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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band.

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wurden seine Vorgesetzten noch erbitterter, machten eine Anklage, und C. wurde,
weil er nicht nach dem Anschlage gebaut, von seiner Thätigkeit entfernt. Sein
Beweis, daß der Anschlag ein spitzbübischer gewesen, und zu dem Bau das ver¬
anschlagte ungeheure Materialquantum unmöglich habe verwendet werden können,
wurde nicht angenommen, da -- der Anschlag von einer sachkundigen Commission
gut befunden war und daher keinen Zweifel zuließ. -- Doch zur Sache!

Der Baumeister begiebt sich zum Intendanten. Dieser frägt: "Wie viel
brauchen Sie vou dem Material für einen solchen Kühlt- oder Flächenbetrag?"
"Herr Intendant, es ist schlimmer, nicht auszukommen, als etwas übrig zu behal¬
te"." Freilich, bestätigt der Intendant, dem eine große Forderung lieber ist, als
eine kleine, weil sie eine große Lieferung veranlaß! und die große Lieferung
ihm ein großes Ausmaß (Ueberschuß) bringt. "Ich verstehe, Herr Intendant.
Ich brauche also nach genauester Berechnung auf so und so viel Nanni so so viel
Material."^

"Donnerwetter, Baumeister, die Forderung ist ungeheuer!" "Genau
berechnet, Herr Intendant! Und sollte gegen Erwarten eine Kleinigkeit übrig
bleib'en, so wissen Sie, daß ich stets ehrlich genug bin, Ihnen durch einen gewissen
Antheil einen Beweis davon zu geben."

"Nun gut, Baumeister. Allein Ihre Forderung ist sehr hoch und ich fürchte,
daß Sie bei der Begutachtungscommisfion nicht durchkommen werden."

"Warum nicht, Herr Intendant, wenn die rechten Personen -- wenn Sie
gefälligst.

"Welche Personen würden Sie am liebsten bei der Commission sehen, das
heißt, welche würden Sie für die fähigsten halten?"

"Die drei Personen für die Commission -- Nun, z. B. Herr Jazkow. .."
"Das ist Ihr Schwiegervater?" "Allerdings, Herr Intendant, und dabei ein
vortrefflicher Mann." "Gut, und die zweite Person?" -- "Vielleicht Herr
Kobalak." -- "Ist der nicht ein Vetter von Ihnen?" -- "Hin --in der That --
ich glaube--wenigstens ein weitläufiger Verwandter, -- aber ebenfalls ein herr¬
licher, Mann." "Meinetwegen; aber das dritte Commissivusglied?" "Wenn es
Ihnen, Herr Intendant, etwa beliebte, den Herrn Kabeleff . . ." "Teufel,
Ihren Hausfreund und Whistgcuosseu!"

"In der That, Herr Intendant, unsre gegenseitige Achtung ist so fest be¬
gründet, daß sie der Freundschaft ähnlich wird. -- Ehrenmänner sind jederzeit
achtbar."

"Ich werde' mir die Namen notiren."

Das Material ist so durch diese Prvfitka auf einen vielleicht zehnfachen Preis
gestiegen. Allein keine Person, sondern der Staat trägt die Last dieser Vertheile-
ruug, und der Staat ist nicht blos so blind, daß er nicht sieht, was ihm die
Last vergrößert, sondern auch so stark, daß er die ungeheure Vergrößerung seiner


wurden seine Vorgesetzten noch erbitterter, machten eine Anklage, und C. wurde,
weil er nicht nach dem Anschlage gebaut, von seiner Thätigkeit entfernt. Sein
Beweis, daß der Anschlag ein spitzbübischer gewesen, und zu dem Bau das ver¬
anschlagte ungeheure Materialquantum unmöglich habe verwendet werden können,
wurde nicht angenommen, da — der Anschlag von einer sachkundigen Commission
gut befunden war und daher keinen Zweifel zuließ. — Doch zur Sache!

Der Baumeister begiebt sich zum Intendanten. Dieser frägt: „Wie viel
brauchen Sie vou dem Material für einen solchen Kühlt- oder Flächenbetrag?"
„Herr Intendant, es ist schlimmer, nicht auszukommen, als etwas übrig zu behal¬
te»." Freilich, bestätigt der Intendant, dem eine große Forderung lieber ist, als
eine kleine, weil sie eine große Lieferung veranlaß! und die große Lieferung
ihm ein großes Ausmaß (Ueberschuß) bringt. „Ich verstehe, Herr Intendant.
Ich brauche also nach genauester Berechnung auf so und so viel Nanni so so viel
Material."^

„Donnerwetter, Baumeister, die Forderung ist ungeheuer!" „Genau
berechnet, Herr Intendant! Und sollte gegen Erwarten eine Kleinigkeit übrig
bleib'en, so wissen Sie, daß ich stets ehrlich genug bin, Ihnen durch einen gewissen
Antheil einen Beweis davon zu geben."

