Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.venpreußische, die gothaische und die demokratische, waren nicht ans der bestimmten Die einzige Partei, die sich innerhalb des neuen parlamentarischen Lebens Das scheint uns doch eine nicht zu verachtende Wirkung des parlamentarischen Die eigentliche Natur des preußischen Staats ist nicht schwer zu begreifen. venpreußische, die gothaische und die demokratische, waren nicht ans der bestimmten Die einzige Partei, die sich innerhalb des neuen parlamentarischen Lebens Das scheint uns doch eine nicht zu verachtende Wirkung des parlamentarischen Die eigentliche Natur des preußischen Staats ist nicht schwer zu begreifen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0457" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94898"/> <p xml:id="ID_1361" prev="#ID_1360"> venpreußische, die gothaische und die demokratische, waren nicht ans der bestimmten<lb/> Natur der preußischen Verhältnisse, sondern aus den Combinationen der allge¬<lb/> meinen deutschen oder europäischen Politik hervorgegangen. Die Neuprcnßen<lb/> wollten eine allgemeine kosmopolitische Reaction gegen den revolutionairen Geist<lb/> hervorrufen und waren gar nicht abgeneigt, zu diesem Zweck unter Umständen mit<lb/> Oestreich und Rußland gegen die augenblickliche Tendenz der preußischen Regie¬<lb/> rung sich zu alliircn. Die Gothaer suchten, oder schienen wenigstens den<lb/> Schwerpunkt der deutschen Frage nicht in Berlin, sondern in Frankfurt oder Er¬<lb/> furt zu suchen. Die Demokraten endlich hatten eine entschieden ausgesprochene<lb/> antipreußische Tendenz, wie das auch in der Natur ihres Princips lag, denn die<lb/> Aufrichtung ihres Reichs war nothwendiger Weise mit dem Untergänge Preußens<lb/> und aller seiner socialen und politischen Institutionen verbunden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1362"> Die einzige Partei, die sich innerhalb des neuen parlamentarischen Lebens<lb/> gebildet hat, die Partei der Bethmann-Holwegianer, ist unmittelbar ans dem<lb/> Kreise der specifisch preußischen Interessen erwachsen; es ist der alte Geist der<lb/> Preußischen Bureaukratie, des preußischen Adels und Militairs, des preußischen<lb/> Kirchcnthnms, der endlich ein Bewußtsein seiner selbst gewinnt und sich eben so<lb/> gegen die neupreußischeu Abstractionen, wie gegen die Gedankenlosigkeit des<lb/> augenblicklichen Regiments empört. Die Bildung dieses Kreises ist bereits so<lb/> weit vorgeschritten, daß in materieller Beziehung ein Unterschied gegen die eigent¬<lb/> lich constitutionelle Partei kaum noch aufzufinden sein würde. Der Unterschied<lb/> beruht lediglich ans den historischen Antecedentien der beiden Parteien. — Aber<lb/> auch ans die anderen Parteien, hat das parlamentarische Leben seine Wirkung<lb/> nicht verfehlt. Selbst die Männer der Kreuzzeitung sind heute entschieden preu¬<lb/> ßisch, während sie bis zu den Tagen von Olmütz trotz ihrer schwarzweißen Ver¬<lb/> sicherungen entschieden östreichisch waren, und sie werden in der weitern Entwicke¬<lb/> lung mit Nothwendigkeit auf dieser Bahn fortgetrieben werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1363"> Das scheint uns doch eine nicht zu verachtende Wirkung des parlamentarischen<lb/> Lebens. Nicht daß die neuen Parteien wesentlich neue politische Gesichtspunkte<lb/> entwickeln werden, aber daß die Principien, die man früher als außerhalb des<lb/> Staats stehend betrachtete, jetzt ihre Träger in den ofstciellen Vertretern Preußens<lb/> gefunden haben, ist der eigentliche Gewinn, und eins der andern Seite kann es<lb/> dem Liberalismus nicht schaden, wenn auch er durch diese neue Stellung eine<lb/> concretere Färbung gewinnt. Der alle Liberalismus ging von seinen allgemeinen<lb/> Principien aus und suchte sie, so gut es gehen wollte, ans die individuellen Ver¬<lb/> hältnisse anzupassen; der neue Liberalismus muß den umgekehrten Weg ein¬<lb/> schlagen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1364" next="#ID_1365"> Die eigentliche Natur des preußischen Staats ist nicht schwer zu begreifen.