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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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Unzufriedenheit mit der Verwaltung, Pest und andere Unglücksfälle vertrieben
später einen großen Theil der Franken,, doch kamen andere Ansiedler wieder/
hauptsächlich aus Franken und Thüringens Zwischen ihnen erhielten sich aber
auch niederdeutsche (die Ureinwohner). So kommt es, daß auf dem Oberharze
Beides zu finden ist: oberdeutsches und niederdeutsches Idiom, ja in einigen
Ortschaften sogar Beides zusammen. Am consequentesten durchgebildet ist das
Oberdeutsche in Zellerfeld, Clausthal, Wildemann, Alkman (wo indessen gleichzeitig
niederdeutsch geredet wird). In Grund, so wie in den Dörfern Lerbach, Bnn-
tenbock, Kamschlackcn, Niefensbeek, anch in Brannlage, Elend, Rothehütte und
Königshof wird nur niederdeutsch, geredet. In Se. Andreasberg, nächst Claus¬
thal und Zellerfeld der wichtigsten Bergstadt, ist viel Thüringisches, namentlich
Hohcnsteinsches, obgleich das Fränkische überwiegt. Herr Pastor G. Schulze
in Alkman, der wackere Schüler Jacob Grimm's, hat die deutsche Sprachwissen¬
schaft mit dem bezeichneten oberdeutschen Dialekte genau bekannt gemacht und ihn
das Harzfränkisch getauft, während er von den Bewohnern des Oberharzes und
selbst von den niedersächsischen Ureinwohnern schlechthin die Harzsprache genannt
wird, wie man denn den Oberharz hier schlechtweg den Harz nennt. Der hannö-
versche Bergmann, der Harzfranke (die Niederdeutschen sind mehr Waldarbeiter,
und beim Silberbergbau wenig, mehr schon in den Eisengruben, beschäftigt) ist
daher der eigentliche Patriot des Harzgebirges, und die "Harzsprache" ist ihm
ein theures Vermächtniß. Die von Schulze gesammelten Harzgedichte -- gemütl>
liebe Gedichte im Dialekt aus der neuesten Zeit^ meist von gewöhnlichen Berg¬
leuten -- sind in allen Häusern; sie sind sogar componirt und werden zur Zither
gesungen, obgleich es mehr idyllische Beschreibungen und Reflexionen als Lieder,
sind. Noch in den letzten Nummern der "öffentlichen Anzeigen für den Harz"
wird der Harzfranke aufgefordert,/seine Sprache in Ehren zu halten, denn, heißt
es in der Aufforderung:


Is arscht uunre Schprvhch noch wack
Denn leid gens der Harz in Drcick.-----
Die Gelehrten ah un Kluhng
Schprohchcn: "Umire Schprvhch wär gut!"
Denn zu Alles Pastse prächtig,
Sie ärscht geh dann ftehling Muth.
Harzer Schprohch, un Schwarz, Grien, Gold >
Schwärt drauf, hielt dann, ewig hold.-----
Kling, sulcmg noch Vugel flicng,
In den Hols de Tann noch griene,
Jwer" Harz noch Wolken ziehn,
Un ä Barkmann hie noch frichnt,
Harzer Schprvhch um Harzer Galt
Bes zum Untergang der Walt!

Unzufriedenheit mit der Verwaltung, Pest und andere Unglücksfälle vertrieben
später einen großen Theil der Franken,, doch kamen andere Ansiedler wieder/
hauptsächlich aus Franken und Thüringens Zwischen ihnen erhielten sich aber
auch niederdeutsche (die Ureinwohner). So kommt es, daß auf dem Oberharze
Beides zu finden ist: oberdeutsches und niederdeutsches Idiom, ja in einigen
Ortschaften sogar Beides zusammen. Am consequentesten durchgebildet ist das
Oberdeutsche in Zellerfeld, Clausthal, Wildemann, Alkman (wo indessen gleichzeitig
niederdeutsch geredet wird). In Grund, so wie in den Dörfern Lerbach, Bnn-
tenbock, Kamschlackcn, Niefensbeek, anch in Brannlage, Elend, Rothehütte und
Königshof wird nur niederdeutsch, geredet. In Se. Andreasberg, nächst Claus¬
thal und Zellerfeld der wichtigsten Bergstadt, ist viel Thüringisches, namentlich
Hohcnsteinsches, obgleich das Fränkische überwiegt. Herr Pastor G. Schulze
in Alkman, der wackere Schüler Jacob Grimm's, hat die deutsche Sprachwissen¬
schaft mit dem bezeichneten oberdeutschen Dialekte genau bekannt gemacht und ihn
das Harzfränkisch getauft, während er von den Bewohnern des Oberharzes und
selbst von den niedersächsischen Ureinwohnern schlechthin die Harzsprache genannt
wird, wie man denn den Oberharz hier schlechtweg den Harz nennt. Der hannö-
versche Bergmann, der Harzfranke (die Niederdeutschen sind mehr Waldarbeiter,
und beim Silberbergbau wenig, mehr schon in den Eisengruben, beschäftigt) ist
daher der eigentliche Patriot des Harzgebirges, und die „Harzsprache" ist ihm
ein theures Vermächtniß. Die von Schulze gesammelten Harzgedichte — gemütl>
liebe Gedichte im Dialekt aus der neuesten Zeit^ meist von gewöhnlichen Berg¬
leuten — sind in allen Häusern; sie sind sogar componirt und werden zur Zither
gesungen, obgleich es mehr idyllische Beschreibungen und Reflexionen als Lieder,
sind. Noch in den letzten Nummern der „öffentlichen Anzeigen für den Harz"
wird der Harzfranke aufgefordert,/seine Sprache in Ehren zu halten, denn, heißt
es in der Aufforderung:


