Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.im Schlimmen fühlbar: im Guten, insofern die Menschen, wie wir gesehen haben, Ferner ist die Eintheilung der Zimmer in den Wohnungen fast allgemein Da man den Wein in Flaschen von den Weinhändler bezieht, sind große Ein anderes unnennbares Local ist nach allgemeiner Sitte höchst ungeschickt Wer sollte denken, daß es erst seit etwa vierzig Jahren Kunststraßen im im Schlimmen fühlbar: im Guten, insofern die Menschen, wie wir gesehen haben, Ferner ist die Eintheilung der Zimmer in den Wohnungen fast allgemein Da man den Wein in Flaschen von den Weinhändler bezieht, sind große Ein anderes unnennbares Local ist nach allgemeiner Sitte höchst ungeschickt Wer sollte denken, daß es erst seit etwa vierzig Jahren Kunststraßen im <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0512" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94413"/> <p xml:id="ID_1539" prev="#ID_1538"> im Schlimmen fühlbar: im Guten, insofern die Menschen, wie wir gesehen haben,<lb/> weniger abgeschliffen und verflacht sind; im Schlimmen, insofern sie in vielen<lb/> Dingen zurückgeblieben sind. Jedem Fremden, der die Residenz in Augenschein<lb/> nimmt, wird, um gleich mit dem Nächsten zu beginnen, die Menge der Hänser,<lb/> die in schiefen Winkel gebaut sind, auffallen. Dies entsteht dadurch, daß immer<lb/> ein Haus ein wenig vor's andere geschoben ist, wobei an der vorspringenden Stelle<lb/> ein komisches Guckfensterchen angebracht ist, durch das man, ohne ein Fenster zu öff¬<lb/> nen, die Straße hinabsehen kann. Dieses abscheuliche Schiefwinkelsystem, das vorzugs¬<lb/> weise in der Hauptstraße herrscht, erbt sich nicht allein dort wie eine Krankheit<lb/> weiter; man findet es auch in anderen Straßen, ja sogar bei neuen, sehr ansehn¬<lb/> lichen Gebäuden an freien Plätzen, wo die Nachbarhäuser keinen Zwang<lb/> auferlegten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1540"> Ferner ist die Eintheilung der Zimmer in den Wohnungen fast allgemein<lb/> ungeschickt, und die Schlafräume, wo denn doch der Mensch ein gutes Stück<lb/> seines Lebens zubringt und der gesunden Luft wol bedarf, so enge und oft auch<lb/> so finster, daß es der künstlichsten Windungen bedars, um an einander vorbei<lb/> zu kommen. Sie heißen Kammern, weil sie unpassender Weise meist unheizbar<lb/> sind, was z. B. in Krankheitsfällen schmerzlich empfunden wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_1541"> Da man den Wein in Flaschen von den Weinhändler bezieht, sind große<lb/> Keller eben nicht Vonnöthen; doch reichen diejenigen, die den meisten Wohnungen<lb/> beigegeben sind, für das Bedürfniß nicht ans, indem sie häufig zu klein und in<lb/> der Regel zu hoch und deshalb zu warm sind, was mit mancherlei Noth für<lb/> den Hausstand verknüpft ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1542"> Ein anderes unnennbares Local ist nach allgemeiner Sitte höchst ungeschickt<lb/> isolirt im Hofe angebracht; der Inhalt desselben wird — es klingt unglaublich,<lb/> aber es ist doch so — dreimal in der Woche durch die flachen Gossen der Straßen<lb/> gefegt; wobei ein in jenem Lande doppelt kostbarer Dünger zu gutem Theile ver¬<lb/> loren geht. Ein Fabrikant dem dies zu Herzen ging, machte deshalb vor einigen<lb/> Jahren den vernünftigen Vorschlag, Kloaken in den Höfen anzulegen; allein es<lb/> trat ein Apotheker, dem Schlendrian das Wort redend, gegen ihn auf, und die<lb/> Väter der Stadt beschlossen — es beim Alten zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1543" next="#ID_1544"> Wer sollte denken, daß es erst seit etwa vierzig Jahren Kunststraßen im<lb/> Herzogthume giebt; daß noch jetzt