<lb/> Er ist durchaus und unbedingt auf die Monarchie begründet. Seine historischen<lb/> Traditionen sind militairischer Art; er lebt in den Tagen von Fehrbellin, von</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0457]
venpreußische, die gothaische und die demokratische, waren nicht ans der bestimmten
Natur der preußischen Verhältnisse, sondern aus den Combinationen der allge¬
meinen deutschen oder europäischen Politik hervorgegangen. Die Neuprcnßen
wollten eine allgemeine kosmopolitische Reaction gegen den revolutionairen Geist
hervorrufen und waren gar nicht abgeneigt, zu diesem Zweck unter Umständen mit
Oestreich und Rußland gegen die augenblickliche Tendenz der preußischen Regie¬
rung sich zu alliircn. Die Gothaer suchten, oder schienen wenigstens den
Schwerpunkt der deutschen Frage nicht in Berlin, sondern in Frankfurt oder Er¬
furt zu suchen. Die Demokraten endlich hatten eine entschieden ausgesprochene
antipreußische Tendenz, wie das auch in der Natur ihres Princips lag, denn die
Aufrichtung ihres Reichs war nothwendiger Weise mit dem Untergänge Preußens
und aller seiner socialen und politischen Institutionen verbunden.
Die einzige Partei, die sich innerhalb des neuen parlamentarischen Lebens
gebildet hat, die Partei der Bethmann-Holwegianer, ist unmittelbar ans dem
Kreise der specifisch preußischen Interessen erwachsen; es ist der alte Geist der
Preußischen Bureaukratie, des preußischen Adels und Militairs, des preußischen
Kirchcnthnms, der endlich ein Bewußtsein seiner selbst gewinnt und sich eben so
gegen die neupreußischeu Abstractionen, wie gegen die Gedankenlosigkeit des
augenblicklichen Regiments empört. Die Bildung dieses Kreises ist bereits so
weit vorgeschritten, daß in materieller Beziehung ein Unterschied gegen die eigent¬
lich constitutionelle Partei kaum noch aufzufinden sein würde. Der Unterschied
beruht lediglich ans den historischen Antecedentien der beiden Parteien. — Aber
auch ans die anderen Parteien, hat das parlamentarische Leben seine Wirkung
nicht verfehlt. Selbst die Männer der Kreuzzeitung sind heute entschieden preu¬
ßisch, während sie bis zu den Tagen von Olmütz trotz ihrer schwarzweißen Ver¬
sicherungen entschieden östreichisch waren, und sie werden in der weitern Entwicke¬
lung mit Nothwendigkeit auf dieser Bahn fortgetrieben werden.
Das scheint uns doch eine nicht zu verachtende Wirkung des parlamentarischen
Lebens. Nicht daß die neuen Parteien wesentlich neue politische Gesichtspunkte
entwickeln werden, aber daß die Principien, die man früher als außerhalb des
Staats stehend betrachtete, jetzt ihre Träger in den ofstciellen Vertretern Preußens
gefunden haben, ist der eigentliche Gewinn, und eins der andern Seite kann es
dem Liberalismus nicht schaden, wenn auch er durch diese neue Stellung eine
concretere Färbung gewinnt. Der alle Liberalismus ging von seinen allgemeinen
Principien aus und suchte sie, so gut es gehen wollte, ans die individuellen Ver¬
hältnisse anzupassen; der neue Liberalismus muß den umgekehrten Weg ein¬
schlagen.
Die eigentliche Natur des preußischen Staats ist nicht schwer zu begreifen.
Er ist durchaus und unbedingt auf die Monarchie begründet. Seine historischen
Traditionen sind militairischer Art; er lebt in den Tagen von Fehrbellin, von
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |