Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.kllnst Altenburg, möglichst nah der östreichischen Grenze, gewählt. Da wird sich's Man kennt den Zuschnitt und Apparat dieser Vereinigungen hinlänglich, um kllnst Altenburg, möglichst nah der östreichischen Grenze, gewählt. Da wird sich's Man kennt den Zuschnitt und Apparat dieser Vereinigungen hinlänglich, um <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0278" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/95259"/> <p xml:id="ID_809" prev="#ID_808"> kllnst Altenburg, möglichst nah der östreichischen Grenze, gewählt. Da wird sich's<lb/> zeigen, wie groß das Interesse der Oestreicher ist — und sind sie erst in größe¬<lb/> rer Zahl wiederholt zu uns gekommen und haben gezeigt, daß sie nicht blos vou<lb/> uns becourt und becomplimentirt, sondern wirklich mit uns verbunden sein wollen,<lb/> — nun, dann wollen wir gern auch einmal zu ihnen kommen, aber bedächtig,<lb/> ohne Ueberstürzung! Doch da sind wir schon bei der nächsten Versammlung, ehe<lb/> wir noch eigentlich von dieser geredet haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_810" next="#ID_811"> Man kennt den Zuschnitt und Apparat dieser Vereinigungen hinlänglich, um<lb/> sagen zu dürfen, daß es hier im Allgemeinen war, wie anderwärts eben auch:<lb/> man stümperte sich durch die Verhandlungen am Vormittage durch, um am Mittag<lb/> und Abend anregenden und fröhlichen Verkehrs mit den Fachgenossen sich erfreuen<lb/> zu können. Nicht als ob nicht auch die Stunden der Verhandlung Interessantes<lb/> und Treffliches geboten hätten — aber im Ganzen verstehen es unsre Gelehrten<lb/> nicht, die rechten Themata sür solche Vorträge auszuwählen, und vor Allem, ent¬<lb/> behren sie der weisen Selbstbeschränkung. Statt allgemein interessanter Dinge<lb/> werden Sachen aus den begrenztesten Studienkreisen genommen, statt anregende<lb/> Gedanken zu gebe», die fruchtbare Discussionen hervorrufen könnten, stoppelt man<lb/> dürres Detail zusammen, die freie, lebendige und lebendig machende Rede weicht<lb/> sast durchgehends der steiferen, pedantischen Vorlesung; statt einer viertel oder<lb/> halben Stunde nimmt man eine volle, wenn es geht, anderthalb Stunden die<lb/> Versammlung ohne Gnade in Beschlag — und Wenige sind, die den Muth haben,<lb/> den Ströme» dieser Alles überfluthendcivGelehrsanikcit entrinnend, ein Frühstücks-<lb/> local aufzusuchen. Was half es, wenn ein so gelehrter und scharfsinniger Mann,<lb/> wie Herr Director Ahrens aus Hannover, volle anderthalb Stunden eine Vor¬<lb/> lesung über die gemischten Dialekte der griechischen Lyriker hält, die mit einem<lb/> solchen Detail von Citaten und Coujecturen angefüllt war, daß die gründlichsten<lb/> Kenner der griechischen Dichtkunst nicht Alles im Kopfe haben konnten, und daß<lb/> selbst diesen zuletzt schwindlich davon zu Muthe wurde — Anderen, die nicht diese<lb/> Studien im speciellsten getrieben hatten, natürlich schon viel früher —? oder<lb/> was nützt es der Versammlung und der Wissenschaft, wenn Herr Gerlach aus<lb/> Basel alljährlich mit einem dickleibigen Hefte auftritt und einen neuen Beweis von<lb/> der Wahrheit des Ausspruchs von Gottfried Hermann giebt, daß die Zahl derjeni¬<lb/> gen sehr groß sei, die gegen Verkehrtes eben so gläubig, als gegen Rechtes ungläubig<lb/> sind? Es ist, als hätte Niebuhr nie gelebt, wenn man diesen Galimathias von<lb/> für historisch" gehaltenen Mythen über Italiens älteste Bevölkerung und Roms Ur¬<lb/> geschichte, den man schon bis zum Ueberdruß gelesen hat, sich nun noch muß vor¬<lb/> lesen lassen, gemischt mit der wunderlichsten Kritik historischer Ueberlieferungen —<lb/> wie denn dieses Mal unter anderem Erörterungen über den germanischen Ursprung<lb/> der Etrusker zum Besten gegeben wurden? oder ist es endlich schicklich, wenn der<lb/> Schluß der Versammlung um ein Uhr angesetzt ist und nach demselben die' Mit-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0278]
kllnst Altenburg, möglichst nah der östreichischen Grenze, gewählt. Da wird sich's
zeigen, wie groß das Interesse der Oestreicher ist — und sind sie erst in größe¬
rer Zahl wiederholt zu uns gekommen und haben gezeigt, daß sie nicht blos vou
uns becourt und becomplimentirt, sondern wirklich mit uns verbunden sein wollen,
— nun, dann wollen wir gern auch einmal zu ihnen kommen, aber bedächtig,
ohne Ueberstürzung! Doch da sind wir schon bei der nächsten Versammlung, ehe
wir noch eigentlich von dieser geredet haben.
