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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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lichen Wasserfluthen herabgerissen worden. Obgleich man einen Centner an einer
Stelle im Muttergestein gefunden hat, so'kann man doch keineswegs behaupten, daß
das Gold irgendwo in großen Massen beisammen gefunden werde; vielmehr scheint
Alles zu dem Schluß zu berechtigen, daß es nur selten in großen Massen vor¬
handen gewesen ist, oder daß sie jedenfalls im Verlauf der Jahrhunderte so
zerbröckelt, und, unter das Geschiebe des Gebirgs vertheilt worden sind, daß es
fast vergeblich sein dürfte, nach Mnttergold zu suchen. Schon die Umrisse diese
Hügel und Berge, fast ohne Ausnahme abgerundet, und mit schroffen Abhängen,
machen es wahrscheinlich, daß die Unregelmäßigkeiten ihrer Oberfläche von Geschiebe
hervorgebracht sind, und geben der Landschaft den eigenthümlichen Charakter,
welcher die Goldfelder auszeichnet. Mau denke sich eine Anzahl gigantischer Heu¬
schober von ö bis -I S00 Fuß Hohe, so dicht zusammengedrängt, als es bei undurch¬
dringlichen Massen von solcher Gestalt nur möglich ist, in Reihen, aber zuweilen
auch isolirt; ihre steilen Abhänge bis auf den Gipfel mit dem dünnen immer¬
grünen, oder vielmehr immerbraunen Busch Australiens bedeckt, und man wird sich
einen ziemlich richtigen Begriff von dem Gvlddistrikt gemacht haben. In den
übrigen Zügen, dem klaren Bach, der sich in dem tiefen Thale um die Felsecken
herumwind?t, oder dem lärmenden Bergstrom der ungestüm durch die Schlucht
tost, gleicht er ganz jedem andern Gebirgslande. Die meisten Flüsse verdienen
jedoch nur uach schweren Regen diesen Namen; zu anderen Zeiten sind sie wenig
mehr als eine Reihe von Wasserpfützen, verbunden dnrch einen dünnen Faden
Wasser, der nur mit Mühe sich einen Weg von einer Pfütze zur andern bahnt;
aber steile Stellen des Ufers, wo oft das Wasser ganze Strecken weggerissen hat,
zeigen hie und da, mit welcher Gewalt manchmal die angeschwollenen Fluthen
dahinstromen. In Neusüdwales nimmt die Gebirgskette den Namen der blauen
Berge an, die in den Anfangszeiten der Kolonie ihrer Ausdehnung eine unüber-
steigliche Schranke zu scheu schienen. Nach vielen vergeblichen Versuchen wurde
sie zum erstenmal 1813 überschritten, und nun, entstand der Bathurstdistrikt, so
genannt nach der damals begründeten Stadt Bathurst. Die Folge der Eröffnung
dieses neuen Gebiets war^ daß die Ansiedler immer weiter nach einem Tristlande für
ihre Schafe suchten, und daß zwei Drittel der kleinen Bevölkerung von 200,000 Köpfen
auf eiuer unermeßlichen Bodenfläche sehr dünne gesäet wohnen; das andere Drittel
wohnt in den Städten. Die besten Thäler im Gebirg sind von Schäferstationen
und kleinen Ansiedlern besetzt, und jahrelang hat man den goldreichen Fluß zu
häuslichen Zwecken benutzt, und den Boden umgepflügt, ohne Gold zu entdecken.