die bevölkertsten und reichsten Theile des<lb/> Landes der nothwendigsten Verbindungen ganz oder theilweise ermangeln? Man<lb/> baute keine Chausseen, weil angeblich keine Steine da waren, und quälte sich im<lb/> tiefsten Sande. Durch's Moor fuhr man aus kleinen Strecken über entsetzliche<lb/> Knüppeldamme; durch die beim Regenwetter zur spartanischen Suppe aufgelöste<lb/> Marsch war gar nicht zu kommen. Jetzt, wo dem Bauer die Steine, die er aus<lb/> seinem Acker zusammensucht, bezahlt werden, ist ans einmal hinlängliches Material<lb/> vorhanden, und recht gutes Material; denn diese angeschwemmten Granite geben</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0512]
im Schlimmen fühlbar: im Guten, insofern die Menschen, wie wir gesehen haben,
weniger abgeschliffen und verflacht sind; im Schlimmen, insofern sie in vielen
Dingen zurückgeblieben sind. Jedem Fremden, der die Residenz in Augenschein
nimmt, wird, um gleich mit dem Nächsten zu beginnen, die Menge der Hänser,
die in schiefen Winkel gebaut sind, auffallen. Dies entsteht dadurch, daß immer
ein Haus ein wenig vor's andere geschoben ist, wobei an der vorspringenden Stelle
ein komisches Guckfensterchen angebracht ist, durch das man, ohne ein Fenster zu öff¬
nen, die Straße hinabsehen kann. Dieses abscheuliche Schiefwinkelsystem, das vorzugs¬
weise in der Hauptstraße herrscht, erbt sich nicht allein dort wie eine Krankheit
weiter; man findet es auch in anderen Straßen, ja sogar bei neuen, sehr ansehn¬
lichen Gebäuden an freien Plätzen, wo die Nachbarhäuser keinen Zwang
auferlegten.
Ferner ist die Eintheilung der Zimmer in den Wohnungen fast allgemein
ungeschickt, und die Schlafräume, wo denn doch der Mensch ein gutes Stück
seines Lebens zubringt und der gesunden Luft wol bedarf, so enge und oft auch
so finster, daß es der künstlichsten Windungen bedars, um an einander vorbei
zu kommen. Sie heißen Kammern, weil sie unpassender Weise meist unheizbar
sind, was z. B. in Krankheitsfällen schmerzlich empfunden wird.
Da man den Wein in Flaschen von den Weinhändler bezieht, sind große
Keller eben nicht Vonnöthen; doch reichen diejenigen, die den meisten Wohnungen
beigegeben sind, für das Bedürfniß nicht ans, indem sie häufig zu klein und in
der Regel zu hoch und deshalb zu warm sind, was mit mancherlei Noth für
den Hausstand verknüpft ist.
Ein anderes unnennbares Local ist nach allgemeiner Sitte höchst ungeschickt
isolirt im Hofe angebracht; der Inhalt desselben wird — es klingt unglaublich,
aber es ist doch so — dreimal in der Woche durch die flachen Gossen der Straßen
gefegt; wobei ein in jenem Lande doppelt kostbarer Dünger zu gutem Theile ver¬
loren geht. Ein Fabrikant dem dies zu Herzen ging, machte deshalb vor einigen
Jahren den vernünftigen Vorschlag, Kloaken in den Höfen anzulegen; allein es
trat ein Apotheker, dem Schlendrian das Wort redend, gegen ihn auf, und die
Väter der Stadt beschlossen — es beim Alten zu lassen.
Wer sollte denken, daß es erst seit etwa vierzig Jahren Kunststraßen im
Herzogthume giebt; daß noch jetzt die bevölkertsten und reichsten Theile des
Landes der nothwendigsten Verbindungen ganz oder theilweise ermangeln? Man
baute keine Chausseen, weil angeblich keine Steine da waren, und quälte sich im
tiefsten Sande. Durch's Moor fuhr man aus kleinen Strecken über entsetzliche
Knüppeldamme; durch die beim Regenwetter zur spartanischen Suppe aufgelöste
Marsch war gar nicht zu kommen. Jetzt, wo dem Bauer die Steine, die er aus
seinem Acker zusammensucht, bezahlt werden, ist ans einmal hinlängliches Material
vorhanden, und recht gutes Material; denn diese angeschwemmten Granite geben
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