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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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Musik.

-- Clavier und Gesang. Didaktisches und Polemisches
von Friedrich Wieck. Leipzig, Whistling. -I Thlr. -- Des Verfassers Name ist in
der musikalischen Welt wohlbekannt, und die von ihm erzielten Resultate bürgen sür
den Inhalt dieses Buchs. Man darf sich nur an seine beiden Töchter erinnern, die er
ausschließlich gebildet hat: Clara Schumann, gegenwärtig unzweifelhaft die erste Klavier¬
spielerin Deutschlands, vielleicht Europas, und Marie Wieck, deren anmuthiges, natür¬
liches, von harmonischer Bildung und feinstem Verständniß zeugendes Spiel noch bei
ihrer jüngsten Anwesenheit in Leipzig Jeden, der irgend Sinn fiir Natur und Schön¬
heit besitzt, aufs Innigste erfreut hat. Die jüngste Zeit ist in der Herausgabe ähnlicher
Werke sehr eifrig gewesen, und die Kunst des Clavieruntcrrichts, früher ein Geheimniß
der großen Meister, wird bald auch den kleinen Geistern so geläufig sein, daß man sie
eben nur noch als Handwerk betrachten darf. Durch die minutiöse Ausbildung des
technischen Theils des Clavierspicls hat sich nach und nach eine schreckenerregende Fertig¬
keit ausgebildet, die einestheils, weil sie überall gleichmäßig anerzogen wird, das
"Dutz-endspiel" (wie es der Verfasser nennt) erzeugt, auf der andern Seite aber
die " Clavierfnricn-Periode" erschuf, an deren maßlosen Überschreitungen wir jetzt noch
zu leiden haben. Gegen diese Uebel und gegen viele andere, die damit zusammenhängen,
sucht die vorliegende Schrift, zu kämpfen, und deshalb ist anch die Bezeichnung "Didak¬
tisches und Polemisches" am rechten Platze. Diese durfte auch darum nicht fehlen,
weil es überhaupt in dem Plane lag. keine systematisch geordnete Schule zu geben.
Das ganze Buch besteht eigentlich nur aus den Herzensergießungen eines alten, ge¬
prüften Musikers, der sein ganzes Leben daraus verwendete, die Tonkunst treu und redlich
zu pflegen. Die Ueberstürznngen der jüngsten Periode im Clavierspiel, mit welcher die
Verschlechterung des Kunstgcsangs Hand in Hand gegangen ist, reizen ihn zu einer
warmen, theilweise sogar heftigen, Polemik. Auch das Kunstwerk der Zukunft will ihm
nicht behagen, und es ist besonders die Betrachtung der Gcsaugsmuflk, die ihm das
Verdammungsurtheil dieser neuen Richtung so hart aussprechen läßt. Gewiß ist ein er¬
fahrener Singemcister, der die glänzenden Zeiten der italienischen und deutschen 6)per
miterlebte, mit allen Koryphäen derselben in der genauesten Verbindung stand, zu diesen
Klagen berechtigt, doch wird gerade dieser Punkt den Männern jener Richtung einen
leichten Angriff gewähren, weil außer dem richtig nachgewiesenen Ungeschick in der Technik
des Gesangs das Verdammungsurtheil nur mit Behauptungen ausgesprochen, aber nicht
mit Gründen belegt ist. -- Neu, und im Allgemeinen sehr gut entwickelt ist die Ansicht
über den innigen Zusammenhang des schönen Kunstgcsangs und eines edlen und seinen
Clavierspiels. In der Vorrede spricht der Verfasser sich selbst darüber aus: "Ein
Klavierlehrer von Geist und Herz, gleich viel,, ob er die "Elemente" lehrt, oder sich
mit "höherer Ausbildung" beschäftigt, der so beschaffen ist, wie ich ihn mir denke, muß
die Gesangskunst verstehen, wenigstens soll er ein hohes Interesse dafür an den Tag
legen. Wenn ich überhaupt vom Gesang spreche, so meine ich nur den "schönen
Gesang," die Basis der feinsten und vollendetsten musikalischen Darstellung; und vor
alle" Dingen denke ich wieder an eine "schöne Tonbildung" als die Basis sür den
möglichst schönsten Anschlag auf dem Claviere. In vielen Dingen müssen sich Gesang
und Clavier gegenseitig erklären und ergänzen; sie sollen mit einander wirken, um das
Hohe und Edle in ungetrübter Schönheit zur Ergänzung zu bringen. -- Unter den
nicht immer in ganz logischer Reihenfolge geordneten Capiteln verdienen die höchste Be¬
achtung eins über den Elementarunterricht im Clavierspiel, ferner ein anderes "Frau Grund
und vier Lectionen," über eine rationale Methode überhaupt, und jene über Pedal und
"Verschiebungsgcftihl;" sie geben das meiste Positive und Didaktische. Fast ganz polemischer
Natur sind die verschiedenen Artikel über Gesang, doch auch sie enthalten für den ver-


nicht zu zerspringen. — Das Endresultat möchte dieses sein: Herrn Aldridge einmal
zu sehen, ist'entschieden der Mühe werth; zweimal wird es kaum Jemand unternehmen?


