Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.as Jan Fink, de an den Galgen Schutt, nett wull nich (der ait bete Daß das oldenburger Volk kein frohes Zechen, wie in Weinländern, kennt, Eine durch alle Stände sehr beliebte Unterhaltung ist das Kegeln, das auf Leider kenne ich nicht aus eigener Anschauung das sogenannte Klotschießen Von den Schützengesellschaften und.Schützenfesten -- letztere werden be¬ Grenzboten. II. ' 59
as Jan Fink, de an den Galgen Schutt, nett wull nich (der ait bete Daß das oldenburger Volk kein frohes Zechen, wie in Weinländern, kennt, Eine durch alle Stände sehr beliebte Unterhaltung ist das Kegeln, das auf Leider kenne ich nicht aus eigener Anschauung das sogenannte Klotschießen Von den Schützengesellschaften und.Schützenfesten — letztere werden be¬ Grenzboten. II. ' 59
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0477" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94378"/> <p xml:id="ID_1416" prev="#ID_1415"> as Jan Fink, de an den Galgen Schutt, nett wull nich (der ait bete<lb/> Galgen sollte und wollte nicht).</p><lb/> <p xml:id="ID_1417"> Daß das oldenburger Volk kein frohes Zechen, wie in Weinländern, kennt,<lb/> hab' ich oben gesagt. Andere öffentliche Lustbarkeiten, wie Kirchweihen, Jahr¬<lb/> märkte, Tanz (oder Ball, wie der Oldenburger vornehm sagt) bieten sich einsam<lb/> hausenden, der Geselligkeit ungewohnten Menschen seltener dar. Das Phlegma<lb/> des Oldenburgers zeigt sich auch im Wirthshause darin, daß er, wenn er einmal<lb/> sitzt, nicht leicht wieder zum Aufstehen kommen kann; namentlich gilt dies, auch<lb/> in höheren Ständen, von den Jevercmern. Wie Fische auf dem Trocknen, werden<lb/> sie erst lebendig und cordial, wenn sie gründlich angefeuchtet sind. Die Aristokratie<lb/> des Landes, die reichen Bauern, schlagen bei solcher Gelegenheit furchtbare<lb/> Schlachten, und die Zahl der leeren Franzwcinflaschen,. die den Morgen nach der<lb/> Festlichkeit aufgeschichtet liegen, ist ungeheuer.'</p><lb/> <p xml:id="ID_1418"> Eine durch alle Stände sehr beliebte Unterhaltung ist das Kegeln, das auf<lb/> wohlgepflegten Bahnen, deren'Bret die ganze Tenne hinab läuft, mit außer¬<lb/> ordentlich großen und schweren Kugeln in allen Jahreszeiten betrieben wird. Es<lb/> bestehen, besonders in den Städten, zahlreiche Kegclgesellschafteu, deren Mitglieder<lb/> auf ihrer Bahn so wohl eingekegelt sind, daß ein Fremder, Wilder genannt,<lb/> unmöglich mithalten kann. Sie haben eine Menge Kunstausdrucke, und entwickeln<lb/> in ihrem Holz-auf-Holz-Spiel eine Feinheit und, was wirklich merkwürdig ist,<lb/> einen Enthusiasmus, daß ich oft darüber erstaunt gewesen bin. Daß das Kegel¬<lb/> spiel als eine Art Orakel benutzt wird, mag zu den Ausnahmen gehören; doch<lb/> ist in der Stadt Oldenburg der Fall vorgekommen, daß zwei Kegelfreuude, die<lb/> dasselbe Mädchen liebten, eine Partie Kegel mit einander spielten mit der Be¬<lb/> dingung, daß der Verlierende von dem Mädchen abstehen sollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1419"> Leider kenne ich nicht aus eigener Anschauung das sogenannte Klotschießen<lb/> im Jeverlande zur Winterszeit. Der Klotschießer hat die Aufgabe, eine metallene<lb/> Kugel möglichst weit über den Boden fortzuschnellen; hierzu ist nicht allem Kraft<lb/> und Gewandtheit, sondern anch viele Uebung erforderlich. Die Kugel wird durch<lb/> einen ganz eigenthümlichen Schwung des Armes in Bewegung gesetzt. Ganze<lb/> Gemeinden stellen Klotschießen gegen einander ans; die Ortschaften rücken, Groß<lb/> und Klein, mit aus, und es ist, ganz abgesehen von dem ausgesetzten Gewinn,<lb/> eine hohe Ehre, den Sieg davonzutragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1420" next="#ID_1421"> Von den Schützengesellschaften und.Schützenfesten — letztere werden be¬<lb/> sonders im Münsterlande festlich begangen — rede ich nicht, weil sie nichts Eigen¬<lb/> thümliches darbieten, und sage schließlich noch ein Wort über das Schlittschuh-<lb/> laufen, das, beinahe wie in Holland, zu deu Volkövcrgnügungcn gehört, weil<lb/> hier, wie dort, das schöne Eis, das die überschwemmten Niederungen ost in<lb/> unübersehbarer Weile bedeckt, eine Gelegenheit bietet, die nicht günstiger gedacht<lb/> werden kaun. Auf den Weiden, welche die Stadt Oldenburg, die Nordseite aus-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. II. ' 59</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0477]
as Jan Fink, de an den Galgen Schutt, nett wull nich (der ait bete
Galgen sollte und wollte nicht).
