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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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herrscht auch ein ziemlich arbeitsamer Geist, und das ist doppelt erfreulich. Besonders
thätig ist Moritz Hartmann, der seit seinem Idyll "Adam und Eva" der Politik
Adieu gesagt. Er hat nun außer einem Cyklus lyrischer Gedichte (die Heimkehr) ein
interessantes Buch über Südfrankreich, mehrere Balladen und neuerlichst eine wohlgelungene
Uebersetzung einer Reise von RomanzcröS vollendet. Diese beginnt mit den Romanzen
vom König Don Rodrigo und dem Untergänge Spaniens; diesen reiht sich der
Romauzcro von Bernardo bei Carpio, und jener von dem Infanten von Lara an.
Diese sind bereits fertig und sollen ihnen später verschiedene andere folgen, als der
schone Nomacherv von Peter dem Grausamen und die Romanzen, die sich an den weisen
Sagenkreis Karl's des Großen lehnen, dann die Romanzen von der Einnahme Granada's,
so wie die MauriSkischen u. in. a. Jedem Romauzcro soll ein Anhang von einzelnen
Romanzen beigegeben werden, die ihm der Zeit sowol, als dem Gegenstände nachstehen.
Die Uebersetzung, soweit sie jetzt gediehen, ist vortrefflich. Der deutsche Dichter ver¬
stand es, ganz in. den naiven, eigenthümlichen Geist jener Gedichte einzudringen, und
wenn man, wie ich es gethan, das Original mit der Übersetzung vergleicht, muß man
erstaunen über die Gewandtheit und den poetischen schaffenden Sinn des Dichters,
so wie man sich freut über den nie versagenden Reichthum, über die stets willige Bieg¬
samkeit der deutschen Sprache. Die Assonanzen wurden nur ausnahmsweise und selten
beibehalten. Schon Herder fühlte, baß diese im Deutschen nicht zu der Bedeutung
gebracht werden können, die sie im spanischen Idiome haben. Hartmann schreibt nun
auch an einem größern Epos, und will den nächsten Herbst uach Spanien gehen.


Frankreich "ut die nordischen Höfe.

Dieselbe Quelle, der wir
unsre neulichen Mittheilungen über die Beziehungen des verstorbenen Fürsten Schwarzen-
berg zu dem Präsidenten der französischen Republik verdankten, setzt uns heute in den
Stand, unsren Lesern einige Auskunft über die gegenwärtige Stellung der nordischen
Hose gegen Ludwig Napoleon zu geben. Kaiser Nicolaus ist, seitdem er durch seine
Vermittelung die Höfe von Wien "ut Berlin wieder genähert hat, die Seele
eines Bundes geworden, der die Grundsätze der heiligen Allianz fast in ihrem ganzen
Umfange angenommen hat. Daß der Herrscher, in dessen Reich zufällige mangelhafte
Folgen des Legitimitätsprincips auf so geschickte Art corrigirt werden, als dessen ent¬
schiedenster Vertheidiger auftritt, wird den. unbefangenen Leser nicht verwundern. Auf-
rechthaltung des Legitimitätsprincips in seinem ganzen Umfange ist der Hauptzweck des
Bundes der drei nordischen Höfe. Daß er daher den dynastischen Plänen des neuen
Kaiscrscandidaten an der Seine nicht günstig sein kann, liegt alis der Hand. Bis zu
einem gewissen Grade will man ihm Concessionen macheu, da er sich um die Erhaltung
der Ruhe Europa's verdient gemacht hat; die Grenzlinie ist aber auf das Bestimmteste
gezogen, und mau wird auch die geringste Ueberschreitung derselben nicht dulden. Diese
Grundsätze sind in vertraulichen Noten des Kanzlers von Nesselrode an die ver¬
schiedenen russischen Diplomaten im Auslande auseinandergesetzt, und diese Noten sind
nur wenig Personen bekannt geworden; doch ist ihr wesentlicher Inhalt folgender:

Als Ausgangspunkt nehmen die Noten die Wahl des Prinzen Ludwig Bonaparte
zum Präsidenten der französischen Republik, wodurch die Verträge von /I8I3, welche
die napoleonische Familie ans ewig von der Herrschaft über Frankreich ausschließen, ver¬
etzt sind. Man hat jedoch diese Veränderung der Verfassung Frankreichs geduldet,
weil die dadurch begründete Regierung nur von provisorischer Natur zu sein bean¬
sprucht, und weil sie uur als ein einfacher Zufall, der Principien nicht im mindesten
alteriren kann, zu betrachten ist.
'

Wenn Ludwig Napoleon zum Kaiser auf Lebenszeit erwählt werden sollte, so
würden,die drei Mächte darin wahrscheinlich uur eine einfache Veränderung des Titels
sehen, und in denselben diplomatischen Beziehungen mit ihm bleiben, wie sie jetzt mit
dein Präsidenten bestehen. Wenn jedoch Ludwig Napoleon als Kaiser prätendiren sollte,


