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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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als 80 Millionen Franks. Mit der Abweichung von den Bahnen der Verfassung
sank die spanische Negierung wieder unter jene Abhängigkeit vom Auslande zu-
rück, von der sie Narvaez unter schwierigeren Verhältnissen zu befreien gewußt
hatte.

Als wenn das Schicksal sich mit den Feinden der Institutionen Spaniens
verbunden hätte, mußte am 2. Februar, als die Königin der heiligen Jungfrau
in der Kirche von Atocha ihre Danksagung für die glücklich erfolgte Genesung
vom Wochenbett darbringen wollte, ein halb wahnsinniger Mönch, Namens Me¬
rino, mit meuchelmörderischer Hand die Monarchin in der Seite verwunden. Die¬
ses unter deu bewandten Umständen doppelt verabscheuenswürdige Attentat stürzte
die Bevölkerung der Hauptstadt in eine Trunkenheit von Wuth und royalistischer
Exaltation, die sich reißend in allen Provinzen verbreitete.

Die ministerielle Presse, die seit dem 2. Dec. unaufhörlich das constitutio-
nelle System bemäkelte und über die Wohlthaten einer starken Regierung decla-
mirte, während die verfassungstreuen Blätter unter Confiscationen erlagen, beu¬
tete dieses ganz vereinzelt dastehende Verbrechen nach Möglichkeit aus, und Herr
B. Murillo gab sich das Ansehn aufopfernder Staatsrettung, die hier gar nicht
in Frage kam. Ein neuer Beleg, wie offen die Regierung die Bestimmungen der
Verfassung selbst da mißachtete, wo sie ihr keine Verlegenheit bereiteten, ward
durch das Verfahren gegen Merino gegeben. Nach einer durch die Revision von 18/is
in das Staatögrnudgesetz aufgenommenen Bestimmung gehören Attentate auf die
königliche Person vor das Forum des Senates; demungeachtet ward Merino vor
das ordinaire Gericht gestellt, zum Tode verurtheilt und am 7. Februar bereits
hingerichtet. Er starb mit der Ruhe eines Menschen, der von einer fixen Idee
beherrscht wird. Die Königin wiederholte nach ihrer Genesung von der nicht
erheblichen Wunde am. 18. Februar ihren Kirchgang, dem das Ministerium eine
besondere Vorfeier dadurch gab, daß es Tags vorher sieben Organe der Ma¬
drider Oppositionspresse coufisciren ließ. ,

Während das Cabinet die karlistischen Officiere den Wünschen des Hofes
gemäß eifrig in den activen Dienst zu ziehen suchte, wurden die ausgezeichnetsten
Führer des Heeres mit Undank belohnt. Narvaez, der nach der Vertagung der
Cortes Madrid verlassen hatte, ohne eine Audienz bei der Königin zu erhalten,
lebte einsam und mißtrauisch bewacht in seiner Gebnrtsstadt Loja in Andalusien.
Am -Is. März wurde Concha aus Cuba abberufe", und dnrch den General Cannedo
ersetzt. Der Hauptgrund seiner Ungnade war seine befreundete Stellung zum
Herzog von Valencia. 'Der hochverdiente General, dessen unter den spanischen
Proconsnln beispiellos uneigennützige Verwaltung ihm die allgemeinste Verehrung
ans Cuba erworben hatte, wurde bei seiner Rückkehr kalt von der Monarchin
empfangen; in höchster Gunst stand dagegen Pavia, der während des Aufent¬
haltes der Königin in Aranjuez zum Gouverneur desselben bestellt wurde.


als 80 Millionen Franks. Mit der Abweichung von den Bahnen der Verfassung
sank die spanische Negierung wieder unter jene Abhängigkeit vom Auslande zu-
rück, von der sie Narvaez unter schwierigeren Verhältnissen zu befreien gewußt
hatte.

Als wenn das Schicksal sich mit den Feinden der Institutionen Spaniens
verbunden hätte, mußte am 2. Februar, als die Königin der heiligen Jungfrau
in der Kirche von Atocha ihre Danksagung für die glücklich erfolgte Genesung
vom Wochenbett darbringen wollte, ein halb wahnsinniger Mönch, Namens Me¬
rino, mit meuchelmörderischer Hand die Monarchin in der Seite verwunden. Die¬
ses unter deu bewandten Umständen doppelt verabscheuenswürdige Attentat stürzte
die Bevölkerung der Hauptstadt in eine Trunkenheit von Wuth und royalistischer
Exaltation, die sich reißend in allen Provinzen verbreitete.

Die ministerielle Presse, die seit dem 2. Dec. unaufhörlich das constitutio-
nelle System bemäkelte und über die Wohlthaten einer starken Regierung decla-
mirte, während die verfassungstreuen Blätter unter Confiscationen erlagen, beu¬
tete dieses ganz vereinzelt dastehende Verbrechen nach Möglichkeit aus, und Herr
B. Murillo gab sich das Ansehn aufopfernder Staatsrettung, die hier gar nicht
in Frage kam. Ein neuer Beleg, wie offen die Regierung die Bestimmungen der
Verfassung selbst da mißachtete, wo sie ihr keine Verlegenheit bereiteten, ward
durch das Verfahren gegen Merino gegeben. Nach einer durch die Revision von 18/is
in das Staatögrnudgesetz aufgenommenen Bestimmung gehören Attentate auf die
königliche Person vor das Forum des Senates; demungeachtet ward Merino vor
das ordinaire Gericht gestellt, zum Tode verurtheilt und am 7. Februar bereits
hingerichtet. Er starb mit der Ruhe eines Menschen, der von einer fixen Idee
beherrscht wird. Die Königin wiederholte nach ihrer Genesung von der nicht
erheblichen Wunde am. 18. Februar ihren Kirchgang, dem das Ministerium eine
besondere Vorfeier dadurch gab, daß es Tags vorher sieben Organe der Ma¬
drider Oppositionspresse coufisciren ließ. ,

Während das Cabinet die karlistischen Officiere den Wünschen des Hofes
gemäß eifrig in den activen Dienst zu ziehen suchte, wurden die ausgezeichnetsten
Führer des Heeres mit Undank belohnt. Narvaez, der nach der Vertagung der
Cortes Madrid verlassen hatte, ohne eine Audienz bei der Königin zu erhalten,
lebte einsam und mißtrauisch bewacht in seiner Gebnrtsstadt Loja in Andalusien.
Am -Is. März wurde Concha aus Cuba abberufe», und dnrch den General Cannedo
ersetzt. Der Hauptgrund seiner Ungnade war seine befreundete Stellung zum
Herzog von Valencia. 'Der hochverdiente General, dessen unter den spanischen
Proconsnln beispiellos uneigennützige Verwaltung ihm die allgemeinste Verehrung
ans Cuba erworben hatte, wurde bei seiner Rückkehr kalt von der Monarchin
empfangen; in höchster Gunst stand dagegen Pavia, der während des Aufent¬
haltes der Königin in Aranjuez zum Gouverneur desselben bestellt wurde.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/382>, abgerufen am 22.12.2024.