Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.^"gsam einhergeschritten, und bleibt manchmal stehen, um sich eine neue Mütze Mit jedem Schritte stoßt man ans etwas Neues. Hier glänzt ein Stand ^»gsam einhergeschritten, und bleibt manchmal stehen, um sich eine neue Mütze Mit jedem Schritte stoßt man ans etwas Neues. Hier glänzt ein Stand <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0467" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94908"/> <p xml:id="ID_1388" prev="#ID_1387"> ^»gsam einhergeschritten, und bleibt manchmal stehen, um sich eine neue Mütze<lb/> anzusehen, oder um ein Bund Gemüse zu handeln. Kleine Jungen mit drei oder<lb/> vier Zwiebeln in der Hand winden sich wie Aale durch das dichte Gedränge, und<lb/> Bitten mit winselnder Stimme ihre Waare aus, als bäten sie um Almosen. Der<lb/> Tumult von tausend verschiedenen Rufen der Verkäufer, die alle so laut als mög¬<lb/> lich schreien, ist wahrhaft betäubend. „Zugeschlageu!" brüllt Einer. „Heiße<lb/> Kastanien, einen Penny die Düte!" ein Anderer. „Einen Halbpenny die Blase<lb/> Wichse-', quält ein kleiner Junge. „Kauft! Wust! kauft!" schreit der Fleischer.<lb/> Hier: „Ein halb Buch Papier für einen Penny!" Dort: „Einen Halbpenny<lb/> eine Schnur Zwiebeln!" „Zwei Pence das Pfund Trauben!" „Wer kauft eine<lb/> Haube für vier Pence, wer kauft?" „Bonbons für eiuen Halbpenuy!" schreit<lb/> der wandernde Konditor. „Schone Reinetten, einen Penny die Portion!" ruft<lb/> das Aepfelweib; und so geht das Babel fort.</p><lb/> <p xml:id="ID_1389" next="#ID_1390"> Mit jedem Schritte stoßt man ans etwas Neues. Hier glänzt ein Stand<lb/> von neue» Weißblechwaareu; daist blaues und gelbes Steingut, und Helles Glas<lb/> Zu kaufen. Jetzt stolpert mau fast über eine Reihe alter Schuhe, die aus dem<lb/> Trottoir aufmarschirt sind; daun kommt ein Stand mit grellbunten Theebretern;<lb/> dann ein Laden mit rothen Taschentüchern und blaucarrirten Hemden, die in der<lb/> Luft baumeln, während hinter einem heraus an die Gasse gebauten Ladentische<lb/> kleine Burschen die Käufer einlade». An der Thür eines Theeladens mit seinen<lb/> erleuchteten weißen Glaskugeln steht ein Mann mit Zetteln, welche dem<lb/> Publicum sür das bewiesene Wohlwollen danken und „jede Concurrenz Heraussor¬<lb/> dern". Hier, den Fahrweg entlang, stehen ein halbes Dutzend kopfloser und<lb/> lebensgroßer Puppen, in Paletots und Chesterfields, mit Zetteln, die den billigen<lb/> Preis melden, und die Qualität anpreisen. Vor dem appetitlichen Fleischerladen<lb/> geht im blauen Rock der behäbige Fleischer aus und ab, und wetzt das Messer an<lb/> dem am Gürtel hängende» Stahl. Auch die reinliche Bettlerfamilie ist da; der<lb/> Bater mit schamhaft gesenktem Haupt, und eine Schachtel Zündhölzchen in der<lb/> Hand, um uicht der Polizei zu verfallen, die Kinder in srischgewaschenen Kutten,<lb/> und die Mutter mit einem Säugling an der Brust. Hier ist ein Stand grün<lb/> und weiß vou Bündeln von Kohlrübe« — dort roth von Aepfeln, der nächste gelb<lb/> von Zwiebeln, ein dritter blauroth vou Rothkraut. Neben dem Mann mit dem<lb/> umgekehrten Regenschirm, ganz mit Bildern zum Verkauf besteckt, steht ein Guk-<lb/> kasteumann. Hier schießen Knaben mit Stechbolzen um Nüsse uach der Scheibe,<lb/> und von drüben herüber tönt Musik aus dem Circus, oder an der Thür eines<lb/> Wirthshauses ladet der Ausrufer zum Eintritt ein, um den berühmten Mr. So<lb/> und so den „Scheerenschleifer" fingen zu hören. Und mitten in dem Getöse<lb/> steht einsam und fremd, in weißer südlicher Kleidung und beturbant, vor Kälte<lb/> zitternd der braune Hindu oder der schwarze Neger und bietet Traktätchen aus.<lb/> So dauert es bis tief in die Nacht hinein, bis es allmählich stiller wird, aber</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0467]
^»gsam einhergeschritten, und bleibt manchmal stehen, um sich eine neue Mütze
anzusehen, oder um ein Bund Gemüse zu handeln. Kleine Jungen mit drei oder
vier Zwiebeln in der Hand winden sich wie Aale durch das dichte Gedränge, und
Bitten mit winselnder Stimme ihre Waare aus, als bäten sie um Almosen. Der
Tumult von tausend verschiedenen Rufen der Verkäufer, die alle so laut als mög¬
lich schreien, ist wahrhaft betäubend. „Zugeschlageu!" brüllt Einer. „Heiße
Kastanien, einen Penny die Düte!" ein Anderer. „Einen Halbpenny die Blase
Wichse-', quält ein kleiner Junge. „Kauft! Wust! kauft!" schreit der Fleischer.