Musik.

— Clavier und Gesang. Didaktisches und Polemisches
von Friedrich Wieck. Leipzig, Whistling. -I Thlr. — Des Verfassers Name ist in
der musikalischen Welt wohlbekannt, und die von ihm erzielten Resultate bürgen sür
den Inhalt dieses Buchs. Man darf sich nur an seine beiden Töchter erinnern, die er
ausschließlich gebildet hat: Clara Schumann, gegenwärtig unzweifelhaft die erste Klavier¬
spielerin Deutschlands, vielleicht Europas, und Marie Wieck, deren anmuthiges, natür¬
liches, von harmonischer Bildung und feinstem Verständniß zeugendes Spiel noch bei
ihrer jüngsten Anwesenheit in Leipzig Jeden, der irgend Sinn fiir Natur und Schön¬
heit besitzt, aufs Innigste erfreut hat. Die jüngste Zeit ist in der Herausgabe ähnlicher
Werke sehr eifrig gewesen, und die Kunst des Clavieruntcrrichts, früher ein Geheimniß
der großen Meister, wird bald auch den kleinen Geistern so geläufig sein, daß man sie
eben nur noch als Handwerk betrachten darf. Durch die minutiöse Ausbildung des
technischen Theils des Clavierspicls hat sich nach und nach eine schreckenerregende Fertig¬
keit ausgebildet, die einestheils, weil sie überall gleichmäßig anerzogen wird, das
„Dutz-endspiel" (wie es der Verfasser nennt) erzeugt, auf der andern Seite aber
die „ Clavierfnricn-Periode" erschuf, an deren maßlosen Überschreitungen wir jetzt noch
zu leiden haben. Gegen diese Uebel und gegen viele andere, die damit zusammenhängen,
sucht die vorliegende Schrift, zu kämpfen, und deshalb ist anch die Bezeichnung „Didak¬
tisches und Polemisches" am rechten Platze. Diese durfte auch darum nicht fehlen,
weil es überhaupt in dem Plane lag. keine systematisch geordnete Schule zu geben.
Das ganze Buch besteht eigentlich nur aus den Herzensergießungen eines alten, ge¬
prüften Musikers, der sein ganzes Leben daraus verwendete, die Tonkunst treu und redlich
zu pflegen. Die Ueberstürznngen der jüngsten Periode im Clavierspiel, mit welcher die
Verschlechterung des Kunstgcsangs Hand in Hand gegangen ist, reizen ihn zu einer
warmen, theilweise sogar heftigen, Polemik. Auch das Kunstwerk der Zukunft will ihm
nicht behagen, und es ist besonders die Betrachtung der Gcsaugsmuflk, die ihm das
Verdammungsurtheil dieser neuen Richtung so hart aussprechen läßt. Gewiß ist ein er¬
fahrener Singemcister, der die glänzenden Zeiten der italienischen und deutschen 6)per
miterlebte, mit allen Koryphäen derselben in der genauesten Verbindung stand, zu diesen
Klagen berechtigt, doch wird gerade dieser Punkt den Männern jener Richtung einen
leichten Angriff gewähren, weil außer dem richtig nachgewiesenen Ungeschick in der Technik
des Gesangs das Verdammungsurtheil nur mit Behauptungen ausgesprochen, aber nicht
mit Gründen belegt ist. — Neu, und im Allgemeinen sehr gut entwickelt ist die Ansicht
über den innigen Zusammenhang des schönen Kunstgcsangs und eines edlen und seinen
Clavierspiels. In der Vorrede spricht der Verfasser sich selbst darüber aus: „Ein
Klavierlehrer von Geist und Herz, gleich viel,, ob er die „Elemente" lehrt, oder sich
mit „höherer Ausbildung" beschäftigt, der so beschaffen ist, wie ich ihn mir denke, muß
die Gesangskunst verstehen, wenigstens soll er ein hohes Interesse dafür an den Tag
legen. Wenn ich überhaupt vom Gesang spreche, so meine ich nur den „schönen
Gesang," die Basis der feinsten und vollendetsten musikalischen Darstellung; und vor
alle» Dingen denke ich wieder an eine „schöne Tonbildung" als die Basis sür den
möglichst schönsten Anschlag auf dem Claviere. In vielen Dingen müssen sich Gesang
und Clavier gegenseitig erklären und ergänzen; sie sollen mit einander wirken, um das
Hohe und Edle in ungetrübter Schönheit zur Ergänzung zu bringen. — Unter den
nicht immer in ganz logischer Reihenfolge geordneten Capiteln verdienen die höchste Be¬
achtung eins über den Elementarunterricht im Clavierspiel, ferner ein anderes „Frau Grund
und vier Lectionen," über eine rationale Methode überhaupt, und jene über Pedal und
„Verschiebungsgcftihl;" sie geben das meiste Positive und Didaktische. Fast ganz polemischer
Natur sind die verschiedenen Artikel über Gesang, doch auch sie enthalten für den ver-


