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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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nicht abdrucken läßt?" -- Ferner in einem Brief an Fugger (x..131): "Ein Reisender
theilte mir seine Reisebilder mit, die kaum als Jmpromtus eines Handwerksburschen gut
genug wären." -- Und so noch an mehreren Stellen. Er kann nicht anders'von ihm reden,
als indem er ihn den Juden Heine nennt. -- Von Interesse dürfte noch Platen's Urtheil
über Waiblinger sein, mit dem er in Italien zusammen war. In einem Brief an
Gustav Schwab (Februar 1828, p. 8s>sagt er: "Er hat viel Talent, aber vielleicht
nicht genug, um eine Existenz daraus zu gründen. Der Aufenthalt in Italien ist ihm
in vieler Hinsicht schädlich und vermehrt seine Geniesncht. Seine Gedichte werden um
nichts besser, wenn auch in jedem das Pantheon, das Colosseum und das Forum roma-
num vorkommt, was Alles bei ihm Phrasen sind. Ein eigentlich tiefes Naturell hat
er gar nicht; aber es kann ein potenzirter Kotzebue, ein wahrer Kotzebue im Domino
aus ihm werden, der auf dem Theater große Fortune macht. Die Täuschung besteht
blos darin, daß solche Leute sich dann sür künftige Sophoklesse halten, was man aber
nicht so leicht werden kann, wenn man gelebt hat wie ein Schwein, was er selbst jeden
Tag eingesteht; denn seine Aufrichtigkeit geht bis zum Ekelhaften. Lord Byron könnte
zwar die liederlichen Genies in Credit bringen, aber abgesehen, daß es bei ihm gewiß
nicht halb so arg war, als man es macht, so lebte er auch in glänzenden Verhältnisse"
und hatte nicht nöthig, den Bicrkneipensitzer und Bordellgängcr zu machen." -- Ferner
p. 70: "Er macht hier den Apostel der Klassicität des Geschmacks, was recht gut
wäre, wenn dieser Geschmack nur auch in seinen eignen Productionen herrschte. So
aber erscheint es als Etwas, was man blos vom Hörensagen her hat." -- x. 10A:
"Bei Waiblinger ist man bis jetzt ganz im Unklaren, wozu er eigentlich Talent habe.
Mich können solche Probleme ganz perplex machen. Denn ich möchte ihn eben so wenig
verachten, als ich ihm eine ehrenvolle Stelle einräumen könnte .... Gegenwärtig schreibt
er Gedichte über den römischen Carneval .. . ., die eine so ganz saunische Brunst athmen,
daß wir nicht wußten, ob wir darüber lachen oder weinen sollten .... Dabei sind
diese Gedichte voll von den wunderlichsten Plattitüden; so heißt es einmal von einer
gewissen Arlequina, mit der er im Corso herumschweift und die eine große Rolle in
diesen Gedichten spielt,-"sie wäre ""keine Beatrice zwar, aber eine Bajadere"", wogegen
Niemand etwas einwenden wird. Das "zwar" ist so ungeheuer komisch, daß es mir
Mühe machte, nicht herauszuplatzen"). Der Mann ist wirklich zu bedauern, er verdiente
vielleicht eine bessere Richtung zu bekommen, doch sehe ich nicht ein, wodurch; er hat,
wie es scheint, gar keine Religion." --

Ein im Jahr 18i9 geschriebenes Buch: Die deutsche Volksbewegung von
Gottes Gnaden. Geschichte des Jahres 1848 von Ferdinand Röse, welches
durch den Bcmquerout der Verlagsbuchhandlung in Vergessenheit gerieth, ist von der
Buchhandlung Mänler und Jonghaus in Rcutlingen wieder ausgelegt. Es ist in man¬
cher Beziehung dieser Aufmerksamkeit werth, nicht wegen seiner Ansichten oder wegen
seiner historischen Kritik, denn in beiden sind wir jetzt unendlich weiter, und der Stand¬
punkt des wohlwollenden demokratischen Liberalismus kann uns nicht mehr befriedigen,
aber wohl wegen seiner Schilderungen, die zum Theil sehr lebendig und anziehend find.