Daß das oldenburger Volk kein frohes Zechen, wie in Weinländern, kennt,
hab' ich oben gesagt. Andere öffentliche Lustbarkeiten, wie Kirchweihen, Jahr¬
märkte, Tanz (oder Ball, wie der Oldenburger vornehm sagt) bieten sich einsam
hausenden, der Geselligkeit ungewohnten Menschen seltener dar. Das Phlegma
des Oldenburgers zeigt sich auch im Wirthshause darin, daß er, wenn er einmal
sitzt, nicht leicht wieder zum Aufstehen kommen kann; namentlich gilt dies, auch
in höheren Ständen, von den Jevercmern. Wie Fische auf dem Trocknen, werden
sie erst lebendig und cordial, wenn sie gründlich angefeuchtet sind. Die Aristokratie
des Landes, die reichen Bauern, schlagen bei solcher Gelegenheit furchtbare
Schlachten, und die Zahl der leeren Franzwcinflaschen,. die den Morgen nach der
Festlichkeit aufgeschichtet liegen, ist ungeheuer.'
Eine durch alle Stände sehr beliebte Unterhaltung ist das Kegeln, das auf
wohlgepflegten Bahnen, deren'Bret die ganze Tenne hinab läuft, mit außer¬
ordentlich großen und schweren Kugeln in allen Jahreszeiten betrieben wird. Es
bestehen, besonders in den Städten, zahlreiche Kegclgesellschafteu, deren Mitglieder
auf ihrer Bahn so wohl eingekegelt sind, daß ein Fremder, Wilder genannt,
unmöglich mithalten kann. Sie haben eine Menge Kunstausdrucke, und entwickeln
in ihrem Holz-auf-Holz-Spiel eine Feinheit und, was wirklich merkwürdig ist,
einen Enthusiasmus, daß ich oft darüber erstaunt gewesen bin. Daß das Kegel¬
spiel als eine Art Orakel benutzt wird, mag zu den Ausnahmen gehören; doch
ist in der Stadt Oldenburg der Fall vorgekommen, daß zwei Kegelfreuude, die
dasselbe Mädchen liebten, eine Partie Kegel mit einander spielten mit der Be¬
dingung, daß der Verlierende von dem Mädchen abstehen sollte.
Leider kenne ich nicht aus eigener Anschauung das sogenannte Klotschießen
im Jeverlande zur Winterszeit. Der Klotschießer hat die Aufgabe, eine metallene
Kugel möglichst weit über den Boden fortzuschnellen; hierzu ist nicht allem Kraft
und Gewandtheit, sondern anch viele Uebung erforderlich. Die Kugel wird durch
einen ganz eigenthümlichen Schwung des Armes in Bewegung gesetzt. Ganze
Gemeinden stellen Klotschießen gegen einander ans; die Ortschaften rücken, Groß
und Klein, mit aus, und es ist, ganz abgesehen von dem ausgesetzten Gewinn,
eine hohe Ehre, den Sieg davonzutragen.
Von den Schützengesellschaften und.Schützenfesten — letztere werden be¬
sonders im Münsterlande festlich begangen — rede ich nicht, weil sie nichts Eigen¬
thümliches darbieten, und sage schließlich noch ein Wort über das Schlittschuh-
laufen, das, beinahe wie in Holland, zu deu Volkövcrgnügungcn gehört, weil
hier, wie dort, das schöne Eis, das die überschwemmten Niederungen ost in
unübersehbarer Weile bedeckt, eine Gelegenheit bietet, die nicht günstiger gedacht
werden kaun. Auf den Weiden, welche die Stadt Oldenburg, die Nordseite aus-
Grenzboten. II. ' 59
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