Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Aussehen unterscheidet, wie denn auch Jedem bekannt ist, daß sein Aufguß immer
eine dunklere, der Farbe seiner Blätter entsprechende Schattirung zeigt. Aber
dies sind nnr ganz grobe Merkmaale, und im deutschen Publicum geht die Unkennt¬
nis? seiner feinen Sorten sogar bis dahin, daß man ein größeres, liederlich oder
halbgerolltes, schwarzgrünes oder fuchsig angelaufenes Blatt als charakteristisch
erachtet. Dazu haben uns die schwarzen Sorten des Seeweges verführt, welche
freilich von einem Thee emporsteigen -- Böse ist sein Handelsname -- dessen >
Pfund in London mit 6 Pence notirt wird, und kaum höher 'gelangen, als bis
zum Pekv t., der etwa 3 Schilling kostet. Dazwischen liegen dann noch Con¬
ti, on und Souchong im Preise von 1 bis 2^2 Schilling. Dagegen steht die
gewöhnlichste Sorte des russischen,,Handelsthee's" in Nischnei-Nowgorod eben
so hoch als der beste Peko in London; und der "Blumcuthee" wird mit
nahezu 3 Rubel Silber ausgeworfen. Aber freilich entspricht' auch nur der rus¬
sische Baichow dem Begriffe, welchen der Gourmand, der Aesthetiker, ja selbst
der Arzt mit dem Worte zu verbinden vermag. Es ist bereits darauf hin¬
gewiesen worden, daß jede der zwei Hauptarten, Blumen- und Handelsthce,
in drei Unterarten Familien-, Schansi- und g ewöhnli cher Thee rangiren.
Es wäre ein allzuschwieriges Unternehmen, diese einzeln schildern zu wollen.
Dagegen sind die allgemeinen Unterschiede zwischen Blumen- und Handelsthee zu
wichtig, um sie stillschweigend z" übergehen.

Die Natur kennt keine Sprünge, nnr Uebergänge; auch beim Thee
bewährt sich dies. Während uns die Engländer in ihrem schwarzen Thee einen
schroffen Gegensatz des grünen bieten, bezeichnet der chinesische Original-Blumen-
thce, namentlich in der feinsten Sorte Liansin, eine wunderbare Vermittelung der
Eigenschaften des grünen und gelben mit denen des schwarzen Thee'ö. Was wir,
denen der Liansin in voller Echtheit meistens unerreichbar, dnrch Mischungen
von schwarz und grün herzustellen streben, das vereinigte Natur sind chinesische
Cultursorgfalt in ihm. Seine Blätter sind stark dunkelgrün, nach dem Bläulichen
spielend, mitunter olivenfarbig, doch niemals blaugrün mit rostfarbigen Beimi¬
schungen, wie sie sich in allen anderen schwarzen Theesorten finden. Seine weißen
Blättlein, die sogenannten Blüthen, unterscheiden sich von denen der übrigen
Blumentheegaltungen dadurch, daß sie am untern Ende grün auslaufen. Alle
seine Blätter sind beinahe so sorgfältig gerollt, wie die der feinen grünen Thee¬
sorten, nur minder hart und kornartig im Anfühlen. Sein Arom ähnelt dein gelben
Thee, sein Aufguß steht in der Farbe zwischen dem des gelben und schwarzen,
sein Geschmack kann ungefähr demjenigen sehr glücklicher Mischungen feinsten grünen
Thee's mit dem besten Familienthee (ChanSki-tschai Pfd- auf 6 Pfd. Schitutschua-
Schilungi) verglichen werden. Was aber ist nun eigentlich Familienthee? Sogar
in Rußland begegnet man häufig dem Glauben, man bezeichne damit gewisse
für Familienbedürfnisse besonders geeignete Sorten, wie man in Deutschland


Aussehen unterscheidet, wie denn auch Jedem bekannt ist, daß sein Aufguß immer
eine dunklere, der Farbe seiner Blätter entsprechende Schattirung zeigt. Aber
