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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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kennen. So sparsam man sonst auch mit Recht im Staatshaushalt ist, alle
erforderlichen Ausgaben, um die Armee stets in gutem und vollkommen schlag¬
fertigen Zustand zu erhalten, werden gern und ohne Knauserei und gehässige
Discussion bewilligt. Auch erkennt man -- einzelne Ausnahmen natürlich ab¬
gerechnet-- gern an, wie tapfer das sardinische Heer sich 48 und i9 gegen den
überlegenen Feind geschlagen, und so wenigstens die Ehre des Landes vollkommen ge¬
wahrt hat. Dies aber macht dasselbe auch wieder deu Kammern gewogen, und so kann
man die sardinische Armee in ihrer großen Gesammtheit als eine gut und auf¬
richtig constitutionell gefilmte' betrachten. Tauchen hier und da auch uuter einzelnen
Ofstciren reactivnaire Wünsche oder Bestrebungen auf, so gehen dieselben im
Ganzen doch ziemlich spurlos wieder verloren. '

Mit der Nationalgarde lebt die Armee, einzelne kleine Zänkereien, die überall
vorkommen werden, abgerechnet, im besten Einvernehmen. Das gleiche Band
des tiefsten Hasses gegen Oestreich umschlingt Beide so fest, daß manches andere
Ungleiche dagegen verschwinden muß. Das Heer weiß, daß eine gut und kräftig
organisirte Nationalgarde ihm bei einem etwaigen Kampfe gegen Oestreich von
großem Nutzen ist, indem sie seine Reserve bilden muß. Es sucht daher die
militärische Ausbildung derselben zu unterstützen, statt die größere Ungeübtheit
lächerlich zu machen. Die Nationalgarde hingegen sieht im Heere den Kern der
bewaffneten Macht des Landes, der, wenn die feindlichen Kanonen donnern, in
erster Reihe stehen, die blutigsten Kämpfe ausfechten muß. Von so kindische^
Gedanken mit bloßen Nationalgarten und Freischaaren die sestgegliederten Heeres-
theile Oesterreichs im offenem Felde schlagen zu wollen, ist man anch im Volke
Sardiniens längst zurückgekommen. Weil aber die Nationalgarde weiß, wie
unentbehrlich ihr das Heer ist, achtet und liebt sie dasselbe mit Recht und läßt dem¬
selben, wie sichs gebührt, in allen militärischen Sachen anch im Frieden den Ehrenplatz.
Wir glauben, daß schwerlich ein zweites Land aus dem europäischen Continente
gefunden werden dürfte, wo Heer und Nationalgarde in so innigem Verbände
stehen, und so einträchtig auf ein Ziel, die Wehrkraft des Landes zu verstärken,
hinwirken. Die Gesinnung der sehr gut organisirten Nationalgarde ist entschieden
constitutionell, und die Verfassung hat einen Hüter, der sie nöthigenfalls mit den
Waffen in der Hand vertheidigen würde.

Vielfache Verlegenheiten haben der constitutionellen Negierung in Sardinien
manche der Flüchtlinge, denen sie gastfreundlich ein sicheres Asyl gegeben hatte,
bereitet. Unter ihnen sind viele jugendliche Hitzköpfe, die das Unmögliche ver¬
langen, oder erbitterte Menschenfeinde, die nur Streit und Krieg um jeden Preis
wollen. Die Freiheit, welche sich dieselben in der Presse Heransnahmen, die zu
einem großen Theil von ihnen früher beherrscht ward, artete oft in Frechheit aus.
Sie forderten beständig Neuerungen über Neuerungen im Inlande, ohne vorher
erst einen sichern Boden für dieselben gegründet zu haben, oder Zank und Streit


kennen. So sparsam man sonst auch mit Recht im Staatshaushalt ist, alle
erforderlichen Ausgaben, um die Armee stets in gutem und vollkommen schlag¬
fertigen Zustand zu erhalten, werden gern und ohne Knauserei und gehässige
Discussion bewilligt. Auch erkennt man — einzelne Ausnahmen natürlich ab¬
gerechnet— gern an, wie tapfer das sardinische Heer sich 48 und i9 gegen den
überlegenen Feind geschlagen, und so wenigstens die Ehre des Landes vollkommen ge¬
wahrt hat. Dies aber macht dasselbe auch wieder deu Kammern gewogen, und so kann
man die sardinische Armee in ihrer großen Gesammtheit als eine gut und auf¬
richtig constitutionell gefilmte' betrachten. Tauchen hier und da auch uuter einzelnen
Ofstciren reactivnaire Wünsche oder Bestrebungen auf, so gehen dieselben im
Ganzen doch ziemlich spurlos wieder verloren. '

