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Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band.

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nur kurze Zeit, denn es stellte sich bald heraus, daß die Nachricht von dem tragischen
Tode des edlen Lords aus einem Mißverständnisse beruhe. Ein ultraprotectionistisches
Wochenblatt hatte in seiner Freude über die neuliche Niederlage Lord Russell's bei der
Milizbill, und über die Benachtheiligung, die er dadurch in seiner Stellung als Partei¬
führer erlitten, seinem Hauptartikel den Titel gegeben: I^ora >loin KusssII eut ins
von tKroÄ, d. h. Lord Russell hat sich den Hals abgeschnitten, aber im figürlichen
Sinne, wie wir von Einem, der in leichtsinniger Verwegenheit in sein Verderben gerannt
ist, sagen: Er hat sich den Hals gebrochen. So löste sich denn der Schmerz bald in
ein heiteres Gelächter auf.

Fast zu derselben Zeit, wo ein voreiliges Gerücht einen wohlbekannten Stern
vom politischen Horizonte verschwinden ließ, stieg ein neues Licht an demselben empor,
ein Licht, nach dem die Fernröhre der speculativen Politiker schon lange sehnsüchtig
ausgeschaut hatten, und das jetzt auf einmal in vollem Glänze sich der erstaunten Welt
zeigte. Der neue Stern am politischen Himmel ist ein freihändlerischer Schatzkanzler
in der Person des Führers der protectionistischen Partei, ein Lobredner' der Peel'schen
Politik in der Person ihres erbittertsten Gegners -- Herr Benjamin Disraeli. Ver¬
gangenen Freitag Abend trat er vor das crwartungsstille Unterhaus, um seinen
Finanzplan sür das laufende Jahr darzulegen. Herr Disraeli ist zwar nicht ganz
Neuling im Anfertigen von Budgets: während seines zehnjährigen Feldzugs gegen
die Peel'sche Finanzpolitik hat er oft genug in öffentlichen Versammlungen den stau¬
nenden Pächtern sonnenklar und mit imponirenden Zahlenreihen gezeigt, wie er sie
durch Entfernung aller aus ihre Industrie drückenden Lasten für den Wegfall des
Kornschntzzolles entschädigen und die schöne Zeit einer ohne Anstrengung reichlich
rcntircnden Landwirthschaft zurückbringen wolle, wie er alle die unseligen Folgen der
Freihandelspolitik durch eine großartige, leider in ihren Details sehr unbestimmt gehaltene
Maßregel zu heilen gedenke. Schön war sein Plan stets, nur hegte man einige bange
Zweifel über seine Ausführbarkeit. Jetzt konnte er seine zweifelnden Freunde, seine
höhnenden Gegner beschämen. Jetzt als Minister konnte er ausführen, was er als
Oppositionsmann versprochen hatte. Aber der Schatzkanzler in Embryo, der sich als
protcctionistische Raupe eingesponnen hatte, gaukelt nun ans einmal, wo er die Nichts
verrathende Verpuppung verlassen, als Schmetterling durch die Gefilde des Budgets,
und saugt seinen Honig aus den Blumen, die seine Gegner gezogen haben, nicht aus
denen, die er seinen Freunden zu pflanzen versprochen hat. Eine rasche Umwandlung,
die aber durch die Kühnheit und Grazie, mit der sie vorgenommen wurden, sast ihre
Perfidie gegen Freund und Feind vergessen macht. Die Finanzen des Landes blühen,
aber trotz eines Ueberschnsses von mehr als 300,000 Pfund über den Voranschlag
droht das gesetzliche Aufhören der Einkommensteuer mit einem Ausfall von Mil¬
lionen. Wie ist dem abzuhelfen? Konnte der neue Schatzkanzler nicht einen seiner
vielen, mit so kühnen Umrissen leider nur skizzirten Finanzpläne zur Ausführung
bringen, um dem so bitter verurtheilten Systeme ein Ende zu machen, welches das
Anstand ans Kosten des Inlands begünstigte, den Ackerbau zum Besten der Manu-
sakturindustrie aussaugte, letzterer selber nur eine trügerische Blüthe gab, und das Reich
langsam, aber sicher in den Abgrund der Verarmung führte? O nein; denn erstens
befindet sich das gegenwärtige Ministerium immer noch nnr in einem.Provisorium, ist
durch seine Stellung verpflichtet, nichts Selbstständiges zu unternehmen, und hat schon
darin einen Grund, das Budget seiner Vorgänger unverändert beizubehalten. Und dann
hat.die seit 10 Jahren begonnene Politik, auf der dieses Budget beruht, so merk¬
würdige Resultate geliefert. Seit zehn Jahren sind die Eingangszölle und die Accise
um nicht weniger als 11 Millionen Pfund Sterling vermindert worden, in Folge der
Herabsetzung der Abgaben ans Kaffee, Zucker, Seidenwaaren, Papier, Zimmerholz,
Banziegcl, Glas n. s. w. Aber die Bewohner dieses ruinirten Landes, die Rheder,
die der vernichtenden Concurrenz der Amerikaner geopfert sind, die Fabrikanten, die von


