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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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hasten Lage, seine Theorie in's Leben zu führen, ohne von einem, der Nation oder
deren Vertretern verantwortlichen Ministerium l'cirrt z^i werden, ohne von der Controle
der Presse angespornt oder aufgehalten zu sein. Die Nation, welche inmitten der Com-
plicationen der Parteien den Faden ihrer eigenen Bestrebungen verloren, sah ruhig
zu, so wie sie jetzt auch noch ruhig zusieht. Mit unverkennbarem Jnstincte erkannten alle
Klassen, daß sie zwar alle durch dio neue Regierung zu leiden haben werden, aber
auch daß dieser Manu, welcher die Ehre des Landes und die öffentliche Moral so tief
verletzt, eben durch seine Unvcrantwortlichkcit und durch die absolute FrcilM on seinen
Handlungen ein Werkzeug des Fortschrittes werden müsse. Seine eigenen, nie aus¬
gegebenen Bestrebungen nach dem Kaiserreiche konnten das acht verhindern, und neben
den Huldigungen an den Clerus, neben der Wiedereinführung der aristokratischen Hie¬
rarchie, neben dem reactiouairen Einverständnisse mit der Bourgeoisie spricht sich eine
gewisse Berücksichtigung der demokratischen, das heißt der populairen Elemente, in den,
gleichviel ob vom nationalökonomischen oder politischen Standpunkte, gut oder schlecht
berechneten Handlungen der Regierung aus. Seine Politik hat eine tiefe Bedeutung,
indem sie beweist, wie selbst der Absolutismus in Frankreich nur auf Kosten der statio-
nairen gesellschaftlichen Interessen sein kurzes Leben zu fristen vermag. Die Unter¬
drückung jeglicher Freiheit und die starre Handhabung der Gewalt, unter welcher
wir, wer wagte es zu bestimmen wie lange noch, zu leiden haben werden, hat
handgreifliche Vortheile sür die Zukunft. Zunächst ist es eine Rechtfertigung des
Charakters und des Ehrgefühls der Nation und namentlich derjenigen Klassen, die
man unter der Gesammtbezeichnung des Volkes zu fassen pflegt. Die Massen,
welchen die gegenwärtige Regierung unausgesetzt schmeichelt, die allein bei
der gegenwärtigen Veränderung zu leide" haben, sind doch noch immer und trotz
aller Zugeständnisse so beschämt über den Handstreich, den man auf ihr Land
gewagt, daß sie nur durch das räsfinirteste und rücksichtsloseste Unterdrnckungssystem
von einem Aufstande abgehalten werden können. Die Regierung fühlt das, und indem
sie in dem einmal betretenen Labyrinthe sich immer mehr verwickelt-, legt sie den Grund
zu ihrem eigenen Falle. Ein anderer Vortheil des gegenwärtigen Systems ist der, daß
alle Parteien darunter leiden. Es muß sich nothwendig eine Partei gestalten, welche
der Freiheit als solcher zu dienen bereit sein wird. Die Wichtigkeit der individuellen
-Freiheit ist jetzt tiefgefühlt, und man hat endlich die theuer bezahlte Lehre verstanden,
wie die Centralisation dem Lande nur zum Unheile gereichen könne. In Frankreich
wird fürder nur die Partei siegen können, welche die Freiheit als Endzweck, und nicht
als Mittel anschauen wird. Die Februarrevolution hat den Terrorismus getödtet, der
zweite December hat die Centralisation um ihren letzten Nimbus gebracht. Die nächste
Revolution, diese mag nun durch welches Ereigniß immer veranlaßt werden, wird keine
Pariser Emeute wieder sein können, sondern-eine Erhebung.des ganzen Landes, und die
Folge davon muß die sein, daß sich die Franzosen endlich dazu verstehen werden, jhre
-Angelegenheiten selbst zu ordnen und sich selbst zu regieren. Diese Bedeutung haben
die Ereignisse im Bewußtsein der Nation, und sowol'bei Gelegenheit der Wahlen >sür
die Gcncralräthe als bei Gelegenheit sonstiger Manifestationen kann man die aus diesem
Bewußtsein entspringende-^???) Passivität der Franzosen beobachten. Louis Napoleon hat
keine handgreiflichen Hindernisse zu bekämpfen, er stößt nirgends auf thätliche Feindse¬
ligkeit und es ist nachgerade lächerlich und gar nicht mit-den sonstigen Verstandeseigcn-


