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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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Fleisches zeigt, allerdings mit vollkommenster Virtuosität ausgeführt). Das letzte seiner
Werke war die Sappho im diesjährigen Salon, über die wir bereits berichtet haben.
-- In den christlichen Gcgenstän'den war Pradicr ganz schwach. Er behielt auch hier >
die graziöse Leichtfertigkeit'der französisch classischen Schule bei, die dem Gegenstande
so wenig als irgend möglich angemessen war.--

Prof. Keller's mimisch-plastische Vorstellungen. Wenn es nicht die
Bestimmung dieses Blattes ist, Schaustellungen der niederen Gattung, wie Kunstreiter
Akrobaten und Taschenspieler zu besprechen, so mag diesmal eine Ausnahme gestattet
sein, nicht weil wir Professor Keller'S Productionen sür höherer Gattung hielten,
sondern weil wir doch ''einmal von der demoralisirenden Wirkung der Tagcskritik
Notiz nehmen müssen, die bei diesen Gaukeleien von "ächt künstlerischer Genialität der
Erfindung," "hoher Klassicität Der Formation" und von "Ästhetischer Segenswirkung"
faselt, ja schließlich nach den wohlmeinenden Wunsch ausspricht, daß Herr Keller's
Vorstellungen immer mehr und mehr von einem strebsamen Publicum frequentirt werden
möchten, damit sich ästhetische Bildung und Sinn für das wahre Schöne allgemeiner
verbreiten könnten. -- Prof. Keller giebt aus einer Scheibe eine Nebeneinanderstelln"-;
von Figuren, die er Gruppe nennt'und verschiedenartig betitelt, als: Triumph der
Galathea, Fest der Cythere; Amazoncnschlacht u. s. w., wobei er in den einzelnen Figuren
theils vorhandene moderne plastische Kunstwerke copirt, theils aus eigener Erfindung die un¬
erwartetsten und unnatürlichsten Stellungen, als daS freie Schwelln in der Luft, Springen,
Stürzen u. tgi. zur Schau bringt. Um nun dem Auge recht viel zu bieten, läßt er.
die Scheibe sich langsam drehen, so daß wie beim Anblicke eines Carronsells eine Figur
"'"h der andern allmählich Seiten, Vorder- und Rückenansicht gewährend, vorüberschwebt,
wobei ihm die Uebelstände gleichgiltig sind, daß schwerlich eine Gruppe gestellt werden
kann, die von allen Seiten einen günstigen Anblick gestattete, daß aber mich der wich¬
tige Vortheil einer scharf bestimmten, von einem einzigen Punkte ausgehenden Beleuch¬
tung verloren geht, weil diese sich nur für eine Ansicht berechnen läßt, und daß somit
ni" allseitiges, gleichmäßiges Licht ohne entschiedenen Schatten das Ganze fad und
nüchtern erscheinen lassen muß. --

Was die Erfindung der Motive anlangt, so zeigt diese im Allgemeinen einen be¬
dauerlichen Mangel an Ueberlegung, wie denn z. B. Flora mit einem Spiegel erscheint,
der Winter sich mit fröstelnder Geberde an einem Feuer unter einem frisch grünenden
Baume wärmt, Karyatiden von Fleisch und Blut mit bunten Gewändern die Muschel¬
schale einer Fontaine tragen n. s. w.; doch ließen sich vielleicht derartige Verstöße über¬
sehen, wenn sie gefällig uni> in schöner Form dargestellt wären, aber eben bei der Dar¬
stellung zeigt sich der Ungeschmack und das aller Kunst Widerstrebende im höchsten
Grade' -- 'Wenn es schon zu mißbilligen ist, daß ein Werk der Malerei durch lebende
Personen dargestellt und dadurch uns seiner idealen Sphäre in die der wirklichen Realität
herabgezogen wird, weil es dann eben dessen beraubt wird, was es zum Kunstwerke er¬
hoben hat, wenn es unerträglich ist, wenn dasselbe mit einem Werke der Plastik geschieht,
wo außer den erwähnten Uebelständen noch der hinzutritt, daß dem nur der Form wegen
geschaffenen Werke dnrch Hinzuthun der Farbe -- die die Malerei wenigstens annährend
"och mit der Natur gemei" hatte -- alle Harmonie und innere Consequenz genommen
wird, so wird ein solches Verfahren vollständig widerwärtig, wenn dabei ohne alle Aus¬
wahl,-ja sogar mit absichtlicher Bevorzugung des Undarstellbaren zu Werke gegangen
wird, und undarstellbar ist hier Alles, was sich nicht fixiren läßt, was in der Natur
nur augenblickliche Dauer hat, "ut einem Worte alle Bewegung. Die Kunst vermag
Bewegung darzustellen, indem sie den Gegenstand in seiner- augenblicklichen Erscheinung
zugleich mit der Ursache dieser Erscheinung auffaßt und festhält, der lebendige Körper
vermag den, Augenblicke keine Dauer zu geben und die Erscheinung einer momentanen


