Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

damit vereinen, und von Seiten Rußlands heißt es, daß es in Madrid seine Absicht,
die Königin JsabÄa anzuerkennen, ausgesprochen habe. Der Kaiser soll dabei angedeutet
haben, daß er den General Narvaez gern als Gesandten in Petersburg sehen würde.
Dies wäre ein gefährlicher Köder, diesen ehrgeizigen Mann der Opposition zu entziehen,
obwol es kaum zu glauben ist, er werde sich zu einem Abfall verleiten lassen, der ihn,
dessen Freunde sämmtlich aus der verfassungstreuen Seite sind, mit unauslöschlicher
Schande bedecken müßte. Trotz aller Fehler seines leidenschaftlichen und herrschsüchtigen
Charakters hat Narvaez bis jetzt stets Beweise eines stolzen, hochstrebenden Geistes ge¬
geben. Es ist kaum denkbar, daß er sich so erniedrigen werde.

Es heißt, die Opposition beabsichtige ihr Mandat niederzulegen, falls dem Mini¬
sterium die Jndemnitätsbill bewilligt, oder falls eine Verfassungsänderung durchgesetzt
werde. Dieser Schritt wäre gefährlich und von höchst zweifelhaftem Erfolg. Unter
Umständen kann ihn freilich die Ehre gebieten, und jedenfalls würde es mit einem Nach¬
druck geschehen, der die Nation zum Schutze ihrer Rechte aufforderte. Mit einer sen¬
timentalen oder frivolen Dimission sich vom Schauplatz zurückzuziehen, liegt nicht im
spanischen Charakter.

Geht das Gouvernement zu Gewaltschritten über, bleibt ihm das Heer treu und
reicht es ans, den Anhang der constitutionellen Parteien in 'der Nation niederzudrücken,
so wird allem Ermessen nach das Repräsentativsystem fallen, aber wenigstens nach männ¬
lichem Widerstand seiner Vertheidiger. Ehrenvoller ist es, rechtloser Willkür gegenüber,
von gerechter Leidenschaft entflammt, im sieglosen Kampf zu unterliegen, als mit vor¬
nehm kühler Resignation seine Fahne zu senken. Die spanischen Liberalen mögen viel¬
leicht das Schicksal theilen, das über den europäischen Continent verhängt scheint, und >
die in den schmerzlichen Stürmen fast eines halben Jahrhunderts durch Ströme Blutes
errungene Verfassung mit ihnen stürzen; es wird ihnen aber dann doch erspart bleiben,
sich durch alle Stadien eines traurigen Siechthums, einer langsamen Revisionsschwind¬
sucht hindurchschleppen zu lassen.


Die Franzosen als Kritiker der preußischen Geschichte.

- Das
neueste Heft der Kevue clef cieux monäes bringt einen ausführlichen Artikel über das
Leben des Freiherr" von Stein, welcher vorzugsweise seiner politischen Wendung wegen
zu einer kleinen Erwiderung auffordert. Dem Verfasser dieses Artikels, Herrn Taillan-
dier, fehlt es keineswegs an Sinn für die Würdigung dieses außerordentlichen Charakters;
er weiß vielmehr sehr geschickt aus der Masse von Details, die uns das Pertz'sche
Buch giebt, diejenigen Punkte hervorzuheben, die aus die Phantasie zu wirken geeignet
sind. Er erkennt ganz richtig die Idee der Befreiung Deutschlands vom französischen
Joch, und die Erhebung des deutschen Volkes zu einer Nation als den leitenden Grund¬
gedanken in seinem Leben, und weiß es sehr anschaulich darzustellen, wie dieser Grund¬
gedanke auch bei den politischen Reformen immer der wesentliche Gesichtspunkt blieb,
wie unter den wechselndsten Umständen dies eine Ziel beharrlich in's Auge gesaßt wurde,
und wie die angewendeten Mittel von einer seltenen Verbindung leidenschaftlicher Gewalt
mit klarer Einsicht in die Natur der Verhältnisse zeugen. -- Was aber die Würdigung
dieses Zwecks selbst betrifft, so kommt Herr Taillandier zu dem überraschenden Resultat,
daß er das Verderben Deutschlands und Preußens gewesen sei. Napoleon hätte die
herrlichsten Absichten mit Preußen gehabt, er hätte es zu einer Großmacht machen wollen,
und nur die blinde Leidenschaft und der Fanatismus des Freiherrn von Stein hätte dem
jungen Staate die glänzende Laufbahn verschlossen, ans die ihn seine ganze frühere
Geschichte hingewiesen, und das behauptet Herr Taillandier selbst von der Zeit, wo
Napoleon Preußen die Schimpflichste aller Demüthigungen auferlegt hatte., den Raub
Hannovers, und wo er zugleich mit England unterhandelte, um Preußen, nachdem es
aus sein Drängen das Völkerrecht verletzt, preiszugeben; das behauptet er von einer
Zeit, wo der preußische Staat von dem erzürnten Eroberer mit jeder Art ausgesuchter