Is arscht uunre Schprvhch noch wack
Denn leid gens der Harz in Drcick.---—
Die Gelehrten ah un Kluhng
Schprohchcn: „Umire Schprvhch wär gut!"
Denn zu Alles Pastse prächtig,
Sie ärscht geh dann ftehling Muth.
Harzer Schprohch, un Schwarz, Grien, Gold >
Schwärt drauf, hielt dann, ewig hold.---—
Kling, sulcmg noch Vugel flicng,
In den Hols de Tann noch griene,
Jwer» Harz noch Wolken ziehn,
Un ä Barkmann hie noch frichnt,
Harzer Schprvhch um Harzer Galt
Bes zum Untergang der Walt!

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[0023] Unzufriedenheit mit der Verwaltung, Pest und andere Unglücksfälle vertrieben später einen großen Theil der Franken,, doch kamen andere Ansiedler wieder/ hauptsächlich aus Franken und Thüringens Zwischen ihnen erhielten sich aber auch niederdeutsche (die Ureinwohner). So kommt es, daß auf dem Oberharze Beides zu finden ist: oberdeutsches und niederdeutsches Idiom, ja in einigen Ortschaften sogar Beides zusammen. Am consequentesten durchgebildet ist das Oberdeutsche in Zellerfeld, Clausthal, Wildemann, Alkman (wo indessen gleichzeitig niederdeutsch geredet wird). In Grund, so wie in den Dörfern Lerbach, Bnn- tenbock, Kamschlackcn, Niefensbeek, anch in Brannlage, Elend, Rothehütte und Königshof wird nur niederdeutsch, geredet. In Se. Andreasberg, nächst Claus¬ thal und Zellerfeld der wichtigsten Bergstadt, ist viel Thüringisches, namentlich Hohcnsteinsches, obgleich das Fränkische überwiegt. Herr Pastor G. Schulze in Alkman, der wackere Schüler Jacob Grimm's, hat die deutsche Sprachwissen¬ schaft mit dem bezeichneten oberdeutschen Dialekte genau bekannt gemacht und ihn das Harzfränkisch getauft, während er von den Bewohnern des Oberharzes und selbst von den niedersächsischen Ureinwohnern schlechthin die Harzsprache genannt wird, wie man denn den Oberharz hier schlechtweg den Harz nennt. Der hannö- versche Bergmann, der Harzfranke (die Niederdeutschen sind mehr Waldarbeiter, und beim Silberbergbau wenig, mehr schon in den Eisengruben, beschäftigt) ist daher der eigentliche Patriot des Harzgebirges, und die „Harzsprache" ist ihm ein theures Vermächtniß. Die von Schulze gesammelten Harzgedichte — gemütl> liebe Gedichte im Dialekt aus der neuesten Zeit^ meist von gewöhnlichen Berg¬ leuten — sind in allen Häusern; sie sind sogar componirt und werden zur Zither gesungen, obgleich es mehr idyllische Beschreibungen und Reflexionen als Lieder, sind. Noch in den letzten Nummern der „öffentlichen Anzeigen für den Harz" wird der Harzfranke aufgefordert,/seine Sprache in Ehren zu halten, denn, heißt es in der Aufforderung: Is arscht uunre Schprvhch noch wack Denn leid gens der Harz in Drcick.---— Die Gelehrten ah un Kluhng Schprohchcn: „Umire Schprvhch wär gut!" Denn zu Alles Pastse prächtig, Sie ärscht geh dann ftehling Muth. Harzer Schprohch, un Schwarz, Grien, Gold > Schwärt drauf, hielt dann, ewig hold.---— Kling, sulcmg noch Vugel flicng, In den Hols de Tann noch griene, Jwer» Harz noch Wolken ziehn, Un ä Barkmann hie noch frichnt, Harzer Schprvhch um Harzer Galt Bes zum Untergang der Walt!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/23>, abgerufen am 22.12.2024.