nur kurze Zeit, denn es stellte sich bald heraus, daß die Nachricht von dem tragischen
Tode des edlen Lords aus einem Mißverständnisse beruhe. Ein ultraprotectionistisches
Wochenblatt hatte in seiner Freude über die neuliche Niederlage Lord Russell's bei der
Milizbill, und über die Benachtheiligung, die er dadurch in seiner Stellung als Partei¬
führer erlitten, seinem Hauptartikel den Titel gegeben: I^ora >loin KusssII eut ins
von tKroÄ, d. h. Lord Russell hat sich den Hals abgeschnitten, aber im figürlichen
Sinne, wie wir von Einem, der in leichtsinniger Verwegenheit in sein Verderben gerannt
ist, sagen: Er hat sich den Hals gebrochen. So löste sich denn der Schmerz bald in
ein heiteres Gelächter auf.

Fast zu derselben Zeit, wo ein voreiliges Gerücht einen wohlbekannten Stern
vom politischen Horizonte verschwinden ließ, stieg ein neues Licht an demselben empor,
ein Licht, nach dem die Fernröhre der speculativen Politiker schon lange sehnsüchtig
ausgeschaut hatten, und das jetzt auf einmal in vollem Glänze sich der erstaunten Welt
zeigte. Der neue Stern am politischen Himmel ist ein freihändlerischer Schatzkanzler
in der Person des Führers der protectionistischen Partei, ein Lobredner' der Peel'schen
Politik in der Person ihres erbittertsten Gegners — Herr Benjamin Disraeli. Ver¬
gangenen Freitag Abend trat er vor das crwartungsstille Unterhaus, um seinen
Finanzplan sür das laufende Jahr darzulegen. Herr Disraeli ist zwar nicht ganz
Neuling im Anfertigen von Budgets: während seines zehnjährigen Feldzugs gegen
die Peel'sche Finanzpolitik hat er oft genug in öffentlichen Versammlungen den stau¬
nenden Pächtern sonnenklar und mit imponirenden Zahlenreihen gezeigt, wie er sie
durch Entfernung aller aus ihre Industrie drückenden Lasten für den Wegfall des
Kornschntzzolles entschädigen und die schöne Zeit einer ohne Anstrengung reichlich
rcntircnden Landwirthschaft zurückbringen wolle, wie er alle die unseligen Folgen der
Freihandelspolitik durch eine großartige, leider in ihren Details sehr unbestimmt gehaltene
Maßregel zu heilen gedenke. Schön war sein Plan stets, nur hegte man einige bange
Zweifel über seine Ausführbarkeit. Jetzt konnte er seine zweifelnden Freunde, seine
höhnenden Gegner beschämen. Jetzt als Minister konnte er ausführen, was er als
Oppositionsmann versprochen hatte. Aber der Schatzkanzler in Embryo, der sich als
protcctionistische Raupe eingesponnen hatte, gaukelt nun ans einmal, wo er die Nichts
verrathende Verpuppung verlassen, als Schmetterling durch die Gefilde des Budgets,
und saugt seinen Honig aus den Blumen, die seine Gegner gezogen haben, nicht aus
denen, die er seinen Freunden zu pflanzen versprochen hat. Eine rasche Umwandlung,
die aber durch die Kühnheit und Grazie, mit der sie vorgenommen wurden, sast ihre
Perfidie gegen Freund und Feind vergessen macht. Die Finanzen des Landes blühen,
aber trotz eines Ueberschnsses von mehr als 300,000 Pfund über den Voranschlag
droht das gesetzliche Aufhören der Einkommensteuer mit einem Ausfall von Mil¬
lionen. Wie ist dem abzuhelfen? Konnte der neue Schatzkanzler nicht einen seiner
vielen, mit so kühnen Umrissen leider nur skizzirten Finanzpläne zur Ausführung
bringen, um dem so bitter verurtheilten Systeme ein Ende zu machen, welches das
Anstand ans Kosten des Inlands begünstigte, den Ackerbau zum Besten der Manu-
sakturindustrie aussaugte, letzterer selber nur eine trügerische Blüthe gab, und das Reich
langsam, aber sicher in den Abgrund der Verarmung führte? O nein; denn erstens
befindet sich das gegenwärtige Ministerium immer noch nnr in einem.Provisorium, ist
durch seine Stellung verpflichtet, nichts Selbstständiges zu unternehmen, und hat schon
darin einen Grund, das Budget seiner Vorgänger unverändert beizubehalten. Und dann
hat.die seit 10 Jahren begonnene Politik, auf der dieses Budget beruht, so merk¬
würdige Resultate geliefert. Seit zehn Jahren sind die Eingangszölle und die Accise
um nicht weniger als 11 Millionen Pfund Sterling vermindert worden, in Folge der
Herabsetzung der Abgaben ans Kaffee, Zucker, Seidenwaaren, Papier, Zimmerholz,
Banziegcl, Glas n. s. w. Aber die Bewohner dieses ruinirten Landes, die Rheder,
die der vernichtenden Concurrenz der Amerikaner geopfert sind, die Fabrikanten, die von