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herrscht auch ein ziemlich arbeitsamer Geist, und das ist doppelt erfreulich. Besonders
thätig ist Moritz Hartmann, der seit seinem Idyll „Adam und Eva" der Politik
Adieu gesagt. Er hat nun außer einem Cyklus lyrischer Gedichte (die Heimkehr) ein
interessantes Buch über Südfrankreich, mehrere Balladen und neuerlichst eine wohlgelungene
Uebersetzung einer Reise von RomanzcröS vollendet. Diese beginnt mit den Romanzen
vom König Don Rodrigo und dem Untergänge Spaniens; diesen reiht sich der
Romauzcro von Bernardo bei Carpio, und jener von dem Infanten von Lara an.
Diese sind bereits fertig und sollen ihnen später verschiedene andere folgen, als der
schone Nomacherv von Peter dem Grausamen und die Romanzen, die sich an den weisen
Sagenkreis Karl's des Großen lehnen, dann die Romanzen von der Einnahme Granada's,
so wie die MauriSkischen u. in. a. Jedem Romauzcro soll ein Anhang von einzelnen
Romanzen beigegeben werden, die ihm der Zeit sowol, als dem Gegenstände nachstehen.
Die Uebersetzung, soweit sie jetzt gediehen, ist vortrefflich. Der deutsche Dichter ver¬
stand es, ganz in. den naiven, eigenthümlichen Geist jener Gedichte einzudringen, und
wenn man, wie ich es gethan, das Original mit der Übersetzung vergleicht, muß man
erstaunen über die Gewandtheit und den poetischen schaffenden Sinn des Dichters,
so wie man sich freut über den nie versagenden Reichthum, über die stets willige Bieg¬
samkeit der deutschen Sprache. Die Assonanzen wurden nur ausnahmsweise und selten
beibehalten. Schon Herder fühlte, baß diese im Deutschen nicht zu der Bedeutung
gebracht werden können, die sie im spanischen Idiome haben. Hartmann schreibt nun
auch an einem größern Epos, und will den nächsten Herbst uach Spanien gehen.


Frankreich «ut die nordischen Höfe.

Dieselbe Quelle, der wir
unsre neulichen Mittheilungen über die Beziehungen des verstorbenen Fürsten Schwarzen-
berg zu dem Präsidenten der französischen Republik verdankten, setzt uns heute in den
Stand, unsren Lesern einige Auskunft über die gegenwärtige Stellung der nordischen
Hose gegen Ludwig Napoleon zu geben. Kaiser Nicolaus ist, seitdem er durch seine
Vermittelung die Höfe von Wien »ut Berlin wieder genähert hat, die Seele
eines Bundes geworden, der die Grundsätze der heiligen Allianz fast in ihrem ganzen
Umfange angenommen hat. Daß der Herrscher, in dessen Reich zufällige mangelhafte
Folgen des Legitimitätsprincips auf so geschickte Art corrigirt werden, als dessen ent¬
schiedenster Vertheidiger auftritt, wird den. unbefangenen Leser nicht verwundern. Auf-
rechthaltung des Legitimitätsprincips in seinem ganzen Umfange ist der Hauptzweck des
Bundes der drei nordischen Höfe. Daß er daher den dynastischen Plänen des neuen
Kaiscrscandidaten an der Seine nicht günstig sein kann, liegt alis der Hand. Bis zu
einem gewissen Grade will man ihm Concessionen macheu, da er sich um die Erhaltung
der Ruhe Europa's verdient gemacht hat; die Grenzlinie ist aber auf das Bestimmteste
gezogen, und mau wird auch die geringste Ueberschreitung derselben nicht dulden. Diese
Grundsätze sind in vertraulichen Noten des Kanzlers von Nesselrode an die ver¬
schiedenen russischen Diplomaten im Auslande auseinandergesetzt, und diese Noten sind
nur wenig Personen bekannt geworden; doch ist ihr wesentlicher Inhalt folgender:

Als Ausgangspunkt nehmen die Noten die Wahl des Prinzen Ludwig Bonaparte
zum Präsidenten der französischen Republik, wodurch die Verträge von /I8I3, welche
die napoleonische Familie ans ewig von der Herrschaft über Frankreich ausschließen, ver¬
etzt sind. Man hat jedoch diese Veränderung der Verfassung Frankreichs geduldet,
weil die dadurch begründete Regierung nur von provisorischer Natur zu sein bean¬
sprucht, und weil sie uur als ein einfacher Zufall, der Principien nicht im mindesten
alteriren kann, zu betrachten ist.
'

Wenn Ludwig Napoleon zum Kaiser auf Lebenszeit erwählt werden sollte, so
würden,die drei Mächte darin wahrscheinlich uur eine einfache Veränderung des Titels
sehen, und in denselben diplomatischen Beziehungen mit ihm bleiben, wie sie jetzt mit
dein Präsidenten bestehen. Wenn jedoch Ludwig Napoleon als Kaiser prätendiren sollte,


