Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.als wol gegenwärtig, wie wir aus anderen thüringischen Berichten jener Zeit Während die Verminderung der Pferdezucht uns die Auflösung des alten Diese Zunahme verdanken wir der Einführung der Kartoffeln, dem Anbaue So giebt uns der statistische Vergleich der alten Zeit und der Gegenwart Alle übrige Production ist in Deutschland noch gegenwärtig fast durchweg Es fällt dem Schreiber dieser Zeilen nicht ein, zu behaupten, daß das vor- als wol gegenwärtig, wie wir aus anderen thüringischen Berichten jener Zeit Während die Verminderung der Pferdezucht uns die Auflösung des alten Diese Zunahme verdanken wir der Einführung der Kartoffeln, dem Anbaue So giebt uns der statistische Vergleich der alten Zeit und der Gegenwart Alle übrige Production ist in Deutschland noch gegenwärtig fast durchweg Es fällt dem Schreiber dieser Zeilen nicht ein, zu behaupten, daß das vor- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0220" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94661"/> <p xml:id="ID_709" prev="#ID_708"> als wol gegenwärtig, wie wir aus anderen thüringischen Berichten jener Zeit<lb/> wissen.</p><lb/> <p xml:id="ID_710"> Während die Verminderung der Pferdezucht uns die Auflösung des alten<lb/> geschlossenen Grundbesitzes andeutet, welche zur Befreiung des Landmannes von<lb/> dem Druck des großen Grundbesitzes geführt hat, aber auch zu nachteiliger Zer¬<lb/> splitterung des Bodens, so zeigt die Zunahme des Rindviehstandes seit 163i<lb/> einen entschiedenen Fortschritt in dem ländlichen Wohlstand.</p><lb/> <p xml:id="ID_711"> Diese Zunahme verdanken wir der Einführung der Kartoffeln, dem Anbaue<lb/> von Futterkräutern und der verbesserten Wiesencultnr. Und doch haben diese<lb/> großen Reformen in der Landwirthschaft, welche alle in die letzten hundert Jahre,<lb/> ja erst in die neueste Zeit fallen, in dem vorliegenden Beispiel nur die Wirkung<lb/> gehabt, den Rindviehstand um den vierten Theil zu vermehren, im Ganzen be¬<lb/> trachtet, kein überraschendes Resultat.</p><lb/> <p xml:id="ID_712"> So giebt uns der statistische Vergleich der alten Zeit und der Gegenwart<lb/> die Ueberzeugung, daß bei dem vorliegenden Falle die Production und der Wohl¬<lb/> stand der ländlichen Bevölkerung seit etwas mehr als 200 Jahren nur um wenig<lb/> zugenommen hat, daß aber allerdings die Einnahmen jetzt anders getheilt sind,<lb/> und in kleinere Parcellen auseinander fallen. Es produciren,viel mehr Einzelne<lb/> in freiem Besitz, dagegen fallen auch die Reinertrage in kleinere Parcellen aus¬<lb/> einander. Wir haben keinen Grund, darüber zu klagen, obgleich der Reinertrag<lb/> bei der gegenwärtigen Vertheilung des Grund und Bodens in Thüringen manch¬<lb/> mal ganz schwindet; noch weniger wollen wir die alte Zeit zurücksehnen, und<lb/> Alles das, was damals mit der größern Vereinigung des Grund und Bodens<lb/> in einer Hand verbunden war. Aber es ist immerhin nützlich zu wissen, daß<lb/> erst die Einführung der Kartoffeln und Futterkräuter und neuere Verbesserungen<lb/> der Landwirthschaft das Land in den Stand gesetzt hat, so viel Menschen und<lb/> einen etwas größern Viehstand zu erhalten, als vor dem 30jährigen Kriege be¬<lb/> reits im Lande lebten.</p><lb/> <p xml:id="ID_713"> Alle übrige Production ist in Deutschland noch gegenwärtig fast durchweg<lb/> abhängig von der landwirtschaftlichen; die gewerbliche des Handwerks am meisten,<lb/> und wenn die moderne Maschinenindustrie auch angefangen hat, in einem bedeu¬<lb/> tenden Exportgeschäft die Capitalien des Auslandes in unsre Gegend hereinzu¬<lb/> ziehen, um die menschliche Existenz in der Gegenwart bedürfnißreicher und des¬<lb/> halb farbiger und menschlich schöner zu machen, so ist dagegen der frühere große<lb/> Transitohandel Deutschlands und der Verkehr mit dem östlichen Europa geringer<lb/> geworden, als er zu Eude des 16. Jahrhunderts war, und deshalb werden die<lb/> Wirkungen, welche das moderne industrielle Leben auf den Wohlstand des Volkes<lb/> ausübt, in Zahlen gefaßt, gegenwärtig noch nicht viel mehr ausdrücken, als eine<lb/> Reparatur des alten, furchtbaren Verlustes..</p><lb/> <p xml:id="ID_714" next="#ID_715"> Es fällt dem Schreiber dieser Zeilen nicht ein, zu behaupten, daß das vor-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0220]
als wol gegenwärtig, wie wir aus anderen thüringischen Berichten jener Zeit
wissen.
