Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.bloße Diener des Königs selber öfters bezeichnet hat; und wenn die "Zeit" von den wirk¬ Wir müsse", und zwar in der vollsten Aufrichtigkeit, jede Schmälerung des kö¬ Nun hat sich unter den sogenannten Royalisten die Ansicht festgesetzt, eine parla¬ ^ Nachtrag. -- Also eine neue Ueberraschung! Nach drei Tagen freiwilliger Grenzboten. III. 18S2. 2S
bloße Diener des Königs selber öfters bezeichnet hat; und wenn die „Zeit" von den wirk¬ Wir müsse», und zwar in der vollsten Aufrichtigkeit, jede Schmälerung des kö¬ Nun hat sich unter den sogenannten Royalisten die Ansicht festgesetzt, eine parla¬ ^ Nachtrag. — Also eine neue Ueberraschung! Nach drei Tagen freiwilliger Grenzboten. III. 18S2. 2S
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bloße Diener des Königs selber öfters bezeichnet hat; und wenn die „Zeit" von den wirk¬
lichen oder vermeintlichen Vertrauten des Königs aussagt, sie wollten das Land verderben,
so macht sie es nicht viel besser. Das Organ der dritten konservativen Partei, das
„Preußische Wochenblatt", obgleich viel rücksichtsloser und entschiedener in seiner Polemik,
zeigt darin doch einen viel bessern Takt. Es appellirt beständig von dem falsch unter¬
richteten an den besser zu unterrichtenden König, und gerade dieser Offenheit wegen ver¬
lieren seine Angriffe den gehässigen Anstrich, den auf der andern Seite das versteckte
Wesen nur noch mehr hervorhebt.
Wir müsse», und zwar in der vollsten Aufrichtigkeit, jede Schmälerung des kö¬
niglichen Ansehens, namentlich in Preußen, auf das entschiedenste beklagen, denn Preußen
steht und fällt mit dem Königthum?. Allein die angeblichen Royalisten, unter denen
übrigens viele mit ihre» Loyalitätsversicheruugen ganz aufrichtig und ehrlich zu Werke
gehen, machen sich von dem Königthum die sonderbarsten Vorstellungen. Es hat sür
sie eine gewisse übernatürliche Heiligkeit, die wahrscheinlich von den Vorstellungen des
orientalischen Königthums herrührt; nur vergessen sie, daß auch bei diesem die Macht
des Königthums gar nicht supranaturalistisch, sondern aus sehr handgreiflichen Gründen
zu begreisen ist. In wirklich despotischen Staaten hat der König das unbestreitbare
Recht, mich, wenn ihm meine Nase nicht gefällt, ohne weiteres köpfen zu lassen. Vor
einer solchen Macht hat man wol alle Ursache Scheu und Furcht zu empfinden. Allein
dergleichen ist in unsere» europäische» Verhältnissen ganz unmöglich. Eine revolutionaire
Gewalt, wie die jetzt in Frankreich herrschende, kann zu Acten der Willkür greifen, ein
legitimes Königthum aber nimmermehr, auch wenn es durch keine Constitution gebunden
ist. Da wir also auf diese Quelle des königlichen Ansehens verzichten müssen, und da
auch eine zweite, den Hos als den Mittelpunkt alles Ehrgeizes zu betrachten, in Preußen
ziemlich spärlich fließt, da selbst im Beamtenstand und im Militair das Princip der
Prüfungen und der Anciennetät der Gunst ziemlich enge Schranken zieht, so bleibt
uns wol nichts Andres übrig, als die Pietät gegen das Königthum aus dem Inhalt
desselben herzuleiten, aus der Uebereinstimmung dessen, was es thut, mit den Ueberzeu¬
gungen des Volks.
Nun hat sich unter den sogenannten Royalisten die Ansicht festgesetzt, eine parla¬
mentarische Regierung sei verderblich sür das Ansehen des Königthums. Da man aber
zugebe» muß, daß der König bei einem verwickelten Staatswesen nicht nach allen Seiten
hin gleiche Einsicht haben kann, daß er also überall auf den Rath Anderer hingewiesen
ist; da man ferner zugeben muß, daß über das wahre Interesse des Staats sehr ver¬
schiedene Ansichten bestehen, und daß diese Ansichten sich zu geschlossenen und vollständig
orgamsirtcn Parteien abgerundet haben, so sollte es doch ersprießlicher für das Ansehn
des Königthums scheine», wenn dem Wetteifer dieser Parteien um den Einfluß auf den
Wille» der Krone/ ein gesetzlich geordneter und genau abgegrenzter Spielplatz angewiesen
würde, als wenn die Geltendmachung dieses Einflusses dem Zufall, der Intrigue, der
Leidenschaft überlassen wird. Was also auch das Resultat jenes Streites sein möge,
so viel wird sich herausstellen, daß ein Parlament ein angemessenerer Ort sür dergleichen
ist. als die Presse oder das Cabinet.
^ Nachtrag. — Also eine neue Ueberraschung! Nach drei Tagen freiwilliger
Suspension ist die Kreuzzeitung wieder erschienen; sie erklärt, sie habe all ihre Zwecke
Grenzboten. III. 18S2. 2S
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