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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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Napoleon. Es werden hier dem Prinzen Beleidigungen gesagt, die um so empfindlicher
sein müssen, da sie durchaus persönlicher Natur sind und auf Thatsachen beruhen,
wenn auch der Gegenstand derselben, die nicht vollzogene Freilassung Ab-del-Kader'S,
für die sogenannte große Politik keine Bedeutung haben mag.


Das englische Ministerium hat sich in seinem Haschen nach
jeder möglichen Gelegenheit, sich thätig zu zeigen und damit populair zu machen, in einen
sehr bösen Handel eingelassen. Das nach Osten hin so friedliche, gegen die absolutistischen
Höfe so geschmeidige Cabinet legt große Lust an den Tag, seinem republikanischen Vetter
im Westen in die Haare zu gerathen, und von drüben herüber antworten entschiedene No¬
ten und kampflustiges Geschrei den Maßregeln des englischen Staatssccretairs. ES dem-'
bald sich um das Recht, an den Küsten der englisch-nordamerikanischen Kolonien Fisch¬
fang (namentlich auf Stockfische und Makrelen) zu treiben. Die Verträge von 1818
sprechen ausschließlich Schiffen unter englischer Flagge das Recht zu,- bis auf eine Ent¬
fernung von drei Meilen von der Küste im ganzen Umkreis der englischen Kolonien zu
fischen. Alle anderen Schiffe -- Nordamcnkaner und Franzosen find vorzugsweise bei
diesem Fischfang betheiligt -- dürfen nur, von bösem Wetter gezwungen, oder um
Schäden auszubessern, oder um Holz und Wasser einzunehmen, diesen Theil des Mee¬
res befahren. Die englische Regierung folgt jedoch mit ihrer Demarcationslinie nicht
streng dem Umrisse aller einzelnen Theile der Küste, sondern nur dem allgemeinen Um¬
riß, und folgt z. B. nicht der Küste einer tief in's Land gehenden Bucht, selbst wenn
sie breiter als sechs Meilen ist, sondern zieht die Grenze gleich von einer Spitze der
Einfahrt bis zur andern. Dadurch wurden die Nichtengländcr von den besten Stellen
für den Fischfang ausgeschlossen. Die Amerikaner sind aber nicht sehr geneigt, völker¬
rechtliche Bestimmungen zu respectiren, wo sie ihren materiellen Interessen nachtheilig
find. Die Fischer der Vereinigten Staaten ließen sich systematisch immer weitergehende
Uebergriffe zu Schulden kommen, und betrieben immer kecker den Fischfang in den ver¬
botenen Gewässern unter dem Vorgeben, daß der Anspruch Englands, die mehr als
sechs Meilen breiten Buchten in die Demarcationslinie einzuschließen, unberechtigt sei.
Jndirect hat jedoch bereits die Regierung der Vereinigten Staaten die Rechtmäßigkeit
dieses Anspruchs zugestanden. Denn als bereits 1843 in Folge der Wegnahme der
nordamerikanischen Schiffe Washington und Argus ein Conflict zwischen England und
den Vereinigten Staaten drohte, wurde derselbe nach einem sehr lebhaften Notenwechsel
dadurch beendigt, daß der damalige britische Staatssecretair des Auswärtigen, Lord
Aberdeen, den Amerikanern erlaubte, in der Fnndybucht Fischfang zu treiben. Alle
anderen Buchten sollten ihnen nach wie vor verschlossen bleiben. Daß die amerikanische
Regierung diese Erlaubniß als eine Concession annahm, und nicht als ein Recht for¬
derte, beweist, daß sie selbst nicht an der Rechtmäßigkeit der englischen Ansprüche
zweifelte. Seitdem haben sich aber' die Uebergriffe der amerikanischen Fischer immer
wieder erneuert und haben an Ausdehnung zugenommen, wogegen die Beschwerden der
englischen Kolonisten darüber bei dem Whigministcrium wenig Anklang fanden. Kaum
war jedoch das gegenwärtige Ministerium zur Herrschaft gelangt, so änderte sich die
Sache. Earl Derby erinnerte sich recht gut, daß er 18i1 als Colonialsecrctair zuerst
wieder den alten Streit aufgewärmt hatte, Sir I. Pakington, Vergegenwärtige Colonial¬
secrctair, erstannt und beschämt über das Lob, welches die Oppositionsprcsse seiner ver-


Napoleon. Es werden hier dem Prinzen Beleidigungen gesagt, die um so empfindlicher
sein müssen, da sie durchaus persönlicher Natur sind und auf Thatsachen beruhen,
wenn auch der Gegenstand derselben, die nicht vollzogene Freilassung Ab-del-Kader'S,
für die sogenannte große Politik keine Bedeutung haben mag.