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[0445] herrscht auch ein ziemlich arbeitsamer Geist, und das ist doppelt erfreulich. Besonders thätig ist Moritz Hartmann, der seit seinem Idyll „Adam und Eva" der Politik Adieu gesagt. Er hat nun außer einem Cyklus lyrischer Gedichte (die Heimkehr) ein interessantes Buch über Südfrankreich, mehrere Balladen und neuerlichst eine wohlgelungene Uebersetzung einer Reise von RomanzcröS vollendet. Diese beginnt mit den Romanzen vom König Don Rodrigo und dem Untergänge Spaniens; diesen reiht sich der Romauzcro von Bernardo bei Carpio, und jener von dem Infanten von Lara an. Diese sind bereits fertig und sollen ihnen später verschiedene andere folgen, als der schone Nomacherv von Peter dem Grausamen und die Romanzen, die sich an den weisen Sagenkreis Karl's des Großen lehnen, dann die Romanzen von der Einnahme Granada's, so wie die MauriSkischen u. in. a. Jedem Romauzcro soll ein Anhang von einzelnen Romanzen beigegeben werden, die ihm der Zeit sowol, als dem Gegenstände nachstehen. Die Uebersetzung, soweit sie jetzt gediehen, ist vortrefflich. Der deutsche Dichter ver¬ stand es, ganz in. den naiven, eigenthümlichen Geist jener Gedichte einzudringen, und wenn man, wie ich es gethan, das Original mit der Übersetzung vergleicht, muß man erstaunen über die Gewandtheit und den poetischen schaffenden Sinn des Dichters, so wie man sich freut über den nie versagenden Reichthum, über die stets willige Bieg¬ samkeit der deutschen Sprache. Die Assonanzen wurden nur ausnahmsweise und selten beibehalten. Schon Herder fühlte, baß diese im Deutschen nicht zu der Bedeutung gebracht werden können, die sie im spanischen Idiome haben. Hartmann schreibt nun auch an einem größern Epos, und will den nächsten Herbst uach Spanien gehen. Frankreich «ut die nordischen Höfe. Dieselbe Quelle, der wir unsre neulichen Mittheilungen über die Beziehungen des verstorbenen Fürsten Schwarzen- berg zu dem Präsidenten der französischen Republik verdankten, setzt uns heute in den Stand, unsren Lesern einige Auskunft über die gegenwärtige Stellung der nordischen Hose gegen Ludwig Napoleon zu geben. Kaiser Nicolaus ist, seitdem er durch seine Vermittelung die Höfe von Wien »ut Berlin wieder genähert hat, die Seele eines Bundes geworden, der die Grundsätze der heiligen Allianz fast in ihrem ganzen Umfange angenommen hat. Daß der Herrscher, in dessen Reich zufällige mangelhafte Folgen des Legitimitätsprincips auf so geschickte Art corrigirt werden, als dessen ent¬ schiedenster Vertheidiger auftritt, wird den. unbefangenen Leser nicht verwundern. Auf- rechthaltung des Legitimitätsprincips in seinem ganzen Umfange ist der Hauptzweck des Bundes der drei nordischen Höfe. Daß er daher den dynastischen Plänen des neuen Kaiscrscandidaten an der Seine nicht günstig sein kann, liegt alis der Hand. Bis zu einem gewissen Grade will man ihm Concessionen macheu, da er sich um die Erhaltung der Ruhe Europa's verdient gemacht hat; die Grenzlinie ist aber auf das Bestimmteste gezogen, und mau wird auch die geringste Ueberschreitung derselben nicht dulden. Diese Grundsätze sind in vertraulichen Noten des Kanzlers von Nesselrode an die ver¬ schiedenen russischen Diplomaten im Auslande auseinandergesetzt, und diese Noten sind nur wenig Personen bekannt geworden; doch ist ihr wesentlicher Inhalt folgender: Als Ausgangspunkt nehmen die Noten die Wahl des Prinzen Ludwig Bonaparte zum Präsidenten der französischen Republik, wodurch die Verträge von /I8I3, welche die napoleonische Familie ans ewig von der Herrschaft über Frankreich ausschließen, ver¬ etzt sind. Man hat jedoch diese Veränderung der Verfassung Frankreichs geduldet, weil die dadurch begründete Regierung nur von provisorischer Natur zu sein bean¬ sprucht, und weil sie uur als ein einfacher Zufall, der Principien nicht im mindesten alteriren kann, zu betrachten ist. ' Wenn Ludwig Napoleon zum Kaiser auf Lebenszeit erwählt werden sollte, so würden,die drei Mächte darin wahrscheinlich uur eine einfache Veränderung des Titels sehen, und in denselben diplomatischen Beziehungen mit ihm bleiben, wie sie jetzt mit dein Präsidenten bestehen. Wenn jedoch Ludwig Napoleon als Kaiser prätendiren sollte, Grenzboten, it. <8SS. SS

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/445>, abgerufen am 24.07.2024.