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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band.

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Pferde. Nachdem ihm einige der fremden Officiere vorgestellt worden, setzte er
sein Pferd in Galopp, gefolgt von einem glänzenden Gewühl von Uniformen
aller Armeen und wurde von dem Feldmarschall unter dem betäubenden Hurrah
von etwa 60,000 Kehlen mit Begeisterung empfangen.

Die Infanterie stand in drei Gliedern und war in zwei Reihen dichtge¬
schlossener Bataillonscolonnen formirt, die mit der Reiterei und der Artillerie
eine Fronte von 8 englischen Meilen bildeten, die der Kaiser und sein Gefolge
ohne Unterbrechung in scharfem Galopp hinabritten.

Bei einer so flüchtigen Besichtigung erlaube ich mir kein Urtheil über die
physische Beschaffenheit der Mannschaft abzugeben; aber wenn man bedenkt, daß
sie bereits mehrere Stunden in Staub und Sonne unter Waffen gestanden, so
konnte man ihnen keinen Mangel an Aufmerksamkeit auf äußerliche Politur vor¬
werfen, während die vortreffliche Beschaffenheit der Cavaleriepferde zu offen¬
bar war, um übersehen werden zu können. Einige von den Artilleriepferden
sahen ein wenig abgetrieben aus, aber sie waren schon mehrere Stunden im
Geschirr, und hatten vielleicht auf der Fahrt nach dem Revueplatz ein paar
Strecken bösen Weg gehabt. ,

Die ganze Masse setzte sich nun in Bewegung und defilirte zuerst in Para¬
deschritt. Infanterie und Cavalerie erschienen gut einexercirt, eher war des
Guten zu viel geschehen. Die Infanterie hatte einen ganz eigenthümlichen Pa¬
radeschritt, der das Knie sehr anstrengen muß, und nichts weniger als schön
aussieht.

Zum zweiten Male wurde rascher defilirt, und zwar in. einem besser auf das
Marschiren berechneten Schritte, in Regimentscolonnen, jedes Regiment'aus
i Bataillonen bestehend, und jede Colonne mit einer Fronte von A00 Mann.
Die Genauigkeit des Aligncments und der Distanzen in solchen Massen war
wahrhaft wunderbar, und die kriegerischen Melodien der vier vereinigten Banden
jedes Regiments machten das Ganze ebenso zu einem musikalischen wie zu einem
militairischen Schauspiel.

, Die Cavalerie ist gut beritten mit ihren kleinen, gut gegliederten, gewandten
Pferden, meistens aus dem mittleren Rußland und zum Theil aus der Ukraine
und der Krimm; der'Kopf ist unansehnlich, der Hals kurz, aber'die kräftigen
Knochen und die muskulösen Glieder zeigen im Ganzen ciron guten Schlag.
Sie sind sehr gleichmäßig von Größe, alle, wenn ich mich auf mein Augenmaß
verlassen kann, kaum 13 Hand hoch. Man sieht klüglicherweise sehr streng ans
diese Gleichmäßigkeit, und rangirt jedes Pferd, das über ein Maximnmmaß von
wenn ich nicht ganz irre, Is Hand 1 Zoll groß ist, aus. Die Remoute kommt
der Regierung sehr billig zu stehen, indem sür ein dreijähriges Pferd nur
70 Rubel bezahlt werden. Das Angebot ist so stark, daß jedes Regiment, das
ich sah, 1200 Pferde von einer Farbe hatte.


Pferde. Nachdem ihm einige der fremden Officiere vorgestellt worden, setzte er
sein Pferd in Galopp, gefolgt von einem glänzenden Gewühl von Uniformen
aller Armeen und wurde von dem Feldmarschall unter dem betäubenden Hurrah
von etwa 60,000 Kehlen mit Begeisterung empfangen.

Die Infanterie stand in drei Gliedern und war in zwei Reihen dichtge¬
schlossener Bataillonscolonnen formirt, die mit der Reiterei und der Artillerie
eine Fronte von 8 englischen Meilen bildeten, die der Kaiser und sein Gefolge
ohne Unterbrechung in scharfem Galopp hinabritten.

Bei einer so flüchtigen Besichtigung erlaube ich mir kein Urtheil über die
physische Beschaffenheit der Mannschaft abzugeben; aber wenn man bedenkt, daß
sie bereits mehrere Stunden in Staub und Sonne unter Waffen gestanden, so
konnte man ihnen keinen Mangel an Aufmerksamkeit auf äußerliche Politur vor¬
werfen, während die vortreffliche Beschaffenheit der Cavaleriepferde zu offen¬
bar war, um übersehen werden zu können. Einige von den Artilleriepferden
sahen ein wenig abgetrieben aus, aber sie waren schon mehrere Stunden im
Geschirr, und hatten vielleicht auf der Fahrt nach dem Revueplatz ein paar
Strecken bösen Weg gehabt. ,

Die ganze Masse setzte sich nun in Bewegung und defilirte zuerst in Para¬
deschritt. Infanterie und Cavalerie erschienen gut einexercirt, eher war des
Guten zu viel geschehen. Die Infanterie hatte einen ganz eigenthümlichen Pa¬
radeschritt, der das Knie sehr anstrengen muß, und nichts weniger als schön
aussieht.

Zum zweiten Male wurde rascher defilirt, und zwar in. einem besser auf das
Marschiren berechneten Schritte, in Regimentscolonnen, jedes Regiment'aus
i Bataillonen bestehend, und jede Colonne mit einer Fronte von A00 Mann.
Die Genauigkeit des Aligncments und der Distanzen in solchen Massen war
wahrhaft wunderbar, und die kriegerischen Melodien der vier vereinigten Banden
jedes Regiments machten das Ganze ebenso zu einem musikalischen wie zu einem
militairischen Schauspiel.

, Die Cavalerie ist gut beritten mit ihren kleinen, gut gegliederten, gewandten
Pferden, meistens aus dem mittleren Rußland und zum Theil aus der Ukraine
und der Krimm; der'Kopf ist unansehnlich, der Hals kurz, aber'die kräftigen
Knochen und die muskulösen Glieder zeigen im Ganzen ciron guten Schlag.
Sie sind sehr gleichmäßig von Größe, alle, wenn ich mich auf mein Augenmaß
verlassen kann, kaum 13 Hand hoch. Man sieht klüglicherweise sehr streng ans
diese Gleichmäßigkeit, und rangirt jedes Pferd, das über ein Maximnmmaß von
wenn ich nicht ganz irre, Is Hand 1 Zoll groß ist, aus. Die Remoute kommt
der Regierung sehr billig zu stehen, indem sür ein dreijähriges Pferd nur
70 Rubel bezahlt werden. Das Angebot ist so stark, daß jedes Regiment, das
ich sah, 1200 Pferde von einer Farbe hatte.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_94440/194>, abgerufen am 22.12.2024.