Das mag anfänglich überraschen, aber man darf nicht vergessen, daß .das Gold
so dünne gesäet und in so minutiösen Theilchen im Boden vertheilt ist, daß es sich
blos durch das Waschen entdecken läßt. Die Erde sieht ganz wie gewöhn¬
liche Erde aus. In dieser, Hinsicht schrieb der Entdecker des Golddistriktes,
Mr. Hargrcaves, schon von Kalifornien aus an seinen Bruder: "Ich neige mich


lichen Wasserfluthen herabgerissen worden. Obgleich man einen Centner an einer
Stelle im Muttergestein gefunden hat, so'kann man doch keineswegs behaupten, daß
das Gold irgendwo in großen Massen beisammen gefunden werde; vielmehr scheint
Alles zu dem Schluß zu berechtigen, daß es nur selten in großen Massen vor¬
handen gewesen ist, oder daß sie jedenfalls im Verlauf der Jahrhunderte so
zerbröckelt, und, unter das Geschiebe des Gebirgs vertheilt worden sind, daß es
fast vergeblich sein dürfte, nach Mnttergold zu suchen. Schon die Umrisse diese
Hügel und Berge, fast ohne Ausnahme abgerundet, und mit schroffen Abhängen,
machen es wahrscheinlich, daß die Unregelmäßigkeiten ihrer Oberfläche von Geschiebe
hervorgebracht sind, und geben der Landschaft den eigenthümlichen Charakter,
welcher die Goldfelder auszeichnet. Mau denke sich eine Anzahl gigantischer Heu¬
schober von ö bis -I S00 Fuß Hohe, so dicht zusammengedrängt, als es bei undurch¬
dringlichen Massen von solcher Gestalt nur möglich ist, in Reihen, aber zuweilen
auch isolirt; ihre steilen Abhänge bis auf den Gipfel mit dem dünnen immer¬
grünen, oder vielmehr immerbraunen Busch Australiens bedeckt, und man wird sich
einen ziemlich richtigen Begriff von dem Gvlddistrikt gemacht haben. In den
übrigen Zügen, dem klaren Bach, der sich in dem tiefen Thale um die Felsecken
herumwind?t, oder dem lärmenden Bergstrom der ungestüm durch die Schlucht
tost, gleicht er ganz jedem andern Gebirgslande. Die meisten Flüsse verdienen
jedoch nur uach schweren Regen diesen Namen; zu anderen Zeiten sind sie wenig
mehr als eine Reihe von Wasserpfützen, verbunden dnrch einen dünnen Faden
Wasser, der nur mit Mühe sich einen Weg von einer Pfütze zur andern bahnt;
aber steile Stellen des Ufers, wo oft das Wasser ganze Strecken weggerissen hat,
zeigen hie und da, mit welcher Gewalt manchmal die angeschwollenen Fluthen
dahinstromen. In Neusüdwales nimmt die Gebirgskette den Namen der blauen
Berge an, die in den Anfangszeiten der Kolonie ihrer Ausdehnung eine unüber-
steigliche Schranke zu scheu schienen. Nach vielen vergeblichen Versuchen wurde
sie zum erstenmal 1813 überschritten, und nun, entstand der Bathurstdistrikt, so
genannt nach der damals begründeten Stadt Bathurst. Die Folge der Eröffnung
dieses neuen Gebiets war^ daß die Ansiedler immer weiter nach einem Tristlande für
ihre Schafe suchten, und daß zwei Drittel der kleinen Bevölkerung von 200,000 Köpfen
auf eiuer unermeßlichen Bodenfläche sehr dünne gesäet wohnen; das andere Drittel
wohnt in den Städten. Die besten Thäler im Gebirg sind von Schäferstationen
und kleinen Ansiedlern besetzt, und jahrelang hat man den goldreichen Fluß zu
häuslichen Zwecken benutzt, und den Boden umgepflügt, ohne Gold zu entdecken.