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[0409] nicht zu zerspringen. — Das Endresultat möchte dieses sein: Herrn Aldridge einmal zu sehen, ist'entschieden der Mühe werth; zweimal wird es kaum Jemand unternehmen? Musik. — Clavier und Gesang. Didaktisches und Polemisches von Friedrich Wieck. Leipzig, Whistling. -I Thlr. — Des Verfassers Name ist in der musikalischen Welt wohlbekannt, und die von ihm erzielten Resultate bürgen sür den Inhalt dieses Buchs. Man darf sich nur an seine beiden Töchter erinnern, die er ausschließlich gebildet hat: Clara Schumann, gegenwärtig unzweifelhaft die erste Klavier¬ spielerin Deutschlands, vielleicht Europas, und Marie Wieck, deren anmuthiges, natür¬ liches, von harmonischer Bildung und feinstem Verständniß zeugendes Spiel noch bei ihrer jüngsten Anwesenheit in Leipzig Jeden, der irgend Sinn fiir Natur und Schön¬ heit besitzt, aufs Innigste erfreut hat. Die jüngste Zeit ist in der Herausgabe ähnlicher Werke sehr eifrig gewesen, und die Kunst des Clavieruntcrrichts, früher ein Geheimniß der großen Meister, wird bald auch den kleinen Geistern so geläufig sein, daß man sie eben nur noch als Handwerk betrachten darf. Durch die minutiöse Ausbildung des technischen Theils des Clavierspicls hat sich nach und nach eine schreckenerregende Fertig¬ keit ausgebildet, die einestheils, weil sie überall gleichmäßig anerzogen wird, das „Dutz-endspiel" (wie es der Verfasser nennt) erzeugt, auf der andern Seite aber die „ Clavierfnricn-Periode" erschuf, an deren maßlosen Überschreitungen wir jetzt noch zu leiden haben. Gegen diese Uebel und gegen viele andere, die damit zusammenhängen, sucht die vorliegende Schrift, zu kämpfen, und deshalb ist anch die Bezeichnung „Didak¬ tisches und Polemisches" am rechten Platze. Diese durfte auch darum nicht fehlen, weil es überhaupt in dem Plane lag. keine systematisch geordnete Schule zu geben. Das ganze Buch besteht eigentlich nur aus den Herzensergießungen eines alten, ge¬ prüften Musikers, der sein ganzes Leben daraus verwendete, die Tonkunst treu und redlich zu pflegen. Die Ueberstürznngen der jüngsten Periode im Clavierspiel, mit welcher die Verschlechterung des Kunstgcsangs Hand in Hand gegangen ist, reizen ihn zu einer warmen, theilweise sogar heftigen, Polemik. Auch das Kunstwerk der Zukunft will ihm nicht behagen, und es ist besonders die Betrachtung der Gcsaugsmuflk, die ihm das Verdammungsurtheil dieser neuen Richtung so hart aussprechen läßt. Gewiß ist ein er¬ fahrener Singemcister, der die glänzenden Zeiten der italienischen und deutschen 6)per miterlebte, mit allen Koryphäen derselben in der genauesten Verbindung stand, zu diesen Klagen berechtigt, doch wird gerade dieser Punkt den Männern jener Richtung einen leichten Angriff gewähren, weil außer dem richtig nachgewiesenen Ungeschick in der Technik des Gesangs das Verdammungsurtheil nur mit Behauptungen ausgesprochen, aber nicht mit Gründen belegt ist. — Neu, und im Allgemeinen sehr gut entwickelt ist die Ansicht über den innigen Zusammenhang des schönen Kunstgcsangs und eines edlen und seinen Clavierspiels. In der Vorrede spricht der Verfasser sich selbst darüber aus: „Ein Klavierlehrer von Geist und Herz, gleich viel,, ob er die „Elemente" lehrt, oder sich mit „höherer Ausbildung" beschäftigt, der so beschaffen ist, wie ich ihn mir denke, muß die Gesangskunst verstehen, wenigstens soll er ein hohes Interesse dafür an den Tag legen. Wenn ich überhaupt vom Gesang spreche, so meine ich nur den „schönen Gesang," die Basis der feinsten und vollendetsten musikalischen Darstellung; und vor alle» Dingen denke ich wieder an eine „schöne Tonbildung" als die Basis sür den möglichst schönsten Anschlag auf dem Claviere. In vielen Dingen müssen sich Gesang und Clavier gegenseitig erklären und ergänzen; sie sollen mit einander wirken, um das Hohe und Edle in ungetrübter Schönheit zur Ergänzung zu bringen. — Unter den nicht immer in ganz logischer Reihenfolge geordneten Capiteln verdienen die höchste Be¬ achtung eins über den Elementarunterricht im Clavierspiel, ferner ein anderes „Frau Grund und vier Lectionen," über eine rationale Methode überhaupt, und jene über Pedal und „Verschiebungsgcftihl;" sie geben das meiste Positive und Didaktische. Fast ganz polemischer Natur sind die verschiedenen Artikel über Gesang, doch auch sie enthalten für den ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/409>, abgerufen am 27.09.2024.