„Nun gut, Baumeister. Allein Ihre Forderung ist sehr hoch und ich fürchte,
daß Sie bei der Begutachtungscommisfion nicht durchkommen werden."

„Warum nicht, Herr Intendant, wenn die rechten Personen — wenn Sie
gefälligst.

„Welche Personen würden Sie am liebsten bei der Commission sehen, das
heißt, welche würden Sie für die fähigsten halten?"

„Die drei Personen für die Commission — Nun, z. B. Herr Jazkow. .."
„Das ist Ihr Schwiegervater?" „Allerdings, Herr Intendant, und dabei ein
vortrefflicher Mann." „Gut, und die zweite Person?" — „Vielleicht Herr
Kobalak." — „Ist der nicht ein Vetter von Ihnen?" — „Hin —in der That —
ich glaube—wenigstens ein weitläufiger Verwandter, — aber ebenfalls ein herr¬
licher, Mann." „Meinetwegen; aber das dritte Commissivusglied?" „Wenn es
Ihnen, Herr Intendant, etwa beliebte, den Herrn Kabeleff . . ." „Teufel,
Ihren Hausfreund und Whistgcuosseu!"

„In der That, Herr Intendant, unsre gegenseitige Achtung ist so fest be¬
gründet, daß sie der Freundschaft ähnlich wird. — Ehrenmänner sind jederzeit
achtbar."

„Ich werde' mir die Namen notiren."

Das Material ist so durch diese Prvfitka auf einen vielleicht zehnfachen Preis
gestiegen. Allein keine Person, sondern der Staat trägt die Last dieser Vertheile-
ruug, und der Staat ist nicht blos so blind, daß er nicht sieht, was ihm die
Last vergrößert, sondern auch so stark, daß er die ungeheure Vergrößerung seiner


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[0266] wurden seine Vorgesetzten noch erbitterter, machten eine Anklage, und C. wurde, weil er nicht nach dem Anschlage gebaut, von seiner Thätigkeit entfernt. Sein Beweis, daß der Anschlag ein spitzbübischer gewesen, und zu dem Bau das ver¬ anschlagte ungeheure Materialquantum unmöglich habe verwendet werden können, wurde nicht angenommen, da — der Anschlag von einer sachkundigen Commission gut befunden war und daher keinen Zweifel zuließ. — Doch zur Sache! Der Baumeister begiebt sich zum Intendanten. Dieser frägt: „Wie viel brauchen Sie vou dem Material für einen solchen Kühlt- oder Flächenbetrag?" „Herr Intendant, es ist schlimmer, nicht auszukommen, als etwas übrig zu behal¬ te»." Freilich, bestätigt der Intendant, dem eine große Forderung lieber ist, als eine kleine, weil sie eine große Lieferung veranlaß! und die große Lieferung ihm ein großes Ausmaß (Ueberschuß) bringt. „Ich verstehe, Herr Intendant. Ich brauche also nach genauester Berechnung auf so und so viel Nanni so so viel Material."^ „Donnerwetter, Baumeister, die Forderung ist ungeheuer!" „Genau berechnet, Herr Intendant! Und sollte gegen Erwarten eine Kleinigkeit übrig bleib'en, so wissen Sie, daß ich stets ehrlich genug bin, Ihnen durch einen gewissen Antheil einen Beweis davon zu geben." „Nun gut, Baumeister. Allein Ihre Forderung ist sehr hoch und ich fürchte, daß Sie bei der Begutachtungscommisfion nicht durchkommen werden." „Warum nicht, Herr Intendant, wenn die rechten Personen — wenn Sie gefälligst. „Welche Personen würden Sie am liebsten bei der Commission sehen, das heißt, welche würden Sie für die fähigsten halten?" „Die drei Personen für die Commission — Nun, z. B. Herr Jazkow. .." „Das ist Ihr Schwiegervater?" „Allerdings, Herr Intendant, und dabei ein vortrefflicher Mann." „Gut, und die zweite Person?" — „Vielleicht Herr Kobalak." — „Ist der nicht ein Vetter von Ihnen?" — „Hin —in der That — ich glaube—wenigstens ein weitläufiger Verwandter, — aber ebenfalls ein herr¬ licher, Mann." „Meinetwegen; aber das dritte Commissivusglied?" „Wenn es Ihnen, Herr Intendant, etwa beliebte, den Herrn Kabeleff . . ." „Teufel, Ihren Hausfreund und Whistgcuosseu!" „In der That, Herr Intendant, unsre gegenseitige Achtung ist so fest be¬ gründet, daß sie der Freundschaft ähnlich wird. — Ehrenmänner sind jederzeit achtbar." „Ich werde' mir die Namen notiren." Das Material ist so durch diese Prvfitka auf einen vielleicht zehnfachen Preis gestiegen. Allein keine Person, sondern der Staat trägt die Last dieser Vertheile- ruug, und der Staat ist nicht blos so blind, daß er nicht sieht, was ihm die Last vergrößert, sondern auch so stark, daß er die ungeheure Vergrößerung seiner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94982/266>, abgerufen am 27.09.2024.