dies sind nnr ganz grobe Merkmaale, und im deutschen Publicum geht die Unkennt¬
nis? seiner feinen Sorten sogar bis dahin, daß man ein größeres, liederlich oder
halbgerolltes, schwarzgrünes oder fuchsig angelaufenes Blatt als charakteristisch
erachtet. Dazu haben uns die schwarzen Sorten des Seeweges verführt, welche
freilich von einem Thee emporsteigen — Böse ist sein Handelsname — dessen >
Pfund in London mit 6 Pence notirt wird, und kaum höher 'gelangen, als bis
zum Pekv t., der etwa 3 Schilling kostet. Dazwischen liegen dann noch Con¬
ti, on und Souchong im Preise von 1 bis 2^2 Schilling. Dagegen steht die
gewöhnlichste Sorte des russischen,,Handelsthee's" in Nischnei-Nowgorod eben
so hoch als der beste Peko in London; und der „Blumcuthee" wird mit
nahezu 3 Rubel Silber ausgeworfen. Aber freilich entspricht' auch nur der rus¬
sische Baichow dem Begriffe, welchen der Gourmand, der Aesthetiker, ja selbst
der Arzt mit dem Worte zu verbinden vermag. Es ist bereits darauf hin¬
gewiesen worden, daß jede der zwei Hauptarten, Blumen- und Handelsthce,
in drei Unterarten Familien-, Schansi- und g ewöhnli cher Thee rangiren.
Es wäre ein allzuschwieriges Unternehmen, diese einzeln schildern zu wollen.
Dagegen sind die allgemeinen Unterschiede zwischen Blumen- und Handelsthee zu
wichtig, um sie stillschweigend z» übergehen.

Die Natur kennt keine Sprünge, nnr Uebergänge; auch beim Thee
bewährt sich dies. Während uns die Engländer in ihrem schwarzen Thee einen
schroffen Gegensatz des grünen bieten, bezeichnet der chinesische Original-Blumen-
thce, namentlich in der feinsten Sorte Liansin, eine wunderbare Vermittelung der
Eigenschaften des grünen und gelben mit denen des schwarzen Thee'ö. Was wir,
denen der Liansin in voller Echtheit meistens unerreichbar, dnrch Mischungen
von schwarz und grün herzustellen streben, das vereinigte Natur sind chinesische
Cultursorgfalt in ihm. Seine Blätter sind stark dunkelgrün, nach dem Bläulichen
spielend, mitunter olivenfarbig, doch niemals blaugrün mit rostfarbigen Beimi¬
schungen, wie sie sich in allen anderen schwarzen Theesorten finden. Seine weißen
Blättlein, die sogenannten Blüthen, unterscheiden sich von denen der übrigen
Blumentheegaltungen dadurch, daß sie am untern Ende grün auslaufen. Alle
seine Blätter sind beinahe so sorgfältig gerollt, wie die der feinen grünen Thee¬
sorten, nur minder hart und kornartig im Anfühlen. Sein Arom ähnelt dein gelben
Thee, sein Aufguß steht in der Farbe zwischen dem des gelben und schwarzen,
sein Geschmack kann ungefähr demjenigen sehr glücklicher Mischungen feinsten grünen
Thee's mit dem besten Familienthee (ChanSki-tschai Pfd- auf 6 Pfd. Schitutschua-
Schilungi) verglichen werden. Was aber ist nun eigentlich Familienthee? Sogar
in Rußland begegnet man häufig dem Glauben, man bezeichne damit gewisse
für Familienbedürfnisse besonders geeignete Sorten, wie man in Deutschland


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0345" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/94246"/>
            <p xml:id="ID_939" prev="#ID_938"> Aussehen unterscheidet, wie denn auch Jedem bekannt ist, daß sein Aufguß immer<lb/>
eine dunklere, der Farbe seiner Blätter entsprechende Schattirung zeigt. Aber<lb/>