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[0326] nur kurze Zeit, denn es stellte sich bald heraus, daß die Nachricht von dem tragischen Tode des edlen Lords aus einem Mißverständnisse beruhe. Ein ultraprotectionistisches Wochenblatt hatte in seiner Freude über die neuliche Niederlage Lord Russell's bei der Milizbill, und über die Benachtheiligung, die er dadurch in seiner Stellung als Partei¬ führer erlitten, seinem Hauptartikel den Titel gegeben: I^ora >loin KusssII eut ins von tKroÄ, d. h. Lord Russell hat sich den Hals abgeschnitten, aber im figürlichen Sinne, wie wir von Einem, der in leichtsinniger Verwegenheit in sein Verderben gerannt ist, sagen: Er hat sich den Hals gebrochen. So löste sich denn der Schmerz bald in ein heiteres Gelächter auf. Fast zu derselben Zeit, wo ein voreiliges Gerücht einen wohlbekannten Stern vom politischen Horizonte verschwinden ließ, stieg ein neues Licht an demselben empor, ein Licht, nach dem die Fernröhre der speculativen Politiker schon lange sehnsüchtig ausgeschaut hatten, und das jetzt auf einmal in vollem Glänze sich der erstaunten Welt zeigte. Der neue Stern am politischen Himmel ist ein freihändlerischer Schatzkanzler in der Person des Führers der protectionistischen Partei, ein Lobredner' der Peel'schen Politik in der Person ihres erbittertsten Gegners — Herr Benjamin Disraeli. Ver¬ gangenen Freitag Abend trat er vor das crwartungsstille Unterhaus, um seinen Finanzplan sür das laufende Jahr darzulegen. Herr Disraeli ist zwar nicht ganz Neuling im Anfertigen von Budgets: während seines zehnjährigen Feldzugs gegen die Peel'sche Finanzpolitik hat er oft genug in öffentlichen Versammlungen den stau¬ nenden Pächtern sonnenklar und mit imponirenden Zahlenreihen gezeigt, wie er sie durch Entfernung aller aus ihre Industrie drückenden Lasten für den Wegfall des Kornschntzzolles entschädigen und die schöne Zeit einer ohne Anstrengung reichlich rcntircnden Landwirthschaft zurückbringen wolle, wie er alle die unseligen Folgen der Freihandelspolitik durch eine großartige, leider in ihren Details sehr unbestimmt gehaltene Maßregel zu heilen gedenke. Schön war sein Plan stets, nur hegte man einige bange Zweifel über seine Ausführbarkeit. Jetzt konnte er seine zweifelnden Freunde, seine höhnenden Gegner beschämen. Jetzt als Minister konnte er ausführen, was er als Oppositionsmann versprochen hatte. Aber der Schatzkanzler in Embryo, der sich als protcctionistische Raupe eingesponnen hatte, gaukelt nun ans einmal, wo er die Nichts verrathende Verpuppung verlassen, als Schmetterling durch die Gefilde des Budgets, und saugt seinen Honig aus den Blumen, die seine Gegner gezogen haben, nicht aus denen, die er seinen Freunden zu pflanzen versprochen hat. Eine rasche Umwandlung, die aber durch die Kühnheit und Grazie, mit der sie vorgenommen wurden, sast ihre Perfidie gegen Freund und Feind vergessen macht. Die Finanzen des Landes blühen, aber trotz eines Ueberschnsses von mehr als 300,000 Pfund über den Voranschlag droht das gesetzliche Aufhören der Einkommensteuer mit einem Ausfall von Mil¬ lionen. Wie ist dem abzuhelfen? Konnte der neue Schatzkanzler nicht einen seiner vielen, mit so kühnen Umrissen leider nur skizzirten Finanzpläne zur Ausführung bringen, um dem so bitter verurtheilten Systeme ein Ende zu machen, welches das Anstand ans Kosten des Inlands begünstigte, den Ackerbau zum Besten der Manu- sakturindustrie aussaugte, letzterer selber nur eine trügerische Blüthe gab, und das Reich langsam, aber sicher in den Abgrund der Verarmung führte? O nein; denn erstens befindet sich das gegenwärtige Ministerium immer noch nnr in einem.Provisorium, ist durch seine Stellung verpflichtet, nichts Selbstständiges zu unternehmen, und hat schon darin einen Grund, das Budget seiner Vorgänger unverändert beizubehalten. Und dann hat.die seit 10 Jahren begonnene Politik, auf der dieses Budget beruht, so merk¬ würdige Resultate geliefert. Seit zehn Jahren sind die Eingangszölle und die Accise um nicht weniger als 11 Millionen Pfund Sterling vermindert worden, in Folge der Herabsetzung der Abgaben ans Kaffee, Zucker, Seidenwaaren, Papier, Zimmerholz, Banziegcl, Glas n. s. w. Aber die Bewohner dieses ruinirten Landes, die Rheder, die der vernichtenden Concurrenz der Amerikaner geopfert sind, die Fabrikanten, die von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 11, 1852, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341573_93902/326>, abgerufen am 04.07.2024.