Fleisches zeigt, allerdings mit vollkommenster Virtuosität ausgeführt). Das letzte seiner
Werke war die Sappho im diesjährigen Salon, über die wir bereits berichtet haben.
— In den christlichen Gcgenstän'den war Pradicr ganz schwach. Er behielt auch hier >
die graziöse Leichtfertigkeit'der französisch classischen Schule bei, die dem Gegenstande
so wenig als irgend möglich angemessen war.--

Prof. Keller's mimisch-plastische Vorstellungen. Wenn es nicht die
Bestimmung dieses Blattes ist, Schaustellungen der niederen Gattung, wie Kunstreiter
Akrobaten und Taschenspieler zu besprechen, so mag diesmal eine Ausnahme gestattet
sein, nicht weil wir Professor Keller'S Productionen sür höherer Gattung hielten,
sondern weil wir doch ''einmal von der demoralisirenden Wirkung der Tagcskritik
Notiz nehmen müssen, die bei diesen Gaukeleien von „ächt künstlerischer Genialität der
Erfindung," „hoher Klassicität Der Formation" und von „Ästhetischer Segenswirkung"
faselt, ja schließlich nach den wohlmeinenden Wunsch ausspricht, daß Herr Keller's
Vorstellungen immer mehr und mehr von einem strebsamen Publicum frequentirt werden
möchten, damit sich ästhetische Bildung und Sinn für das wahre Schöne allgemeiner
verbreiten könnten. — Prof. Keller giebt aus einer Scheibe eine Nebeneinanderstelln»-;
von Figuren, die er Gruppe nennt'und verschiedenartig betitelt, als: Triumph der
Galathea, Fest der Cythere; Amazoncnschlacht u. s. w., wobei er in den einzelnen Figuren
theils vorhandene moderne plastische Kunstwerke copirt, theils aus eigener Erfindung die un¬
erwartetsten und unnatürlichsten Stellungen, als daS freie Schwelln in der Luft, Springen,
Stürzen u. tgi. zur Schau bringt. Um nun dem Auge recht viel zu bieten, läßt er.
die Scheibe sich langsam drehen, so daß wie beim Anblicke eines Carronsells eine Figur
"'"h der andern allmählich Seiten, Vorder- und Rückenansicht gewährend, vorüberschwebt,
wobei ihm die Uebelstände gleichgiltig sind, daß schwerlich eine Gruppe gestellt werden
kann, die von allen Seiten einen günstigen Anblick gestattete, daß aber mich der wich¬
tige Vortheil einer scharf bestimmten, von einem einzigen Punkte ausgehenden Beleuch¬
tung verloren geht, weil diese sich nur für eine Ansicht berechnen läßt, und daß somit
ni» allseitiges, gleichmäßiges Licht ohne entschiedenen Schatten das Ganze fad und
nüchtern erscheinen lassen muß. —

Was die Erfindung der Motive anlangt, so zeigt diese im Allgemeinen einen be¬
dauerlichen Mangel an Ueberlegung, wie denn z. B. Flora mit einem Spiegel erscheint,
der Winter sich mit fröstelnder Geberde an einem Feuer unter einem frisch grünenden
Baume wärmt, Karyatiden von Fleisch und Blut mit bunten Gewändern die Muschel¬
schale einer Fontaine tragen n. s. w.; doch ließen sich vielleicht derartige Verstöße über¬
sehen, wenn sie gefällig uni> in schöner Form dargestellt wären, aber eben bei der Dar¬
stellung zeigt sich der Ungeschmack und das aller Kunst Widerstrebende im höchsten
Grade' — 'Wenn es schon zu mißbilligen ist, daß ein Werk der Malerei durch lebende
Personen dargestellt und dadurch uns seiner idealen Sphäre in die der wirklichen Realität
herabgezogen wird, weil es dann eben dessen beraubt wird, was es zum Kunstwerke er¬
hoben hat, wenn es unerträglich ist, wenn dasselbe mit einem Werke der Plastik geschieht,
wo außer den erwähnten Uebelständen noch der hinzutritt, daß dem nur der Form wegen
geschaffenen Werke dnrch Hinzuthun der Farbe — die die Malerei wenigstens annährend
»och mit der Natur gemei» hatte — alle Harmonie und innere Consequenz genommen
wird, so wird ein solches Verfahren vollständig widerwärtig, wenn dabei ohne alle Aus¬
wahl,-ja sogar mit absichtlicher Bevorzugung des Undarstellbaren zu Werke gegangen
wird, und undarstellbar ist hier Alles, was sich nicht fixiren läßt, was in der Natur
nur augenblickliche Dauer hat, »ut einem Worte alle Bewegung. Die Kunst vermag
Bewegung darzustellen, indem sie den Gegenstand in seiner- augenblicklichen Erscheinung
zugleich mit der Ursache dieser Erscheinung auffaßt und festhält, der lebendige Körper
vermag den, Augenblicke keine Dauer zu geben und die Erscheinung einer momentanen