Das englische Ministerium hat sich in seinem Haschen nach
jeder möglichen Gelegenheit, sich thätig zu zeigen und damit populair zu machen, in einen
sehr bösen Handel eingelassen. Das nach Osten hin so friedliche, gegen die absolutistischen
Höfe so geschmeidige Cabinet legt große Lust an den Tag, seinem republikanischen Vetter
im Westen in die Haare zu gerathen, und von drüben herüber antworten entschiedene No¬
ten und kampflustiges Geschrei den Maßregeln des englischen Staatssccretairs. ES dem-'
bald sich um das Recht, an den Küsten der englisch-nordamerikanischen Kolonien Fisch¬
fang (namentlich auf Stockfische und Makrelen) zu treiben. Die Verträge von 1818
sprechen ausschließlich Schiffen unter englischer Flagge das Recht zu,- bis auf eine Ent¬
fernung von drei Meilen von der Küste im ganzen Umkreis der englischen Kolonien zu
fischen. Alle anderen Schiffe — Nordamcnkaner und Franzosen find vorzugsweise bei
diesem Fischfang betheiligt — dürfen nur, von bösem Wetter gezwungen, oder um
Schäden auszubessern, oder um Holz und Wasser einzunehmen, diesen Theil des Mee¬
res befahren. Die englische Regierung folgt jedoch mit ihrer Demarcationslinie nicht
streng dem Umrisse aller einzelnen Theile der Küste, sondern nur dem allgemeinen Um¬
riß, und folgt z. B. nicht der Küste einer tief in's Land gehenden Bucht, selbst wenn
sie breiter als sechs Meilen ist, sondern zieht die Grenze gleich von einer Spitze der
Einfahrt bis zur andern. Dadurch wurden die Nichtengländcr von den besten Stellen
für den Fischfang ausgeschlossen. Die Amerikaner sind aber nicht sehr geneigt, völker¬
rechtliche Bestimmungen zu respectiren, wo sie ihren materiellen Interessen nachtheilig
find. Die Fischer der Vereinigten Staaten ließen sich systematisch immer weitergehende
Uebergriffe zu Schulden kommen, und betrieben immer kecker den Fischfang in den ver¬
botenen Gewässern unter dem Vorgeben, daß der Anspruch Englands, die mehr als
sechs Meilen breiten Buchten in die Demarcationslinie einzuschließen, unberechtigt sei.
Jndirect hat jedoch bereits die Regierung der Vereinigten Staaten die Rechtmäßigkeit
dieses Anspruchs zugestanden. Denn als bereits 1843 in Folge der Wegnahme der
nordamerikanischen Schiffe Washington und Argus ein Conflict zwischen England und
den Vereinigten Staaten drohte, wurde derselbe nach einem sehr lebhaften Notenwechsel
dadurch beendigt, daß der damalige britische Staatssecretair des Auswärtigen, Lord
Aberdeen, den Amerikanern erlaubte, in der Fnndybucht Fischfang zu treiben. Alle
anderen Buchten sollten ihnen nach wie vor verschlossen bleiben. Daß die amerikanische
Regierung diese Erlaubniß als eine Concession annahm, und nicht als ein Recht for¬
derte, beweist, daß sie selbst nicht an der Rechtmäßigkeit der englischen Ansprüche
zweifelte. Seitdem haben sich aber' die Uebergriffe der amerikanischen Fischer immer
wieder erneuert und haben an Ausdehnung zugenommen, wogegen die Beschwerden der
englischen Kolonisten darüber bei dem Whigministcrium wenig Anklang fanden. Kaum
war jedoch das gegenwärtige Ministerium zur Herrschaft gelangt, so änderte sich die
Sache. Earl Derby erinnerte sich recht gut, daß er 18i1 als Colonialsecrctair zuerst
wieder den alten Streit aufgewärmt hatte, Sir I. Pakington, Vergegenwärtige Colonial¬
secrctair, erstannt und beschämt über das Lob, welches die Oppositionsprcsse seiner ver-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/361>, abgerufen am 21.12.2024.