Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.etwas erhoben hatte, noch nicht über die Region der Fichten hinausgeführt. Wir waren Wir hatten so lange bei dem Wasserfall verweilt und der Ausgang aus dem Ans diese Weise erquickt zogen wir wohlgemuth weiter und schon erschienen die etwas erhoben hatte, noch nicht über die Region der Fichten hinausgeführt. Wir waren Wir hatten so lange bei dem Wasserfall verweilt und der Ausgang aus dem Ans diese Weise erquickt zogen wir wohlgemuth weiter und schon erschienen die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0526" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94967"/> <p xml:id="ID_1549" prev="#ID_1548"> etwas erhoben hatte, noch nicht über die Region der Fichten hinausgeführt. Wir waren<lb/> bis hieher durch Gegenden gereiset, die uns einige der überraschendsten Wald- und<lb/> Thallandschaften Norwegens gezeigt hatten — und was könnte es Anziehenderes geben<lb/> als ein fruchtbares norwegisches Thal! Wie schön, sind die Landschaften am nit, in<lb/> Sillcjord, Hjerdal, am Tind-Soc und vor allem am Maar-Elo, dessen Thal wir<lb/> eben verlassen hatten. Aber hier oben in dieser höhern Region war die Lust rein<lb/> und erquickend, nachdem die schwüle Athmosphäre des Gebirgspasses hinter uns lag, den<lb/> wir zur Mittagszeit verfolgt hatten — vor uns .lag eine unbegrenzte Aussicht über<lb/> blaues Hochland und schnecbckavpte Gebirge und wie anziehend war der Vorschmack<lb/> von dem Hirtenleben, das in dieser unermeßlichen Einsamkeit, die wir jetzt betraten,<lb/> das einzige Zeichen von Civilisation war.</p><lb/> <p xml:id="ID_1550"> Wir hatten so lange bei dem Wasserfall verweilt und der Ausgang aus dem<lb/> Thale war so beschwerlich und ermüdend gewesen, daß es fast vier Uhr Nachmittags<lb/> war, als wir den Gipfel des Passes erreichten. ES gab für eine Entfernung von sechs<lb/> bis sieben norwegischen Meilen kein anderes Haus, von welchem wir irgend eine Kunde<lb/> hatten, als das des „guten Gnnuuf" in Vaagen und dieses war noch zwei norwegische<lb/> Meilen entfernt. Dagegen konnten die ersten Sander oder Milchhüttcn der Sommer-<lb/> Weiden nicht weit mehr entfernt liegen und dort konnten wir Erfrischungen erhalten,<lb/> deren wir sehr bcdnistc». Der fast unbetretene Weg über Moor und Sumpf und<lb/> Steine und durch die grasigen Becken, die gewöhnlich einen kleinen See oder Sumpf<lb/> umgaben, schien endlos zu sein, bis endlich am Ufer eines dieser kleinen Seen, um¬<lb/> geben von abhängigen Höhen, auf welchen Herden von Kühen weideten, die ersehnten<lb/> Hütten vor unsren Blicken erschienen. Ein Schwein und eine Ziege wurden einstwei¬<lb/> len aus einer dieser Hütte» verjagt, um den ungewohnten Gästen Platz zu machen,<lb/> und wir schlürften, auf einem Holzklotz sitzend, in einzelnen Zügen die köstliche Milch,<lb/> die man uns gastfreundlich vorsetzte. Das Gefäß enthielt wenigstens eine halbe Gal¬<lb/> lone, aber die Milch dieser Hochlandmilchereieu ist zwar von der vortrefflichsten Art,<lb/> jedoch so leicht, daß sie den Magen nie zu beschweren scheint. Die Abendmahlzeit,<lb/> ebenfalls ans Milch bestehend, siedete in einem ungehenren eisernen Topfe, der über<lb/> einem neben dem Eingange angebrachten plumpe» Herde ching. An den rohen Baum¬<lb/> stämmen, welche die Wände bildeten, waren Breter befestigt, die mit Milchäsche» und<lb/> Käsen angefüllt waren. Zwei blondhaarige Mädchen standen dieser Milchwirthschaft<lb/> als Leiterinnen vor. Es waren heitere Geschöpfe, deren frohe frische Laune vielleicht<lb/> nur von ihrem Erstaunen über das Erscheinen von Fremden, die »och dazu Engländer<lb/> waren, übertreffe» wurde. Sie lachte» über jedes Wort, das wir zu ih»e» sprachen,<lb/> nöthigte» uns, reichlich von ihrer Milch zu trinke» u»d nahmen nicht ohne großes<lb/> Widerstreben die kleine Münze an, die wir ihnen als Erkenntlichkeit für ihre Gast¬<lb/> freundschaft in die Hand drückten — die Gabe war offenbar etwas eben so Unerwartetes<lb/> als Ungewöhnliches.</p><lb/> <p xml:id="ID_1551" next="#ID_1552"> Ans diese Weise erquickt zogen wir wohlgemuth weiter und schon erschienen die<lb/> Schatten des Abends, ehe wir den Ort unserer Bestimmung erreichten. Die rings¬<lb/> umher herrschende Ruhe wurde nur durch die läutende» Glöckchen der auf den Weide»<lb/> schmausende» Kühe und durch daS melancholische Geschrei des Regenpfeifers unter-<lb/> broche», der vor uns ausflog. Dann und wann erschienen auf fernen Höhen die Gestalten</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0526]
