Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

/

Danebrogsorden gezierte preußische Bundestagsgesaudte, Herr v. Bismark-Schön-
Hansen, unterzeichnet diesen Beschluß, der ans die Waffen seines Vaterlandes den
Makel des Unrechts prägt. Ehre sei darum den kleinen deutschen Fürsten, die
diesem Act, für welchen wir vergebens nach einem parlamentarischen Ausdruck
suchen, ihre Zustimmung versagt haben; Ehre vor Allem dem Herzog von Gotha,
der es in einer offenen, ernsten, würdigen Weise gethan hat, wie einem Mann,
einem Deutschen, einem Fürsten ziemt.

In der innern Politik hat Preußen wieder einen Schritt vorwärts gemacht.
Es ist die vorläufige Verordnung erschienen, welche den Wahlmodus zur provi¬
sorischen ersten Kammer bestimmt. Sie soll vorläufig für ein Jahr Giltigkeit
haben und der Genehmigung der Kammern unterbreitet werden. Außerdem sind
die märkischen und rheinischen Provinziallandtage wieder versammelt, und man
hat sie zu Beschlüssen über die neue Kreis- und Gemeindeordnung aufgefordert,
Beschlüsse, die gleichfalls als schätzbares Material den Kammern vorgelegt werden
sollen. Was uns bei allen diesen Acten am meisten verletzen muß, sind nicht
blos die Umgehungen der Verfassung, sondern namentlich die mesqniue Art und
Weise derselben. In dieser dürfte sich kein anderes Cabinet mit dem gegenwär¬
tigen preußischen Ministerium messen können. Trotz dem würden wir es aber
doch für einen Mißgriff der liberalen Partei halten, wenn sie gerade auf diese
Einzelheiten die Leidenschaft ihrer Angriffe richten wollte. Voraussichtlich werden
in der nächsten parlamentarischen Periode viel ernsthaftere Dinge zur Sprache
kommen, und die Opposition soll ihre Kräfte nicht zersplittern, sie soll geradezu
auf den Hauptpunkt losgehen.

Was bisher dem Ministerium Manteuffel trotz des ziemlich geringen Credits,
in dem es so ziemlich bei allen Parteien, von der Kreuz^citnng bis zur Demo¬
kratie hinunter, steht, noch immer einigen Halt gegeben hat, war die Angst vor
den rothen Republikanern. Nichts kann so geeignet sein, diese Angst auch beim
allerzähesten Philister zu beseitigen, als die Enthüllungen über die Londoner Agi¬
tation, welche wir der Beschlagnahme der Dulon'schen Papiere verdanken. Wir
finden gar keinen Ausdruck, um dieser übermenschlichen, transscendentalen Lä¬
cherlichkeit gerecht zu werden, die sich in dem dortigen Treiben entwickelt. Wir
sehen lebhaft unsern guten Arnold Ruge, wie ein englischer Schwindler ihm den
Plan zu einem neuen Geschütz entwickelt, durch welches mit größter Leichtigkeit
der Felsen von Gibraltar in die Luft gesprengt werden soll, und zur Anstellung
der Probe blos ein paar Louisd'or verlangt, wie der wackere Philosoph im grö߬
ten Amtscifer diese Louisd'or anzutreiben sucht, um in der bevorstehenden Ent¬
scheidungsschlacht durch die Ueberlegenheit, der Waffe, wie der alte Fritz bei Moll¬
witz durch die eisernen Ladstöcke, zu siegen, obgleich er früher die Kanonen der
Demokratie nnr mit Ideen laden wollte; wie er dann mit seiner gewöhnlichen Zer¬
streutheit von den paar Louisd'or wieder ans die Idee von zehn Millionen Thaler


/

Danebrogsorden gezierte preußische Bundestagsgesaudte, Herr v. Bismark-Schön-
Hansen, unterzeichnet diesen Beschluß, der ans die Waffen seines Vaterlandes den
Makel des Unrechts prägt. Ehre sei darum den kleinen deutschen Fürsten, die
diesem Act, für welchen wir vergebens nach einem parlamentarischen Ausdruck
suchen, ihre Zustimmung versagt haben; Ehre vor Allem dem Herzog von Gotha,
der es in einer offenen, ernsten, würdigen Weise gethan hat, wie einem Mann,
einem Deutschen, einem Fürsten ziemt.

In der innern Politik hat Preußen wieder einen Schritt vorwärts gemacht.
Es ist die vorläufige Verordnung erschienen, welche den Wahlmodus zur provi¬
sorischen ersten Kammer bestimmt. Sie soll vorläufig für ein Jahr Giltigkeit
haben und der Genehmigung der Kammern unterbreitet werden. Außerdem sind
die märkischen und rheinischen Provinziallandtage wieder versammelt, und man
hat sie zu Beschlüssen über die neue Kreis- und Gemeindeordnung aufgefordert,
Beschlüsse, die gleichfalls als schätzbares Material den Kammern vorgelegt werden
sollen. Was uns bei allen diesen Acten am meisten verletzen muß, sind nicht
blos die Umgehungen der Verfassung, sondern namentlich die mesqniue Art und
Weise derselben. In dieser dürfte sich kein anderes Cabinet mit dem gegenwär¬
tigen preußischen Ministerium messen können. Trotz dem würden wir es aber
doch für einen Mißgriff der liberalen Partei halten, wenn sie gerade auf diese
Einzelheiten die Leidenschaft ihrer Angriffe richten wollte. Voraussichtlich werden
in der nächsten parlamentarischen Periode viel ernsthaftere Dinge zur Sprache
kommen, und die Opposition soll ihre Kräfte nicht zersplittern, sie soll geradezu
auf den Hauptpunkt losgehen.

