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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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Deutsch-amerikanisches Boarding und Lodging.

Morgens Kaffee mit marmorhartem deutschem Schiffsbrod, gegen welches sich
Commißbrod Semmel zu sein dünkte, Mittags Erbsen und Pökelfleisch, Abends
Thee und Schiffsbrod, und am folgenden Tage die Wiederholung und dann
wiederum Wiederholung, und hierauf einmal Bohnen oder Sauerkraut, und dann
Erbsen und abermals Erbsen, in dem düstern Zwischendecke eines dentsck ameri¬
kanischen Auswauderungsschiffeö.-- Reichlicher, schmackhafter und wohnlicher, als wir
es durch unsre geleisteten Arbeiten verdienten, und sicherlich eben so gut, wenn
nicht besser, als es für den gezählten Preis verlangt werden konnte, war Bo-
arding und Lodging, wie es von einem amerikanischen Capitain auf einem ame¬
rikanischen Schiffe deutschen Bürgern, welche Deutschland verließen, um in Amerika
eine neue Heimath zu begründen, gereicht wurde; -- Boardiug und Lodging war
wiederum die Losung, als wir amerikanisches Festland betraten, und am folgen¬
den Tage, als sich die zahlreiche Reisegesellschaft nach allen Richtungen zerstreut
hatte, schloß ein kleiner Theil derselben in der "Stadt Mannheim", Toulouse
Street, New-Orleans, den Bvarding-und-Lodging-Contract: ö Dollar die Person
wöchentlich.

Der Anblick eines New-Orleans'schen Markthauses mit seiner Umgebung läßt
den neuen Ankömmling ahnen, was er in seinem Boardiug zu erwarten hat.
Unter einem auf Säulen ruhenden Dache, gegen Regen geschützt, aber dem freien
Zutritt von Lust und Licht nicht verschlossen, liegen die mannichfaltigsten Waaren
zum Verkauf. Lange Reihen von Fleischbänken, daneben Geflügel, Wildpret und
Fische, Backwerk und Getränke, Gemüse und Früchte laden, mit einander wett¬
eifernd, zum Beschauen, Kaufen und Genießen ein. Wenn ich des Morgens kurz
nach Sonnenaufgang'langsam dem Markte zuschleuderte, lebten die Straßen schon
von einem bunten Gemische von Menschen, welche mit ihren Einkäufen beladen
nach Hause zurückkehrten. Dieser und Jener trug in der Hand eine verlöschte


Greiizboten. IV. 36
Deutsch-amerikanisches Boarding und Lodging.

Morgens Kaffee mit marmorhartem deutschem Schiffsbrod, gegen welches sich
Commißbrod Semmel zu sein dünkte, Mittags Erbsen und Pökelfleisch, Abends
Thee und Schiffsbrod, und am folgenden Tage die Wiederholung und dann
wiederum Wiederholung, und hierauf einmal Bohnen oder Sauerkraut, und dann
Erbsen und abermals Erbsen, in dem düstern Zwischendecke eines dentsck ameri¬
kanischen Auswauderungsschiffeö.— Reichlicher, schmackhafter und wohnlicher, als wir
es durch unsre geleisteten Arbeiten verdienten, und sicherlich eben so gut, wenn
nicht besser, als es für den gezählten Preis verlangt werden konnte, war Bo-
arding und Lodging, wie es von einem amerikanischen Capitain auf einem ame¬
rikanischen Schiffe deutschen Bürgern, welche Deutschland verließen, um in Amerika
eine neue Heimath zu begründen, gereicht wurde; — Boardiug und Lodging war
wiederum die Losung, als wir amerikanisches Festland betraten, und am folgen¬
den Tage, als sich die zahlreiche Reisegesellschaft nach allen Richtungen zerstreut
hatte, schloß ein kleiner Theil derselben in der „Stadt Mannheim", Toulouse
Street, New-Orleans, den Bvarding-und-Lodging-Contract: ö Dollar die Person
wöchentlich.

Der Anblick eines New-Orleans'schen Markthauses mit seiner Umgebung läßt
den neuen Ankömmling ahnen, was er in seinem Boardiug zu erwarten hat.
Unter einem auf Säulen ruhenden Dache, gegen Regen geschützt, aber dem freien
Zutritt von Lust und Licht nicht verschlossen, liegen die mannichfaltigsten Waaren
zum Verkauf. Lange Reihen von Fleischbänken, daneben Geflügel, Wildpret und
Fische, Backwerk und Getränke, Gemüse und Früchte laden, mit einander wett¬
eifernd, zum Beschauen, Kaufen und Genießen ein. Wenn ich des Morgens kurz
nach Sonnenaufgang'langsam dem Markte zuschleuderte, lebten die Straßen schon
von einem bunten Gemische von Menschen, welche mit ihren Einkäufen beladen
nach Hause zurückkehrten. Dieser und Jener trug in der Hand eine verlöschte


Greiizboten. IV. 36
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[0291] Deutsch-amerikanisches Boarding und Lodging. Morgens Kaffee mit marmorhartem deutschem Schiffsbrod, gegen welches sich Commißbrod Semmel zu sein dünkte, Mittags Erbsen und Pökelfleisch, Abends Thee und Schiffsbrod, und am folgenden Tage die Wiederholung und dann wiederum Wiederholung, und hierauf einmal Bohnen oder Sauerkraut, und dann Erbsen und abermals Erbsen, in dem düstern Zwischendecke eines dentsck ameri¬ kanischen Auswauderungsschiffeö.— Reichlicher, schmackhafter und wohnlicher, als wir es durch unsre geleisteten Arbeiten verdienten, und sicherlich eben so gut, wenn nicht besser, als es für den gezählten Preis verlangt werden konnte, war Bo- arding und Lodging, wie es von einem amerikanischen Capitain auf einem ame¬ rikanischen Schiffe deutschen Bürgern, welche Deutschland verließen, um in Amerika eine neue Heimath zu begründen, gereicht wurde; — Boardiug und Lodging war wiederum die Losung, als wir amerikanisches Festland betraten, und am folgen¬ den Tage, als sich die zahlreiche Reisegesellschaft nach allen Richtungen zerstreut hatte, schloß ein kleiner Theil derselben in der „Stadt Mannheim", Toulouse Street, New-Orleans, den Bvarding-und-Lodging-Contract: ö Dollar die Person wöchentlich. Der Anblick eines New-Orleans'schen Markthauses mit seiner Umgebung läßt den neuen Ankömmling ahnen, was er in seinem Boardiug zu erwarten hat. Unter einem auf Säulen ruhenden Dache, gegen Regen geschützt, aber dem freien Zutritt von Lust und Licht nicht verschlossen, liegen die mannichfaltigsten Waaren zum Verkauf. Lange Reihen von Fleischbänken, daneben Geflügel, Wildpret und Fische, Backwerk und Getränke, Gemüse und Früchte laden, mit einander wett¬ eifernd, zum Beschauen, Kaufen und Genießen ein. Wenn ich des Morgens kurz nach Sonnenaufgang'langsam dem Markte zuschleuderte, lebten die Straßen schon von einem bunten Gemische von Menschen, welche mit ihren Einkäufen beladen nach Hause zurückkehrten. Dieser und Jener trug in der Hand eine verlöschte Greiizboten. IV. 36

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/291>, abgerufen am 27.09.2024.