Während die Verminderung der Pferdezucht uns die Auflösung des alten
geschlossenen Grundbesitzes andeutet, welche zur Befreiung des Landmannes von
dem Druck des großen Grundbesitzes geführt hat, aber auch zu nachteiliger Zer¬
splitterung des Bodens, so zeigt die Zunahme des Rindviehstandes seit 163i
einen entschiedenen Fortschritt in dem ländlichen Wohlstand.
Diese Zunahme verdanken wir der Einführung der Kartoffeln, dem Anbaue
von Futterkräutern und der verbesserten Wiesencultnr. Und doch haben diese
großen Reformen in der Landwirthschaft, welche alle in die letzten hundert Jahre,
ja erst in die neueste Zeit fallen, in dem vorliegenden Beispiel nur die Wirkung
gehabt, den Rindviehstand um den vierten Theil zu vermehren, im Ganzen be¬
trachtet, kein überraschendes Resultat.
So giebt uns der statistische Vergleich der alten Zeit und der Gegenwart
die Ueberzeugung, daß bei dem vorliegenden Falle die Production und der Wohl¬
stand der ländlichen Bevölkerung seit etwas mehr als 200 Jahren nur um wenig
zugenommen hat, daß aber allerdings die Einnahmen jetzt anders getheilt sind,
und in kleinere Parcellen auseinander fallen. Es produciren,viel mehr Einzelne
in freiem Besitz, dagegen fallen auch die Reinertrage in kleinere Parcellen aus¬
einander. Wir haben keinen Grund, darüber zu klagen, obgleich der Reinertrag
bei der gegenwärtigen Vertheilung des Grund und Bodens in Thüringen manch¬
mal ganz schwindet; noch weniger wollen wir die alte Zeit zurücksehnen, und
Alles das, was damals mit der größern Vereinigung des Grund und Bodens
in einer Hand verbunden war. Aber es ist immerhin nützlich zu wissen, daß
erst die Einführung der Kartoffeln und Futterkräuter und neuere Verbesserungen
der Landwirthschaft das Land in den Stand gesetzt hat, so viel Menschen und
einen etwas größern Viehstand zu erhalten, als vor dem 30jährigen Kriege be¬
reits im Lande lebten.
Alle übrige Production ist in Deutschland noch gegenwärtig fast durchweg
abhängig von der landwirtschaftlichen; die gewerbliche des Handwerks am meisten,
und wenn die moderne Maschinenindustrie auch angefangen hat, in einem bedeu¬
tenden Exportgeschäft die Capitalien des Auslandes in unsre Gegend hereinzu¬
ziehen, um die menschliche Existenz in der Gegenwart bedürfnißreicher und des¬
halb farbiger und menschlich schöner zu machen, so ist dagegen der frühere große
Transitohandel Deutschlands und der Verkehr mit dem östlichen Europa geringer
geworden, als er zu Eude des 16. Jahrhunderts war, und deshalb werden die
Wirkungen, welche das moderne industrielle Leben auf den Wohlstand des Volkes
ausübt, in Zahlen gefaßt, gegenwärtig noch nicht viel mehr ausdrücken, als eine
Reparatur des alten, furchtbaren Verlustes..
Es fällt dem Schreiber dieser Zeilen nicht ein, zu behaupten, daß das vor-
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