damit vereinen, und von Seiten Rußlands heißt es, daß es in Madrid seine Absicht,
die Königin JsabÄa anzuerkennen, ausgesprochen habe. Der Kaiser soll dabei angedeutet
haben, daß er den General Narvaez gern als Gesandten in Petersburg sehen würde.
Dies wäre ein gefährlicher Köder, diesen ehrgeizigen Mann der Opposition zu entziehen,
obwol es kaum zu glauben ist, er werde sich zu einem Abfall verleiten lassen, der ihn,
dessen Freunde sämmtlich aus der verfassungstreuen Seite sind, mit unauslöschlicher
Schande bedecken müßte. Trotz aller Fehler seines leidenschaftlichen und herrschsüchtigen
Charakters hat Narvaez bis jetzt stets Beweise eines stolzen, hochstrebenden Geistes ge¬
geben. Es ist kaum denkbar, daß er sich so erniedrigen werde.

Es heißt, die Opposition beabsichtige ihr Mandat niederzulegen, falls dem Mini¬
sterium die Jndemnitätsbill bewilligt, oder falls eine Verfassungsänderung durchgesetzt
werde. Dieser Schritt wäre gefährlich und von höchst zweifelhaftem Erfolg. Unter
Umständen kann ihn freilich die Ehre gebieten, und jedenfalls würde es mit einem Nach¬
druck geschehen, der die Nation zum Schutze ihrer Rechte aufforderte. Mit einer sen¬
timentalen oder frivolen Dimission sich vom Schauplatz zurückzuziehen, liegt nicht im
spanischen Charakter.

Geht das Gouvernement zu Gewaltschritten über, bleibt ihm das Heer treu und
reicht es ans, den Anhang der constitutionellen Parteien in 'der Nation niederzudrücken,
so wird allem Ermessen nach das Repräsentativsystem fallen, aber wenigstens nach männ¬
lichem Widerstand seiner Vertheidiger. Ehrenvoller ist es, rechtloser Willkür gegenüber,
von gerechter Leidenschaft entflammt, im sieglosen Kampf zu unterliegen, als mit vor¬
nehm kühler Resignation seine Fahne zu senken. Die spanischen Liberalen mögen viel¬
leicht das Schicksal theilen, das über den europäischen Continent verhängt scheint, und >
die in den schmerzlichen Stürmen fast eines halben Jahrhunderts durch Ströme Blutes
errungene Verfassung mit ihnen stürzen; es wird ihnen aber dann doch erspart bleiben,
sich durch alle Stadien eines traurigen Siechthums, einer langsamen Revisionsschwind¬
sucht hindurchschleppen zu lassen.


Die Franzosen als Kritiker der preußischen Geschichte.

