Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.gen, wobei der Letztere jede Idee einer Oppvsitiouöstellnng gegen das Ministe¬ Die Krisis war näher, als man es vermuthete. Narvaez sah die öffentliche" Narvaez, der bei dem unbeständige" und lenksamer Charakter, Jsabella's So trat dieser außerordentliche Mau" zum dritten Mal vor den Ranken gen, wobei der Letztere jede Idee einer Oppvsitiouöstellnng gegen das Ministe¬ Die Krisis war näher, als man es vermuthete. Narvaez sah die öffentliche« Narvaez, der bei dem unbeständige» und lenksamer Charakter, Jsabella's So trat dieser außerordentliche Mau» zum dritten Mal vor den Ranken <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0358" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94799"/> <p xml:id="ID_1083" prev="#ID_1082"> gen, wobei der Letztere jede Idee einer Oppvsitiouöstellnng gegen das Ministe¬<lb/> rium von sich abwies; trotzdem war die Ueberzeugung vorherrschend, daß sein<lb/> Austritt mit dem sinkenden Einflüsse des Narvaez bei Hose im Zusammenhang<lb/> stehe. Die Progressisten, welche ein Moderadocabinet von liberalerer Färbung,<lb/> die dann unvermeidliche Auflösung der Cortes und weit günstigere Chancen des<lb/> Erfolges für sich bei den neuen Wahlen in Aussicht sahen, thaten das Ih¬<lb/> rige, um den ausgeschiedenen Finanzminister zum populairen Helden des Tages<lb/> zu macheu. , »</p><lb/> <p xml:id="ID_1084"> Die Krisis war näher, als man es vermuthete. Narvaez sah die öffentliche«<lb/> Sympathien vou sich abgewendet und seiue Feinde bei Hofe verstärkt durch den<lb/> Hinzutritt der Königin-Mutter. Welche Beweise der Ministerpräsident dafür er¬<lb/> hielt, was bald hernach aller Welt klar wurde, daß Bravo Murillo nämlich nnr<lb/> als das Werkzeug Marie Christine's gegen ihn aufgetreten war, ist nicht be¬<lb/> kannt. Ebensowenig der unmittelbare Anlaß, welcher letztere bewog, plötzlich den<lb/> entschiedenen Gegnern des Herzogs vou Valencia sich beizugesellen. Daß seit<lb/> Narvaez zweitem Ministerium die Freundschaft zwischen beiden für immer erkaltet<lb/> war, ist nicht zu bezweifeln; jedoch hatte die Königin-Mutter bisher die Erhal¬<lb/> tung des Narvaez am Staatsruder für nothwendig angesehen. Aus den That¬<lb/> sachen geht hervor, daß sie die Zeit gekommen glaubte, die dem Hofe lästige<lb/> Macht des erste» Ministers zu brechen und geschmeidigere Staatsmänner zu be¬<lb/> rufen, welche die lauge zurückgedrängte», dnrch die Wendung der allgemeine»<lb/> europäischen Politik aber wieder ermuthigte» Pläne zur Herstellung unumschränkter<lb/> Gewalt vorbereiten sollten. Daß Marie Christine und ihr Gemahl,' der Herzog<lb/> von Rianzares, außerdem ein starkes persönliches Interesse hatten, die Schnldeu-<lb/> regüliruug, zu der sich B. Murillo verpflichtet, vollbracht zu sehen, lassen viele<lb/> Gründe vermuthe».</p><lb/> <p xml:id="ID_1085"> Narvaez, der bei dem unbeständige» und lenksamer Charakter, Jsabella's<lb/> jeden Augenblick des gegen ihn vorbereitete» Streiches gewärtig sein mußte',<lb/> beschloß seinen Gegnern zuvorzukommen »und der Demüthigung eiues unvermeid¬<lb/> lichen Sturzes dadurch zu entgehen, daß er selber seine Entlassung forderte. Di<<lb/> Königin weigerte sich zu wiederholten Malen sie anzunehmen. Der Herzog von<lb/> Valencia versammelte hieraus deu Ministerrath und beschwor seine Kollegen, die<lb/> Annahme seiner Demission zu erwirken, widrigenfalls er sich eine Kugel durch deu<lb/> Kopf jagen würde. Diese seltsame Erklärung, nur begreiflich durch den leiden¬<lb/> schaftlichen Ungestüm, welcher Narvaez