Hier: „Ein halb Buch Papier für einen Penny!" Dort: „Einen Halbpenny
eine Schnur Zwiebeln!" „Zwei Pence das Pfund Trauben!" „Wer kauft eine
Haube für vier Pence, wer kauft?" „Bonbons für eiuen Halbpenuy!" schreit
der wandernde Konditor. „Schone Reinetten, einen Penny die Portion!" ruft
das Aepfelweib; und so geht das Babel fort.
Mit jedem Schritte stoßt man ans etwas Neues. Hier glänzt ein Stand
von neue» Weißblechwaareu; daist blaues und gelbes Steingut, und Helles Glas
Zu kaufen. Jetzt stolpert mau fast über eine Reihe alter Schuhe, die aus dem
Trottoir aufmarschirt sind; daun kommt ein Stand mit grellbunten Theebretern;
dann ein Laden mit rothen Taschentüchern und blaucarrirten Hemden, die in der
Luft baumeln, während hinter einem heraus an die Gasse gebauten Ladentische
kleine Burschen die Käufer einlade». An der Thür eines Theeladens mit seinen
erleuchteten weißen Glaskugeln steht ein Mann mit Zetteln, welche dem
Publicum sür das bewiesene Wohlwollen danken und „jede Concurrenz Heraussor¬
dern". Hier, den Fahrweg entlang, stehen ein halbes Dutzend kopfloser und
lebensgroßer Puppen, in Paletots und Chesterfields, mit Zetteln, die den billigen
Preis melden, und die Qualität anpreisen. Vor dem appetitlichen Fleischerladen
geht im blauen Rock der behäbige Fleischer aus und ab, und wetzt das Messer an
dem am Gürtel hängende» Stahl. Auch die reinliche Bettlerfamilie ist da; der
Bater mit schamhaft gesenktem Haupt, und eine Schachtel Zündhölzchen in der
Hand, um uicht der Polizei zu verfallen, die Kinder in srischgewaschenen Kutten,
und die Mutter mit einem Säugling an der Brust. Hier ist ein Stand grün
und weiß vou Bündeln von Kohlrübe« — dort roth von Aepfeln, der nächste gelb
von Zwiebeln, ein dritter blauroth vou Rothkraut. Neben dem Mann mit dem
umgekehrten Regenschirm, ganz mit Bildern zum Verkauf besteckt, steht ein Guk-
kasteumann. Hier schießen Knaben mit Stechbolzen um Nüsse uach der Scheibe,
und von drüben herüber tönt Musik aus dem Circus, oder an der Thür eines
Wirthshauses ladet der Ausrufer zum Eintritt ein, um den berühmten Mr. So
und so den „Scheerenschleifer" fingen zu hören. Und mitten in dem Getöse
steht einsam und fremd, in weißer südlicher Kleidung und beturbant, vor Kälte
zitternd der braune Hindu oder der schwarze Neger und bietet Traktätchen aus.
So dauert es bis tief in die Nacht hinein, bis es allmählich stiller wird, aber
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