Was bisher dem Ministerium Manteuffel trotz des ziemlich geringen Credits,
in dem es so ziemlich bei allen Parteien, von der Kreuz^citnng bis zur Demo¬
kratie hinunter, steht, noch immer einigen Halt gegeben hat, war die Angst vor
den rothen Republikanern. Nichts kann so geeignet sein, diese Angst auch beim
allerzähesten Philister zu beseitigen, als die Enthüllungen über die Londoner Agi¬
tation, welche wir der Beschlagnahme der Dulon'schen Papiere verdanken. Wir
finden gar keinen Ausdruck, um dieser übermenschlichen, transscendentalen Lä¬
cherlichkeit gerecht zu werden, die sich in dem dortigen Treiben entwickelt. Wir
sehen lebhaft unsern guten Arnold Ruge, wie ein englischer Schwindler ihm den
Plan zu einem neuen Geschütz entwickelt, durch welches mit größter Leichtigkeit
der Felsen von Gibraltar in die Luft gesprengt werden soll, und zur Anstellung
der Probe blos ein paar Louisd'or verlangt, wie der wackere Philosoph im grö߬
ten Amtscifer diese Louisd'or anzutreiben sucht, um in der bevorstehenden Ent¬
scheidungsschlacht durch die Ueberlegenheit, der Waffe, wie der alte Fritz bei Moll¬
witz durch die eisernen Ladstöcke, zu siegen, obgleich er früher die Kanonen der
Demokratie nnr mit Ideen laden wollte; wie er dann mit seiner gewöhnlichen Zer¬
streutheit von den paar Louisd'or wieder ans die Idee von zehn Millionen Thaler