hasten Lage, seine Theorie in's Leben zu führen, ohne von einem, der Nation oder
deren Vertretern verantwortlichen Ministerium l'cirrt z^i werden, ohne von der Controle
der Presse angespornt oder aufgehalten zu sein. Die Nation, welche inmitten der Com-
plicationen der Parteien den Faden ihrer eigenen Bestrebungen verloren, sah ruhig
zu, so wie sie jetzt auch noch ruhig zusieht. Mit unverkennbarem Jnstincte erkannten alle
Klassen, daß sie zwar alle durch dio neue Regierung zu leiden haben werden, aber
auch daß dieser Manu, welcher die Ehre des Landes und die öffentliche Moral so tief
verletzt, eben durch seine Unvcrantwortlichkcit und durch die absolute FrcilM on seinen
Handlungen ein Werkzeug des Fortschrittes werden müsse. Seine eigenen, nie aus¬
gegebenen Bestrebungen nach dem Kaiserreiche konnten das acht verhindern, und neben
den Huldigungen an den Clerus, neben der Wiedereinführung der aristokratischen Hie¬
rarchie, neben dem reactiouairen Einverständnisse mit der Bourgeoisie spricht sich eine
gewisse Berücksichtigung der demokratischen, das heißt der populairen Elemente, in den,
gleichviel ob vom nationalökonomischen oder politischen Standpunkte, gut oder schlecht
berechneten Handlungen der Regierung aus. Seine Politik hat eine tiefe Bedeutung,
indem sie beweist, wie selbst der Absolutismus in Frankreich nur auf Kosten der statio-
nairen gesellschaftlichen Interessen sein kurzes Leben zu fristen vermag. Die Unter¬
drückung jeglicher Freiheit und die starre Handhabung der Gewalt, unter welcher
wir, wer wagte es zu bestimmen wie lange noch, zu leiden haben werden, hat
handgreifliche Vortheile sür die Zukunft. Zunächst ist es eine Rechtfertigung des
Charakters und des Ehrgefühls der Nation und namentlich derjenigen Klassen, die
man unter der Gesammtbezeichnung des Volkes zu fassen pflegt. Die Massen,
welchen die gegenwärtige Regierung unausgesetzt schmeichelt, die allein bei
der gegenwärtigen Veränderung zu leide» haben, sind doch noch immer und trotz
aller Zugeständnisse so beschämt über den Handstreich, den man auf ihr Land
gewagt, daß sie nur durch das räsfinirteste und rücksichtsloseste Unterdrnckungssystem
von einem Aufstande abgehalten werden können. Die Regierung fühlt das, und indem
sie in dem einmal betretenen Labyrinthe sich immer mehr verwickelt-, legt sie den Grund
zu ihrem eigenen Falle. Ein anderer Vortheil des gegenwärtigen Systems ist der, daß
alle Parteien darunter leiden. Es muß sich nothwendig eine Partei gestalten, welche
der Freiheit als solcher zu dienen bereit sein wird. Die Wichtigkeit der individuellen
-Freiheit ist jetzt tiefgefühlt, und man hat endlich die theuer bezahlte Lehre verstanden,
wie die Centralisation dem Lande nur zum Unheile gereichen könne. In Frankreich
wird fürder nur die Partei siegen können, welche die Freiheit als Endzweck, und nicht
als Mittel anschauen wird. Die Februarrevolution hat den Terrorismus getödtet, der
zweite December hat die Centralisation um ihren letzten Nimbus gebracht. Die nächste
Revolution, diese mag nun durch welches Ereigniß immer veranlaßt werden, wird keine
Pariser Emeute wieder sein können, sondern-eine Erhebung.des ganzen Landes, und die
Folge davon muß die sein, daß sich die Franzosen endlich dazu verstehen werden, jhre
-Angelegenheiten selbst zu ordnen und sich selbst zu regieren. Diese Bedeutung haben
die Ereignisse im Bewußtsein der Nation, und sowol'bei Gelegenheit der Wahlen >sür
die Gcncralräthe als bei Gelegenheit sonstiger Manifestationen kann man die aus diesem
Bewußtsein entspringende-^???) Passivität der Franzosen beobachten. Louis Napoleon hat
keine handgreiflichen Hindernisse zu bekämpfen, er stößt nirgends auf thätliche Feindse¬
ligkeit und es ist nachgerade lächerlich und gar nicht mit-den sonstigen Verstandeseigcn-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/402>, abgerufen am 22.12.2024.