Offenbar hat Waiblinger Bajadere hier als Nomen proxrlnm gebraucht, und die
Goethe'sche Bajadere gemeint.

nicht abdrucken läßt?" — Ferner in einem Brief an Fugger (x..131): „Ein Reisender
theilte mir seine Reisebilder mit, die kaum als Jmpromtus eines Handwerksburschen gut
genug wären." — Und so noch an mehreren Stellen. Er kann nicht anders'von ihm reden,
als indem er ihn den Juden Heine nennt. — Von Interesse dürfte noch Platen's Urtheil
über Waiblinger sein, mit dem er in Italien zusammen war. In einem Brief an
Gustav Schwab (Februar 1828, p. 8s>sagt er: „Er hat viel Talent, aber vielleicht
nicht genug, um eine Existenz daraus zu gründen. Der Aufenthalt in Italien ist ihm
in vieler Hinsicht schädlich und vermehrt seine Geniesncht. Seine Gedichte werden um
nichts besser, wenn auch in jedem das Pantheon, das Colosseum und das Forum roma-
num vorkommt, was Alles bei ihm Phrasen sind. Ein eigentlich tiefes Naturell hat
er gar nicht; aber es kann ein potenzirter Kotzebue, ein wahrer Kotzebue im Domino
aus ihm werden, der auf dem Theater große Fortune macht. Die Täuschung besteht
blos darin, daß solche Leute sich dann sür künftige Sophoklesse halten, was man aber
nicht so leicht werden kann, wenn man gelebt hat wie ein Schwein, was er selbst jeden
Tag eingesteht; denn seine Aufrichtigkeit geht bis zum Ekelhaften. Lord Byron könnte
zwar die liederlichen Genies in Credit bringen, aber abgesehen, daß es bei ihm gewiß
nicht halb so arg war, als man es macht, so lebte er auch in glänzenden Verhältnisse»
und hatte nicht nöthig, den Bicrkneipensitzer und Bordellgängcr zu machen." — Ferner
p. 70: „Er macht hier den Apostel der Klassicität des Geschmacks, was recht gut
wäre, wenn dieser Geschmack nur auch in seinen eignen Productionen herrschte. So
aber erscheint es als Etwas, was man blos vom Hörensagen her hat." — x. 10A:
„Bei Waiblinger ist man bis jetzt ganz im Unklaren, wozu er eigentlich Talent habe.
Mich können solche Probleme ganz perplex machen. Denn ich möchte ihn eben so wenig
verachten, als ich ihm eine ehrenvolle Stelle einräumen könnte .... Gegenwärtig schreibt
er Gedichte über den römischen Carneval .. . ., die eine so ganz saunische Brunst athmen,
daß wir nicht wußten, ob wir darüber lachen oder weinen sollten .... Dabei sind
diese Gedichte voll von den wunderlichsten Plattitüden; so heißt es einmal von einer
gewissen Arlequina, mit der er im Corso herumschweift und die eine große Rolle in
diesen Gedichten spielt,-„sie wäre „„keine Beatrice zwar, aber eine Bajadere"", wogegen
Niemand etwas einwenden wird. Das „zwar" ist so ungeheuer komisch, daß es mir
Mühe machte, nicht herauszuplatzen"). Der Mann ist wirklich zu bedauern, er verdiente
vielleicht eine bessere Richtung zu bekommen, doch sehe ich nicht ein, wodurch; er hat,
wie es scheint, gar keine Religion." —

Ein im Jahr 18i9 geschriebenes Buch: Die deutsche Volksbewegung von
Gottes Gnaden. Geschichte des Jahres 1848 von Ferdinand Röse, welches
durch den Bcmquerout der Verlagsbuchhandlung in Vergessenheit gerieth, ist von der
Buchhandlung Mänler und Jonghaus in Rcutlingen wieder ausgelegt. Es ist in man¬
cher Beziehung dieser Aufmerksamkeit werth, nicht wegen seiner Ansichten oder wegen
seiner historischen Kritik, denn in beiden sind wir jetzt unendlich weiter, und der Stand¬
punkt des wohlwollenden demokratischen Liberalismus kann uns nicht mehr befriedigen,
aber wohl wegen seiner Schilderungen, die zum Theil sehr lebendig und anziehend find.



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Goethe'sche Bajadere gemeint.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/446>, abgerufen am 22.12.2024.