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0521" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94962"/>
          <p xml:id="ID_1532" next="#ID_1533"> /</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1533" prev="#ID_1532"> Danebrogsorden gezierte preußische Bundestagsgesaudte, Herr v. Bismark-Schön-<lb/>
Hansen, unterzeichnet diesen Beschluß, der ans die Waffen seines Vaterlandes den<lb/>
Makel des Unrechts prägt. Ehre sei darum den kleinen deutschen Fürsten, die<lb/>
diesem Act, für welchen wir vergebens nach einem parlamentarischen Ausdruck<lb/>
suchen, ihre Zustimmung versagt haben; Ehre vor Allem dem Herzog von Gotha,<lb/>
der es in einer offenen, ernsten, würdigen Weise gethan hat, wie einem Mann,<lb/>
einem Deutschen, einem Fürsten ziemt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1534"> In der innern Politik hat Preußen wieder einen Schritt vorwärts gemacht.<lb/>
Es ist die vorläufige Verordnung erschienen, welche den Wahlmodus zur provi¬<lb/>
sorischen ersten Kammer bestimmt. Sie soll vorläufig für ein Jahr Giltigkeit<lb/>
haben und der Genehmigung der Kammern unterbreitet werden. Außerdem sind<lb/>
die märkischen und rheinischen Provinziallandtage wieder versammelt, und man<lb/>
hat sie zu Beschlüssen über die neue Kreis- und Gemeindeordnung aufgefordert,<lb/>
Beschlüsse, die gleichfalls als schätzbares Material den Kammern vorgelegt werden<lb/>
sollen. Was uns bei allen diesen Acten am meisten verletzen muß, sind nicht<lb/>
blos die Umgehungen der Verfassung, sondern namentlich die mesqniue Art und<lb/>
Weise derselben. In dieser dürfte sich kein anderes Cabinet mit dem gegenwär¬<lb/>
tigen preußischen Ministerium messen können. Trotz dem würden wir es aber<lb/>
doch für einen Mißgriff der liberalen Partei halten, wenn sie gerade auf diese<lb/>
Einzelheiten die Leidenschaft ihrer Angriffe richten wollte. Voraussichtlich werden<lb/>
in der nächsten parlamentarischen Periode viel ernsthaftere Dinge zur Sprache<lb/>
kommen, und die Opposition soll ihre Kräfte nicht zersplittern, sie soll geradezu<lb/>
auf den Hauptpunkt losgehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1535" next="#ID_1536"> Was bisher dem Ministerium Manteuffel trotz des ziemlich geringen Credits,<lb/>
in dem es so ziemlich bei allen Parteien, von der Kreuz^citnng bis zur Demo¬<lb/>
kratie hinunter, steht, noch immer einigen Halt gegeben hat, war die Angst vor<lb/>
den rothen Republikanern. Nichts kann so geeignet sein, diese Angst auch beim<lb/>
allerzähesten Philister zu beseitigen, als die Enthüllungen über die Londoner Agi¬<lb/>
tation, welche wir der Beschlagnahme der Dulon'schen Papiere verdanken. Wir<lb/>
finden gar keinen Ausdruck, um dieser übermenschlichen, transscendentalen Lä¬<lb/>
cherlichkeit gerecht zu werden, die sich in dem dortigen Treiben entwickelt. Wir<lb/>
sehen lebhaft unsern guten Arnold Ruge, wie ein englischer Schwindler ihm den<lb/>
Plan zu einem neuen Geschütz entwickelt, durch welches mit größter Leichtigkeit<lb/>
der Felsen von Gibraltar in die Luft gesprengt werden soll, und zur Anstellung<lb/>
der Probe blos ein paar Louisd'or verlangt, wie der wackere Philosoph im grö߬<lb/>
ten Amtscifer diese Louisd'or anzutreiben sucht, um in der bevorstehenden Ent¬<lb/>
scheidungsschlacht durch die Ueberlegenheit, der Waffe, wie der alte Fritz bei Moll¬<lb/>
witz durch die eisernen Ladstöcke, zu siegen, obgleich er früher die Kanonen der<lb/>
Demokratie nnr mit Ideen laden wollte; wie er dann mit seiner gewöhnlichen Zer¬<lb/>
streutheit von den paar Louisd'or wieder ans die Idee von zehn Millionen Thaler</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0521] / Danebrogsorden gezierte preußische Bundestagsgesaudte, Herr v. Bismark-Schön- Hansen, unterzeichnet diesen Beschluß, der ans die Waffen seines Vaterlandes den Makel des Unrechts prägt. Ehre sei darum den kleinen deutschen Fürsten, die diesem Act, für welchen wir vergebens nach einem parlamentarischen Ausdruck suchen, ihre Zustimmung versagt haben; Ehre vor Allem dem Herzog von Gotha, der es in einer offenen, ernsten, würdigen Weise gethan hat, wie einem Mann, einem Deutschen, einem Fürsten ziemt. In der innern Politik hat Preußen wieder einen Schritt vorwärts gemacht. Es ist die vorläufige Verordnung erschienen, welche den Wahlmodus zur provi¬ sorischen ersten Kammer bestimmt. Sie soll vorläufig für ein Jahr Giltigkeit haben und der Genehmigung der Kammern unterbreitet werden. Außerdem sind die märkischen und rheinischen Provinziallandtage wieder versammelt, und man hat sie zu Beschlüssen über die neue Kreis- und Gemeindeordnung aufgefordert, Beschlüsse, die gleichfalls als schätzbares Material den Kammern vorgelegt werden sollen. Was uns bei allen diesen Acten am meisten verletzen muß, sind nicht blos die Umgehungen der Verfassung, sondern namentlich die mesqniue Art und Weise derselben. In dieser dürfte sich kein anderes Cabinet mit dem gegenwär¬ tigen preußischen Ministerium messen können. Trotz dem würden wir es aber doch für einen Mißgriff der liberalen Partei halten, wenn sie gerade auf diese Einzelheiten die Leidenschaft ihrer Angriffe richten wollte. Voraussichtlich werden in der nächsten parlamentarischen Periode viel ernsthaftere Dinge zur Sprache kommen, und die Opposition soll ihre Kräfte nicht zersplittern, sie soll geradezu auf den Hauptpunkt losgehen. Was bisher dem Ministerium Manteuffel trotz des ziemlich geringen Credits, in dem es so ziemlich bei allen Parteien, von der Kreuz^citnng bis zur Demo¬ kratie hinunter, steht, noch immer einigen Halt gegeben hat, war die Angst vor den rothen Republikanern. Nichts kann so geeignet sein, diese Angst auch beim allerzähesten Philister zu beseitigen, als die Enthüllungen über die Londoner Agi¬ tation, welche wir der Beschlagnahme der Dulon'schen Papiere verdanken. Wir finden gar keinen Ausdruck, um dieser übermenschlichen, transscendentalen Lä¬ cherlichkeit gerecht zu werden, die sich in dem dortigen Treiben entwickelt. Wir sehen lebhaft unsern guten Arnold Ruge, wie ein englischer Schwindler ihm den Plan zu einem neuen Geschütz entwickelt, durch welches mit größter Leichtigkeit der Felsen von Gibraltar in die Luft gesprengt werden soll, und zur Anstellung der Probe blos ein paar Louisd'or verlangt, wie der wackere Philosoph im grö߬ ten Amtscifer diese Louisd'or anzutreiben sucht, um in der bevorstehenden Ent¬ scheidungsschlacht durch die Ueberlegenheit, der Waffe, wie der alte Fritz bei Moll¬ witz durch die eisernen Ladstöcke, zu siegen, obgleich er früher die Kanonen der Demokratie nnr mit Ideen laden wollte; wie er dann mit seiner gewöhnlichen Zer¬ streutheit von den paar Louisd'or wieder ans die Idee von zehn Millionen Thaler

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/521
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/521>, abgerufen am 22.12.2024.