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[0289] Fleisches zeigt, allerdings mit vollkommenster Virtuosität ausgeführt). Das letzte seiner Werke war die Sappho im diesjährigen Salon, über die wir bereits berichtet haben. — In den christlichen Gcgenstän'den war Pradicr ganz schwach. Er behielt auch hier > die graziöse Leichtfertigkeit'der französisch classischen Schule bei, die dem Gegenstande so wenig als irgend möglich angemessen war.-- Prof. Keller's mimisch-plastische Vorstellungen. Wenn es nicht die Bestimmung dieses Blattes ist, Schaustellungen der niederen Gattung, wie Kunstreiter Akrobaten und Taschenspieler zu besprechen, so mag diesmal eine Ausnahme gestattet sein, nicht weil wir Professor Keller'S Productionen sür höherer Gattung hielten, sondern weil wir doch ''einmal von der demoralisirenden Wirkung der Tagcskritik Notiz nehmen müssen, die bei diesen Gaukeleien von „ächt künstlerischer Genialität der Erfindung," „hoher Klassicität Der Formation" und von „Ästhetischer Segenswirkung" faselt, ja schließlich nach den wohlmeinenden Wunsch ausspricht, daß Herr Keller's Vorstellungen immer mehr und mehr von einem strebsamen Publicum frequentirt werden möchten, damit sich ästhetische Bildung und Sinn für das wahre Schöne allgemeiner verbreiten könnten. — Prof. Keller giebt aus einer Scheibe eine Nebeneinanderstelln»-; von Figuren, die er Gruppe nennt'und verschiedenartig betitelt, als: Triumph der Galathea, Fest der Cythere; Amazoncnschlacht u. s. w., wobei er in den einzelnen Figuren theils vorhandene moderne plastische Kunstwerke copirt, theils aus eigener Erfindung die un¬ erwartetsten und unnatürlichsten Stellungen, als daS freie Schwelln in der Luft, Springen, Stürzen u. tgi. zur Schau bringt. Um nun dem Auge recht viel zu bieten, läßt er. die Scheibe sich langsam drehen, so daß wie beim Anblicke eines Carronsells eine Figur "'"h der andern allmählich Seiten, Vorder- und Rückenansicht gewährend, vorüberschwebt, wobei ihm die Uebelstände gleichgiltig sind, daß schwerlich eine Gruppe gestellt werden kann, die von allen Seiten einen günstigen Anblick gestattete, daß aber mich der wich¬ tige Vortheil einer scharf bestimmten, von einem einzigen Punkte ausgehenden Beleuch¬ tung verloren geht, weil diese sich nur für eine Ansicht berechnen läßt, und daß somit ni» allseitiges, gleichmäßiges Licht ohne entschiedenen Schatten das Ganze fad und nüchtern erscheinen lassen muß. — Was die Erfindung der Motive anlangt, so zeigt diese im Allgemeinen einen be¬ dauerlichen Mangel an Ueberlegung, wie denn z. B. Flora mit einem Spiegel erscheint, der Winter sich mit fröstelnder Geberde an einem Feuer unter einem frisch grünenden Baume wärmt, Karyatiden von Fleisch und Blut mit bunten Gewändern die Muschel¬ schale einer Fontaine tragen n. s. w.; doch ließen sich vielleicht derartige Verstöße über¬ sehen, wenn sie gefällig uni> in schöner Form dargestellt wären, aber eben bei der Dar¬ stellung zeigt sich der Ungeschmack und das aller Kunst Widerstrebende im höchsten Grade' — 'Wenn es schon zu mißbilligen ist, daß ein Werk der Malerei durch lebende Personen dargestellt und dadurch uns seiner idealen Sphäre in die der wirklichen Realität herabgezogen wird, weil es dann eben dessen beraubt wird, was es zum Kunstwerke er¬ hoben hat, wenn es unerträglich ist, wenn dasselbe mit einem Werke der Plastik geschieht, wo außer den erwähnten Uebelständen noch der hinzutritt, daß dem nur der Form wegen geschaffenen Werke dnrch Hinzuthun der Farbe — die die Malerei wenigstens annährend »och mit der Natur gemei» hatte — alle Harmonie und innere Consequenz genommen wird, so wird ein solches Verfahren vollständig widerwärtig, wenn dabei ohne alle Aus¬ wahl,-ja sogar mit absichtlicher Bevorzugung des Undarstellbaren zu Werke gegangen wird, und undarstellbar ist hier Alles, was sich nicht fixiren läßt, was in der Natur nur augenblickliche Dauer hat, »ut einem Worte alle Bewegung. Die Kunst vermag Bewegung darzustellen, indem sie den Gegenstand in seiner- augenblicklichen Erscheinung zugleich mit der Ursache dieser Erscheinung auffaßt und festhält, der lebendige Körper vermag den, Augenblicke keine Dauer zu geben und die Erscheinung einer momentanen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/289>, abgerufen am 22.12.2024.