eigen, wurde dnrch Pidal der Königin<lb/> überbracht. Jsabella bewilligte nunmehr das Gesuch deS Generals und verab¬<lb/> schiedete sich vou ihm unter Thränen. Noch am Abend desselben Tages (11. Ja¬<lb/> nuar 183-1) verließ Narvaez Madrid, um sich nach Frankreich zu begeben. A>»<lb/> zweiten Tage langte er in Bayonne an, wo er vorläufig seine Reise einstellte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1086" next="#ID_1087"> So trat dieser außerordentliche Mau» zum dritten Mal vor den Ranken</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0358]
gen, wobei der Letztere jede Idee einer Oppvsitiouöstellnng gegen das Ministe¬
rium von sich abwies; trotzdem war die Ueberzeugung vorherrschend, daß sein
Austritt mit dem sinkenden Einflüsse des Narvaez bei Hose im Zusammenhang
stehe. Die Progressisten, welche ein Moderadocabinet von liberalerer Färbung,
die dann unvermeidliche Auflösung der Cortes und weit günstigere Chancen des
Erfolges für sich bei den neuen Wahlen in Aussicht sahen, thaten das Ih¬
rige, um den ausgeschiedenen Finanzminister zum populairen Helden des Tages
zu macheu. , »
Die Krisis war näher, als man es vermuthete. Narvaez sah die öffentliche«
Sympathien vou sich abgewendet und seiue Feinde bei Hofe verstärkt durch den
Hinzutritt der Königin-Mutter. Welche Beweise der Ministerpräsident dafür er¬
hielt, was bald hernach aller Welt klar wurde, daß Bravo Murillo nämlich nnr
als das Werkzeug Marie Christine's gegen ihn aufgetreten war, ist nicht be¬
kannt. Ebensowenig der unmittelbare Anlaß, welcher letztere bewog, plötzlich den
entschiedenen Gegnern des Herzogs vou Valencia sich beizugesellen. Daß seit
Narvaez zweitem Ministerium die Freundschaft zwischen beiden für immer erkaltet
war, ist nicht zu bezweifeln; jedoch hatte die Königin-Mutter bisher die Erhal¬
tung des Narvaez am Staatsruder für nothwendig angesehen. Aus den That¬
sachen geht hervor, daß sie die Zeit gekommen glaubte, die dem Hofe lästige
Macht des erste» Ministers zu brechen und geschmeidigere Staatsmänner zu be¬
rufen, welche die lauge zurückgedrängte», dnrch die Wendung der allgemeine»
europäischen Politik aber wieder ermuthigte» Pläne zur Herstellung unumschränkter
Gewalt vorbereiten sollten. Daß Marie Christine und ihr Gemahl,' der Herzog
von Rianzares, außerdem ein starkes persönliches Interesse hatten, die Schnldeu-
regüliruug, zu der sich B. Murillo verpflichtet, vollbracht zu sehen, lassen viele
Gründe vermuthe».
Narvaez, der bei dem unbeständige» und lenksamer Charakter, Jsabella's
jeden Augenblick des gegen ihn vorbereitete» Streiches gewärtig sein mußte',
beschloß seinen Gegnern zuvorzukommen »und der Demüthigung eiues unvermeid¬
lichen Sturzes dadurch zu entgehen, daß er selber seine Entlassung forderte. Di<
Königin weigerte sich zu wiederholten Malen sie anzunehmen. Der Herzog von
Valencia versammelte hieraus deu Ministerrath und beschwor seine Kollegen, die
Annahme seiner Demission zu erwirken, widrigenfalls er sich eine Kugel durch deu
Kopf jagen würde. Diese seltsame Erklärung, nur begreiflich durch den leiden¬
schaftlichen Ungestüm, welcher Narvaez eigen, wurde dnrch Pidal der Königin
überbracht. Jsabella bewilligte nunmehr das Gesuch deS Generals und verab¬
schiedete sich vou ihm unter Thränen. Noch am Abend desselben Tages (11. Ja¬
nuar 183-1) verließ Narvaez Madrid, um sich nach Frankreich zu begeben. A>»
zweiten Tage langte er in Bayonne an, wo er vorläufig seine Reise einstellte.
So trat dieser außerordentliche Mau» zum dritten Mal vor den Ranken
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