Das mag anfänglich überraschen, aber man darf nicht vergessen, daß .das Gold
so dünne gesäet und in so minutiösen Theilchen im Boden vertheilt ist, daß es sich
blos durch das Waschen entdecken läßt. Die Erde sieht ganz wie gewöhn¬
liche Erde aus. In dieser, Hinsicht schrieb der Entdecker des Golddistriktes,
Mr. Hargrcaves, schon von Kalifornien aus an seinen Bruder: „Ich neige mich


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[0294] lichen Wasserfluthen herabgerissen worden. Obgleich man einen Centner an einer Stelle im Muttergestein gefunden hat, so'kann man doch keineswegs behaupten, daß das Gold irgendwo in großen Massen beisammen gefunden werde; vielmehr scheint Alles zu dem Schluß zu berechtigen, daß es nur selten in großen Massen vor¬ handen gewesen ist, oder daß sie jedenfalls im Verlauf der Jahrhunderte so zerbröckelt, und, unter das Geschiebe des Gebirgs vertheilt worden sind, daß es fast vergeblich sein dürfte, nach Mnttergold zu suchen. Schon die Umrisse diese Hügel und Berge, fast ohne Ausnahme abgerundet, und mit schroffen Abhängen, machen es wahrscheinlich, daß die Unregelmäßigkeiten ihrer Oberfläche von Geschiebe hervorgebracht sind, und geben der Landschaft den eigenthümlichen Charakter, welcher die Goldfelder auszeichnet. Mau denke sich eine Anzahl gigantischer Heu¬ schober von ö bis -I S00 Fuß Hohe, so dicht zusammengedrängt, als es bei undurch¬ dringlichen Massen von solcher Gestalt nur möglich ist, in Reihen, aber zuweilen auch isolirt; ihre steilen Abhänge bis auf den Gipfel mit dem dünnen immer¬ grünen, oder vielmehr immerbraunen Busch Australiens bedeckt, und man wird sich einen ziemlich richtigen Begriff von dem Gvlddistrikt gemacht haben. In den übrigen Zügen, dem klaren Bach, der sich in dem tiefen Thale um die Felsecken herumwind?t, oder dem lärmenden Bergstrom der ungestüm durch die Schlucht tost, gleicht er ganz jedem andern Gebirgslande. Die meisten Flüsse verdienen jedoch nur uach schweren Regen diesen Namen; zu anderen Zeiten sind sie wenig mehr als eine Reihe von Wasserpfützen, verbunden dnrch einen dünnen Faden Wasser, der nur mit Mühe sich einen Weg von einer Pfütze zur andern bahnt; aber steile Stellen des Ufers, wo oft das Wasser ganze Strecken weggerissen hat, zeigen hie und da, mit welcher Gewalt manchmal die angeschwollenen Fluthen dahinstromen. In Neusüdwales nimmt die Gebirgskette den Namen der blauen Berge an, die in den Anfangszeiten der Kolonie ihrer Ausdehnung eine unüber- steigliche Schranke zu scheu schienen. Nach vielen vergeblichen Versuchen wurde sie zum erstenmal 1813 überschritten, und nun, entstand der Bathurstdistrikt, so genannt nach der damals begründeten Stadt Bathurst. Die Folge der Eröffnung dieses neuen Gebiets war^ daß die Ansiedler immer weiter nach einem Tristlande für ihre Schafe suchten, und daß zwei Drittel der kleinen Bevölkerung von 200,000 Köpfen auf eiuer unermeßlichen Bodenfläche sehr dünne gesäet wohnen; das andere Drittel wohnt in den Städten. Die besten Thäler im Gebirg sind von Schäferstationen und kleinen Ansiedlern besetzt, und jahrelang hat man den goldreichen Fluß zu häuslichen Zwecken benutzt, und den Boden umgepflügt, ohne Gold zu entdecken. Das mag anfänglich überraschen, aber man darf nicht vergessen, daß .das Gold so dünne gesäet und in so minutiösen Theilchen im Boden vertheilt ist, daß es sich blos durch das Waschen entdecken läßt. Die Erde sieht ganz wie gewöhn¬ liche Erde aus. In dieser, Hinsicht schrieb der Entdecker des Golddistriktes, Mr. Hargrcaves, schon von Kalifornien aus an seinen Bruder: „Ich neige mich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/294>, abgerufen am 22.12.2024.