- Das
neueste Heft der Kevue clef cieux monäes bringt einen ausführlichen Artikel über das
Leben des Freiherr« von Stein, welcher vorzugsweise seiner politischen Wendung wegen
zu einer kleinen Erwiderung auffordert. Dem Verfasser dieses Artikels, Herrn Taillan-
dier, fehlt es keineswegs an Sinn für die Würdigung dieses außerordentlichen Charakters;
er weiß vielmehr sehr geschickt aus der Masse von Details, die uns das Pertz'sche
Buch giebt, diejenigen Punkte hervorzuheben, die aus die Phantasie zu wirken geeignet
sind. Er erkennt ganz richtig die Idee der Befreiung Deutschlands vom französischen
Joch, und die Erhebung des deutschen Volkes zu einer Nation als den leitenden Grund¬
gedanken in seinem Leben, und weiß es sehr anschaulich darzustellen, wie dieser Grund¬
gedanke auch bei den politischen Reformen immer der wesentliche Gesichtspunkt blieb,
wie unter den wechselndsten Umständen dies eine Ziel beharrlich in's Auge gesaßt wurde,
und wie die angewendeten Mittel von einer seltenen Verbindung leidenschaftlicher Gewalt
mit klarer Einsicht in die Natur der Verhältnisse zeugen. — Was aber die Würdigung
dieses Zwecks selbst betrifft, so kommt Herr Taillandier zu dem überraschenden Resultat,
daß er das Verderben Deutschlands und Preußens gewesen sei. Napoleon hätte die
herrlichsten Absichten mit Preußen gehabt, er hätte es zu einer Großmacht machen wollen,
und nur die blinde Leidenschaft und der Fanatismus des Freiherrn von Stein hätte dem
jungen Staate die glänzende Laufbahn verschlossen, ans die ihn seine ganze frühere
Geschichte hingewiesen, und das behauptet Herr Taillandier selbst von der Zeit, wo
Napoleon Preußen die Schimpflichste aller Demüthigungen auferlegt hatte., den Raub
Hannovers, und wo er zugleich mit England unterhandelte, um Preußen, nachdem es
aus sein Drängen das Völkerrecht verletzt, preiszugeben; das behauptet er von einer
Zeit, wo der preußische Staat von dem erzürnten Eroberer mit jeder Art ausgesuchter