dies sind nnr ganz grobe Merkmaale, und im deutschen Publicum geht die Unkennt¬<lb/>
nis? seiner feinen Sorten sogar bis dahin, daß man ein größeres, liederlich oder<lb/>
halbgerolltes, schwarzgrünes oder fuchsig angelaufenes Blatt als charakteristisch<lb/>
erachtet. Dazu haben uns die schwarzen Sorten des Seeweges verführt, welche<lb/>
freilich von einem Thee emporsteigen &#x2014; Böse ist sein Handelsname &#x2014; dessen &gt;<lb/>
Pfund in London mit 6 Pence notirt wird, und kaum höher 'gelangen, als bis<lb/>
zum Pekv t., der etwa 3 Schilling kostet. Dazwischen liegen dann noch Con¬<lb/>
ti, on und Souchong im Preise von 1 bis 2^2 Schilling. Dagegen steht die<lb/>
gewöhnlichste Sorte des russischen,,Handelsthee's" in Nischnei-Nowgorod eben<lb/>
so hoch als der beste Peko in London; und der &#x201E;Blumcuthee" wird mit<lb/>
nahezu 3 Rubel Silber ausgeworfen. Aber freilich entspricht' auch nur der rus¬<lb/>
sische Baichow dem Begriffe, welchen der Gourmand, der Aesthetiker, ja selbst<lb/>
der Arzt mit dem Worte zu verbinden vermag. Es ist bereits darauf hin¬<lb/>
gewiesen worden, daß jede der zwei Hauptarten, Blumen- und Handelsthce,<lb/>
in drei Unterarten Familien-, Schansi- und g ewöhnli cher Thee rangiren.<lb/>
Es wäre ein allzuschwieriges Unternehmen, diese einzeln schildern zu wollen.<lb/>
Dagegen sind die allgemeinen Unterschiede zwischen Blumen- und Handelsthee zu<lb/>
wichtig, um sie stillschweigend z» übergehen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_940" next="#ID_941"> Die Natur kennt keine Sprünge, nnr Uebergänge; auch beim Thee<lb/>
bewährt sich dies. Während uns die Engländer in ihrem schwarzen Thee einen<lb/>
schroffen Gegensatz des grünen bieten, bezeichnet der chinesische Original-Blumen-<lb/>
thce, namentlich in der feinsten Sorte Liansin, eine wunderbare Vermittelung der<lb/>
Eigenschaften des grünen und gelben mit denen des schwarzen Thee'ö. Was wir,<lb/>
denen der Liansin in voller Echtheit meistens unerreichbar, dnrch Mischungen<lb/>
von schwarz und grün herzustellen streben, das vereinigte Natur sind chinesische<lb/>
Cultursorgfalt in ihm. Seine Blätter sind stark dunkelgrün, nach dem Bläulichen<lb/>
spielend, mitunter olivenfarbig, doch niemals blaugrün mit rostfarbigen Beimi¬<lb/>
schungen, wie sie sich in allen anderen schwarzen Theesorten finden. Seine weißen<lb/>
Blättlein, die sogenannten Blüthen, unterscheiden sich von denen der übrigen<lb/>
Blumentheegaltungen dadurch, daß sie am untern Ende grün auslaufen. Alle<lb/>
seine Blätter sind beinahe so sorgfältig gerollt, wie die der feinen grünen Thee¬<lb/>
sorten, nur minder hart und kornartig im Anfühlen. Sein Arom ähnelt dein gelben<lb/>
Thee, sein Aufguß steht in der Farbe zwischen dem des gelben und schwarzen,<lb/>
sein Geschmack kann ungefähr demjenigen sehr glücklicher Mischungen feinsten grünen<lb/>
Thee's mit dem besten Familienthee (ChanSki-tschai Pfd- auf 6 Pfd. Schitutschua-<lb/>
Schilungi) verglichen werden. Was aber ist nun eigentlich Familienthee? Sogar<lb/>
in Rußland begegnet man häufig dem Glauben, man bezeichne damit gewisse<lb/>