etwas erhoben hatte, noch nicht über die Region der Fichten hinausgeführt. Wir waren
bis hieher durch Gegenden gereiset, die uns einige der überraschendsten Wald- und
Thallandschaften Norwegens gezeigt hatten — und was könnte es Anziehenderes geben
als ein fruchtbares norwegisches Thal! Wie schön, sind die Landschaften am nit, in
Sillcjord, Hjerdal, am Tind-Soc und vor allem am Maar-Elo, dessen Thal wir
eben verlassen hatten. Aber hier oben in dieser höhern Region war die Lust rein
und erquickend, nachdem die schwüle Athmosphäre des Gebirgspasses hinter uns lag, den
wir zur Mittagszeit verfolgt hatten — vor uns .lag eine unbegrenzte Aussicht über
blaues Hochland und schnecbckavpte Gebirge und wie anziehend war der Vorschmack
von dem Hirtenleben, das in dieser unermeßlichen Einsamkeit, die wir jetzt betraten,
das einzige Zeichen von Civilisation war.
Wir hatten so lange bei dem Wasserfall verweilt und der Ausgang aus dem
Thale war so beschwerlich und ermüdend gewesen, daß es fast vier Uhr Nachmittags
war, als wir den Gipfel des Passes erreichten. ES gab für eine Entfernung von sechs
bis sieben norwegischen Meilen kein anderes Haus, von welchem wir irgend eine Kunde
hatten, als das des „guten Gnnuuf" in Vaagen und dieses war noch zwei norwegische
Meilen entfernt. Dagegen konnten die ersten Sander oder Milchhüttcn der Sommer-
Weiden nicht weit mehr entfernt liegen und dort konnten wir Erfrischungen erhalten,
deren wir sehr bcdnistc». Der fast unbetretene Weg über Moor und Sumpf und
Steine und durch die grasigen Becken, die gewöhnlich einen kleinen See oder Sumpf
umgaben, schien endlos zu sein, bis endlich am Ufer eines dieser kleinen Seen, um¬
geben von abhängigen Höhen, auf welchen Herden von Kühen weideten, die ersehnten
Hütten vor unsren Blicken erschienen. Ein Schwein und eine Ziege wurden einstwei¬
len aus einer dieser Hütte» verjagt, um den ungewohnten Gästen Platz zu machen,
und wir schlürften, auf einem Holzklotz sitzend, in einzelnen Zügen die köstliche Milch,
die man uns gastfreundlich vorsetzte. Das Gefäß enthielt wenigstens eine halbe Gal¬
lone, aber die Milch dieser Hochlandmilchereieu ist zwar von der vortrefflichsten Art,
jedoch so leicht, daß sie den Magen nie zu beschweren scheint. Die Abendmahlzeit,
ebenfalls ans Milch bestehend, siedete in einem ungehenren eisernen Topfe, der über
einem neben dem Eingange angebrachten plumpe» Herde ching. An den rohen Baum¬
stämmen, welche die Wände bildeten, waren Breter befestigt, die mit Milchäsche» und
Käsen angefüllt waren. Zwei blondhaarige Mädchen standen dieser Milchwirthschaft
als Leiterinnen vor. Es waren heitere Geschöpfe, deren frohe frische Laune vielleicht
nur von ihrem Erstaunen über das Erscheinen von Fremden, die »och dazu Engländer
waren, übertreffe» wurde. Sie lachte» über jedes Wort, das wir zu ih»e» sprachen,
nöthigte» uns, reichlich von ihrer Milch zu trinke» u»d nahmen nicht ohne großes
Widerstreben die kleine Münze an, die wir ihnen als Erkenntlichkeit für ihre Gast¬
freundschaft in die Hand drückten — die Gabe war offenbar etwas eben so Unerwartetes
als Ungewöhnliches.
Ans diese Weise erquickt zogen wir wohlgemuth weiter und schon erschienen die
Schatten des Abends, ehe wir den Ort unserer Bestimmung erreichten. Die rings¬
umher herrschende Ruhe wurde nur durch die läutende» Glöckchen der auf den Weide»
schmausende» Kühe und durch daS melancholische Geschrei des Regenpfeifers unter-
broche», der vor uns ausflog. Dann und wann erschienen auf fernen Höhen die Gestalten
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