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0449" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/95430"/>
            <p xml:id="ID_1305" prev="#ID_1304"> damit vereinen, und von Seiten Rußlands heißt es, daß es in Madrid seine Absicht,<lb/>
die Königin JsabÄa anzuerkennen, ausgesprochen habe. Der Kaiser soll dabei angedeutet<lb/>
haben, daß er den General Narvaez gern als Gesandten in Petersburg sehen würde.<lb/>
Dies wäre ein gefährlicher Köder, diesen ehrgeizigen Mann der Opposition zu entziehen,<lb/>
obwol es kaum zu glauben ist, er werde sich zu einem Abfall verleiten lassen, der ihn,<lb/>
dessen Freunde sämmtlich aus der verfassungstreuen Seite sind, mit unauslöschlicher<lb/>
Schande bedecken müßte. Trotz aller Fehler seines leidenschaftlichen und herrschsüchtigen<lb/>
Charakters hat Narvaez bis jetzt stets Beweise eines stolzen, hochstrebenden Geistes ge¬<lb/>
geben.  Es ist kaum denkbar, daß er sich so erniedrigen werde.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1306"> Es heißt, die Opposition beabsichtige ihr Mandat niederzulegen, falls dem Mini¬<lb/>
sterium die Jndemnitätsbill bewilligt, oder falls eine Verfassungsänderung durchgesetzt<lb/>
werde. Dieser Schritt wäre gefährlich und von höchst zweifelhaftem Erfolg. Unter<lb/>
Umständen kann ihn freilich die Ehre gebieten, und jedenfalls würde es mit einem Nach¬<lb/>
druck geschehen, der die Nation zum Schutze ihrer Rechte aufforderte. Mit einer sen¬<lb/>
timentalen oder frivolen Dimission sich vom Schauplatz zurückzuziehen, liegt nicht im<lb/>
spanischen Charakter.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1307"> Geht das Gouvernement zu Gewaltschritten über, bleibt ihm das Heer treu und<lb/>
reicht es ans, den Anhang der constitutionellen Parteien in 'der Nation niederzudrücken,<lb/>
so wird allem Ermessen nach das Repräsentativsystem fallen, aber wenigstens nach männ¬<lb/>
lichem Widerstand seiner Vertheidiger. Ehrenvoller ist es, rechtloser Willkür gegenüber,<lb/>
von gerechter Leidenschaft entflammt, im sieglosen Kampf zu unterliegen, als mit vor¬<lb/>
nehm kühler Resignation seine Fahne zu senken. Die spanischen Liberalen mögen viel¬<lb/>
leicht das Schicksal theilen, das über den europäischen Continent verhängt scheint, und &gt;<lb/>
die in den schmerzlichen Stürmen fast eines halben Jahrhunderts durch Ströme Blutes<lb/>
errungene Verfassung mit ihnen stürzen; es wird ihnen aber dann doch erspart bleiben,<lb/>
sich durch alle Stadien eines traurigen Siechthums, einer langsamen Revisionsschwind¬<lb/>
sucht hindurchschleppen zu lassen.</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Die Franzosen als Kritiker der preußischen Geschichte.</head>
            <p xml:id="ID_1308" next="#ID_1309"> - Das<lb/>
neueste Heft der Kevue clef cieux monäes bringt einen ausführlichen Artikel über das<lb/>
Leben des Freiherr« von Stein, welcher vorzugsweise seiner politischen Wendung wegen<lb/>
zu einer kleinen Erwiderung auffordert. Dem Verfasser dieses Artikels, Herrn Taillan-<lb/>
dier, fehlt es keineswegs an Sinn für die Würdigung dieses außerordentlichen Charakters;<lb/>
er weiß vielmehr sehr geschickt aus der Masse von Details, die uns das Pertz'sche<lb/>
Buch giebt, diejenigen Punkte hervorzuheben, die aus die Phantasie zu wirken geeignet<lb/>
sind. Er erkennt ganz richtig die Idee der Befreiung Deutschlands vom französischen<lb/>
Joch, und die Erhebung des deutschen Volkes zu einer Nation als den leitenden Grund¬<lb/>
gedanken in seinem Leben, und weiß es sehr anschaulich darzustellen, wie dieser Grund¬<lb/>
gedanke auch bei den politischen Reformen immer der wesentliche Gesichtspunkt blieb,<lb/>
wie unter den wechselndsten Umständen dies eine Ziel beharrlich in's Auge gesaßt wurde,<lb/>
und wie die angewendeten Mittel von einer seltenen Verbindung leidenschaftlicher Gewalt<lb/>
mit klarer Einsicht in die Natur der Verhältnisse zeugen. &#x2014; Was aber die Würdigung<lb/>
dieses Zwecks selbst betrifft, so kommt Herr Taillandier zu dem überraschenden Resultat,<lb/>
daß er das Verderben Deutschlands und Preußens gewesen sei. Napoleon hätte die<lb/>
herrlichsten Absichten mit Preußen gehabt, er hätte es zu einer Großmacht machen wollen,<lb/>
und nur die blinde Leidenschaft und der Fanatismus des Freiherrn von Stein hätte dem<lb/>
jungen Staate die glänzende Laufbahn verschlossen, ans die ihn seine ganze frühere<lb/>
Geschichte hingewiesen, und das behauptet Herr Taillandier selbst von der Zeit, wo<lb/>
Napoleon Preußen die Schimpflichste aller Demüthigungen auferlegt hatte., den Raub<lb/>
