Anstrengungen mit mitleidiger Ge¬<lb/> ringschätzung betrachtet. Die Gleichgiltigkeit gegen alle Politik hat ferner in<lb/> trauriger Weise um sich gegriffen, und die besonderen Umstände, welche die Ge¬<lb/> burtswehe» der preußischen Verfassung begleiteten, haben dazu beigetragen, die<lb/> Sympathien für diese und das constitutionelle System im Volke zurückzudrängen.<lb/> Die Regierung endlich gebraucht ihre sehr bedeutenden Mittel gvuvernementaler Ein-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0143]
der den Streitern nicht einmal die öffentliche Anerkennung, geschweige denn Er¬
folge zu bringen versprach. Eine spätere Epoche erst wird es den Constitutionellen
zum Ruhme anrechnen, daß sie in Tagen, wo der jähe Sturz der nationalen
und liberalen Bestrebungen, welcher der Märzrevolution mit so erstaunender
Schnelligkeit folgte, Frivolität, Indifferentismus und thatlose suffisance gerade
in denjenigen Kreisen der Nation verbreitete, ans welche jede Fortschrittsbewegung
sich stutzen muß, unentmnthigt an der Vorbereitung und Herbeiführung besserer
Zeiten gearbeitet haben.
Von einer Partei aber, welche die Zähigkeit in Festhaltung ihrer Principien
besitzt, in der Niederlage nicht zu verzagen und weder dnrch den Mangel jeder
Aussicht persönlicher Erfolge, noch selbst durch ihre zeitweilige Isolirung im Volke,
sich beirren läßt, kann man mit Recht verlangen, daß sie sich diejenige Organi-
sation giebt, welche die Erreichung ihrer Zwecke bedingt und welche die .obwalten¬
den Verhältnisse irgeud gestatten, und daß sie, im Ziel beharrlich, nicht in der
Beschaffung der Mittel sich lässig oder energielos zeige. Die principielle Ausdauer
ist gewiß in hohem Grade ruhmwürdig und die unerläßliche Vorbedingung
zur Durchsetzung großer politischer Erfolge, die unermüdlich praktische Bethä¬
tigung jedoch muß hinzutreten, wenn jene nicht unfruchtbar bleiben soll; in dieser
letztern Beziehung aber hat, wie wir uns nicht verhehlen können, die constitutionelle
Partei in Preußen Vieles aus den Augen gelassen und nicht mit dem Eifer und
Nachdruck gehandelt, der ihrer sonst so ehrenwerthen Beständigkeit entspräche.
Die Thätigkeit in den Kammern, und sei sie noch so angestrengt und pflicht¬
treu, ist allein nicht genügend, um die Zwecke, welche die constitutionelle Partei
verfolgt, zu fördern. In jedem Lande, welches repräsentative Einrichtungen besitzt,
wird eine Partei, die sich ganz ans das enge Feld des Parlaments beschränkt und
es versäumt, in weiteren Kreisen für die Verbreitung ihrer Principien zu
wirke», allmählich den Boden im Volke und in der öffentlichen Meinung verlieren,
ohne den sie auch ihren Platz in der Vertretung nicht behaupten kann; in keinem
Lande aber würde sie sich von dieser Gefahr mehr bedroht sehen, als gegenwärtig
in Preußen. Die Constitutionellen dürfen nicht vergessen, daß sie nicht mehr
wie vor die allgemeine Stimmung beherrschen. Der Rückschlag jenes
Jahres hat einerseits den reactionairen Bestrebungen vielfachen Anhang geschaffen,
andererseits jene Art demokratischer Gesinnung erzeugt, die sich damit begnügt,
sich für einige ziemlich abstracte Ideen zu begeistern, und die gemäßigteren
Grundsätze der Constitutionellen, so wie ihre Anstrengungen mit mitleidiger Ge¬
ringschätzung betrachtet. Die Gleichgiltigkeit gegen alle Politik hat ferner in
trauriger Weise um sich gegriffen, und die besonderen Umstände, welche die Ge¬
burtswehe» der preußischen Verfassung begleiteten, haben dazu beigetragen, die
Sympathien für diese und das constitutionelle System im Volke zurückzudrängen.
Die Regierung endlich gebraucht ihre sehr bedeutenden Mittel gvuvernementaler Ein-
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