Mit der Nationalgarde lebt die Armee, einzelne kleine Zänkereien, die überall
vorkommen werden, abgerechnet, im besten Einvernehmen. Das gleiche Band
des tiefsten Hasses gegen Oestreich umschlingt Beide so fest, daß manches andere
Ungleiche dagegen verschwinden muß. Das Heer weiß, daß eine gut und kräftig
organisirte Nationalgarde ihm bei einem etwaigen Kampfe gegen Oestreich von
großem Nutzen ist, indem sie seine Reserve bilden muß. Es sucht daher die
militärische Ausbildung derselben zu unterstützen, statt die größere Ungeübtheit
lächerlich zu machen. Die Nationalgarde hingegen sieht im Heere den Kern der
bewaffneten Macht des Landes, der, wenn die feindlichen Kanonen donnern, in
erster Reihe stehen, die blutigsten Kämpfe ausfechten muß. Von so kindische^
Gedanken mit bloßen Nationalgarten und Freischaaren die sestgegliederten Heeres-
theile Oesterreichs im offenem Felde schlagen zu wollen, ist man anch im Volke
Sardiniens längst zurückgekommen. Weil aber die Nationalgarde weiß, wie
unentbehrlich ihr das Heer ist, achtet und liebt sie dasselbe mit Recht und läßt dem¬
selben, wie sichs gebührt, in allen militärischen Sachen anch im Frieden den Ehrenplatz.
Wir glauben, daß schwerlich ein zweites Land aus dem europäischen Continente
gefunden werden dürfte, wo Heer und Nationalgarde in so innigem Verbände
stehen, und so einträchtig auf ein Ziel, die Wehrkraft des Landes zu verstärken,
hinwirken. Die Gesinnung der sehr gut organisirten Nationalgarde ist entschieden
constitutionell, und die Verfassung hat einen Hüter, der sie nöthigenfalls mit den
Waffen in der Hand vertheidigen würde.

Vielfache Verlegenheiten haben der constitutionellen Negierung in Sardinien
manche der Flüchtlinge, denen sie gastfreundlich ein sicheres Asyl gegeben hatte,
bereitet. Unter ihnen sind viele jugendliche Hitzköpfe, die das Unmögliche ver¬
langen, oder erbitterte Menschenfeinde, die nur Streit und Krieg um jeden Preis
wollen. Die Freiheit, welche sich dieselben in der Presse Heransnahmen, die zu
einem großen Theil von ihnen früher beherrscht ward, artete oft in Frechheit aus.
Sie forderten beständig Neuerungen über Neuerungen im Inlande, ohne vorher
erst einen sichern Boden für dieselben gegründet zu haben, oder Zank und Streit


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[0392] kennen. So sparsam man sonst auch mit Recht im Staatshaushalt ist, alle erforderlichen Ausgaben, um die Armee stets in gutem und vollkommen schlag¬ fertigen Zustand zu erhalten, werden gern und ohne Knauserei und gehässige Discussion bewilligt. Auch erkennt man — einzelne Ausnahmen natürlich ab¬ gerechnet— gern an, wie tapfer das sardinische Heer sich 48 und i9 gegen den überlegenen Feind geschlagen, und so wenigstens die Ehre des Landes vollkommen ge¬ wahrt hat. Dies aber macht dasselbe auch wieder deu Kammern gewogen, und so kann man die sardinische Armee in ihrer großen Gesammtheit als eine gut und auf¬ richtig constitutionell gefilmte' betrachten. Tauchen hier und da auch uuter einzelnen Ofstciren reactivnaire Wünsche oder Bestrebungen auf, so gehen dieselben im Ganzen doch ziemlich spurlos wieder verloren. ' Mit der Nationalgarde lebt die Armee, einzelne kleine Zänkereien, die überall vorkommen werden, abgerechnet, im besten Einvernehmen. Das gleiche Band des tiefsten Hasses gegen Oestreich umschlingt Beide so fest, daß manches andere Ungleiche dagegen verschwinden muß. Das Heer weiß, daß eine gut und kräftig organisirte Nationalgarde ihm bei einem etwaigen Kampfe gegen Oestreich von großem Nutzen ist, indem sie seine Reserve bilden muß. Es sucht daher die militärische Ausbildung derselben zu unterstützen, statt die größere Ungeübtheit lächerlich zu machen. Die Nationalgarde hingegen sieht im Heere den Kern der bewaffneten Macht des Landes, der, wenn die feindlichen Kanonen donnern, in erster Reihe stehen, die blutigsten Kämpfe ausfechten muß. Von so kindische^ Gedanken mit bloßen Nationalgarten und Freischaaren die sestgegliederten Heeres- theile Oesterreichs im offenem Felde schlagen zu wollen, ist man anch im Volke Sardiniens längst zurückgekommen. Weil aber die Nationalgarde weiß, wie unentbehrlich ihr das Heer ist, achtet und liebt sie dasselbe mit Recht und läßt dem¬ selben, wie sichs gebührt, in allen militärischen Sachen anch im Frieden den Ehrenplatz. Wir glauben, daß schwerlich ein zweites Land aus dem europäischen Continente gefunden werden dürfte, wo Heer und Nationalgarde in so innigem Verbände stehen, und so einträchtig auf ein Ziel, die Wehrkraft des Landes zu verstärken, hinwirken. Die Gesinnung der sehr gut organisirten Nationalgarde ist entschieden constitutionell, und die Verfassung hat einen Hüter, der sie nöthigenfalls mit den Waffen in der Hand vertheidigen würde. Vielfache Verlegenheiten haben der constitutionellen Negierung in Sardinien manche der Flüchtlinge, denen sie gastfreundlich ein sicheres Asyl gegeben hatte, bereitet. Unter ihnen sind viele jugendliche Hitzköpfe, die das Unmögliche ver¬ langen, oder erbitterte Menschenfeinde, die nur Streit und Krieg um jeden Preis wollen. Die Freiheit, welche sich dieselben in der Presse Heransnahmen, die zu einem großen Theil von ihnen früher beherrscht ward, artete oft in Frechheit aus. Sie forderten beständig Neuerungen über Neuerungen im Inlande, ohne vorher erst einen sichern Boden für dieselben gegründet zu haben, oder Zank und Streit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/392>, abgerufen am 27.09.2024.