Hannovers, und wo er zugleich mit England unterhandelte, um Preußen, nachdem es<lb/>
aus sein Drängen das Völkerrecht verletzt, preiszugeben; das behauptet er von einer<lb/>
Zeit, wo der preußische Staat von dem erzürnten Eroberer mit jeder Art ausgesuchter</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0449] damit vereinen, und von Seiten Rußlands heißt es, daß es in Madrid seine Absicht, die Königin JsabÄa anzuerkennen, ausgesprochen habe. Der Kaiser soll dabei angedeutet haben, daß er den General Narvaez gern als Gesandten in Petersburg sehen würde. Dies wäre ein gefährlicher Köder, diesen ehrgeizigen Mann der Opposition zu entziehen, obwol es kaum zu glauben ist, er werde sich zu einem Abfall verleiten lassen, der ihn, dessen Freunde sämmtlich aus der verfassungstreuen Seite sind, mit unauslöschlicher Schande bedecken müßte. Trotz aller Fehler seines leidenschaftlichen und herrschsüchtigen Charakters hat Narvaez bis jetzt stets Beweise eines stolzen, hochstrebenden Geistes ge¬ geben. Es ist kaum denkbar, daß er sich so erniedrigen werde. Es heißt, die Opposition beabsichtige ihr Mandat niederzulegen, falls dem Mini¬ sterium die Jndemnitätsbill bewilligt, oder falls eine Verfassungsänderung durchgesetzt werde. Dieser Schritt wäre gefährlich und von höchst zweifelhaftem Erfolg. Unter Umständen kann ihn freilich die Ehre gebieten, und jedenfalls würde es mit einem Nach¬ druck geschehen, der die Nation zum Schutze ihrer Rechte aufforderte. Mit einer sen¬ timentalen oder frivolen Dimission sich vom Schauplatz zurückzuziehen, liegt nicht im spanischen Charakter. Geht das Gouvernement zu Gewaltschritten über, bleibt ihm das Heer treu und reicht es ans, den Anhang der constitutionellen Parteien in 'der Nation niederzudrücken, so wird allem Ermessen nach das Repräsentativsystem fallen, aber wenigstens nach männ¬ lichem Widerstand seiner Vertheidiger. Ehrenvoller ist es, rechtloser Willkür gegenüber, von gerechter Leidenschaft entflammt, im sieglosen Kampf zu unterliegen, als mit vor¬ nehm kühler Resignation seine Fahne zu senken. Die spanischen Liberalen mögen viel¬ leicht das Schicksal theilen, das über den europäischen Continent verhängt scheint, und > die in den schmerzlichen Stürmen fast eines halben Jahrhunderts durch Ströme Blutes errungene Verfassung mit ihnen stürzen; es wird ihnen aber dann doch erspart bleiben, sich durch alle Stadien eines traurigen Siechthums, einer langsamen Revisionsschwind¬ sucht hindurchschleppen zu lassen. Die Franzosen als Kritiker der preußischen Geschichte. - Das neueste Heft der Kevue clef cieux monäes bringt einen ausführlichen Artikel über das Leben des Freiherr« von Stein, welcher vorzugsweise seiner politischen Wendung wegen zu einer kleinen Erwiderung auffordert. Dem Verfasser dieses Artikels, Herrn Taillan- dier, fehlt es keineswegs an Sinn für die Würdigung dieses außerordentlichen Charakters; er weiß vielmehr sehr geschickt aus der Masse von Details, die uns das Pertz'sche Buch giebt, diejenigen Punkte hervorzuheben, die aus die Phantasie zu wirken geeignet sind. Er erkennt ganz richtig die Idee der Befreiung Deutschlands vom französischen Joch, und die Erhebung des deutschen Volkes zu einer Nation als den leitenden Grund¬ gedanken in seinem Leben, und weiß es sehr anschaulich darzustellen, wie dieser Grund¬ gedanke auch bei den politischen Reformen immer der wesentliche Gesichtspunkt blieb, wie unter den wechselndsten Umständen dies eine Ziel beharrlich in's Auge gesaßt wurde, und wie die angewendeten Mittel von einer seltenen Verbindung leidenschaftlicher Gewalt mit klarer Einsicht in die Natur der Verhältnisse zeugen. — Was aber die Würdigung dieses Zwecks selbst betrifft, so kommt Herr Taillandier zu dem überraschenden Resultat, daß er das Verderben Deutschlands und Preußens gewesen sei. Napoleon hätte die herrlichsten Absichten mit Preußen gehabt, er hätte es zu einer Großmacht machen wollen, und nur die blinde Leidenschaft und der Fanatismus des Freiherrn von Stein hätte dem jungen Staate die glänzende Laufbahn verschlossen, ans die ihn seine ganze frühere Geschichte hingewiesen, und das behauptet Herr Taillandier selbst von der Zeit, wo Napoleon Preußen die Schimpflichste aller Demüthigungen auferlegt hatte., den Raub Hannovers, und wo er zugleich mit England unterhandelte, um Preußen, nachdem es aus sein Drängen das Völkerrecht verletzt, preiszugeben; das behauptet er von einer Zeit, wo der preußische Staat von dem erzürnten Eroberer mit jeder Art ausgesuchter

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/449
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/449>, abgerufen am 27.09.2024.