für Familienbedürfnisse besonders geeignete Sorten, wie man in Deutschland</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0345] Aussehen unterscheidet, wie denn auch Jedem bekannt ist, daß sein Aufguß immer eine dunklere, der Farbe seiner Blätter entsprechende Schattirung zeigt. Aber dies sind nnr ganz grobe Merkmaale, und im deutschen Publicum geht die Unkennt¬ nis? seiner feinen Sorten sogar bis dahin, daß man ein größeres, liederlich oder halbgerolltes, schwarzgrünes oder fuchsig angelaufenes Blatt als charakteristisch erachtet. Dazu haben uns die schwarzen Sorten des Seeweges verführt, welche freilich von einem Thee emporsteigen — Böse ist sein Handelsname — dessen > Pfund in London mit 6 Pence notirt wird, und kaum höher 'gelangen, als bis zum Pekv t., der etwa 3 Schilling kostet. Dazwischen liegen dann noch Con¬ ti, on und Souchong im Preise von 1 bis 2^2 Schilling. Dagegen steht die gewöhnlichste Sorte des russischen,,Handelsthee's" in Nischnei-Nowgorod eben so hoch als der beste Peko in London; und der „Blumcuthee" wird mit nahezu 3 Rubel Silber ausgeworfen. Aber freilich entspricht' auch nur der rus¬ sische Baichow dem Begriffe, welchen der Gourmand, der Aesthetiker, ja selbst der Arzt mit dem Worte zu verbinden vermag. Es ist bereits darauf hin¬ gewiesen worden, daß jede der zwei Hauptarten, Blumen- und Handelsthce, in drei Unterarten Familien-, Schansi- und g ewöhnli cher Thee rangiren. Es wäre ein allzuschwieriges Unternehmen, diese einzeln schildern zu wollen. Dagegen sind die allgemeinen Unterschiede zwischen Blumen- und Handelsthee zu wichtig, um sie stillschweigend z» übergehen. Die Natur kennt keine Sprünge, nnr Uebergänge; auch beim Thee bewährt sich dies. Während uns die Engländer in ihrem schwarzen Thee einen schroffen Gegensatz des grünen bieten, bezeichnet der chinesische Original-Blumen- thce, namentlich in der feinsten Sorte Liansin, eine wunderbare Vermittelung der Eigenschaften des grünen und gelben mit denen des schwarzen Thee'ö. Was wir, denen der Liansin in voller Echtheit meistens unerreichbar, dnrch Mischungen von schwarz und grün herzustellen streben, das vereinigte Natur sind chinesische Cultursorgfalt in ihm. Seine Blätter sind stark dunkelgrün, nach dem Bläulichen spielend, mitunter olivenfarbig, doch niemals blaugrün mit rostfarbigen Beimi¬ schungen, wie sie sich in allen anderen schwarzen Theesorten finden. Seine weißen Blättlein, die sogenannten Blüthen, unterscheiden sich von denen der übrigen Blumentheegaltungen dadurch, daß sie am untern Ende grün auslaufen. Alle seine Blätter sind beinahe so sorgfältig gerollt, wie die der feinen grünen Thee¬ sorten, nur minder hart und kornartig im Anfühlen. Sein Arom ähnelt dein gelben Thee, sein Aufguß steht in der Farbe zwischen dem des gelben und schwarzen, sein Geschmack kann ungefähr demjenigen sehr glücklicher Mischungen feinsten grünen Thee's mit dem besten Familienthee (ChanSki-tschai Pfd- auf 6 Pfd. Schitutschua- Schilungi) verglichen werden. Was aber ist nun eigentlich Familienthee? Sogar in Rußland begegnet man häufig dem Glauben, man bezeichne damit gewisse für Familienbedürfnisse besonders geeignete Sorten, wie man in Deutschland

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/345
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/345>, abgerufen am 24.07.2024.