Man kennt den Zuschnitt und Apparat dieser Vereinigungen hinlänglich, um
sagen zu dürfen, daß es hier im Allgemeinen war, wie anderwärts eben auch:
man stümperte sich durch die Verhandlungen am Vormittage durch, um am Mittag
und Abend anregenden und fröhlichen Verkehrs mit den Fachgenossen sich erfreuen
zu können. Nicht als ob nicht auch die Stunden der Verhandlung Interessantes
und Treffliches geboten hätten — aber im Ganzen verstehen es unsre Gelehrten
nicht, die rechten Themata sür solche Vorträge auszuwählen, und vor Allem, ent¬
behren sie der weisen Selbstbeschränkung. Statt allgemein interessanter Dinge
werden Sachen aus den begrenztesten Studienkreisen genommen, statt anregende
Gedanken zu gebe», die fruchtbare Discussionen hervorrufen könnten, stoppelt man
dürres Detail zusammen, die freie, lebendige und lebendig machende Rede weicht
sast durchgehends der steiferen, pedantischen Vorlesung; statt einer viertel oder
halben Stunde nimmt man eine volle, wenn es geht, anderthalb Stunden die
Versammlung ohne Gnade in Beschlag — und Wenige sind, die den Muth haben,
den Ströme» dieser Alles überfluthendcivGelehrsanikcit entrinnend, ein Frühstücks-
local aufzusuchen. Was half es, wenn ein so gelehrter und scharfsinniger Mann,
wie Herr Director Ahrens aus Hannover, volle anderthalb Stunden eine Vor¬
lesung über die gemischten Dialekte der griechischen Lyriker hält, die mit einem
solchen Detail von Citaten und Coujecturen angefüllt war, daß die gründlichsten
Kenner der griechischen Dichtkunst nicht Alles im Kopfe haben konnten, und daß
selbst diesen zuletzt schwindlich davon zu Muthe wurde — Anderen, die nicht diese
Studien im speciellsten getrieben hatten, natürlich schon viel früher —? oder
was nützt es der Versammlung und der Wissenschaft, wenn Herr Gerlach aus
Basel alljährlich mit einem dickleibigen Hefte auftritt und einen neuen Beweis von
der Wahrheit des Ausspruchs von Gottfried Hermann giebt, daß die Zahl derjeni¬
gen sehr groß sei, die gegen Verkehrtes eben so gläubig, als gegen Rechtes ungläubig
sind? Es ist, als hätte Niebuhr nie gelebt, wenn man diesen Galimathias von
für historisch" gehaltenen Mythen über Italiens älteste Bevölkerung und Roms Ur¬
geschichte, den man schon bis zum Ueberdruß gelesen hat, sich nun noch muß vor¬
lesen lassen, gemischt mit der wunderlichsten Kritik historischer Ueberlieferungen —
wie denn dieses Mal unter anderem Erörterungen über den germanischen Ursprung
der Etrusker zum Besten gegeben wurden? oder ist es endlich schicklich, wenn der
Schluß der Versammlung um ein Uhr angesetzt ist und nach demselben die' Mit-
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